Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am 3. Februar 1986 geborenen Alexander F*****, über den Revisionsrekurs des Unterhaltsberechtigten gegen den Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg als Rekursgericht vom 30. August 2004, GZ 20 R 130/04i-84, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Gänserndorf vom 25. Juni 2004, GZ 1 P 83/03t-80, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden im angefochtenen Umfang (Entscheidung über den Unterhaltserhöhungsantrag des Sohnes und den Antrag des Vaters auf eine EUR 285,-- nicht unterschreitende Herabsetzung der Unterhaltsbeiträge jeweils für den Zeitraum 1. 7. 2003 bis 31. 5. 2004) aufgehoben. Die Pflegschaftssache wird insoweit zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Begründung:
Die Ehe der Christa und des Edwin F*****, der die beiden Söhne Christian, geboren am 7. 7. 1982, und Alexander, geboren am 3. 2. 1986, entstammen, wurde mit rechtskräftigem Beschluss des zuständigen Bezirksgerichtes vom 4. 10. 1994 geschieden. Die Obsorge für die beiden Söhne kam der Mutter zu. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Korneuburg vom 9. 11. 2000 wurde der Vater zur Leistung eines monatlichen Unterhaltes von S 5.400,-- (EUR 392,43) für Christian und von S 4.800,-- (EUR 348,83) für Alexander verpflichtet.
Am 29. 7. 2003 beantragte die Mutter als gesetzliche Vertreterin ihres Sohnes Alexander beim nunmehr zuständigen Erstgericht die Erhöhung der Unterhaltsbeiträge auf monatlich EUR 400,-- ab 1. 1. 2002. Der Vater stimmte diesem Begehren zwar für den Zeitraum vom 1. 1. 2002 bis 30. 6. 2003 zu, sprach sich aber gegen die beantragte Unterhaltserhöhung auch ab 1. 7. 2003 aus und stellte den Antrag, seine Unterhaltsverpflichtung ab 1. 7. 2003 auf EUR 260,-- herabzusetzen. Er habe von seinem Arbeitgeber die vorläufig auf ein Jahr befristete Erlaubnis erhalten, seine Arbeitszeit von 40 auf 25 Wochenstunden zu reduzieren, um seine 79 Jahre alte, im gemeinsamen Haushalt mit ihm lebende, hilfsbedürftige und - nach dem Tod seines Vaters - für Dritte völlig verschlossene Mutter zu pflegen. Dadurch reduziere sich auch sein Nettoeinkommen, von dem der Unterhalt des Sohnes zu berechnen sei. Am 9. 2. 2004 erklärte der mittlerweile volljährige Alexander F*****, in den von seiner Mutter gestellten Unterhaltserhöhungsantrag einzutreten.
Mit Beschluss vom 17. 2. 2004 erhöhte das Erstgericht den vom Vater monatlich zu leistenden Unterhalt zunächst für den Zeitraum vom 1. 1. 2002 bis 30. 6. 2003 auf EUR 400,-- und behielt die Entscheidung für den Zeitraum ab 1. 7. 2003 der gesonderten Beschlussfassung vor. Der gegen diese Entscheidung erhobene Rekurs des Vaters wurde mit rechtskräftigem Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg vom 9. 3. 2004 zurückgewiesen.
In der Folge erhöhte das Erstgericht den vom Vater monatlich zu leistenden Unterhalt auch für den Zeitraum ab 1. 7. 2003 auf EUR 400,-- und wies den Herabsetzungsantrag des Vaters ab. Dieser habe in der Zeit seines verringerten Beschäftigungsausmaßes vom 1. 7. 2003 bis 31. 5. 2004 ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von EUR 1.419,-- bezogen. Da ein maßgerechter und pflichtbewusster Familienvater in der konkreten Lage des Unterhaltspflichtigen von einer Arbeitszeitreduktion zu Lasten seines unterhaltsberechtigten Sohnes Abstand genommen hätte, sei in Anwendung des Anspannungsgrundsatzes davon auszugehen, dass der Vater in seinem Beruf als Finanzbeamter weiterhin ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von ca EUR 1.955,-- erzielen hätte können.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters teilweise Folge und änderte die angefochtene Entscheidung dahin ab, dass es die Unterhaltsverpflichtung des Vaters für den Zeitraum vom 1. 7. 2003 bis 31. 5. 2004 auf monatlich EUR 285,-- herabsetzte. Im Übrigen bestätigte es den erstinstanzlichen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Rekursgericht vertrat die Ansicht, dem Vater sei die Reduzierung seiner Wochenarbeitszeit um 15 Stunden nicht vorwerfbar. Er habe gegenüber seiner pflegebedürftigen Mutter lediglich die in § 137 Abs 2 ABGB verankerte Beistandspflicht erfüllt, die in Konkurrenz zu der Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinem Sohn stehe. Die Anspannungstheorie komme daher nicht zum Tragen.
