TE OGH 2005/9/27 1Ob143/04t

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Veröffentlicht am 27.09.2005
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Liselotte S*****, 2. KR Gerhard K*****, 3. Herta L*****, und 4. Karin M*****, alle vertreten durch Dr. Erich Jungwirth, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, und den auf Seiten der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenienten Dr. Thomas M*****, vertreten durch Dr. Martin Leitner, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 24.403,04 sA, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 19. April 2004, GZ 14 R 253/03h-32, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 27. Oktober 2003, GZ 31 Cg 4/02i-27, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Anstelle der am 14. 4. 2003 verstorbenen vormaligen drittklagenden Partei sind deren Erben in das Verfahren eingetreten und wird die Parteibezeichnung wie aus dem Kopf dieser Entscheidung ersichtlich berichtigt.

2. Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Zu 1.: Laut mit der Revision vorgelegter Einantwortungsurkunde, die - wie der Oberste Gerichtshof im Zwischenverfahren erhoben hat - in Rechtskraft erwachsen ist, ist der Drittkläger am 14. 4. 2003 verstorben und wurde der Nachlass seinen nun im Kopf dieser Entscheidung als Dritt- und Viertkläger bezeichneten Erben eingeantwortet. Nach ständiger Rechtsprechung bewirkt die Rechtskraft der Einantwortungsurkunde ex lege einen in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigenden Parteiwechsel, durch welchen die Erben anstelle der verstorbenen Prozesspartei in das Verfahren eintreten (RIS-Justiz RS0012287; RS0035686).

Zu 2.: Eine Verwandte der Kläger verstarb am 5. 3. 2000. Im Verlassenschaftsverfahren waren vorerst potentielle Erben nicht bekannt. Bei einer Nachschau des Gerichtskommissärs im Haus der Verstorbenen am 4. 4. 2000 wurde neben Bargeld und Sparbüchern mit beträchtlicher Einlage eine große Menge von Schmuckstücken gefunden und gerichtlich in Verwahrung genommen. Mit Beschlüssen vom 16. 8. 2000 wurde einerseits der Nebenintervenient zum Verlassenschaftskurator bestellt und unter anderem ermächtigt, den erblasserischen Schmuck nach erfolgter Schätzung freihändig, jedoch nicht unter dem festzustellenden Schätzwert zu veräußern und den Verkaufserlös beim Gerichtskommissär zu erlegen, und andererseits das Edikt zur Einberufung unbekannter Erben und Gläubiger erlassen. Die Erteilung der Ermächtigung zum freihändigen Verkauf des Schmucks wurde vom Verlassenschaftskurator, der die Auffassung vertrat, dass ohnedies keine gesetzlichen Erben vorhanden seien, vorgeschlagen und beruhte lediglich auf der Erwägung, dass Kaufinteressenten für den Schmuck vorhanden waren, die einen höheren Preis als den Schätzwert boten. Andere Notwendigkeiten für den freihändigen Verkauf innerhalb der Ediktalfrist bestanden nicht.

In der Folge wurden die in der Verlassenschaft vorgefundenen Schmuckstücke durch einen gerichtlichen Sachverständigen geschätzt und mit einem Wert von insgesamt ATS 664.075 in das Inventar aufgenommen. Am 1. 12. 2000 verkaufte der Verlassenschaftskurator einen Teil der Schmuckstücke, die insgesamt einen Schätzwert von ATS

61.890 hatten, um den Betrag von ATS 74.376 an einen Juwelier, und Schmuckstücke im Schätzwert von ATS 15.800 um den Betrag von ATS

18.900 an einen Altwarenhändler.

Am 28. 12. 2000 langten die Erbserklärungen der ursprünglichen drei Kläger beim Verlassenschaftsgericht ein. Am 4. 1. 2001 begehrten sie, die Ermächtigung zur Veräußerung des Schmucks der Verstorbenen zu widerrufen. Am 16. 1. 2001 langte bei Gericht der Bericht des Nebenintervenienten über den Schmuckverkauf ein mit dem Hinweis, er habe vor Weihnachten von der Gelegenheit Gebrauch gemacht, wenigstens einen Teil des erblasserischen Schmucks über dem Schätzwert zu verkaufen. Mit rechtskräftiger Einantwortungsurkunde vom 29. 10. 2001 wurde die Verlassenschaft der Erstklägerin und dem Zweitkläger je zu einem Viertel und dem ehemaligen Drittkläger zur Hälfte eingeantwortet.

