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L37161 Kanalabgabe Burgenland;Norm
AVG §38;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):2006/05/0227 E 16. Dezember 2008Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des Mag. Manfred Baumgartner in Pilgersdorf, vertreten durch Dr. Johann Kuzmich, Rechtsanwalt in 7304 Nebersdorf, Lange Gasse 14, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 21. April 2006, Zl. OP-02-04-9-2, betreffend Befreiung von der Kanalanschlusspflicht (mitbeteiligte Partei:
Gemeinde Pilgersdorf, vertreten durch Dr. Werner Schwarz KEG Rechtsanwalt in 7350 Oberpullendorf, Hauptplatz 9/7), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Pilgersdorf vom 22. Februar 2000 wurde der Beschwerdeführer als Eigentümer der Grundstücke Nr. 94 und 95, KG Kogl, gemäß §§ 2, 3 und 11 des Bgld. Kanalanschlussgesetzes 1989 verpflichtet, die Niederschlagswässer des in dem diesem Bescheid angeschlossenen Kanalaufnahmeblatt verzeichneten Baues in die mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 25. Juni 1999 bewilligte öffentliche Kanalisationsanlage der Gemeinde Pilgersdorf einzuleiten. Nach der in diesem Kanalaufnahmeblatt enthaltenen Skizze ist Gegenstand der angeordneten Kanalanschlussverpflichtung das auf dem Grundstück Nr. 94, KG Kogl, Haus Nr. 43, des Beschwerdeführers errichtete Wohnhaus.
Gleichzeitig mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung beantragte der Beschwerdeführer, "das Anschlussobjekt Nr. 43 von der Anschlussverpflichtung an den Regenwasserkanal zu befreien". Er begründete dies damit, dass für dieses Objekt bereits ein Anschluss an den Schmutzwasserkanal bestehe und die anfallenden Oberflächenwässer teilweise auf eigenem Grund zur Versickerung gebracht würden bzw. die nutzlos gewordene Senkgrube als Zisterne für die Sammlung der anfallenden Oberflächenwässer (Dachwässer) hinkünftig genutzt und verwendet werde. Dadurch entstünden keine nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer (Grundwasser) sowie keine Nachteile für die Bauten in der Nachbarschaft. Er beantragte, "das Berufungsverfahren vor dem Gemeinderat gem. § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den … Befreiungsantrag auszusetzen".
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 9. Mai 2000 wurde auf Grund dieses Antrages das Berufungsverfahren über die Anschlussverpflichtung "bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Befreiungsantrag ausgesetzt".
In dem vorgelegten Verwaltungsakt befindet sich eine planliche Darstellung, nach der im Wesentlichen auf dem Grundstück Nr. 95, KG Kogl, des Beschwerdeführers die beim Gebäude Kogl 43 auf dem Grundstück Nr. 94, KG Kogl, anfallenden Regenwässer über zwei Abflussstränge, die sich zu einem Abflussstrang vereinigen, versickert werden sollen. Bezeichnet wird dies als "flächige Versickerung".
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Pilgersdorf vom 4. April 2002 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Befreiung von der Anschlusspflicht gemäß §§ 4 und 11 des Bgld. Kanalanschlussgesetzes 1989 abgewiesen. Diesem Bescheid lag ein Gutachten des Sachverständigen des Amtes der Bgld. Landesregierung für Wasser- und Abfallwirtschaft vom 19. Juni 2001 zu Grunde, welches sich auf ein geologisches und geohydrologisches Gutachten über das Gelände im Bereich einzelner Wohnobjekte in Pilgersdorf des Sachverständigen des Amtes der Bgld. Landesregierung, Referat Bodenerkundung, vom 8. Juni 2001 stützte. Im letztgenannten Gutachten wird festgehalten, dass das hier relevante Siedlungsgebiet im Talschluss des Koglbachgrabens oberhalb jener Quelle angelegt sei, welche zur Trinkwasserversorgung herangezogen werde. Da der Abstand der gegenständlichen Grundstücksflächen zur Quelle im Talboden sehr gering sei, sei grundsätzlich damit zu rechnen, dass Kontaminationen des Trinkwassers begünstigt würden. Der Antrag auf Befreiung von der Anschlusspflicht für das Objekt 43 sei auf Grund der Gegebenheiten abzulehnen. Konkret zum Objekt Kogl 43 wurde in diesem Gutachten festgehalten:
"Der planlich dargestellte Zustand ist auch bei diesem Objekt noch nicht realisiert. Im Plan ist eine punktuelle Ausleitung der Wässer im unterhalb des Objektes gelegenen Garten eingetragen, die keine flächenhafte Versickerung ermöglicht. Eine punktuelle Versickerung wäre auf Grund der Nähe zum unterliegenden Quellgebiet dagegen nicht zu genehmigen. Ebenso wäre die Einbindung der alten Senkgrube (deren Zustand bislang unklar ist) nicht zu genehmigen."
