TE OGH 2005/9/15 4Ob140/05z

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Veröffentlicht am 15.09.2005
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Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*****, vertreten durch Gassauer-Fleissner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 33.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 28. April 2005, GZ 2 R 84/05b-15, womit der Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 11. Februar 2004, GZ 45 Cg 8/05h-5, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen; die Beklagte hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin, ein deutsches Unternehmen, erzeugt Eierteigwaren und vertreibt diese unter anderem in Österreich und in Deutschland. Sie ist Inhaberin der Wort-Bild-Marke IR 605451, registriert am 29. 7. 1993, die sich auf die deutsche Basismarke DE 2035658, eingetragen am 5. 5. 1993, stützt und in der Warenklasse 30 in Österreich und Deutschland Schutz genießt. Die Wort-Bild-Marke der Klägerin hat folgendes Aussehen (Abbildung 1):

Die Beklagte, ein Unternehmen mit Sitz in Vorarlberg, ist Lebensmittelgroßhändler und vertreibt Teigwaren unter dem Kennzeichen „Mühlebach". Sie bewirbt diese auf ihrer Homepage www.g*****.cc sowie in einem Prospekt „Ganz aktuell" als Beilage zur sogenannten „Lebensmittelzeitung" vom 18. 6. 2004. Die Verkaufsverpackungen der Beklagten sind wie folgt gekennzeichnet (Abbildung 2):

Nach Beanstandung durch einen Patentanwalt - dieser hatte Ähnlichkeiten der Produktkennzeichnung der Beklagten mit jener der Klägerin aufgezeigt und beanstandet - unterbreitete die Beklagte der Klägerin Abänderungsvorschläge. Sie schlug vor, die bildliche Darstellung des Schwarzwälderhauses durch die eines Rheintalhauses mit spitzem Giebel und ohne Fachwerk zu ändern und das Wort „Mühlebach" gerade (und nicht bogenförmig) zu schreiben. Die Klägerin hat auf den Abänderungsvorschlag nicht reagiert. Die Beklagte benützt seither - allerdings nur für neue Produkte - nachstehende Kennzeichnung (Abbildung 3):

Wegen des noch vorhandenen Vorrats an Verpackungsfolien mit der ursprünglichen Produktkennzeichnung und im Hinblick auf die mit der Änderung der Druckwalzen verbundenen Kosten sah die Beklagte eine Änderung der Aufmachung in Bezug auf die alten Produkte erst nach Aufbrauchen der vorhandenen Restbestände vor.

Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs begehrt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Österreich die Marke IR 605451 „Dorfmühle Oberschwäbische Land-Nudeln" und in Deutschland die Marke DE 2035658 „Dorfmühle Oberschwäbische Land-Nudeln" oder ein der jeweiligen Marke verwechselbar ähnliches Zeichen zur Kennzeichnung von Waren, für welche die genannte Marke eingetragen ist, oder zur Kennzeichnung gleichartiger Waren zu benutzen, sofern es sich dabei nicht um Waren handelt, die von der Markeninhaberin oder berechtigten Dritten innerhalb des EWR in Verkehr gebracht wurden. In einem Eventualbegehren zum Sicherungsantrag begehrt sie dieses Verbot nur für Österreich. Die Klägerin stützt ihren Anspruch auf ihr Markenrecht. Die Beklagte verwende ein nach dem Gesamteindruck gleiches bzw ähnliches Zeichen für gleiche oder ähnliche Waren. Unter Berücksichtigung von Kennzeichnungskraft (jene der klägerischen Marke sei jedenfalls durchschnittlich), Warengleichheit und Zeichenähnlichkeit sei nach dem Gesamteindruck die Gefahr von Verwechslungen gegeben. Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags. Das Zeichen der Beklagten sei der Marke der Klägerin nicht verwechselbar ähnlich. Weder seien die Wortbestandteile „Dorfmühle" und „Mühlebach" klanglich oder bildlich oder sinngemäß verwechselbar ähnlich, noch seien Sachbezeichnungen wie „Bandnudeln" zur Unterscheidung bestimmt. Der einzige gemeinsame Wortbestandteil „Mühle" sei für aus Mahlprodukten hergestellte Waren nicht prägend und absolut schutzunfähig. Das Erinnerungsbild einer Mühle als solches sei nicht monopolisierbar. Der Schutzbereich der Marke der Klägerin sei wegen ihrer überwiegend beschreibenden Bestandteile auch in Bezug auf identische Waren eng auszulegen.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte mit einstweiliger Verfügung, zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Partei auf Unterlassung weiterer Verletzungen der Wort-Bild-Marken IR 605451 und DE 2035658 „Dorfmühle Oberschwäbische Land-Nudeln", ab sofort und bis zur Rechtskraft des über die Hauptsache ergehenden Urteils, im geschäftlichen Verkehr in Österreich ein der Marke IR 605451 „Dorfmühle Oberschwäbische Land-Nudeln" und in Deutschland ein der Marke DE 2035658 „Dorfmühle Oberschwäbische Land-Nudeln" verwechselbar ähnliches Zeichen zur Kennzeichnung von Waren, für welche die genannte Marke eingetragen ist oder zur Kennzeichnung gleichartiger Waren zu benutzen, sofern es sich dabei nicht um Waren handelt, die von der Markeninhaberin oder berechtigten Dritten innerhalb des EWR in Verkehr gebracht werden. Das Mehrbegehren, der Beklagten zu untersagen, die Wort-Bild-Marken der Klägerin im geschäftlichen Verkehr in Österreich bzw in Deutschland zu benutzen, wies es ab.