Seinen Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, änderte das Rekursgericht mit Beschluss vom 1. 2. 2005 auf Antrag des unterhaltsberechtigten Sohnes ab. Der ordentliche Revisionsrekurs sei doch zulässig, weil es an aktueller höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu der Frage fehle, ob der Unterhaltspflichtige trotz bestehender Beistandspflicht gegenüber seiner pflegebedürftigen Mutter auf die volle Wochenarbeitszeit anzuspannen sei.
Gegen den abändernden Teil der Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Alexander F***** mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen im Umfang der Anfechtung aufzuheben und die Rechtssache insoweit an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen; hilfsweise wird die Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne der Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt.
Der Vater erstattete eine Äußerung zum Revisionsrekurs.
Vorauszuschicken ist, dass die Vorinstanzen nach ständiger Rechtsprechung zu der hier maßgeblichen Rechtslage vor Inkrafttreten des neuen Außerstreitgesetzes, BGBl I 2003/111, und des Außerstreitbegleitgesetzes, BGBl I 2003/112, je am 1. 1. 2005, über die noch zur Zeit der Minderjährigkeit des inzwischen volljährig gewordenen Sohnes gestellten Anträge auf Erhöhung bzw Herabsetzung des Unterhalts zutreffend im außerstreitigen Verfahren entschieden haben (ÖA 1994, 25; EvBl 1975/143; 1 Ob 126/04t uva; RIS-Justiz RS0047381) und dass über das Rechtsmittel weiterhin im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden ist (7 Ob 75/04m). Im Hinblick darauf, dass die Daten der angefochtenen Entscheidungen erster und zweiter Instanz vor dem 31. 12. 2004 gelegen sind, finden im vorliegenden Fall auch die neuen Bestimmungen über den Rekurs und den Revisionsrekurs (§ 203 Abs 7 AußStrG nF) sowie über die Vertretung im Revisionsrekursverfahren (§ 203 Abs 1 AußStrG nF) noch keine Anwendung, weshalb weder die vom Rechtsmittelwerber selbst verfasste Rechtsmittelschrift noch die Äußerung des Vaters der Verbesserung durch die Unterschrift eines Rechtsanwaltes oder eines Notars bedürfen.Vorauszuschicken ist, dass die Vorinstanzen nach ständiger Rechtsprechung zu der hier maßgeblichen Rechtslage vor Inkrafttreten des neuen Außerstreitgesetzes, BGBl römisch eins 2003/111, und des Außerstreitbegleitgesetzes, BGBl römisch eins 2003/112, je am 1. 1. 2005, über die noch zur Zeit der Minderjährigkeit des inzwischen volljährig gewordenen Sohnes gestellten Anträge auf Erhöhung bzw Herabsetzung des Unterhalts zutreffend im außerstreitigen Verfahren entschieden haben (ÖA 1994, 25; EvBl 1975/143; 1 Ob 126/04t uva; RIS-Justiz RS0047381) und dass über das Rechtsmittel weiterhin im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden ist (7 Ob 75/04m). Im Hinblick darauf, dass die Daten der angefochtenen Entscheidungen erster und zweiter Instanz vor dem 31. 12. 2004 gelegen sind, finden im vorliegenden Fall auch die neuen Bestimmungen über den Rekurs und den Revisionsrekurs (§ 203 Absatz 7, AußStrG nF) sowie über die Vertretung im Revisionsrekursverfahren (§ 203 Absatz eins, AußStrG nF) noch keine Anwendung, weshalb weder die vom Rechtsmittelwerber selbst verfasste Rechtsmittelschrift noch die Äußerung des Vaters der Verbesserung durch die Unterschrift eines Rechtsanwaltes oder eines Notars bedürfen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist auch berechtigt.
