TE OGH 2005/9/20 8Nc51/05z

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Veröffentlicht am 20.09.2005
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hradil, Dr. Kuras und Hon. Prof. Dr. Neumayr und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der am ***** verstorbenen Betroffenen Yvonne S*****, wegen der vom enthobenen Sachwalter Dr. Stanimir S*****, *****, beantragten Wiederaufnahme des Verfahrens 1 Ob 297/04i, 1 Ob 298/04m (59 P 169/02s des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien), den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Senat 1 des Obersten Gerichtshofes zurückgestellt.

Text

Begründung:

I a. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 7. 5. 2003, GZ 59 P 169/02s-1159, wurde dem enthobenen Sachwalter Dr. Olaf B***** Aufwand- und Barauslagenersatz zugesprochen und der Schlussbericht genehmigt.römisch eins a. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 7. 5. 2003, GZ 59 P 169/02s-1159, wurde dem enthobenen Sachwalter Dr. Olaf B***** Aufwand- und Barauslagenersatz zugesprochen und der Schlussbericht genehmigt.

I b. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 4. 3. 2004, GZ 59 P 169/02s-1233, wurde der Antrag des Wiederaufnahmewerbers (ehemaliger Sachwalter) auf Gewährung weiterer Akteneinsicht abgewiesen.römisch eins b. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 4. 3. 2004, GZ 59 P 169/02s-1233, wurde der Antrag des Wiederaufnahmewerbers (ehemaliger Sachwalter) auf Gewährung weiterer Akteneinsicht abgewiesen.

II. Mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Fristsetzungsgericht vom 27. 10. 2004, GZ 42 Fs 6/04h-1278, wurden Fristsetzungsanträge des Wiederaufnahmewerbers zurückgewiesen. Mit Beschluss des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 27. 10. 2004, GZ 42 R 750/03k, 42 R 164/04k, 42 R 533/04z-1277, wurde dem Rekurs des Wiederaufnahmewerbers und der Betroffenen gegen den unter I. a. genannten Beschluss teilweise Folge gegeben; der unter I.römisch II. Mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Fristsetzungsgericht vom 27. 10. 2004, GZ 42 Fs 6/04h-1278, wurden Fristsetzungsanträge des Wiederaufnahmewerbers zurückgewiesen. Mit Beschluss des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 27. 10. 2004, GZ 42 R 750/03k, 42 R 164/04k, 42 R 533/04z-1277, wurde dem Rekurs des Wiederaufnahmewerbers und der Betroffenen gegen den unter römisch eins. a. genannten Beschluss teilweise Folge gegeben; der unter römisch eins.

b. genannte Beschluss wurde bestätigt.

Der Oberste Gerichtshof wies mit Beschluss vom 15. 3. 2005, GZ 1 Ob 297/04i, 1 Ob 298/04m-1291, die vom Wiederaufnahmewerber erhobenen Revisionsrekurse gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27. 10. 2004, GZ 42 R 750/03k, 42 R 164/04k, 42 R 533/04z-1277, ebenso zurück wie den „Revisionsrekurs" des Wiederaufnahmewerbers gegen den unter II genannten Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Fristsetzungsgericht.Der Oberste Gerichtshof wies mit Beschluss vom 15. 3. 2005, GZ 1 Ob 297/04i, 1 Ob 298/04m-1291, die vom Wiederaufnahmewerber erhobenen Revisionsrekurse gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27. 10. 2004, GZ 42 R 750/03k, 42 R 164/04k, 42 R 533/04z-1277, ebenso zurück wie den „Revisionsrekurs" des Wiederaufnahmewerbers gegen den unter römisch II genannten Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Fristsetzungsgericht.

