TE OGH 2005/9/27 1Ob168/05w

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Veröffentlicht am 27.09.2005
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei a*****, Slowenien, vertreten durch Mag. Birgit Hermann, Dr. Thomas Kraft und Dr. Manfred Dallago, Rechtsanwälte in Kufstein, wider die beklagte Partei m*****, vertreten durch Dr. Alexander Haas, Rechtsanwalt in Seiersberg, wegen 47.162,25 EUR sA, infolge ordentlicher Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 17.604 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 25. April 2005, GZ 2 R 40/05b-47, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 22. Dezember 2004, GZ 11 Cg 22/03h-39, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.000,98 EUR (darin 166,83 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu zahlen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit 17.604 EUR sA statt und wies das Mehrbegehren von 29.558,25 EUR sA ab.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und ließ die ordentliche Revision mit der Erwägung zu, der vorliegende Fall könne eine Weiterentwicklung der Rechtsprechung zur Auslegung des Begriffs der „'konzernmäßigen Abhängigkeit'" im Sinne des § 6 Abs 4 zweiter Satz MaklerG veranlassen.Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und ließ die ordentliche Revision mit der Erwägung zu, der vorliegende Fall könne eine Weiterentwicklung der Rechtsprechung zur Auslegung des Begriffs der „'konzernmäßigen Abhängigkeit'" im Sinne des Paragraph 6, Abs 4 zweiter Satz MaklerG veranlassen.

Die Revision ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Nach Ansicht der beklagten Partei wurde die Bezeichnung der klagenden Partei nicht bloß berichtigt; es sei vielmehr ein Rechtssubjekt durch ein anderes ersetzt und daher eine „echte Klagsänderung" vorgenommen worden. Somit hätte es einer Beschlussfassung über den - jedenfalls unzulässigen - Parteiwechsel bedurft. Deren Unterlassung bilde (auch) eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens.