Mit ihrer am 7. 3. 2002 beim Erstgericht eingelangten Klage machten die Kläger als Erben nach der Einantwortung des Nachlasses aus dem Titel der Amtshaftung Schadenersatzansprüche geltend, weil im Verlassenschaftsverfahren Schmuck der Erblasserin vor Ablauf der Ediktalfrist vom Verlassenschaftskurator mit gerichtlicher Bewilligung weit unter dem wahren Wert verkauft worden sei. Entsprechend ihren Erbquoten begehrten sie (nach Einschränkung und rechtskräftiger Teilabweisung in erster Instanz) von der Beklagten die Zahlung von EUR 6.100,76 sA (Erstklägerin), EUR 6.100,76 sA (Zweitkläger) und EUR 12.201,52 sA (Drittkläger).

Die Beklagte wendete ein, der Schmuck sei ohnedies zu Preisen über dem Schätzwert verkauft worden, sodass die Kläger keinen Schaden erlitten hätten. Die Rechtsansicht des Verlassenschaftsgerichts, den Verkauf zu genehmigen, sei zumindest vertretbar gewesen. Das Erstgericht sprach den Klägern die oben genannten Beträge zu. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und stellte darüber hinaus fest, die Erben hätten für die verkauften Schmuckstücke einen höheren Preis erzielt, wenn sie diese ohne Verkaufsnotwendigkeit am Privatmarkt angeboten und entsprechende Anbote von Kaufinteressenten abgewartet hätten. Nur bei einem Verkauf an Wiederverkäufer wäre kein höherer Preis erzielbar gewesen. Bei einem Verkauf dieser Schmuckstücke an Private wäre hingegen mit einem 4,6mal höheren Erlös zu rechnen gewesen, als bei den Verkäufen durch den Verlassenschaftskuratur erzielt worden war. Dies ergebe einen hypothetischen Erlös von ATS 342.129,60 bzw ATS 86.940 und eine Differenz zum tatsächlich erzielten Preis von ATS 267.753,60 bzw ATS 68.040.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, das Gericht dürfe gemäß § 145 AußStrG aF den Verkauf von Gegenständen durch den Verlassenschaftskurator nur dann genehmigen, wenn er im letzten Willen angeordnet oder zur Bestreitung der Krankheits- oder Begräbniskosten oder anderer dringender Zahlungen oder zur Vermeidung offenbarer Nachteile notwendig sei. Der Verkauf der Schmuckstücke innerhalb offener Ediktalfrist widerspreche dem Gesetz, sodass eine unvertretbare Rechtsanwendung im Sinn des § 1 AHG vorliege. Zu ersetzen sei bei einem Schaden, der nicht durch auffallende Sorglosigkeit zugefügt wurde, der gemeine Wert, den die Sache zur Zeit der Beschädigung hatte. Dies sei der Verkaufs- oder Marktwert, also jener Wert, den das betreffende Gut im Zeitpunkt der Schadenszufügung repräsentierte. Es könne nicht zweifelhaft sein, dass im hier zu beurteilenden Fall die Kläger einen Nachteil an ihrem Vermögen in der Höhe der im Rahmen der Feststellungen angestellten Differenzrechnung erlitten haben.Rechtlich führte das Erstgericht aus, das Gericht dürfe gemäß Paragraph 145, AußStrG aF den Verkauf von Gegenständen durch den Verlassenschaftskurator nur dann genehmigen, wenn er im letzten Willen angeordnet oder zur Bestreitung der Krankheits- oder Begräbniskosten oder anderer dringender Zahlungen oder zur Vermeidung offenbarer Nachteile notwendig sei. Der Verkauf der Schmuckstücke innerhalb offener Ediktalfrist widerspreche dem Gesetz, sodass eine unvertretbare Rechtsanwendung im Sinn des Paragraph eins, AHG vorliege. Zu ersetzen sei bei einem Schaden, der nicht durch auffallende Sorglosigkeit zugefügt wurde, der gemeine Wert, den die Sache zur Zeit der Beschädigung hatte. Dies sei der Verkaufs- oder Marktwert, also jener Wert, den das betreffende Gut im Zeitpunkt der Schadenszufügung repräsentierte. Es könne nicht zweifelhaft sein, dass im hier zu beurteilenden Fall die Kläger einen Nachteil an ihrem Vermögen in der Höhe der im Rahmen der Feststellungen angestellten Differenzrechnung erlitten haben.