In seinem am 11. 4. 2005 beim Obersten Gerichtshof eingelangten „Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 530 Abs 1 Z 1 bis 4 ZPO" begehrt der Wiederaufnahmewerber die Wiederaufnahme des Verfahrens 1 Ob 297/04i, 1 Ob 298/04m mit der nicht näher substantiierten Behauptung, dass die Mitglieder des Senates 1 des Obersten Gerichtshofes bei ihrer Beschlussfassung der „funktionalen Einheitstäterschaft (Unschuldvermutung)" schuldig und im Sinne der §§ 108, 229, 302, 311 StGB zu bestrafen seien. Dem „Wiederaufnahmeantrag" ist eine an die Staatsanwaltschaft Wien gerichtete Strafanzeige „gem §§ 108, 229, 302, 311 StGB (Unschuldsvermutung)" angeschlossen, die unter anderem die Mitglieder des Senates 1 der „funktionalen Einheitstäterschaft" verdächtigt. Der Vorsitzende des Senates 1 des Obersten Gerichtshofes übermittelte den Akt im Sinne von Punkt VIII.C.2. der Geschäftsverteilung zur Entscheidung über die Ausgeschlossenheit der Stammmitglieder des ersten Senates.In seinem am 11. 4. 2005 beim Obersten Gerichtshof eingelangten „Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß Paragraph 530, Absatz eins, Ziffer eins bis 4 ZPO" begehrt der Wiederaufnahmewerber die Wiederaufnahme des Verfahrens 1 Ob 297/04i, 1 Ob 298/04m mit der nicht näher substantiierten Behauptung, dass die Mitglieder des Senates 1 des Obersten Gerichtshofes bei ihrer Beschlussfassung der „funktionalen Einheitstäterschaft (Unschuldvermutung)" schuldig und im Sinne der Paragraphen 108,, 229, 302, 311 StGB zu bestrafen seien. Dem „Wiederaufnahmeantrag" ist eine an die Staatsanwaltschaft Wien gerichtete Strafanzeige „gem Paragraphen 108,, 229, 302, 311 StGB (Unschuldsvermutung)" angeschlossen, die unter anderem die Mitglieder des Senates 1 der „funktionalen Einheitstäterschaft" verdächtigt. Der Vorsitzende des Senates 1 des Obersten Gerichtshofes übermittelte den Akt im Sinne von Punkt römisch VIII.C.2. der Geschäftsverteilung zur Entscheidung über die Ausgeschlossenheit der Stammmitglieder des ersten Senates.

Eine Beschlussfassung über die Ausgeschlossenheit erübrigt sich allerdings aus folgenden Überlegungen:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 203 Abs 8 AußStrG 2005 sind die Bestimmungen über das Abänderungsverfahren (§§ 72 bis 77), das funktionell weitestgehend der Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage des streitigen Verfahrens nachgebildet ist (Fucik/Kloiber, AußStrG 2005, § 72 mwN), nur dann anzuwenden, wenn das Datum der Entscheidung erster Instanz, deren Abänderung beantragt wird, nach dem 31. Dezember 2004 liegt. Der hier zu beurteilende Fall ist von dieser Übergangsbestimmung nicht unmittelbar umfasst: Die funktionell erstinstanzlichen Entscheidungen ergingen vor 1. 1. 2005. Der Wiederaufnahmewerber wendet sich mit seinem Wiederaufnahmeantrag gegen den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 15. 3. 2005.Gemäß Paragraph 203, Absatz 8, AußStrG 2005 sind die Bestimmungen über das Abänderungsverfahren (Paragraphen 72 bis 77), das funktionell weitestgehend der Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage des streitigen Verfahrens nachgebildet ist (Fucik/Kloiber, AußStrG 2005, Paragraph 72, mwN), nur dann anzuwenden, wenn das Datum der Entscheidung erster Instanz, deren Abänderung beantragt wird, nach dem 31. Dezember 2004 liegt. Der hier zu beurteilende Fall ist von dieser Übergangsbestimmung nicht unmittelbar umfasst: Die funktionell erstinstanzlichen Entscheidungen ergingen vor 1. 1. 2005. Der Wiederaufnahmewerber wendet sich mit seinem Wiederaufnahmeantrag gegen den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 15. 3. 2005.

§ 203 Abs 7 AußStrG 2005 lässt jedoch die generelle Absicht des Gesetzgebers erkennen, die Anwendbarkeit jener verfahrensrechtlichen Vorschriften des AußStrG 2005, die regeln, unter welchen Voraussetzungen gefällte Beschlüsse abgeändert oder aufgehoben werden, davon abhängig zu machen, dass die erstinstanzliche Entscheidung nach dem 31. Dezember 2004 gefällt wurde. Dieser Umstand in Verbindung damit, dass über den Abänderungsantrag auch dann vom Gericht erster Instanz zu entscheiden ist, wenn der abzuändernde Beschluss von einem Gericht höherer Instanz gefällt wurde (§ 76 Abs 2 AußStrG 2005), spricht dafür, die Bestimmungen über das Abänderungsverfahren nur dann anzuwenden, wenn die Entscheidung erster Instanz nach dem 31. Dezember 2004 erging, unabhängig davon, von welchem Gericht im Instanzenzug die abzuändernde Entscheidung gefällt wurde. Das somit hier noch maßgebliche AußStrG alt enthält keine dem § 529 ZPO vergleichbare Regelung. Die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen die Nichtigerklärung oder Wiederaufnahme eines Verfahrens zu beantragen, ist daher im AußStrG alt nicht vorgesehen.Paragraph 203, Absatz 7, AußStrG 2005 lässt jedoch die generelle Absicht des Gesetzgebers erkennen, die Anwendbarkeit jener verfahrensrechtlichen Vorschriften des AußStrG 2005, die regeln, unter welchen Voraussetzungen gefällte Beschlüsse abgeändert oder aufgehoben werden, davon abhängig zu machen, dass die erstinstanzliche Entscheidung nach dem 31. Dezember 2004 gefällt wurde. Dieser Umstand in Verbindung damit, dass über den Abänderungsantrag auch dann vom Gericht erster Instanz zu entscheiden ist, wenn der abzuändernde Beschluss von einem Gericht höherer Instanz gefällt wurde (Paragraph 76, Absatz 2, AußStrG 2005), spricht dafür, die Bestimmungen über das Abänderungsverfahren nur dann anzuwenden, wenn die Entscheidung erster Instanz nach dem 31. Dezember 2004 erging, unabhängig davon, von welchem Gericht im Instanzenzug die abzuändernde Entscheidung gefällt wurde. Das somit hier noch maßgebliche AußStrG alt enthält keine dem Paragraph 529, ZPO vergleichbare Regelung. Die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen die Nichtigerklärung oder Wiederaufnahme eines Verfahrens zu beantragen, ist daher im AußStrG alt nicht vorgesehen.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung zu AußStrG alt, dass die Vorschriften über die Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage im Außerstreitverfahren nicht analog angewendet werden können (RIS-Justiz RS0007194). Diese Rechtsprechung wurde trotz der in Rkv 1/98 angestellten Überlegungen bis zuletzt (9 Ob 11/05s; 6 Ob 86/03w; 6 Ob 242/01h) aufrecht erhalten.