Der Unterhaltsberechtigte macht zusammengefasst geltend, die Entscheidung des Rekursgerichtes widerspreche der ständigen höchstgerichtlichen Judikatur zur Anspannungstheorie. Beide Vorinstanzen hätten es unterlassen, Feststellungen zur Selbsterhaltungsfähigkeit der Mutter des unterhaltspflichtigen Vaters, deren konkreten Pflegebedarf sowie den allseitigen Vermögensverhältnissen des Unterhaltsverpflichteten zu treffen. Insbesondere sei die vom Rekursgericht unterstellte Hilfs- und Pflegebedürftigkeit der Mutter des Unterhaltspflichtigen durch entsprechende Tatsachenfeststellungen nicht gedeckt. Letzterer verfüge über eine Eigentumswohnung, sodass erzielbare Mieterlöse bei Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage berücksichtigt hätten werden müssen. Im Übrigen habe er seiner Mutter Naturalunterhalt in Form häuslicher Pflege erbracht. Der Unterhaltsanspruch eines Vorfahren setze gemäß § 143 ABGB jedoch voraus, dass dieser nicht selbsterhaltungsfähig sei. Es bedürfe daher ergänzender Feststellungen über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Mutter des Unterhaltsverpflichteten. Ergebe sich daraus ihre Selbsterhaltungsfähigkeit, habe der Vater an sie freiwillige Leistungen erbracht, die bei der Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage außer Betracht bleiben müssten. Außerdem sei der Unterhaltsanspruch des Vorfahren gegenüber jenen der Kinder des Unterhaltsverpflichteten nur subsidiär. Habe der Vater überdurchschnittliche Pflegeleistungen erbracht, verfüge er über einen Anspruch auf angemessenes Entgelt, welches einem Einkommen aus unselbständiger Beschäftigung gleichzuhalten sei.
Hiezu wurde erwogen:
Gemäß § 140 Abs 1 ABGB haben die Eltern nach Kräften zur Deckung des Bedarfs des Kindes beizutragen. Sie müssen ihre gesamten persönlichen Möglichkeiten, besonders ihre Leistungskraft unter Berücksichtigung ihrer Ausbildung, ihrer beruflichen Möglichkeiten und ihrer Fähigkeiten ausschöpfen, um ihrer Unterhaltspflicht nachkommen zu können. Mit der Anspannung der Leistungskraft des Unterhaltspflichtigen kann der Unterhalt auf der Grundlage eines zwar tatsächlich nicht erzielten, wohl aber erzielbaren Einkommens bemessen werden (2 Ob 596/94; EFSlg 74.222; RIS-Justiz RS0047511, RS0047686 uva; Stabentheiner in Rummel, ABGB3 § 140 Rz 6; Neuhauser in Schwimann, ABGB3 § 140 Rz 65; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht3, 68). Die im Gesetz vorgesehene Anspannung greift immer dann Platz, wenn dem Unterhaltsverpflichteten die Erzielung eines höheren als des tatsächlichen Einkommens zugemutet werden kann; die Anwendung dieses Grundsatzes ist nicht auf die Fälle bloßer Arbeitsunwilligkeit beschränkt (RIS-Justiz RS0047550). Der Verzicht auf die Erzielung eines höheren Einkommens, der nicht durch besondere Gründe gerechtfertigt ist, darf den Unterhalt des Kindes nicht schmälern (6 Ob 573/91, 1 Ob 502/94; RIS-Justiz RS0047566). Dieser Grundsatz gilt auch für solche Fälle, in denen der Verzicht auf ein höheres Einkommen auf einem dem Unterhaltspflichtigen vom Gesetzgeber eingeräumten Recht beruht (zB bei Inanspruchnahme des Karenzurlaubes: RIS-Justiz RS0047450). Begnügt sich ein Unterhaltsschuldner mit einer Halbtags- oder Teilzeitbeschäftigung, ohne dafür überzeugende Gründe ins Treffen zu führen, ist er auf eine