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, dass es das Klagebegehren abwies. Auf Grund eines Antrags der Beklagten änderte es seinen Zulässigkeitsausspruch gemäß § 508 Abs 3 ZPO dahin, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es erachtete es nicht als erforderlich, auf die Tatsachenrüge einzugehen, weil schon auf Grund des unstrittigen Sachverhalts feststehe, dass das Klagebegehren nicht zu Recht bestehe. Für das Vorliegen grober Fahrlässigkeit finde sich weder in den Feststellungen noch im Vorbringen der Kläger ein Anhaltspunkt. Es sei daher zu prüfen, ob die zusätzlichen Erlöse, die bei einem Privatverkauf zu erzielen gewesen wären, als „Schätzungswert" im Sinn des § 1323 ABGB anzusehen seien. Das Erstgericht habe keineswegs festgestellt, dass die Kläger einen höheren Preis für die Wiederbeschaffung aufbringen müssten als die Verkäufe durch den Verlassenschaftskurator ergeben haben. Entgegen der Ansicht der Berufungswerber sei auch der Wiederbeschaffungswert von Second-Hand-Ware im Detailhandel keinesfalls ident mit dem Verkaufspreis, der für die Kläger bei einem Verkauf der Schmuckstücke an Private erzielbar gewesen wäre. Weder dem Gutachten im Verlassenschaftsverfahren noch jenem im Amtshaftungsprozess sei zu entnehmen, dass es sich bei den Transaktionen - bezogen auf den seriösen Handel - um eine Verschleuderung gehandelt habe. Selbst wenn man entgegen den Bestrebungen der Berufungswerberin dem Gutachten in der Einschätzung folgte, dass ein privater Verkauf im Durchschnitt 4,6mal höhere Werte als die im Verlassenschaftsgutachten ausgewiesenen erbracht hätte, sei damit nicht ein höherer Wiederbeschaffungswert dargetan. Mangels jedes persönlichen Bezugs der Erben zu den Schmuckstücken gehe das Berufungsgericht davon aus, dass die Erben diese Pretiosen ebenfalls versilbert hätten. Ein höherer Erlös wäre indes nicht erzielbar gewesen, wenn man auf den seriösen Handel abstellt. Für den Ersatz eines nicht aus auffallender Sorglosigkeit zugefügten Schaden komme es aber nur auf die beim Händler erzielbaren Erlöse, nicht auf allenfalls erzielbare höhere Privaterlöse an. Gehe man also unbekämpft vom Fehlen auffallender Sorglosigkeit und von dem im Handel erzielbaren Erlös aus, so fehle es an einem positiven Schaden. Der Ersatz erzielbarer höherer Werte im Privatverkauf sei mangels Vorliegens auffallender Sorglosigkeit als entgangener Gewinn nicht zu ersetzen.Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, dass es das Klagebegehren abwies. Auf Grund eines Antrags der Beklagten änderte es seinen Zulässigkeitsausspruch gemäß Paragraph 508, Absatz 3, ZPO dahin, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es erachtete es nicht als erforderlich, auf die Tatsachenrüge einzugehen, weil schon auf Grund des unstrittigen Sachverhalts feststehe, dass das Klagebegehren nicht zu Recht bestehe. Für das Vorliegen grober Fahrlässigkeit finde sich weder in den Feststellungen noch im Vorbringen der Kläger ein Anhaltspunkt. Es sei daher zu prüfen, ob die zusätzlichen Erlöse, die bei einem Privatverkauf zu erzielen gewesen wären, als „Schätzungswert" im Sinn des Paragraph 1323, ABGB anzusehen seien. Das Erstgericht habe keineswegs festgestellt, dass die Kläger einen höheren Preis für die Wiederbeschaffung aufbringen müssten als die Verkäufe durch den Verlassenschaftskurator ergeben haben. Entgegen der Ansicht der Berufungswerber sei auch der Wiederbeschaffungswert von Second-Hand-Ware im Detailhandel keinesfalls ident mit dem Verkaufspreis, der für die Kläger bei einem Verkauf der Schmuckstücke an Private erzielbar gewesen wäre. Weder dem Gutachten im Verlassenschaftsverfahren noch jenem im Amtshaftungsprozess sei zu entnehmen, dass es sich bei den Transaktionen - bezogen auf den seriösen Handel - um eine Verschleuderung gehandelt habe. Selbst wenn man entgegen den Bestrebungen der Berufungswerberin dem Gutachten in der Einschätzung folgte, dass ein privater Verkauf im Durchschnitt 4,6mal höhere Werte als die im Verlassenschaftsgutachten ausgewiesenen erbracht hätte, sei damit nicht ein höherer Wiederbeschaffungswert dargetan. Mangels jedes persönlichen Bezugs der Erben zu den Schmuckstücken gehe das Berufungsgericht davon aus, dass die Erben diese Pretiosen ebenfalls versilbert hätten. Ein höherer Erlös wäre indes nicht erzielbar gewesen, wenn man auf den seriösen Handel abstellt. Für den Ersatz eines nicht aus auffallender Sorglosigkeit zugefügten Schaden komme es aber nur auf die beim Händler erzielbaren Erlöse, nicht auf allenfalls erzielbare höhere Privaterlöse an. Gehe man also unbekämpft vom Fehlen auffallender Sorglosigkeit und von dem im Handel erzielbaren Erlös aus, so fehle es an einem positiven Schaden. Der Ersatz erzielbarer höherer Werte im Privatverkauf sei mangels Vorliegens auffallender Sorglosigkeit als entgangener Gewinn nicht zu ersetzen.

