Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Dominik R*****, geboren am *****, und der mj. Tamara R*****, geboren am *****, wegen Übertragung der Zuständigkeit gemäß § 111 Abs 2 JN den BeschlussDer Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Dominik R*****, geboren am *****, und der mj. Tamara R*****, geboren am *****, wegen Übertragung der Zuständigkeit gemäß Paragraph 111, Absatz 2, JN den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die mit Beschluss des Bezirksgerichts Steyr vom 7. Juli 2005, GZ 1 P 277/04v-114, gemäß § 111 Abs 1 JN verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache des mj. Dominik R*****, geboren am *****, und der mj. Tamara R*****, geboren am *****, an das Bezirksgericht Lienz wird genehmigt.Die mit Beschluss des Bezirksgerichts Steyr vom 7. Juli 2005, GZ 1 P 277/04v-114, gemäß Paragraph 111, Absatz eins, JN verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache des mj. Dominik R*****, geboren am *****, und der mj. Tamara R*****, geboren am *****, an das Bezirksgericht Lienz wird genehmigt.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die am 25. 9. 1993 geschlossene Ehe der Eltern der Minderjährigen wurde am 23. 2. 1999 einvernehmlich aufgelöst (ON 12); nach dem Scheidungsvergleich steht die Obsorge für die beiden Minderjährigen der Mutter zu (ON 17).
Am 4. 12. 2001 stellte der Vater erstmals den Antrag, ihm die Obsorge für beide Kinder zu übertragen (ON 30 iVm ON 32 und ON 38). Der Antrag wurde nach umfangreichen Erhebungen mit Beschluss vom 16. 10. 2002 (ON 42) abgewiesen.Am 4. 12. 2001 stellte der Vater erstmals den Antrag, ihm die Obsorge für beide Kinder zu übertragen (ON 30 in Verbindung mit ON 32 und ON 38). Der Antrag wurde nach umfangreichen Erhebungen mit Beschluss vom 16. 10. 2002 (ON 42) abgewiesen.
Mit am 4. 11. 2004 eingelangtem Schreiben (ON 76) stellte der Vater neuerlich den Antrag, ihm die Obsorge für beide Kinder zu übertragen. Am 29. 12. 2004 beantragte der Vater, ihm die vorläufige Obsorge für beide Kinder zu übertragen (ON 87), nachdem er schon zuvor seit 25. 12. 2004 mit Zustimmung der Mutter beide Kinder zu sich und seiner Gattin nach Lienz geholt hatte. Mit Beschluss vom 10. 2. 2005 (ON 101) wurde dem Vater die vorläufige Obsorge für beide Kinder übertragen; ein Rekurs der Mutter gegen diese Entscheidung war erfolglos (Beschluss vom 31. 5. 2005, ON 109).
Das Bezirksgericht Steyr übertrug mit Beschluss vom 7. 7. 2005 (ON 114) die Zuständigkeit zur Besorgung dieser Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Lienz. Es sei zweckmäßiger, wenn das Gericht des ständigen Aufenthaltsorts der Minderjährigen die Pflegschaftssache führe; auch habe beim Bezirksgericht Steyr mittlerweile ein Richterwechsel stattgefunden.
