TE OGH 2005/9/20 8Nc47/05m

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Veröffentlicht am 20.09.2005
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hradil, Dr. Kuras und Hon. Prof. Dr. Neumayr und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek als weitere Richter in der Ablehnungssache des Ablehnungswerbers Mag. Herwig B*****, wegen der vom Ablehnungswerber im Verfahren 1 Ob 80/05d (AZ 44R 253/04p des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien) erhobenen „Nichtigkeitsbeschwerde" den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Senat 1 des Obersten Gerichtshofes zurückgestellt.

Text

Begründung:

Im Pflegschaftsverfahren 2 P 181/01k des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien lehnte der Ablehnungswerber einen Richter des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien ab.

Mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 8. 6. 2004, GZ 44 R 253/04p-10, wurde über den Ablehnungswerber wegen beleidigender Ausfälle in seinen Schriftsätzen im Rahmen des Rekursverfahrens 44 R 253/04p des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien (Rekurs im Ablehnungsverfahren) eine Ordnungsstrafe von 1.000 EUR verhängt.

Dem dagegen vom Ablehnungswerber erhobenen Rekurs gab das Oberlandesgericht Wien als Rekursgericht mit Beschluss vom 30. 9. 2004, GZ 12 R 190/04f-20, nicht Folge.

Der Oberste Gerichtshof wies mit Beschluss vom 10. 5. 2005 (1 Ob 80/05d) den dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs des Ablehnungswerbers mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG aF zurück.Der Oberste Gerichtshof wies mit Beschluss vom 10. 5. 2005 (1 Ob 80/05d) den dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs des Ablehnungswerbers mangels der Voraussetzungen des Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG aF zurück.

In seiner am 5. 7. 2005 beim Obersten Gerichtshof eingelangten „Nichtigkeitsbeschwerde" fordert der Ablehnungswerber eine „rechtskonforme Entscheidung eines nicht politikhörigen OGH-Senates, sondern seriöse Richter, welche die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht aufgrund politischer Einflussnahme und persönlicher Rachegefühle eines Senatsmitgliedes korrumpieren". Dabei bezieht er sich darauf, dass an der Beschlussfassung zu 1 Ob 80/05d ein befangener und mit einem anhängigen Strafverfahren vom Ablehnungswerber belangter Richter, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, teilgenommen habe; der Oberste Gerichtshof habe wissentlich ignoriert, dass ein Richter, gegen den anhängige Strafverfahren des zu Beurteilenden vorlägen, von der Entscheidung ausgeschlossen sei.

Wörtlich führt der Ablehnungswerber ferner aus, „des weiteren

verweigern die Richter dieses Senates ihre Pflichten gemäß § 84 StPO

(1) und (2a) .... Es ist somit offensichtlich, dass diese fünf

Richter.... als Ausführende politischer Wünsche statt als oberste

Richter fungiert haben, anstatt ihrem Richtereid entsprechend ihre Pflicht zu erfüllen."

Der Vorsitzende des Senates 1 des Obersten Gerichtshofes übermittelte den Akt im Sinne von Punkt VIII.C.2. der Geschäftsverteilung zur Entscheidung über die Ausgeschlossenheit der Stammmitglieder des ersten Senates bzw über die Befangenheit des Senatsmitgliedes Hofrat Univ. Doz. Dr. Bydlinski.Der Vorsitzende des Senates 1 des Obersten Gerichtshofes übermittelte den Akt im Sinne von Punkt römisch VIII.C.2. der Geschäftsverteilung zur Entscheidung über die Ausgeschlossenheit der Stammmitglieder des ersten Senates bzw über die Befangenheit des Senatsmitgliedes Hofrat Univ. Doz. Dr. Bydlinski.