Ganztagsbeschäftigung anzuspannen (Neuhauser aaO Rz 72). Die Anspannung setzt stets ein Verschulden des Unterhaltsschuldners voraus, wobei schon die leicht fahrlässige Herbeiführung des Einkommensmangels genügt (RIS-Justiz RS0047495). Maßstab für die Intensität der Einkommensbemühungen ist das Verhalten eines pflichtgetreuen Elternteiles (ÖA 1991, 99; ÖA 1993, 108 uva; RIS-Justiz RS0047421, RS0047590; Neuhauser aaO Rz 68; Schwimann/Kolmasch aaO 70).Gemäß § 140 Absatz eins, ABGB haben die Eltern nach Kräften zur Deckung des Bedarfs des Kindes beizutragen. Sie müssen ihre gesamten persönlichen Möglichkeiten, besonders ihre Leistungskraft unter Berücksichtigung ihrer Ausbildung, ihrer beruflichen Möglichkeiten und ihrer Fähigkeiten ausschöpfen, um ihrer Unterhaltspflicht nachkommen zu können. Mit der Anspannung der Leistungskraft des Unterhaltspflichtigen kann der Unterhalt auf der Grundlage eines zwar tatsächlich nicht erzielten, wohl aber erzielbaren Einkommens bemessen werden (2 Ob 596/94; EFSlg 74.222; RIS-Justiz RS0047511, RS0047686 uva; Stabentheiner in Rummel, ABGB3 § 140 Rz 6; Neuhauser in Schwimann, ABGB3 § 140 Rz 65; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht3, 68). Die im Gesetz vorgesehene Anspannung greift immer dann Platz, wenn dem Unterhaltsverpflichteten die Erzielung eines höheren als des tatsächlichen Einkommens zugemutet werden kann; die Anwendung dieses Grundsatzes ist nicht auf die Fälle bloßer Arbeitsunwilligkeit beschränkt (RIS-Justiz RS0047550). Der Verzicht auf die Erzielung eines höheren Einkommens, der nicht durch besondere Gründe gerechtfertigt ist, darf den Unterhalt des Kindes nicht schmälern (6 Ob 573/91, 1 Ob 502/94; RIS-Justiz RS0047566). Dieser Grundsatz gilt auch für solche Fälle, in denen der Verzicht auf ein höheres Einkommen auf einem dem Unterhaltspflichtigen vom Gesetzgeber eingeräumten Recht beruht (zB bei Inanspruchnahme des Karenzurlaubes: RIS-Justiz RS0047450). Begnügt sich ein Unterhaltsschuldner mit einer Halbtags- oder Teilzeitbeschäftigung, ohne dafür überzeugende Gründe ins Treffen zu führen, ist er auf eine Ganztagsbeschäftigung anzuspannen (Neuhauser aaO Rz 72). Die Anspannung setzt stets ein Verschulden des Unterhaltsschuldners voraus, wobei schon die leicht fahrlässige Herbeiführung des Einkommensmangels genügt (RIS-Justiz RS0047495). Maßstab für die Intensität der Einkommensbemühungen ist das Verhalten eines pflichtgetreuen Elternteiles (ÖA 1991, 99; ÖA 1993, 108 uva; RIS-Justiz RS0047421, RS0047590; Neuhauser aaO Rz 68; Schwimann/Kolmasch aaO 70).
Die Anspannung auf allenfalls erzielbare Mieterlöse aus der Eigentumswohnung des Vaters wurde von den Vorinstanzen zutreffend schon deshalb nicht in Betracht gezogen, weil der zu diesem Zeitpunkt bereits volljährige unterhaltsberechtigte Sohn in erster Instanz auf die Einbeziehung solcher fiktiver Einkünfte in die Unterhaltsbemessungsgrundlage ausdrücklich - und wirksam (EFSlg 88.990; RIS-Justiz RS0047340) - verzichtet hat (ON 70).
Des weiteren ist jedoch zu prüfen, ob der Entschluss des Vaters, seine Arbeitsbelastung vorübergehend von 40 auf 25 Wochenstunden zu vermindern, um seine mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebende Mutter persönlich pflegen zu können, dem Leitbild eines pflichtbewussten Familienvaters entspricht.