Das Bezirksgericht Lienz verweigerte die Übernahme und legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung gemäß § 111 Abs 2 JN vor. Die Übertragung der Zuständigkeit sei unzweckmäßig, solange nicht feststehe, welcher Elternteil mit der Obsorge betraut werde; bis dahin bestehe kein stabiler Aufenthaltsort der Kinder (ON 116). Gemäß § 111 Abs 1 JN kann das zur Besorgung der pflegschaftsgerichtlichen Geschäfte zuständige Gericht von Amts wegen oder auf Antrag seine Zuständigkeit ganz oder zum Teile einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse eines Minderjährigen oder sonst Pflegebefohlenen gelegen erscheint, insbesondere wenn dadurch die wirksame Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes voraussichtlich gefördert wird. Nur unter dieser Voraussetzung kann der Grundsatz der perpetuatio fori - wonach jedes Gericht in Rechtssachen, die rechtmäßigerweise bei ihm anhängig gemacht wurden, bis zu deren Beendigung zuständig bleibt, wenn sich auch die Umstände, die bei Einleitung des Verfahrens für die Bestimmung der Zuständigkeit maßgebend waren, während des Verfahrens geändert hätten (§ 29 JN) - durchbrochen werden (4 Nc 104/02k; 4 Ob 5/04w). Diese Bestimmung bezweckt die Sicherstellung der wirksamsten Handhabung des pflegschaftsbehördlichen Schutzes (4 Nc 104/02k; 4 Ob 5/04w). Eine Übertragung muss daher im Interesse des Pflegebefohlenen gelegen sein (Fucik in Fasching, JN² § 111 Rz 2).Das Bezirksgericht Lienz verweigerte die Übernahme und legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung gemäß Paragraph 111, Absatz 2, JN vor. Die Übertragung der Zuständigkeit sei unzweckmäßig, solange nicht feststehe, welcher Elternteil mit der Obsorge betraut werde; bis dahin bestehe kein stabiler Aufenthaltsort der Kinder (ON 116). Gemäß Paragraph 111, Absatz eins, JN kann das zur Besorgung der pflegschaftsgerichtlichen Geschäfte zuständige Gericht von Amts wegen oder auf Antrag seine Zuständigkeit ganz oder zum Teile einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse eines Minderjährigen oder sonst Pflegebefohlenen gelegen erscheint, insbesondere wenn dadurch die wirksame Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes voraussichtlich gefördert wird. Nur unter dieser Voraussetzung kann der Grundsatz der perpetuatio fori - wonach jedes Gericht in Rechtssachen, die rechtmäßigerweise bei ihm anhängig gemacht wurden, bis zu deren Beendigung zuständig bleibt, wenn sich auch die Umstände, die bei Einleitung des Verfahrens für die Bestimmung der Zuständigkeit maßgebend waren, während des Verfahrens geändert hätten (Paragraph 29, JN) - durchbrochen werden (4 Nc 104/02k; 4 Ob 5/04w). Diese Bestimmung bezweckt die Sicherstellung der wirksamsten Handhabung des pflegschaftsbehördlichen Schutzes (4 Nc 104/02k; 4 Ob 5/04w). Eine Übertragung muss daher im Interesse des Pflegebefohlenen gelegen sein (Fucik in Fasching, JN² Paragraph 111, Rz 2).
§ 111 JN nimmt darauf Bedacht, dass ein örtliches Naheverhältnis zwischen dem Pflegschaftsgericht und dem Pflegebefohlenen in der Regel zweckmäßig und von wesentlicher Bedeutung ist (Fucik aaO Rz 3), weshalb bei Kindern die Pflegschaftsaufgabe grundsätzlich von jenem Gericht wahrgenommen werden soll, in dessen Sprengel der Mittelpunkt ihrer Lebensführung liegt (RIS-Justiz RS0049144; RIS-Justiz RS0047027 [T10]).Paragraph 111, JN nimmt darauf Bedacht, dass ein örtliches Naheverhältnis zwischen dem Pflegschaftsgericht und dem Pflegebefohlenen in der Regel zweckmäßig und von wesentlicher Bedeutung ist (Fucik aaO Rz 3), weshalb bei Kindern die Pflegschaftsaufgabe grundsätzlich von jenem Gericht wahrgenommen werden soll, in dessen Sprengel der Mittelpunkt ihrer Lebensführung liegt (RIS-Justiz RS0049144; RIS-Justiz RS0047027 [T10]).
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sprechen offene Anträge im allgemeinen nicht gegen eine Zuständigkeitsübertragung nach § 111 JN (RIS-Justiz RS0046895). Offene Anträge können nur dann bedeutsam sein, wenn das Wohl des Kindes aus besonderen Gründen von dem bisher befassten Gericht wirksamer beachtet werden kann, etwa weil dem übertragenden Gericht eine besondere Sachkenntnis zukommt (4 Ob 5/04w).Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sprechen offene Anträge im allgemeinen nicht gegen eine Zuständigkeitsübertragung nach Paragraph 111, JN (RIS-Justiz RS0046895). Offene Anträge können nur dann bedeutsam sein, wenn das Wohl des Kindes aus besonderen Gründen von dem bisher befassten Gericht wirksamer beachtet werden kann, etwa weil dem übertragenden Gericht eine besondere Sachkenntnis zukommt (4 Ob 5/04w).