Eine Beschlussfassung über die Ausgeschlossenheit bzw Befangenheit erübrigt sich allerdings aus folgenden Überlegungen:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 203 Abs 8 AußStrG 2005 sind die Bestimmungen über das Abänderungsverfahren (§§ 72 bis 77), das funktionell weitestgehend der Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage des streitigen Verfahrens nachgebildet ist (Fucik/Kloiber, AußStrG 2005, § 72 mwN), nur dann anzuwenden, wenn das Datum der Entscheidung erster Instanz, deren Abänderung beantragt wird, nach dem 31. Dezember 2004 liegt. Der hier zu beurteilende Fall ist von dieser Übergangsbestimmung nicht unmittelbar umfasst: Die funktionell erstinstanzlichen Entscheidung (Verhängung der Ordnungsstrafe in einem Außerstreitverfahren) erging am 8. 6. 2004. Der Wiederaufnahmewerber wendet sich mit seiner „Nichtigkeitsbeschwerde" erkennbar gegen die am 10. 5. 2005 beschlossene Zurückweisung seines Revisionsrekurses.Gemäß Paragraph 203, Absatz 8, AußStrG 2005 sind die Bestimmungen über das Abänderungsverfahren (Paragraphen 72 bis 77), das funktionell weitestgehend der Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage des streitigen Verfahrens nachgebildet ist (Fucik/Kloiber, AußStrG 2005, Paragraph 72, mwN), nur dann anzuwenden, wenn das Datum der Entscheidung erster Instanz, deren Abänderung beantragt wird, nach dem 31. Dezember 2004 liegt. Der hier zu beurteilende Fall ist von dieser Übergangsbestimmung nicht unmittelbar umfasst: Die funktionell erstinstanzlichen Entscheidung (Verhängung der Ordnungsstrafe in einem Außerstreitverfahren) erging am 8. 6. 2004. Der Wiederaufnahmewerber wendet sich mit seiner „Nichtigkeitsbeschwerde" erkennbar gegen die am 10. 5. 2005 beschlossene Zurückweisung seines Revisionsrekurses.

§ 203 Abs 7 AußStrG 2005 lässt jedoch die generelle Absicht des Gesetzgebers erkennen, die Anwendbarkeit jener verfahrensrechtlichen Vorschriften des AußStrG 2005, die regeln, unter welchen Voraussetzungen gefällte Beschlüsse abgeändert oder aufgehoben werden, davon abhängig zu machen, dass die erstinstanzliche Entscheidung nach dem 31. Dezember 2004 gefällt wurde. Dieser Umstand in Verbindung damit, dass über den Abänderungsantrag auch dann vom Gericht erster Instanz zu entscheiden ist, wenn der abzuändernde Beschluss von einem Gericht höherer Instanz gefällt wurde (§ 76 Abs 2 AußStrG 2005), spricht dafür, die Bestimmungen über das Abänderungsverfahren nur dann anzuwenden, wenn die Entscheidung erster Instanz nach dem 31. Dezember 2004 erging, unabhängig davon, von welchem Gericht im Instanzenzug die abzuändernde Entscheidung gefällt wurde.Paragraph 203, Absatz 7, AußStrG 2005 lässt jedoch die generelle Absicht des Gesetzgebers erkennen, die Anwendbarkeit jener verfahrensrechtlichen Vorschriften des AußStrG 2005, die regeln, unter welchen Voraussetzungen gefällte Beschlüsse abgeändert oder aufgehoben werden, davon abhängig zu machen, dass die erstinstanzliche Entscheidung nach dem 31. Dezember 2004 gefällt wurde. Dieser Umstand in Verbindung damit, dass über den Abänderungsantrag auch dann vom Gericht erster Instanz zu entscheiden ist, wenn der abzuändernde Beschluss von einem Gericht höherer Instanz gefällt wurde (Paragraph 76, Absatz 2, AußStrG 2005), spricht dafür, die Bestimmungen über das Abänderungsverfahren nur dann anzuwenden, wenn die Entscheidung erster Instanz nach dem 31. Dezember 2004 erging, unabhängig davon, von welchem Gericht im Instanzenzug die abzuändernde Entscheidung gefällt wurde.

Das somit hier noch maßgebliche AußStrG alt enthält keine dem § 529 ZPO vergleichbare Regelung. Die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen die Nichtigerklärung oder Wiederaufnahme eines Verfahrens zu beantragen, ist daher im AußStrG alt nicht vorgesehen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung zu AußStrG alt, dass die Vorschriften über die Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage im Außerstreitverfahren nicht analog angewendet werden können (RIS-Justiz RS0007194). Diese Rechtsprechung wurde trotz der in Rkv 1/98 angestellten Überlegungen bis zuletzt (9 Ob 11/05s; 6 Ob 86/03w; 6 Ob 242/01h) aufrecht erhalten.Das somit hier noch maßgebliche AußStrG alt enthält keine dem Paragraph 529, ZPO vergleichbare Regelung. Die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen die Nichtigerklärung oder Wiederaufnahme eines Verfahrens zu beantragen, ist daher im AußStrG alt nicht vorgesehen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung zu AußStrG alt, dass die Vorschriften über die Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage im Außerstreitverfahren nicht analog angewendet werden können (RIS-Justiz RS0007194). Diese Rechtsprechung wurde trotz der in Rkv 1/98 angestellten Überlegungen bis zuletzt (9 Ob 11/05s; 6 Ob 86/03w; 6 Ob 242/01h) aufrecht erhalten.