Der dagegen erhobenen Revision der Kläger kommt Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensparteien ziehen nicht mehr in Zweifel, dass die Haftung der Beklagten gemäß § 1 AHG gegeben ist. Es reicht daher aus, insoweit auf die zutreffende Begründung des Erstgerichts und die schon von diesem herangezogene Bestimmung des § 145 AußStrG aF und die dazu ergangene Rechtsprechung über den ungeschmälerten Erhalt des Nachlasses (RIS-Justiz RS0008210; RS0009077) zu verweisen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass der gemäß §§ 1323, 1332 ABGB im Falle der Schadenszufügung aus einem minderen Grad des Versehens oder der Nachlässigkeit zu ersetzende gemeine Wert im Austausch - oder (hier nicht begehrten) Herstellungswert zu sehen ist. Der Austauschwert bestimmt sich nach jenem Betrag, um den die Sache im Verkehr angeschafft werden kann, liegt doch dem Schadenersatzrecht der Gedanke zugrunde, dass der Geschädigte in die Lage versetzt werden soll, sich eine entsprechende Sache wieder anzuschaffen. Der Geschädigte muss also in die Lage versetzt werden, sich eine Ersatzsache anzuschaffen, wobei der Ankaufswert maßgebend ist (RIS-Justiz RS0010075 [insbesondere: 1 Ob 54/03b]; RS0031865; Reischauer in Rummel ABGB³ § 1332 Rz 3). Der für die abstrakte Wertberechnung maßgebende Zeitpunkt ist prinzipiell der der „Beschädigung" (SZ 65/167; SZ 69/213), allenfalls jener - hier nicht wesentlich differierend - der Kenntniserlangung von Schaden und Schädiger (Reischauer aaO Rz 4). Aus dem eingeholten Sachverständigengutachten - dessen Richtigkeit und Schlüssigkeit allerdings von der Beklagten in der Berufung bekämpft wurde - ergibt sich nun, dass der Detailhandelswert von sogenannter Second-Hand-Ware, worunter nichts anderes verstanden werden kann als der Ankaufswert gebrauchten Schmucks, etwa in der Höhe der Verkehrswerte bei Kauf und Verkauf zwischen Privaten liegt, sodass das Erstgericht im Ergebnis ohnedies vom Anschaffungswert ausgegangen ist.Die Verfahrensparteien ziehen nicht mehr in Zweifel, dass die Haftung der Beklagten gemäß Paragraph eins, AHG gegeben ist. Es reicht daher aus, insoweit auf die zutreffende Begründung des Erstgerichts und die schon von diesem herangezogene Bestimmung des Paragraph 145, AußStrG aF und die dazu ergangene Rechtsprechung über den ungeschmälerten Erhalt des Nachlasses (RIS-Justiz RS0008210; RS0009077) zu verweisen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass der gemäß Paragraphen 1323,, 1332 ABGB im Falle der Schadenszufügung aus einem minderen Grad des Versehens oder der Nachlässigkeit zu ersetzende gemeine Wert im Austausch - oder (hier nicht begehrten) Herstellungswert zu sehen ist. Der Austauschwert bestimmt sich nach jenem Betrag, um den die Sache im Verkehr angeschafft werden kann, liegt doch dem Schadenersatzrecht der Gedanke zugrunde, dass der Geschädigte in die Lage versetzt werden soll, sich eine entsprechende Sache wieder anzuschaffen. Der Geschädigte muss also in die Lage versetzt werden, sich eine Ersatzsache anzuschaffen, wobei der Ankaufswert maßgebend ist (RIS-Justiz RS0010075 [insbesondere: 1 Ob 54/03b]; RS0031865; Reischauer in Rummel ABGB³ Paragraph 1332, Rz 3). Der für die abstrakte Wertberechnung maßgebende Zeitpunkt ist prinzipiell der der „Beschädigung" (SZ 65/167; SZ 69/213), allenfalls jener - hier nicht wesentlich differierend - der Kenntniserlangung von Schaden und Schädiger (Reischauer aaO Rz 4). Aus dem eingeholten Sachverständigengutachten - dessen Richtigkeit und Schlüssigkeit allerdings von der Beklagten in der Berufung bekämpft wurde - ergibt sich nun, dass der Detailhandelswert von sogenannter Second-Hand-Ware, worunter nichts anderes verstanden werden kann als der Ankaufswert gebrauchten Schmucks, etwa in der Höhe der Verkehrswerte bei Kauf und Verkauf zwischen Privaten liegt, sodass das Erstgericht im Ergebnis ohnedies vom Anschaffungswert ausgegangen ist.

