TE OGH 2005/9/6 10Ob5/05s

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Veröffentlicht am 06.09.2005
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Kaltrina N*****, geboren am 28. März 1993, vertreten durch die Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie, Rechtsfürsorge, Bezirke 17, 18, 19, 1190 Wien, Gatterburggasse 14, als Jugendwohlfahrtsträger, über deren Revisionsrekurs gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 28. September 2004, GZ 44 R 480/04w, 44 R 481/04t-124, mit dem unter anderem der Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 21. Juni 2004, GZ 23 P 9/00g-107, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird im Umfang der Bestätigung der Unterhaltsherabsetzung auf EUR 30 monatlich für den Zeitraum vom 1. Juni 2004 bis 30. September 2004 als nichtig aufgehoben. Das Unterhaltsverfahren ist in diesem Umfang durch die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens über das Vermögen des Vaters am 8. September 2004 unterbrochen.

Im Übrigen, also hinsichtlich der Unterhaltsherabsetzung auf EUR 30 monatlich für die Zeit ab 1. Oktober 2004, wird dem Revisionsrekurs keine Folge gegeben.

Die Revisionsrekursbeantwortung des Vaters wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Vater war zuletzt zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von S 3.200 (EUR 232,55) für die Minderjährige verpflichtet.

Über seinen Antrag setzte das Erstgericht mit Beschluss vom 21. 6. 2004 (ON 107) den von ihm zu leistenden monatlichen Unterhalt für die Zeit vom 1. 12. 2001 bis 31. 5. 2002 auf EUR 110, vom 1. 6. 2002 bis 31. 3. 2003 auf EUR 95, vom 1. 4. 2003 bis 31. 5. 2003 auf EUR 55, vom 1. 6. 2003 bis 31. 7. 2003 auf EUR 30, vom 1. 8. 2003 bis 31. 8. 2003 auf EUR 140, vom 1. 9. 2003 bis 31. 5. 2004 auf EUR 90 und ab 1. 6. 2004 bis auf weiteres auf EUR 30 herab. Das darüber hinausgehende Herabsetzungsbegehren des Vaters wurde abgewiesen.

Diesen Beschluss bekämpfte die Minderjährige mit Rekurs vom 15. 7. 2004 und begehrte die Herabsetzung des Unterhaltes auf lediglich EUR 190 monatlich ab 1. 6. 2004. Im Übrigen blieb der Beschluss unbekämpft.

Am 8. 9. 2004 wurde über das Vermögen des unterhaltspflichtigen Vaters zur AZ 31 S 3/04v des Bezirksgerichtes Hernals das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Gleichzeitig wurde dem Schuldner die Eigenverwaltung nicht entzogen. Dieser Beschluss wurde am 8. 9. 2004 öffentlich bekannt gemacht.

Das Rekursgericht gab mit Beschluss vom 28. 9. 2004 dem Rekurs der Minderjährigen keine Folge. Es sprach zunächst aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Antrag der Minderjährigen auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruches verbunden mit einem ordentlichen Revisionsrekurs mit dem Vorbringen, der Beschluss des Rekursgerichtes vom 28. 9. 2004 über die Unterhaltsfestsetzung sei im Hinblick auf die am 8. 9. 2004 erfolgte Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens über das Vermögen des Vaters nichtig.

Aufgrund des Beschlusses des erkennenden Senates vom 18. 2. 2005 wurde der Akt dem Rekursgericht zur Entscheidung über den Antrag der Minderjährigen auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruches erneut vorgelegt. Das Rekursgericht änderte seinen Ausspruch dahin ab, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig sei. Es begründete dies damit, dass nach ständiger Rechtsprechung auch die Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens über das Vermögen des Unterhaltspflichtigen zur Unterbrechung eines anhängigen Unterhaltsfestsetzungsverfahrens analog § 7 Abs 1 KO führe und eine dennoch gefällte Entscheidung im Außerstreitverfahren nichtig sei. Diese Nichtigkeitsfolge trete auch dann ein, wenn die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens - wie im vorliegenden Fall - zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht aktenkundig gewesen sei.

Dem Vater wurde die Möglichkeit eingeräumt, binnen 14 Tagen eine Äußerung zum Revisionsrekurs des Jugendwohlfahrtsträgers beim Obersten Gerichtshof einzubringen. Dieser Beschluss wurde dem Vater durch postamtliche Hinterlegung zugestellt, die Abholfrist begann am 28. 7. 2005. Die mit 10. 8. 2005 datierte und am 12. 8. 2005 zur Post gegebene Äußerung ist verspätet, weil sie erst nach Ablauf der 14-tägigen Frist zur Post gegeben wurde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig und teilweise auch berechtigt.

