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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FSG 1997 §1 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des HK in Wien, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 7. November 2006, Zl. UVS - 03/P/48/6566/2006/9, betreffend Übertretung des FSG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 24. Oktober 2005 zu einer näher angeführten Zeit in Wien an einem näher angeführten Ort ein dem polizeilichen Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt, ohne im Besitz einer im Inland gültigen Lenkberechtigung zu sein. Er habe dadurch § 1 Abs. 3 FSG übertreten, weshalb über ihn gemäß § 37 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 erster Satz FSG eine (primäre) Freiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer erblickt zunächst eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens darin, dass ihm - zu Unrecht - sein Fernbleiben von der mündlichen Berufungsverhandlung im angefochtenen Bescheid vorgehalten worden sei; er sei ein "Vollpflegefall", gehbehindert und habe an der mündlichen Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde nicht teilnehmen können.
Dem ist entgegenzuhalten, dass sich Hinweise auf eine Gehbehinderung, die den Beschwerdeführer an der Teilnahme an der mündlichen Berufungsverhandlung gehindert hätte, dem Akt nicht entnehmen lassen. Im Übrigen legt aber die Beschwerde nicht dar, warum der Beschwerdeführer die belangte Behörde nicht vor dem Termin der mündlichen Berufungsverhandlung von seinem Gesundheitszustand geeignet in Kenntnis setzen und sein Fernbleiben erklären bzw. entschuldigen hätte können; die Beschwerdeausführungen vermögen daher ungeachtet des Vorbringens von unbeachtlichen Neuerungen die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht darzulegen.
Der Beschwerdeführer wendet sich vor dem Verwaltungsgerichtshof weiters (nur) gegen die Verhängung einer primären Freiheitsstrafe. Soweit er dabei rügt, die belangte Behörde habe gegen ein "Verböserungsverbot" verstoßen, übersieht er, dass die Behörde erster Instanz neben einer Geldstrafe von EUR 2.180,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 42 Tage) eine (primäre) Freiheitsstrafe von 20 Tagen verhängt hat. Durch die von der belangten Behörde vorgenommene Herabsetzung der insgesamt ausgesprochenen Strafe auf eine (primäre) Freiheitsstrafe im Ausmaß von 10 Tagen wurde der Beschwerdeführer daher gegenüber dem erstinstanzlichen Bescheid keineswegs schlechter gestellt.
Das Strafausmaß bei Übertretungen des Führerscheingesetzes regelt näher dessen § 37. Über die Voraussetzungen der Verhängung einer primären Freiheitsstrafe bestimmt § 37 Abs. 2 leg. cit.:
"(2) Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann anstelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Freiheitsstrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten."
Der Beschwerdeführer bringt in diesem Zusammenhang vor, die belangte Behörde hätte im angefochtenen Bescheid selbst ausgeführt, dass drei einschlägige Vormerkungen des Beschwerdeführers getilgt worden seien; sie hätte deshalb von der Verhängung einer primären Freiheitsstrafe absehen müssen.
Dieses Vorbringen führt die Beschwerde im Ergebnis zum Erfolg. Zwar übersieht der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde die Tilgung dieser drei Vorstrafen im Zusammenhang mit der Herabsetzung der verhängten Strafen als Begründung für die Anwendung des § 37 Abs. 2 erster (und nicht zweiter) Satz FSG erwähnte. Diesbezüglich aber ist eine (nicht getilgte) Bestrafung mit einer Geldstrafe wegen einer Übertretung des § 1 Abs. 3 FSG aktenkundig.
Die belangte Behörde hat jedoch - offenbar in Verkennung der Rechtslage - nicht begründet, weshalb bei Berücksichtigung nur einer Geldstrafe - die getilgten Strafen sind in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1997, Zl. 97/10/0102) - bereits die Verhängung einer primären Freiheitsstrafe aus spezialpräventiven Gründen erforderlich sei.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 31. Juli 2007
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007020016.X00Im RIS seit
03.10.2007Zuletzt aktualisiert am
22.02.2018