Gemäß § 537 ZPO ist der Richter, wegen dessen Verhalten eine Wiederaufnahmsklage nach § 530 Abs 1 Z 4 ZPO angebracht wird, von der Leitung der Verhandlung sowie von der Entscheidung über die Wiederaufnahmsklage ausgeschlossen. Kommt aber, weil eine Wiederaufnahme in der anzuwendenden Verfahrensart gesetzlich nicht vorgesehen ist, eine inhaltliche Prüfung des behaupteten Wiederaufnahmegrundes von vornherein nicht in Betracht, scheidet auch die Anwendung des § 537 ZPO aus: Die sachliche Grundlage für das Vorliegen dieses Ausschließungsgrundes besteht darin, dass der Richter, dem rechtswidriges Verhalten vorgeworfen wird, dieses Vorbringen im Wiederaufnahmsverfahren nicht selbst überprüfen soll. Dabei kommt es zwar auf die Richtigkeit und Sinnhaftigkeit der Vorwürfe nicht an (1 N 515/00; 1 N 504/01 ua). Müssen aber diese Vorwürfe inhaltlich überhaupt nicht geprüft werden, fehlt es sowohl an einer sachlichen als auch an einer gesetzlichen Grundlage für die Anwendung des § 537 ZPO.Gemäß Paragraph 537, ZPO ist der Richter, wegen dessen Verhalten eine Wiederaufnahmsklage nach Paragraph 530, Absatz eins, Ziffer 4, ZPO angebracht wird, von der Leitung der Verhandlung sowie von der Entscheidung über die Wiederaufnahmsklage ausgeschlossen. Kommt aber, weil eine Wiederaufnahme in der anzuwendenden Verfahrensart gesetzlich nicht vorgesehen ist, eine inhaltliche Prüfung des behaupteten Wiederaufnahmegrundes von vornherein nicht in Betracht, scheidet auch die Anwendung des Paragraph 537, ZPO aus: Die sachliche Grundlage für das Vorliegen dieses Ausschließungsgrundes besteht darin, dass der Richter, dem rechtswidriges Verhalten vorgeworfen wird, dieses Vorbringen im Wiederaufnahmsverfahren nicht selbst überprüfen soll. Dabei kommt es zwar auf die Richtigkeit und Sinnhaftigkeit der Vorwürfe nicht an (1 N 515/00; 1 N 504/01 ua). Müssen aber diese Vorwürfe inhaltlich überhaupt nicht geprüft werden, fehlt es sowohl an einer sachlichen als auch an einer gesetzlichen Grundlage für die Anwendung des Paragraph 537, ZPO.

Selbst wenn daher die in der „Nichtigkeitsbeschwerde" enthaltenen Ausführungen als Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens 1 Ob 80/05d zu werten wären, ist § 537 ZPO mangels Zulässigkeit der Wiederaufnahme im Außerstreitverfahren nicht anwendbar. Damit fehlt es aber auch an einer Kompetenz des Senates, im Sinne von Punkt VIII.C.2. der Geschäftsverteilung über die - aus den dargelegten Gründen nicht gegebene - Ausgeschlossenheit der Stammmitglieder des Senates 1 zu entscheiden.Selbst wenn daher die in der „Nichtigkeitsbeschwerde" enthaltenen Ausführungen als Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens 1 Ob 80/05d zu werten wären, ist Paragraph 537, ZPO mangels Zulässigkeit der Wiederaufnahme im Außerstreitverfahren nicht anwendbar. Damit fehlt es aber auch an einer Kompetenz des Senates, im Sinne von Punkt römisch VIII.C.2. der Geschäftsverteilung über die - aus den dargelegten Gründen nicht gegebene - Ausgeschlossenheit der Stammmitglieder des Senates 1 zu entscheiden.

Auch über die in der „Nichtigkeitsbeschwerde" enthaltene, völlig unsubstantiierte Behauptung, der Hofrat des Obersten Gerichtshofes Univ. Doz. Dr. Bydlinski sei befangen, ist nicht mit Beschluss zu entscheiden: Der erkennende Senat hat bereits in der zu 8 Ob 21/05d ergangenen, den Ablehnungswerber betreffenden Entscheidung dargelegt, dass es zur Erledigung weiterer vom Ablehnungswerber eingebrachter Ablehnungsanträge, in denen substanzlos schwere Verfahrensfehler oder sonstige Verfehlungen von Richtern behauptet werden, keiner förmlichen Entscheidungen mehr bedarf.

Anmerkung

E78666 8Nc47.05m

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:0080NC00047.05M.0920.000

Dokumentnummer

JJT_20050920_OGH0002_0080NC00047_05M0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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