Das Rekursgericht hat richtig erkannt, dass sich aus § 137 Abs 2 ABGB die wechselseitige Beistandspflicht zwischen Eltern und Kindern ergibt, die auch mit der Volljährigkeit des Kindes nicht erlischt (SZ 62/116; 1 Ob 46/01y = JBl 2001, 649 = EvBl 2001/182; RIS-Justiz RS0009634). Wie Stefula jüngst in ÖJZ 2005/35, 609 ff („Zu den allgemeinen familiären Beistandspflichten"), unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien (ErlRV 60 BlgNR 14. GP 17) dargelegt hat, wollte der Gesetzgeber durch die Einführung der Beistandspflicht zwischen Eltern und Kindern ua einen Beitrag zur Problematik der Betreuung betagter Menschen leisten. Im Rahmen des ihnen Möglichen und Zumutbaren bestehe daher - so der erwähnte Autor - eine Pflicht von Kindern, sich um ihre alt gewordenen Eltern zu kümmern, zB für sie einkaufen zu gehen, die Wäsche zu erledigen oder zu kochen. Die Aufnahme eines Elternteiles in den eigenen Haushalt werde hingegen nur im Ausnahmefall geschuldet sein. Jedenfalls gehe es aber weit über die Beistandspflicht hinaus, wenn sich ein Kind in derartig großem Ausmaß um einen betagten Elternteil kümmert, dass diesem dadurch die sonst unumgängliche Fremdpflege, etwa der Aufenthalt in einem Pflegeheim erspart bleibt (so auch 1 Ob 46/01y). Besitze das einem betagten hilfsbedürftigen Elternteil an sich beistandspflichtige (erwachsene) Kind aber seinerseits bereits Familie und würde die Beistandsleistung an den Elternteil zu einer Beeinträchtigung der berechtigten Interessen der Jungfamilie führen, müsse der Beistandsanspruch des betagten Elternteiles zurücktreten, was durch die vorzugswürdige Stellung der Jungfamilie gerechtfertigt sei (Stefula aaO, 614).Das Rekursgericht hat richtig erkannt, dass sich aus § 137 Abs 2 ABGB die wechselseitige Beistandspflicht zwischen Eltern und Kindern ergibt, die auch mit der Volljährigkeit des Kindes nicht erlischt (SZ 62/116; 1 Ob 46/01y = JBl 2001, 649 = EvBl 2001/182; RIS-Justiz RS0009634). Wie Stefula jüngst in ÖJZ 2005/35, 609 ff („Zu den allgemeinen familiären Beistandspflichten"), unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien (ErlRV 60 BlgNR 14. Gesetzgebungsperiode 17) dargelegt hat, wollte der Gesetzgeber durch die Einführung der Beistandspflicht zwischen Eltern und Kindern ua einen Beitrag zur Problematik der Betreuung betagter Menschen leisten. Im Rahmen des ihnen Möglichen und Zumutbaren bestehe daher - so der erwähnte Autor - eine Pflicht von Kindern, sich um ihre alt gewordenen Eltern zu kümmern, zB für sie einkaufen zu gehen, die Wäsche zu erledigen oder zu kochen. Die Aufnahme eines Elternteiles in den eigenen Haushalt werde hingegen nur im Ausnahmefall geschuldet sein. Jedenfalls gehe es aber weit über die Beistandspflicht hinaus, wenn sich ein Kind in derartig großem Ausmaß um einen betagten Elternteil kümmert, dass diesem dadurch die sonst unumgängliche Fremdpflege, etwa der Aufenthalt in einem Pflegeheim erspart bleibt (so auch 1 Ob 46/01y). Besitze das einem betagten hilfsbedürftigen Elternteil an sich beistandspflichtige (erwachsene) Kind aber seinerseits bereits Familie und würde die Beistandsleistung an den Elternteil zu einer Beeinträchtigung der berechtigten Interessen der Jungfamilie führen, müsse der Beistandsanspruch des betagten Elternteiles zurücktreten, was durch die vorzugswürdige Stellung der Jungfamilie gerechtfertigt sei (Stefula aaO, 614).