Gemäß § 537 ZPO ist der Richter, wegen dessen Verhalten eine Wiederaufnahmsklage nach § 530 Abs 1 Z 4 ZPO angebracht wird, von der Leitung der Verhandlung sowie von der Entscheidung über die Wiederaufnahmsklage ausgeschlossen. Kommt aber, weil eine Wiederaufnahme in der anzuwendenden Verfahrensart gesetzlich nicht vorgesehen ist, eine inhaltliche Prüfung des behaupteten Wiederaufnahmegrundes von vornherein nicht in Betracht, scheidet auch die Anwendung des § 537 ZPO aus: Die sachliche Grundlage für das Vorliegen dieses Ausschließungsgrundes besteht darin, dass der Richter, dem rechtswidriges Verhalten vorgeworfen wird, dieses Vorbringen im Wiederaufnahmsverfahren nicht selbst überprüfen soll. Dabei kommt es zwar auf die Richtigkeit und Sinnhaftigkeit der Vorwürfe nicht an (1 N 515/00; 1 N 504/01 ua). Müssen aber diese Vorwürfe inhaltlich überhaupt nicht geprüft werden, fehlt es sowohl an einer sachlichen als auch an einer gesetzlichen Grundlage für die Anwendung des § 537 ZPO. Damit fehlt es aber auch an einer Kompetenz des Senates, im Sinne von Punkt VIII.C.2. der Geschäftsverteilung über die - aus den dargelegten Gründen nicht gegebene - Ausgeschlossenheit der Stammmitglieder des Senates 1 zu entscheiden.Gemäß Paragraph 537, ZPO ist der Richter, wegen dessen Verhalten eine Wiederaufnahmsklage nach Paragraph 530, Absatz eins, Ziffer 4, ZPO angebracht wird, von der Leitung der Verhandlung sowie von der Entscheidung über die Wiederaufnahmsklage ausgeschlossen. Kommt aber, weil eine Wiederaufnahme in der anzuwendenden Verfahrensart gesetzlich nicht vorgesehen ist, eine inhaltliche Prüfung des behaupteten Wiederaufnahmegrundes von vornherein nicht in Betracht, scheidet auch die Anwendung des Paragraph 537, ZPO aus: Die sachliche Grundlage für das Vorliegen dieses Ausschließungsgrundes besteht darin, dass der Richter, dem rechtswidriges Verhalten vorgeworfen wird, dieses Vorbringen im Wiederaufnahmsverfahren nicht selbst überprüfen soll. Dabei kommt es zwar auf die Richtigkeit und Sinnhaftigkeit der Vorwürfe nicht an (1 N 515/00; 1 N 504/01 ua). Müssen aber diese Vorwürfe inhaltlich überhaupt nicht geprüft werden, fehlt es sowohl an einer sachlichen als auch an einer gesetzlichen Grundlage für die Anwendung des Paragraph 537, ZPO. Damit fehlt es aber auch an einer Kompetenz des Senates, im Sinne von Punkt römisch VIII.C.2. der Geschäftsverteilung über die - aus den dargelegten Gründen nicht gegebene - Ausgeschlossenheit der Stammmitglieder des Senates 1 zu entscheiden.

Anmerkung

E78667 8Nc51.05z

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:0080NC00051.05Z.0920.000

Dokumentnummer

JJT_20050920_OGH0002_0080NC00051_05Z0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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