Dem gegenüber hat das Berufungsgericht seinem Urteil jene Werte zugrunde gelegt, die beim Verkauf an Wiederverkäufer zu erzielen gewesen wären. Damit hat es sich aber nicht nur über die dargestellte Lehre und Rechtsprechung hinweggesetzt, sondern auch das bereits dargestellte Grundprinzip des Schadenersatzrechts, den Geschädigten so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis gestanden wäre, missachtet. Dieser im Gedanken der Naturalrestitution wurzelnde Grundsatz erfordert es, dem Geschädigten die Wiederbeschaffung der entzogenen Sache zu ermöglichen.

Der vom Berufungsgericht übernommene Einwand der Beklagten, die Kläger hätten die Schmuckstücke ohnedies an Händler verkauft und damit keinen höheren Erlös erzielen können, ist in Wahrheit - wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat - als Berufung auf rechtmäßiges Alternativverhalten anzusehen, dass somit auch bei rechtsrichtigem Unterlassen des Verkaufs von Verlassenschaftsgegenständen die Kläger selbst diese in der Art wie der Verlassenschaftskurator veräußert hätten. Für eine derartige Behauptung wäre jedenfalls die Beklagte beweispflichtig, und bedürfte es entsprechender Feststellungen, die jedoch vom Erstgericht gerade nicht getroffen wurden. Bloße Hypothesen über das mögliche Verhalten der Geschädigten reichen jedenfalls nicht als Urteilsgrundlage aus.

Das Berufungsgericht hat aus unrichtiger Rechtsansicht heraus die den Tatsachenbereich betreffende Rüge der Beklagten hinsichtlich der erstinstanzlichen Feststellungen über die Möglichkeit der Erzielung höherer Verkaufserlöse sowie der behaupteten Unrichtigkeit und Unschlüssigkeit des Sachverständigengutachtens nicht behandelt. Dem Obersten Gerichtshof ist daher eine Entscheidung in der Sache selbst verwehrt, sondern ist in Stattgebung der Revision die Rechtssache zur vollständigen Erledigung des Berufungsvorbringens - auf Grundlage der überbundenen Rechtsansicht - an das Gericht zweiter Instanz zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt gründet auf § 52 Abs 1 ZPO.Der Kostenvorbehalt gründet auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E78609 1Ob143.04t

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:0010OB00143.04T.0927.000

Dokumentnummer

JJT_20050927_OGH0002_0010OB00143_04T0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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