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 24. Juni 2003 wurde die dagegen erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen.
Auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers wurde dieser Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen, weil dem Beschwerdeführer die dem Verfahren zu Grunde gelegten Sachverständigengutachten nicht zur Kenntnis gebracht worden seien.
Mit Schreiben des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 14. Februar 2003 wurde dem Beschwerdeführer das geologische und geohydrologische Gutachten vom 8. Juni 2001 zur Stellungnahme übermittelt.
Auf Grund der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 4. März 2003 erstattete der Sachverständige des Amtes der Bgld. Landesregierung, Wasser- und Abfallwirtschaft, am 2. September 2003 ein Ergänzungsgutachten, in welchem ausgeführt wird, dass bei dem ca. 240 m von den Wasserfassungen entfernten Objekt Kogl 43 eine großflächige Versickerung der Dachwässer über bewachsene Wiesenflächen vorgesehen sei. Für dieses Objekt sei die Versickerung der Niederschlagswässer als zulässig anzusehen.
In dem Schätzgutachten des Sachverständigen DI Josef M. vom 29. August 2003 wurden die Gesamtkosten der Errichtung des Anschlusses an den Regenwasserkanal mit EUR 3.561,-- errechnet.
In dem weiters eingeholten Wertermittlungsgutachten des OAR Ing. Friedrich H. vom 10. März 2004 wurde das Gebäude des Beschwerdeführers wie folgt beschrieben:
"Auf dem Grundstück befindet sich ein Wohnhaus und direkt angebaut ein Holzschuppen. Die Objekte sind in Massivbauweise ausgeführt, wobei das Kellergeschoss mit Bruchstein gemauert wurde. Als Geschossdecke über dem Keller wurde eine Ortbetondecke ausgeführt. Über dem Erdgeschoss ist eine Holztramdecke vorhanden. Die Dachkonstruktion besteht aus dem Holzstuhl mit neuer Ziegeldeckung. Die Beheizung des Wohnhauses erfolgt mit Einzelholzofen."
Der Grundwert für das im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Pilgersdorf als Bauland-Dorfgebiet ausgewiesenen Grundstückes Nr. 94 wurde mit EUR 6.501,-- angegeben. Der Gebäudewert für das im Jahre 1958 erbaute Wohnhaus mit einer verbauten Fläche im Erdgeschoss von 62 m2 und einem ebenso großen Keller wurde mit EUR 107.880,-- (Gesamtherstellungskosten) errechnet. Abzüglich der Entwertung des Gebäudes für die bisherige Abnützung und Amortisation unter Berücksichtigung der merkantilen Wertminderung und des leeren Bauvolumens inklusive des verlorenen Bauaufwandes wurde der Gebäudewert für das 46 Jahre alte Wohnhaus mit EUR 31.285,20 errechnet. Die Holzhütte blieb unbewertet. Grundwert und Gebäudewert ergaben sohin insgesamt EUR 37.786,20.
Die Gutachten wurden dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme übermittelt. Der Beschwerdeführer äußerte sich hiezu nicht.