Diesen Ausführungen ist im Grundsätzlichen beizupflichten. Sie stimmen nicht nur mit den auch in Deutschland zu der § 137 Abs 2 ABGB entsprechenden Bestimmung des § 1618a BGB vertretenen Lehrmeinungen (Michalski in Erman, BGB11 § 1618a Rn 10; Strätz in Soergel, BGB12 § 1618a Rn 3; Enders in Bamberger/Roth, BGB § 1618a Rn 4; Coester in Staudinger, BGB § 1618a Rn 39 mwN), sondern auch mit der aus § 143 Abs 3 ABGB hervorleuchtenden Wertung des Gesetzgebers und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes überein. Nach der zuletzt zitierten Gesetzesbestimmung hat ein Kind seinen Eltern und Großeltern nämlich nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es dadurch bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet. Der Unterhaltsanspruch eines Eltern- und Großelternteiles mindert sich auch insoweit, als ihm die Heranziehung des Stammes des eigenen Vermögens zumutbar ist. Den Nachkommen steht demnach ein „beneficium competentiae" zu. Nicht nur der eigene angemessene Unterhalt des Unterhaltsverpflichteten darf durch den Unterhaltsanspruch der Eltern und Großeltern nicht gefährdet sein, es sind auch die übrigen Sorgepflichten zu berücksichtigen. In der Rechtsprechung wurde daraus abgeleitet, dass Unterhaltsansprüche der Vorfahren des Unterhaltsverpflichteten mit jenen seiner Nachkommen nicht gleichrangig sind und dass bei der Bemessung des Unterhaltsanspruches der Nachkommen des Unterhaltsverpflichteten ein (allfälliger) Unterhaltsanspruch eines Vorfahren nicht berücksichtigt werden kann (SZ 69/77 = EFSlg 80.111; RIS-Justiz RS0103494; Stabentheiner aaO § 140 Rz 5c; Neuhauser aaO § 143 Rz 3; Schwimann/Kolmasch aaO, 119). Dies führte in dem zu SZ 69/77 beurteilten Fall zu dem Ergebnis, dass eine unterhaltspflichtige Mutter, die ihren Arbeitsplatz (in Österreich) zum Zwecke der Erbringung (dauernder) Betreuungsleistungen für ihre (in der Türkei lebende) Mutter aufgegeben hatte, auf das erzielbare Einkommen anzuspannen war.Diesen Ausführungen ist im Grundsätzlichen beizupflichten. Sie stimmen nicht nur mit den auch in Deutschland zu der § 137 Abs 2 ABGB entsprechenden Bestimmung des § 1618a BGB vertretenen Lehrmeinungen (Michalski in Erman, BGB11 § 1618a Rn 10; Strätz in Soergel, BGB12 § 1618a Rn 3; Enders in Bamberger/Roth, BGB § 1618a Rn 4; Coester in Staudinger, BGB § 1618a Rn 39 mwN), sondern auch mit der aus § 143 Absatz 3, ABGB hervorleuchtenden Wertung des Gesetzgebers und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes überein. Nach der zuletzt zitierten Gesetzesbestimmung hat ein Kind seinen Eltern und Großeltern nämlich nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es dadurch bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet. Der Unterhaltsanspruch eines Eltern- und Großelternteiles mindert sich auch insoweit, als ihm die Heranziehung des Stammes des eigenen Vermögens zumutbar ist. Den Nachkommen steht demnach ein „beneficium competentiae" zu. Nicht nur der eigene angemessene Unterhalt des Unterhaltsverpflichteten darf durch den Unterhaltsanspruch der Eltern und Großeltern nicht gefährdet sein, es sind auch die übrigen Sorgepflichten zu berücksichtigen. In der Rechtsprechung wurde daraus abgeleitet, dass Unterhaltsansprüche der Vorfahren des Unterhaltsverpflichteten mit jenen seiner Nachkommen nicht gleichrangig sind und dass bei der Bemessung des Unterhaltsanspruches der Nachkommen des Unterhaltsverpflichteten ein (allfälliger) Unterhaltsanspruch eines Vorfahren nicht berücksichtigt werden kann (SZ 69/77 = EFSlg 80.111; RIS-Justiz RS0103494; Stabentheiner aaO § 140 Rz 5c; Neuhauser aaO § 143 Rz 3; Schwimann/Kolmasch aaO, 119). Dies führte in dem zu SZ 69/77 beurteilten Fall zu dem Ergebnis, dass eine unterhaltspflichtige Mutter, die ihren Arbeitsplatz (in Österreich) zum Zwecke der Erbringung (dauernder) Betreuungsleistungen für ihre (in der Türkei lebende) Mutter aufgegeben hatte, auf das erzielbare Einkommen anzuspannen war.