Abgesehen davon, dass eine Parteiänderung keine Klageänderung ist (RIS-Justiz RS0039864; Klicka in Fasching/Konecny² III § 235 ZPO Rz 16), weshalb die für Letztere maßgebenden Normen auf die Parteiänderung nicht anwendbar sind (RIS-Justiz RS0039540; Klicka aaO), zeitigt die Rechtsansicht der beklagten Partei das Ergebnis, dass bereits die Ersetzung der ursprünglichen Klage einer slowenischen Gesellschaft durch die als „Verbesserung" ausgeführte Vorlage der „(Mahn)klage" einer österreichischen Gesellschaft mit identischem Firmenkern (ON 4) unzulässig gewesen wäre, weil damit eine auch von der beklagten Partei an sich als unzulässig angesehene Parteiänderung stattgefunden hätte. Die beklagte Partei ersuchte im Schriftsatz vom 12. 8. 2003 (ON 14) um Bekanntgabe, „wer nunmehr Klägerin" sei. Im Verhandlungstermin vom 16. 9. 2003 (ON 19 S. 1 f) wurde klargestellt, dass die Bezeichnung der klagenden Partei in der als „Verbesserung" vorgelegten „(Mahn)klage" (ON 4) bloß „irrtümlich" erfolgt war. Demzufolge wäre - selbst vor dem Hintergrund der Rechtsansicht der beklagten Partei - nur die Erlassung eines Beschlusses über die Unbeachtlichkeit der irrtümlichen Falschbezeichnung der klagenden Partei in der bezeichneten „(Mahn)klage" in Betracht gekommen. Gegenstand der Verhandlungen und der Urteile der Vorinstanzen war jedenfalls die Klage jener slowenischen Gesellschaft, die bei der Klageeinbringung als Klägerin aufgetreten war. Somit ist nicht erkennbar, dass die Vorinstanzen über die Klage einer anderen als der ursprünglich klagenden Partei meritorisch abgesprochen hätten. Andernfalls wäre zu prüfen gewesen, ob eine Parteiänderung ohne eine formelle Beschlussfassung über die Zulässigkeitsfrage allenfalls bereits auf Grund der Sachentscheidungen der Vorinstanzen über das Klagebegehren - soweit in Anlehnung an eine Rechtsprechung zur Klageänderung - gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO nicht mehr weiter anfechtbar wäre (vgl 9 Ob 214/02i; 5 Ob 558/93; RIS-Justiz RS0039450).Abgesehen davon, dass eine Parteiänderung keine Klageänderung ist (RIS-Justiz RS0039864; Klicka in Fasching/Konecny² römisch III Paragraph 235, ZPO Rz 16), weshalb die für Letztere maßgebenden Normen auf die Parteiänderung nicht anwendbar sind (RIS-Justiz RS0039540; Klicka aaO), zeitigt die Rechtsansicht der beklagten Partei das Ergebnis, dass bereits die Ersetzung der ursprünglichen Klage einer slowenischen Gesellschaft durch die als „Verbesserung" ausgeführte Vorlage der „(Mahn)klage" einer österreichischen Gesellschaft mit identischem Firmenkern (ON 4) unzulässig gewesen wäre, weil damit eine auch von der beklagten Partei an sich als unzulässig angesehene Parteiänderung stattgefunden hätte. Die beklagte Partei ersuchte im Schriftsatz vom 12. 8. 2003 (ON 14) um Bekanntgabe, „wer nunmehr Klägerin" sei. Im Verhandlungstermin vom 16. 9. 2003 (ON 19 S. 1 f) wurde klargestellt, dass die Bezeichnung der klagenden Partei in der als „Verbesserung" vorgelegten „(Mahn)klage" (ON 4) bloß „irrtümlich" erfolgt war. Demzufolge wäre - selbst vor dem Hintergrund der Rechtsansicht der beklagten Partei - nur die Erlassung eines Beschlusses über die Unbeachtlichkeit der irrtümlichen Falschbezeichnung der klagenden Partei in der bezeichneten „(Mahn)klage" in Betracht gekommen. Gegenstand der Verhandlungen und der Urteile der Vorinstanzen war jedenfalls die Klage jener slowenischen Gesellschaft, die bei der Klageeinbringung als Klägerin aufgetreten war. Somit ist nicht erkennbar, dass die Vorinstanzen über die Klage einer anderen als der ursprünglich klagenden Partei meritorisch abgesprochen hätten. Andernfalls wäre zu prüfen gewesen, ob eine Parteiänderung ohne eine formelle Beschlussfassung über die Zulässigkeitsfrage allenfalls bereits auf Grund der Sachentscheidungen der Vorinstanzen über das Klagebegehren - soweit in Anlehnung an eine Rechtsprechung zur Klageänderung - gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO nicht mehr weiter anfechtbar wäre vergleiche 9 Ob 214/02i; 5 Ob 558/93; RIS-Justiz RS0039450).

2. Die beklagte Partei rügt, das Erstgericht habe über ein mit Schriftsatz ausgedehntes Klagebegehren erkannt, obgleich die klagende Partei den Inhalt dieses Schriftsatzes in der mündlichen Verhandlung erster Instanz nicht vorgetragen habe. Damit wiederholt die Revisionswerberin unzulässigerweise (RIS-Justiz RS0042963) ihre in zweiter Instanz erfolglos gebliebene Rüge des Verfahrens erster Instanz. Deren Behauptung, das Berufungsgericht habe die Mängelrüge „mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung" verworfen, ist schlicht unrichtig. Die klagende Partei trug den Schriftsatz vom 5. 9. 2003, mit dem sie die Klageausdehnung in erster Instanz erklärt hatte (ON 18), nach dem Protokollwortlaut in der mündlichen Verhandlung vom 4. 5. 2004 vor (ON 34 S. 1). Die beklagte Partei meint indes, das Berufungsgericht, das bei dieser Verhandlung „nicht anwesend" gewesen sei, könne nicht wissen, ob dort die zunächst mit Schriftsatz erklärte Klageausdehnung vorgetragen worden sei. Insofern ist die Revisionswerberin an die Regelung des § 215 Abs 1 ZPO über die Beweiskraft des Verhandlungsprotokolls zu erinnern. In diesem Kontext ist ferner zu betonen, dass der Rechtsbehelf des Widerspruchs gegen die Protokollierung nach der Entscheidung 1 Ob 181/03d (= EvBl 2005/5) der unmittelbare und letztlich allein effiziente Behelf ist, eine nach Auffassung der Partei unrichtige oder unvollständige Protokollierung zu rügen und zu belegen. Daran ist festzuhalten. Ein derartiger Widerspruch wurde von der beklagten Partei allerdings nicht erhoben.