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 19. Oktober 2004 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters dieser Gemeinde vom 4. April 2002 als unbegründet abgewiesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Gemeindebehörden von der Möglichkeit einer Entsorgung der Niederschlagswässer ohne Beeinträchtigung der Beschaffenheit der Gewässer und ohne Nachteile für die Nachbarschaft sowie für Bauten des Antragstellers in anderer Weise ausgingen. Auf Grund der eingeholten Gutachten stehe jedoch fest, dass die in § 4 Abs. 1 Z. 1 Bgld. Kanalanschlussgesetz normierte weitere Voraussetzung, dass der Bau, eine andere Anlage oder die unverbaute Grundfläche so unbedeutend sind, dass die Gesamtkosten der Errichtung des Anschlusses einschließlich des Anschlussbeitrages in einem wirtschaftlich nicht gerechtfertigten Missverhältnis zum Verkehrswert des Baues oder der Anlage einschließlich des Bodenwertes oder der unverbauten Grundfläche stehen, nicht vorliege.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Die mitbeteiligte Gemeinde erstattete ebenfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes vom 22. Jänner 1990 über den Anschluss an öffentliche Kanalisationsanlagen und deren Benützung sowie über Aufhebung einer Bestimmung der Bgld. Bauordnung (Bgld. Kanalanschlussgesetz 1989), LGBl. Nr. 27/1990, in der hier anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 32/2001, haben folgenden Wortlaut:
"§ 1
Begriffsbestimmungen
(1) Abwasser ist Schmutzwasser oder Niederschlagswasser aus dem Bereich von Anschlussgrundflächen.
(2) Schmutzwasser ist durch Nutzung in seiner Beschaffenheit nachteilig verändertes Wasser. Zum Schmutzwasser gehören auch Fäkalien.
(3) Niederschlagswasser ist Wasser, das von atmosphärischen Niederschlägen stammt und in seiner natürlichen Beschaffenheit nicht wesentlich nachteilig verändert wird.
(4) Anschlussgrundflächen im Sinne dieses Gesetzes sind bebaute oder unbebaute Grundflächen, die aus einem oder mehreren benachbarten Grundstücken bestehen, welche eine funktionelle oder wirtschaftliche Einheit bilden.
...
§ 2
Anschlusspflicht
(1) Die Eigentümer von Anschlussgrundflächen sind verpflichtet, die Abwässer (Schmutzwässer oder Niederschlagswässer) in die bewilligte öffentliche Kanalisationsanlage (§ 32 des Wasserrechtsgesetzes 1959) nach den Bestimmungen dieses Gesetzes einzuleiten. Sind Eigentümer der Anschlussgrundfläche und Eigentümer eines auf dieser Grundfläche befindlichen Baues oder sonstigen Anlage verschiedene Personen, trifft diese Verpflichtung den Eigentümer des Baues oder der sonstigen Anlage.
(2) Diese Verpflichtung besteht nicht
...
3. für Bauten, bei denen nur Niederschlagswässer anfallen, die ohne nachteilige Auswirkungen zur Gänze versickern oder verrieseln können. Bauten im Sinne dieser Bestimmung sind solche, die mit Bauten, bei denen auch
Schmutzwässer anfallen, nicht in Verbindung stehen oder im Falle des Abbruches der anderen Bauten für sich allein bestehen könnten,
...
§ 4
Befreiung von Anschlusspflicht
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Eigentümers der Anschlussgrundfläche, des Baues oder einer anderen Anlage von der Verpflichtung zum Anschluss zu befreien, wenn
1. die Entsorgung ohne Beeinträchtigung der Beschaffenheit der Gewässer und ohne Nachteil für die Nachbarschaft sowie für Bauten des Antragstellers in anderer Weise möglich ist und wenn der Bau, eine andere Anlage oder die unverbaute Grundfläche so unbedeutend ist, dass die Gesamtkosten der Errichtung des Anschlusses einschließlich des Anschlussbeitrages in einem wirtschaftlich nicht gerechtfertigten Missverhältnis zum Verkehrswert des Baues oder der Anlage einschließlich des Bodenwertes oder der unverbauten Grundfläche stehen oder
2. die Abwässer bereits seit einem vor dem Beginn der Errichtung der öffentlichen Kanalisationsanlage liegenden Zeitpunkt in eine wasserrechtlich bewilligte nicht öffentliche Kanalisationsanlage eingeleitet werden, die die örtlichen und regionalen Gewässerschutzziele zumindest im gleichen Ausmaß wie die öffentliche Kanalisationsanlage erfüllt.