Ergänzend zum eingangs wiedergegebenen Sachverhalt stellte das Erstgericht fest, die Beklagte habe weder die Wort-Bild-Marke der Klägerin IR 605451 noch deren Basismarke DE 2035658 benützt. Sie habe nach Beanstandung der zunächst verwendeten Produktkennzeichnung am 30. 8. 2004 eine der oben wiedergegebenen Abbildung 3 entsprechende Wort-Bild-Marke beim österreichischen Patentamt angemeldet und diese Darstellung zur Kennzeichnung ihrer neuen Produkte verwendet, weil für diese ohnehin neue Druckwalzen hätten hergestellt werden müssen. Der in der Bezeichnung der Beklagten enthaltene Wortbestandteil „Mühlebach" sei ein Ortsteil von Dornbirn, in dem sich bereits im Jahr 1318 eine Mühle befunden habe. Ein geschäftsführende Gesellschafter der Beklagten habe seinen Wohnsitz in diesem Ortsteil. Das Erstgericht beurteilte den Unterlassungsanspruch nach österreichischem und nach deutschem Recht. Die Marke der Klägerin habe zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Stelle man auf den Gesamteindruck der Zeichen ab, so falle bei gegenüberstellender Betrachtung die Ähnlichkeit von bildlicher Darstellung und Schriftzug auf. Beide Abbildungen zeigten jeweils ein Haus mit Mühle, wobei die Technik der Darstellung jeweils ähnlich einem Holz- oder Linolschnitt gestaltet sei. Auch die auffallende Schreibschrift des Textes, seine Größe und Relation zur Abbildung sei in beiden Darstellungen ähnlich. Die bildlichen Darstellungen und die verwendete Schreibschrift seien dominierend, die Unterschiede in den Wortbestandteilen träten demgegenüber in den Hintergrund. Die Ähnlichkeit des Eindrucks werde auch nicht dadurch ausreichend beseitigt, dass der dargestellte Haustyp eines Schwarzwälderhauses in den eines Rheintalhauses geändert und der zunächst gekrümmte Schriftzug gerade gestellt werde. Der durchschnittliche Verbraucher nehme die Darstellung als Ganzes wahr und achte nicht auf derartige Einzelheiten. Es bestehe damit die Gefahr, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen - und somit auch die dadurch gekennzeichneten Produkte - miteinander verwechselt werden könnten. Das Begehren auf Unterlassung der Benutzung verwechselbar ähnlicher Zeichen sei daher berechtigt. Mangels Benutzung der klägerischen Marken als solcher werde das darüber hinausgehende Begehren abgewiesen.

Der abweisende Teil der erstgerichtlichen Entscheidung blieb unbekämpft.

Das Rekursgericht bestätigte die einstweilige Verfügung in ihrem stattgebenden Teil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil das Rekursgericht die einheitliche oberstgerichtliche Rechtsprechung zum markenrechtlichen Schutz beachtet habe. Unter Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen dem Bekanntheitsgrad der Marke, dem Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem (beanstandeten) Zeichen und dem Grad der Gleichartigkeit der damit gekennzeichneten Waren sei im vorliegenden Fall die Verwechslungsgefahr zu bejahen. Die Identität der mit der Marke der Klägerin bzw dem Zeichen der Beklagten jeweils gekennzeichneten Waren erfordere einen deutlichen Abstand der Zeichen selbst, um Verwechslungsgefahr auszuschließen. Bildmarke und Zeichen seien nach ihrem Gesamteindruck aus Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers hochgradig ähnlich, sodass die Verwechselbarkeit sowohl nach österreichischem als auch nach deutschem Recht bejaht werden müsse. Die geringere Kennzeichnungskraft der klägerischen Marke - sie sei nur durchschnittlich kennzeichnungskräftig - werde durch die größere Ähnlichkeit der Zeichen und der damit gekennzeichneten Waren aufgewogen.