1. Zur Anfechtung der Entscheidung, soweit sich diese auf die Zeit bis einschließlich 30. 9. 2004 bezieht:

Die Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens ist der Konkurseröffnung gleichzuhalten. Das Schuldenregulierungsverfahren ist gemäß §§ 181 ff KO ein Konkursverfahren, weshalb dessen Eröffnung das Verfahren zur Bemessung des bis dahin geschuldeten Unterhalts (als Konkursforderung) unterbricht (1 Ob 86/04k mwN). Das Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des Vaters wurde am 8. 9. 2004 eröffnet; daher sind die bis zu diesen Zeitpunkt fällig gewordenen Unterhaltsbeträge als Konkursforderungen zu behandeln. Dabei ist auf § 1418 letzter Satz ABGB Bedacht zu nehmen, wonach Alimente wenigstens einen Monat voraus bezahlt werden, sodass der für September 2004 fällig gewordene Unterhaltsbetrag zur Gänze Konkursforderung ist (1 Ob 86/04k mwN).

Die angefochtene Entscheidung war daher im Umfang der Bestätigung der Unterhaltsherabsetzung für die Zeit vom 1. 6. 2004 bis 30. 9. 2004 als nichtig aufzuheben (9 Ob 40/03b mwN) und war auszusprechen, dass das Unterhaltsherabsetzungsverfahren für diesen Zeitraum durch die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens über das Vermögen des Vaters am 8. 9. 2004 unterbrochen ist. Zur Aufnahme des gemäß § 7 Abs 1 KO unterbrochenen Verfahrens bedarf eines Aufnahmeantrags (analog §§ 164 f ZPO), der hier nicht gestellt wurde. Bis über einen solchen Antrag ein Aufnahmebeschluss gefasst wird, besteht die durch Konkurseröffnung eingetretene Unterbrechungswirkung fort. Damit ist das Verfahren über den die Zeit vom 1. 6. 2004 bis 30. 9. 2004 betreffenden Unterhaltsherabsetzungsantrag des Vaters nach wie vor unterbrochen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass, wie eine Einsicht in die Insolvenzdatei zeigt, das Schuldenregulierungsverfahren nach rechtskräftiger Einleitung des Abschöpfungsverfahrens mit rechtskräftigen Beschluss vom 20. 12. 2004 mittlerweile wieder aufgehoben wurde (§ 200 Abs 4 KO), weil auch in diesem Fall die Aufnahme des Verfahrens eines Parteiantrags und eines Aufnahmebeschlusses bedarf (3 Ob 61/03x; 9 Ob 321/98s mwN; RIS-Justiz RS0037128).Die angefochtene Entscheidung war daher im Umfang der Bestätigung der Unterhaltsherabsetzung für die Zeit vom 1. 6. 2004 bis 30. 9. 2004 als nichtig aufzuheben (9 Ob 40/03b mwN) und war auszusprechen, dass das Unterhaltsherabsetzungsverfahren für diesen Zeitraum durch die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens über das Vermögen des Vaters am 8. 9. 2004 unterbrochen ist. Zur Aufnahme des gemäß § 7 Abs 1 KO unterbrochenen Verfahrens bedarf eines Aufnahmeantrags (analog §§ 164 f ZPO), der hier nicht gestellt wurde. Bis über einen solchen Antrag ein Aufnahmebeschluss gefasst wird, besteht die durch Konkurseröffnung eingetretene Unterbrechungswirkung fort. Damit ist das Verfahren über den die Zeit vom 1. 6. 2004 bis 30. 9. 2004 betreffenden Unterhaltsherabsetzungsantrag des Vaters nach wie vor unterbrochen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass, wie eine Einsicht in die Insolvenzdatei zeigt, das Schuldenregulierungsverfahren nach rechtskräftiger Einleitung des Abschöpfungsverfahrens mit rechtskräftigen Beschluss vom 20. 12. 2004 mittlerweile wieder aufgehoben wurde (Paragraph 200, Abs 4 KO), weil auch in diesem Fall die Aufnahme des Verfahrens eines Parteiantrags und eines Aufnahmebeschlusses bedarf (3 Ob 61/03x; 9 Ob 321/98s mwN; RIS-Justiz RS0037128).

2. Entscheidung über den Unterhalt ab 1. 10. 2004:

Gesetzliche Unterhaltsansprüche für die Zeit nach der Konkurseröffnung sind keine Konkursforderungen; sie können daher auch während des Konkursverfahrens gegen den Gemeinschuldner anhängig gemacht und fortgesetzt werden. Dies gilt auch für Begehren auf Unterhaltserhöhung und -herabsetzung (ÖA 1994, 30; EvBl 1991/64).

Da im Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen die vom Rekursgericht für den Zeitraum ab 1. 10. 2004 bestätigte Herabsetzung des Unterhalts auf EUR 30 monatlich keine Argumente vorgetragen werden, war die angefochtene Entscheidung insoweit zu bestätigen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Textnummer

E78538

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:0100OB00005.05S.0906.000

Im RIS seit

06.10.2005

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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