Die Prüfung der Zweckmäßigkeit der Zuständigkeitsübertragung während eines aufrechten Obsorgestreits hat sich ausschließlich daran zu orientieren, welches Gericht die für die Entscheidung maßgeblichen Umstände sachgerechter und umfassender beurteilen kann. Bei der Gesamtbeurteilung der für die Übertragung der Elternrechte maßgebenden Kriterien ist stets von der aktuellen Lage auszugehen; Zukunftsprognosen sind miteinzubeziehen. Um beurteilen zu können, bei welchem Elternteil das Wohl des Kindes besser gewährleistet ist, müssen die derzeitigen Lebensumstände bei beiden Elternteilen in ihrer Gesamtheit einschließlich des Umfeldes einander gegenübergestellt werden, unter Umständen ist auch der Betreuungsbeitrag der Großeltern mitzuberücksichtigen. Nur wenn eine Erforschung der maßgeblichen Lebensumstände aller Beteiligten möglichst vollständig und aktuell in die Entscheidung einfließen kann, ist das Wohl des Kindes gewährleistet (4 Ob 5/04w). An diesen Überlegungen ist auch die Zweckmäßigkeit der Übertragung zu messen. Es kommt daher nicht entscheidend darauf an, ob und wie lange sich das bisher zuständige Gericht um die Ermittlung von Sachverhaltsgrundlagen bemüht hat, sondern ausschließlich darauf, welches Gericht eher in der Lage ist, die aktuelle Lebenssituation aller Beteiligten zu erforschen (5 Nc 103/02w; 4 Ob 5/04w; RIS-Justiz RS0047027 [T7]).
Obwohl im vorliegenden Pflegschaftsverfahren die Obsorgeanträge beider Eltern ebenso unerledigt sind wie ein Antrag auf Unterhaltsleistung durch die Mutter, sprechen die dargestellten Umstände dafür, dass jenes Gericht die für die Obsorgeentscheidung besonders bedeutsamen Umstände effizienter erheben kann, in dessen Sprengel die Minderjährigen und ihr Vater nun ihren Wohnsitz haben. Das Bezirksgericht Steyr hat zwar bereits Erhebungen durchgeführt, die allerdings infolge eines inzwischen durchgeführten Rechtsmittelverfahrens schon längere Zeit zurückliegen. Ein Sachverständigengutachten zur Frage der Obsorgezuteilung wurde noch nicht eingeholt, und die Eltern wurden noch nicht eingehend zu ihrer aktuellen Lebenssituation und ihren Zukunftsplänen einvernommen. Diese für die Obsorgeentscheidung besonders bedeutsamen Umstände können vom nunmehrigen Wohnsitzgericht des Vaters und der Kindes zweckmäßiger erhoben werden. Auch das Argument, dass sich der bisherige Pflegschaftsrichter bereits einen persönlichen Eindruck von sämtlichen Beteiligten verschaffen konnte, kann hier nicht ausschlaggebend sein, weil - wie anlässlich der Vorlage des Aktes zur Entscheidung des Kompetenzkonflikts mitgeteilt wurde - inzwischen beim Bezirksgericht Steyr ein Richterwechsel in dieser Pflegschaftssache eingetreten ist.
Eine Beibehaltung der Zuständigkeit des bisherigen Pflegschaftsgerichts erweist sich unter diesen Umständen als nicht im Einklang mit den in § 111 Abs 1 JN festgelegten Grundsätzen. Die Übertragung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht des Aufenthaltsorts der Kinder war daher zu genehmigen.Eine Beibehaltung der Zuständigkeit des bisherigen Pflegschaftsgerichts erweist sich unter diesen Umständen als nicht im Einklang mit den in Paragraph 111, Absatz eins, JN festgelegten Grundsätzen. Die Übertragung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht des Aufenthaltsorts der Kinder war daher zu genehmigen.
Anmerkung
E78370 4Nc22.05fEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2005:0040NC00022.05F.0915.000Dokumentnummer
JJT_20050915_OGH0002_0040NC00022_05F0000_000