Dennoch kann im vorliegenden Fall nicht schon von vornherein ohne Ermittlung des Sachverhaltes davon ausgegangen werden, dass den Vater ein im gesamten strittigen Zeitraum seine Anspannung auf das volle Arbeitseinkommen auslösendes Verschulden trifft. Auch in einer intakten Familie sind Umstände denkbar, die den Unterhaltsverpflichteten wegen des dringenden Erfordernisses persönlicher Hilfeleistungen für einen bereits im gemeinsamen Haushalt lebenden und in eine Notsituation geratenen Vorfahren in die Lage versetzen, seine berufliche Arbeitsbelastung zum Nachteil unterhaltsberechtigter Kinder vorübergehend reduzieren zu müssen. Eine solche, dem hilfsbedürftigen Vorfahren ungeachtet aller unterhaltsrechtlichen Erwägungen gemäß § 137 Abs 2 ABGB unentgeltlich geschuldete, Maßnahme könnte sich etwa für den Zeitraum bis zur Sicherstellung ausreichender Fremdbetreuung (zB durch Unterbringung in einem Pflegeheim oder die Organisierung eines Hilfsdienstes) als notwendig erweisen, ebenso aber - wenn Fremdbetreuung aus besonderen Gründen nicht in Frage kommen sollte - bis zu einer dem Unterhaltsverpflichteten zumutbaren Neugestaltung seiner Lebensverhältnisse, die es ihm möglich macht, trotz der Betreuung des Vorfahren der vorrangigen Unterhaltspflicht gegenüber seinen Kindern wieder angemessen nachzukommen. Auch in derartigen Fällen obliegt es dem am Leitbild des pflichtgetreuen Elternteiles zu messenden Unterhaltsverpflichteten jedoch, Ausmaß und Dauer der Beeinträchtigung der Unterhaltsansprüche seiner unterhaltsberechtigten Kinder auf das unumgänglich Notwendige zu beschränken.
Der Vater hat in erster Instanz Vorbringen zu den Gründen erstattet, die ihn zu einer vorübergehenden Reduzierung seiner Wochenarbeitszeit in seinem Beruf als Finanzbeamter bewogen haben (ON 50, 53, 55). Die bisherige Tatsachengrundlage reicht zur Klärung der Frage, ob sein Entschluss (im Entscheidungszeitpunkt) unter den konkreten Umständen als vertretbar anzuerkennen war, nicht aus, zumal die Erwägungen des Erstgerichtes über die Möglichkeit der Hilfeleistung durch Dritte nicht auf Beweisergebnissen, sondern auf bloßen Mutmaßungen beruhen. Es bedarf daher, wie auch der unterhaltsberechtigte Sohn in seinem Rechtsmittel zutreffend releviert, einer Ergänzung des Verfahrens in erster Instanz, wobei den Vater die subjektive Behauptungs- und Beweislast für die zu einer (vorübergehenden) Verminderung seiner Unterhaltspflicht führenden Umstände trifft (RIS-Justiz RS0006261).
Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren daher im angefochtenen Umfang aufzuheben. Das Erstgericht wird das Verfahren - insbesondere durch die Einvernahme des Vaters - zu ergänzen und anhand der nachzuholenden (allenfalls auch negativen) Feststellungen nach den dargelegten Grundsätzen neuerlich zu beurteilen haben, ob der Vater für den Zeitraum vom 1. 7. 2003 bis 31. 5. 2004 auf das bei voller Arbeitszeit erzielbare Erwerbseinkommen anzuspannen ist.
Textnummer
E78632European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2005:0020OB00079.05I.1006.000Im RIS seit
05.11.2005Zuletzt aktualisiert am
24.03.2011