3. Im Mietvertrag vom 19. 9. 2001 über ein Bestandobjekt in einem Shopping-Center in Kranj wurde als „voraussichtlicher Übergabetermin ... Herbst 2002 vereinbart". Mit Schreiben vom 30. 1. 2003 erklärte die klagende Partei als Mieterin mangels Übergabe des Bestandobjekts den Rücktritt vom Vertrag unter Setzung einer Nachfrist von einem Monat. Die Übergabe von Bestandobjekten im Shopping-Center erfolgte schließlich erst zwischen September und November 2003. Das Shopping-Center ging im Dezember 2003 „in Betrieb". Der Grund für die „Verzögerung gegenüber dem im Mietvertrag genannten voraussichtlichen Übergabetermin lag im Behördenverfahren". Eine „Filiale der klagenden Partei ist dort nicht eingezogen".

Der Anspruch auf Provision entsteht gemäß § 7 Abs 1 MaklerG mit der Rechtswirksamkeit des vermittelten Geschäfts. Gemäß § 7 Abs 2 MaklerG entfällt dieser Anspruch allerdings dann, wenn und soweit feststeht, dass der Vertrag zwischen dem Dritten und dem Auftraggeber aus nicht vom Auftraggeber zu vertretenden Gründen nicht ausgeführt wird. Bei Leistungsverzug des Dritten hat der Auftraggeber nachzuweisen, dass er alle zumutbaren Schritte unternahm, um den Dritten zur Leistung zu veranlassen. Im Anlassfall konnte der Dritte wegen anhängiger behördlicher Verfahren nicht leisten. Angesichts dessen hatte die klagende Partei als Auftraggeberin nach § 7 Abs 2 MaklerG auch keine erfolgversprechende Möglichkeit, den Vermieter als Dritten zur Leistung innerhalb einer angemessenen Frist nach dem vereinbarten voraussichtlichen Übergabetermin zu veranlassen. Die klagende Partei hatte aber nach der im Herbst 2002 unterbliebenen Übergabe des Bestandobjekts ohnehin noch Monate bis zur Rücktrittserklärung zugewartet, um dem Vermieter die Erfüllungshandlung doch noch zu ermöglichen.

Die Frage, ob ein nicht von der klagenden Partei zu vertretender wichtiger Grund dafür vorlag, das zustande gekommene Rechtsgeschäft letztlich im Sinne des § 7 Abs 2 MaklerG nicht auszuführen, sondern noch vor Übergabe des Bestandobjekts vom Vertrag zurückzutreten (vgl dazu RIS-Justiz RS0062829), hängt von den singulären Umständen des Einzelfalls ab (vgl 1 Ob 142/03v).Die Frage, ob ein nicht von der klagenden Partei zu vertretender wichtiger Grund dafür vorlag, das zustande gekommene Rechtsgeschäft letztlich im Sinne des § 7 Abs 2 MaklerG nicht auszuführen, sondern noch vor Übergabe des Bestandobjekts vom Vertrag zurückzutreten vergleiche dazu RIS-Justiz RS0062829), hängt von den singulären Umständen des Einzelfalls ab vergleiche 1 Ob 142/03v).

Nach der erörterten Rechtslage, die die beklagte Partei übergeht, liegt auf der Hand, dass dem angefochtenen Urteil zumindest keine erhebliche Fehlbeurteilung anhaftet, die im Interesse der Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte.

4. Die Revision ist nach allen bisherigen Erwägungen zurückzuweisen, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO abhängt. An den Ausspruch des Berufungsgerichts über die Zulässigkeit der Revision ist der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht gebunden. Bei der Zurückweisung einer ordentlichen Revision kann sich der Oberste Gerichtshof gemäß § 510 Abs 3 ZPO überdies auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die klagende Partei wies auf die Unzulässigkeit der Revision hin. Ihr sind daher die Kosten der Revisionsbeantwortung als solche einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung zuzusprechen.

Textnummer

E78768

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:0010OB00168.05W.0927.000

Im RIS seit

27.10.2005

Zuletzt aktualisiert am

13.12.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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