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten bekämpft nur das Verbot, in Deutschland ein der deutschen Marke verwechselbar ähnliches Zeichen zu benutzen. Das auf die Benutzung eines der österreichischen Marke verwechselbar ähnlichen Zeichens gerichtete Verbot ist in Rechtskraft erwachsen.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, weil die zuletzt ergangene Entscheidung des BGH I ZR 177/02 = GRUR 2005, 419 - Räucherkate eine Auseinandersetzung mit der Verwechslungsgefahr nach deutschem Markenrecht erfordert. Das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, weil die zuletzt ergangene Entscheidung des BGH römisch eins ZR 177/02 = GRUR 2005, 419 - Räucherkate eine Auseinandersetzung mit der Verwechslungsgefahr nach deutschem Markenrecht erfordert. Das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

§ 14 Abs 2 Z 2 dMarkenG untersagt es Dritten, ohne Zustimmung des Inhabers einer Marke im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches oder ihr ähnliches Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke oder das Zeichen erfassten Waren- oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Nach der - auch bei der Auslegung des harmonisierten deutschen Markenrechts maßgeblichen - Rechtsprechung des EuGH ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dies bedeutet, dass auch die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere die Ähnlichkeit der Marken, ihre Kennzeichnungskraft und ihr Bekanntheitsgrad auf dem Markt und die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren- oder DienstleistungenParagraph 14, Absatz 2, Ziffer 2, dMarkenG untersagt es Dritten, ohne Zustimmung des Inhabers einer Marke im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches oder ihr ähnliches Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke oder das Zeichen erfassten Waren- oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Nach der - auch bei der Auslegung des harmonisierten deutschen Markenrechts maßgeblichen - Rechtsprechung des EuGH ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dies bedeutet, dass auch die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere die Ähnlichkeit der Marken, ihre Kennzeichnungskraft und ihr Bekanntheitsgrad auf dem Markt und die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren- oder Dienstleistungen

Bedacht zu nehmen ist (EuGH-Slg 1997 I-6191 = ÖBl 1998, 106 -

Sabél/Puma, Rn 23; EuGH-Slg 1999 I-3819 = ÖBl 1999, 305 -

Lloyd/Lloint's - Rn 36 mwN). Demnach kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden.