(2) Der Antrag kann bereits vor Erlassung des Bescheides über die Anschlusspflicht gestellt werden. Er ist jedoch bei sonstigem Anspruchsverlust spätestens vor Eintritt der Rechtskraft des Bescheides über die Anschlussverpflichtung einzubringen. Ein nach diesem Zeitpunkt eingebrachter Antrag ist als verspätet zurückzuweisen. Wenn der Antrag während eines anhängigen Verfahrens über die Feststellung der Anschlusspflicht eingebracht wird, ist dieses Verfahren mit dem Verfahren über einen Antrag nach Abs. 1 zu verbinden und in einem abzuschließen.
(3) Vor der Entscheidung über den Befreiungsantrag hat die Behörde Gutachten von Sachverständigen des Amtes der Burgenländischen Landesregierung über die Frage einer Beeinträchtigung der Beschaffenheit der Gewässer, der Nachbarschaft und von Bauten des Antragstellers sowie über die Kosten des Anschlusses und den Wert des Baues, der Anlage oder der unverbauten Grundfläche (Abs. 1 Z. 1) oder über die Erfüllung der technischen Voraussetzungen für eine Befreiung nach Abs. 1 Z. 2 einzuholen."
Der Beschwerdeführer verweist in seiner Beschwerde u. a. darauf, dass auf Grund der ausdrücklichen Anordnung des § 4 Abs. 2 letzter Satz Bgld. Kanalanschlussgesetz 1989 das Verfahren über die Befreiung der Anschlusspflicht nur gemeinsam mit dem Verfahren über die Anschlusspflicht selbst abgeschlossen hätte werden dürfen.
Diesem Vorbringen hält die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift die schon im angefochtenen Bescheid vertretene Rechtsauffassung, entgegen, dass das Berufungsverfahren über die Anschlussverpflichtung gemäß § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Befreiungsantrag auszusetzen sei.
Die mitbeteiligte Partei weist in ihrer Gegenschrift darauf hin, dass der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde betreffend den Ausspruch der Kanalanschlusspflicht vom 22. Februar 2000 selbst den Antrag auf Aussetzung dieses Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf Befreiung von der Anschlusspflicht gestellt hat. Der Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 9. Mai 2000 betreffend die Aussetzung des Verfahrens über die Kanalanschlusspflicht gemäß § 38 AVG sei in Rechtskraft erwachsen.
Der Einwand des Beschwerdeführers ist im Beschwerdefall nicht berechtigt. Die Berufungsbehörde hatte ihren rechtskräftigen Aussetzungsbescheid zu beachten. Auf Grund des rechtskräftigen Aussetzungsbescheides konnte der Beschwerdeführer durch den Abschluss des Verfahrens über die Befreiung von der Anschlusspflicht vor rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens über die Anschlusspflicht nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt werden, weil die Berufungsbehörde bei der Beurteilung der Rechtsfrage über die Anschlusspflicht bei der hier gegebenen Verfahrenskonstellation an den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. Februar 2000, obwohl er noch nicht in Rechtskraft erwachsen war, gebunden war (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. April 2001, Zl. 99/05/0225).
Die belangte Behörde erachtet die Beurteilung der Gemeindebehörden, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für die Befreiung der Anschlusspflicht nach § 4 Abs. 1 Z. 1 Bgld. Kanalanschlussgesetz 1989 hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die Entsorgung der Niederschlagswässer ohne Beeinträchtigung der Beschaffenheit der Gewässer und ohne Nachteil für die Nachbarschaft sowie für die Bauten des Antragstellers bei flächenmäßiger Verrieselung gegeben seien für rechtmäßig; sie vertritt jedoch die Auffassung, dass die für die Befreiung von der Anschlusspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 Bgld. Kanalanschlussgesetz 1989 kumulativ geforderte weitere Tatbestandsvoraussetzung ("und wenn der Bau … so unbedeutend ist, dass die Gesamtkosten der Errichtung des Anschlusses einschließlich des Anschlussbeitrages in einem wirtschaftlich nicht gerechtfertigten Missverhältnis zum Verkehrswert des Baues … stehen") nicht vorliegt.