Diese Wechselwirkung der für die Beurteilung maßgeblichen Faktoren ist auch in der Rechtsprechung des BGH anerkannt (GRUR 2000, 506 - Attaché/Tisserand; GRUR 2002, 65 - Ichthyol; GRUR 2002, 814 - Festspielhaus; GRUR 2004, 779 - Zwilling/Zweibrüder; GRUR 2004, 865 - Mustang; Ingerl/Rohnke, Markengesetz² § 14 Rz 233 und 272 je mwN). Auch der BGH fordert bei Warenidentität einen wesentlich deutlicheren Abstand der Zeichen selbst, um Verwechslungsgefahr auszuschließen (GRUR 1999, 241 - Lions; Ingerl/Rohnke aaO Rz 274 mwN). Er beurteilt die Verwechslungsgefahr iSd § 14 Abs 2 Z 2 MarkenG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls (Nachweise bei Ingerl/Rohnke § 14 Rz 267). Entscheidend ist der Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen aus der Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen (GRUR 2000, 506 - Attaché/Tisserand; Ingerl/Rohnke aaO § 14 Rz 290). Bei Beurteilung des Gesamteindrucks ist auch zu berücksichtigen, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke regelmäßig als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (EuGH-Slg 1999 I-3819 = ÖBl 1999, 305 - Lloyd/Lloint's; ihm folgend BGH GRUR 2000, 506 - Attaché/Tisserand). Auch Bildbestandteile prägen den Gesamteindruck mit, sofern es sich nicht nur um eine nichtssagende oder nicht ins Gewicht fallende grafische Gestaltung handelt (GRUR 2004, 778 - Urlaub direkt). Die Entscheidung des BGH I ZR 177/02 - Räucherkate (= GRUR 2005, 419) befasst sich mit der verwechselbaren Ähnlichkeit zweier - für identische Waren verwendeter - Wort-Bild-Zeichen. Sie zeigen perspektivisch deutlich unterschiedlich gestaltete Fachwerkhäuser mit unterschiedlichen, auf die angebotene Ware „Räukefisk", „Räukefisk Ofenwaren" (Klägerin) bzw „Räucherei" und „Lachs" (Beklagte) hinweisenden Aufschriften. Auch weitere Hausdetails sind in auffälliger Weise verschieden gestaltet. Angesichts der fehlenden Übereinstimmung beider Wortbestandteile und der Vielzahl an unterscheidenden Bildmerkmalen verneinte der BGH die Verwechslungsgefahr.Diese Wechselwirkung der für die Beurteilung maßgeblichen Faktoren ist auch in der Rechtsprechung des BGH anerkannt (GRUR 2000, 506 - Attaché/Tisserand; GRUR 2002, 65 - Ichthyol; GRUR 2002, 814 - Festspielhaus; GRUR 2004, 779 - Zwilling/Zweibrüder; GRUR 2004, 865 - Mustang; Ingerl/Rohnke, Markengesetz² Paragraph 14, Rz 233 und 272 je mwN). Auch der BGH fordert bei Warenidentität einen wesentlich deutlicheren Abstand der Zeichen selbst, um Verwechslungsgefahr auszuschließen (GRUR 1999, 241 - Lions; Ingerl/Rohnke aaO Rz 274 mwN). Er beurteilt die Verwechslungsgefahr iSd Paragraph 14, Absatz 2, Ziffer 2, MarkenG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls (Nachweise bei Ingerl/Rohnke Paragraph 14, Rz 267). Entscheidend ist der Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen aus der Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen (GRUR 2000, 506 - Attaché/Tisserand; Ingerl/Rohnke aaO Paragraph 14, Rz 290). Bei Beurteilung des Gesamteindrucks ist auch zu berücksichtigen, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke regelmäßig als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (EuGH-Slg 1999 I-3819 = ÖBl 1999, 305 - Lloyd/Lloint's; ihm folgend BGH GRUR 2000, 506 - Attaché/Tisserand). Auch Bildbestandteile prägen den Gesamteindruck mit, sofern es sich nicht nur um eine nichtssagende oder nicht ins Gewicht fallende grafische Gestaltung handelt (GRUR 2004, 778 - Urlaub direkt). Die Entscheidung des BGH römisch eins ZR 177/02 - Räucherkate (= GRUR 2005, 419) befasst sich mit der verwechselbaren Ähnlichkeit zweier - für identische Waren verwendeter - Wort-Bild-Zeichen. Sie zeigen perspektivisch deutlich unterschiedlich gestaltete Fachwerkhäuser mit unterschiedlichen, auf die angebotene Ware „Räukefisk", „Räukefisk Ofenwaren" (Klägerin) bzw „Räucherei" und „Lachs" (Beklagte) hinweisenden Aufschriften. Auch weitere Hausdetails sind in auffälliger Weise verschieden gestaltet. Angesichts der fehlenden Übereinstimmung beider Wortbestandteile und der Vielzahl an unterscheidenden Bildmerkmalen verneinte der BGH die Verwechslungsgefahr.

Anders als in dem vom BGH zu beurteilenden Fall „Räucherkate" weist das von der hier Beklagten verwendete (in der zweiten Abbildung dieser Entscheidung wiedergegebene) Zeichen nach seinem Gesamteindruck große Übereinstimmung mit der Marke der Klägerin auf. Diese Übereinstimmung kann unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der klägerischen Marke und der unter beiden Zeichen jeweils angebotenen identischen Waren zu Verwechslungen mit dem Zeichen der Klägerin und der unter diesen Zeichen angebotenen Waren führen:

Das Zeichen der Beklagten enthält - wie die Marke der Klägerin - die mittig angeordnete Darstellung eines ländlichen Hauses mit einer Mühle. Beide Abbildungen sind in vergleichbarer Größe gehalten und einem Holz- oder Linolschnitt ähnlich gestaltet; beide sind auch mit einer das Wort „mühle" enthaltenden Überschrift („Dorfmühle" bzw „Mühlebach") versehen. Die Überschriften sind bogenförmig und in fast gleich großer Schreibschrift (überdies unter Verwendung einer ganz ähnlichen Schrifttype) angeordnet. Unterhalb der Abbildung findet sich die jeweilige Produktangabe „Oberschwäbische Land-Nudeln" bzw „Schmale Bandnüdele", wieder in gleichartiger Schreibschrift und in ganz ähnlichen Lettern. Dass die Produktbezeichnung der Beklagten in einer geraden Zeile, jene der Klägerin geschwungen wiedergegeben wird, ist bei Gesamtbetrachtung der Zeichen ebenso wenig auffällig wie die geringe perspektivische Verschiebung des Hauses. Die die Marke der Klägerin prägenden Elemente, insbesondere die perspektivische Abbildung eines ländlichen Gebäudes mit Mühle in Art eines Holz- oder Linolschnitts, überschrieben mit einer bogenförmig angeordneten und das Wort „Mühle" enthaltenden Ortsbezeichnung und der darunter gleichfalls in Schreibschrift wiedergegebenen Produktbezeichnung, finden sich jeweils auch im Zeichen der Beklagten wieder. Diese weitgehende Übereinstimmung der Zeichen begründet angesichts der unter beiden Zeichen jeweils angebotenen identischen Waren und unter Berücksichtigung durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der klägerischen Marke die Gefahr, dass Verkehrsteilnehmer, die die Marke der Klägerin in ihrer Gesamtheit in Erinnerung behalten haben, das Zeichen der Beklagten (und damit auch die unter diesem Zeichen angebotenen Waren) mit jenem der Klägerin verwechseln.

Die Verwechslungsgefahr wird nicht dadurch gehindert, dass die Marke der Klägerin deren Firmenschlagwort enthält. Das Firmenschlagwort ist aufgrund seiner (relativ geringen) Größe und Anordnung nicht geeignet, den Gesamteindruck in gleichem Maß zu prägen wie die oben angeführten übereinstimmenden Elemente.

Den Ausführungen des Revisionsrekurses zum Wegfall der Wiederholungsgefahr in Ansehung des zu 2 abgebildeten Zeichens ist entgegenzuhalten, dass die Beklagte selbst vorgebracht hat, sie werde das Zeichen in Deutschland so lange verwenden, bis die damit bedruckten Verpackungen aufgebraucht sind. Das ihrer in Österreich angemeldeten Marke entsprechende Zeichen verwende sie erst für „neue" Produkte. Von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr kann damit keine Rede sein. Schon nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten besteht keine Gewähr dafür, dass sie das zu 2 abgebildete Zeichen nicht mehr verwenden wird.

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass die Feststellungen der Vorinstanzen zur Gestaltung der beim österreichischen Patentamt angemeldeten Marke nicht exakt sind. Nach den im Sicherungsverfahren beigebrachten Bescheinigungsmitteln hat die Beklagte eine reine Bildmarke (und nicht, wie festgestellt, ein Wort-Bild-Zeichen wie zu 3 abgebildet) angemeldet. Eine Ergänzung des Verfahrens ist dennoch nicht erforderlich, weil das Unterlassungsgebot schon aufgrund der Benutzung des zu 2 abgebildeten Zeichens berechtigt ist. Ob auch die beim österreichischen Patentamt angemeldete und für „neue" Produkte benutzte Marke der Beklagten (wie immer sie gestaltet sein mag) gegen das Zeichenrecht der Klägerin in Deutschland verstößt, ist bei dieser Sachlage nicht entscheidend. Das schließt eine Einschränkung des Unterlassungsgebots im Sinne des - Zeichen wie zu 3 abgebildet vom Unterlassungsgebot ausnehmenden - Eventualantrags der Beklagten von vornherein aus. Der Eventualantrag und das dazugehörige Vorbringen sind im Übrigen in sich widersprüchlich, weil ein Wegfall der Wiederholungsgefahr in Ansehung des zu 2 abgebildeten Zeichens (./B) und die Verneinung der verwechselbaren Ähnlichkeit des zu 3 abgebildeten Zeichens (./D) zur Abweisung des Sicherungsantrags führen müssten, nachdem gar nicht behauptet ist, dass die Beklagte in Deutschland andere Zeichen verwendet hätte, die der Marke der Klägerin verwechselbar ähnlich wären.

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs der Beklagten musste daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf Paragraph 393, Absatz eins, EO; jene über die Kosten der Beklagten auf Paragraphen 78,, 402 Absatz 4, EO in Verbindung mit Paragraphen 40,, 50 ZPO.

Anmerkung

E78605 4Ob140.05z

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:0040OB00140.05Z.0915.000

Dokumentnummer

JJT_20050915_OGH0002_0040OB00140_05Z0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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