Der Beschwerdeführer vertritt hierzu die Auffassung, dass der Bau bereits an den Schmutzwasserkanal angeschlossen worden sei und dieser Anschluss rund EUR 6.000,-- gekostet habe. Diese Kosten seien zu den nunmehr zu erwartenden Kosten für die Errichtung des Anschlusses an den Regenwasserkanal in der Höhe von EUR 3.561,-- hinzuzurechnen. Daraus errechneten sich Kosten von insgesamt 25 % des Verkehrswertes des Baues, wodurch das vom Gesetz normierte Missverhältnis gegeben sei.
Nach der hier von den Behörden zu beachtenden Anschlusspflicht an den Regenwasserkanal ist bei der Berechnung der Gesamtkosten der Errichtung des Anschlusses nur von der Anschlusspflicht an den Regenwasserkanal und nicht auch an den Schmutzwasserkanal auszugehen. Die Anschlusspflicht ist nämlich für die jeweiligen Abwässer (Schmutzwässer oder Niederschlagswässer) gesondert zu beurteilen (vgl. hiezu insbesondere den Klammerausdruck in § 2 Abs. 1 "Schmutzwässer oder Niederschlagswässer"). Dies jedenfalls dann, wenn ein gesonderter Regenwasserkanal errichtet wurde. Der Bau, auf den sich die gegenständliche Kanalanschlusspflicht für Niederschlagswässer bezieht, ist - selbst wenn nur der Verkehrswert des Wohngebäudes in Anschlag gebracht wird (hier: EUR 31.285,20) - nicht als unbedeutend im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 Bgld. Kanalanschlussgesetz 1989 zu qualifizieren. Die erforderlichen Gesamtkosten der Errichtung des Anschlusses an den Regenwasserkanal von EUR 3.561,-- stehen mit rund 11% in keinem Missverhältnis zum Verkehrswert des anzuschließenden Gebäudes.
Auf Grund des ausdrücklichen Verweises im Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. Februar 2000 über die Kanalanschlusspflicht auf das maßgebliche Kanalaufnahmeblatt ergibt sich zweifelsfrei, dass sich die Kanalanschlusspflicht ausschließlich auf das über 35 m2 große Wohngebäude und nicht auch auf den Holzschuppen bezieht; dieser wurde von den Gemeindebehörden auch nicht in die Berechnung über die Kosten des Kanalanschlusses einbezogen.
Welche Niederschlagswässer, die ohne nachteilige Auswirkungen zur Gänze versickert oder verrieselt werden können, anfallen, betrifft die Frage der Anschlusspflicht an den Kanal und ist in dem Verfahren über die Anschlusspflicht zu klären. Steht aber die Anschlusspflicht fest, kann eine Befreiung von der Anschlusspflicht nur unter den vom Gesetz vorgesehenen Fällen ausgesprochen werden. Die Verrieselung bzw. das Versickern von Niederschlagswässern stellt keine Kanalisationsanlage im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 2 Bgld. Kanalanschlussgesetz 1989 dar, die die örtlichen und regionalen Gewässerschutzziele zumindest im gleichen Ausmaß wie die öffentliche Kanalisationsanlage erfüllt. Auch mit der Anwendung der Interpretationsmethoden des Größenschlusses oder der Analogie, wie dies vom Beschwerdeführer gefordert wird, lässt sich im Beschwerdefall für eine Befreiung von der Anschlusspflicht im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 2 Bgld. Kanalanschlussgesetz 1989 nicht argumentieren. Unter einer Kanalisationsanlage ist nämlich die Gesamtheit aller Einrichtungen zu verstehen, durch welche die anfallenden Abwässer (Schmutzwässer oder Niederschlagswässer) gesammelt, abgeleitet und gereinigt werden (vgl. hierzu § 1 des Bgld. Kanalabgabegesetzes, LGBl. Nr. 41/1984). Bei einer Versickerung oder Verrieselung von Abwässern fehlt es somit an grundlegenden Voraussetzungen, die an eine Kanalisationsanlage gestellt werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 31. Juli 2007
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006050154.X00Im RIS seit
24.08.2007Zuletzt aktualisiert am
27.02.2009