Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des Peter K*****, über den in dessen Namen erhobenen Revisionsrekurs des Helmut T*****, p.A. *****, gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 6. Juli 2005, GZ 15 R 159/05s-13, womit der Rekurs des Helmut T***** gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Pregarten vom 29. März 2005, GZ P 8/05s-9, soweit er im Namen des Betroffenen erhoben wurde, zurückgewiesen wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der angefochtene Beschluss auf Zurückweisung des im Namen des Betroffenen erhobenen Rekurses wird aufgehoben. Dem Rekursgericht wird insoweit die Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Text
Begründung:
Mit Beschluss vom 31. Jänner 2005 bestellte das Erstgericht nach Erstanhörung des Betroffenen (§ 118 AußStrG) dessen Schwager Josef H***** zum Verfahrenssachwalter (§ 119 AußStrG). Nach der mündlichen Verhandlung über die Bestellung eines Sachwalters (§ 121 AußStrG) ersuchte das Erstgericht den Verein für Sachwalterschaft und Patientenanwaltschaft um die Namhaftmachung eines Sachwalters. Dieses Ersuchen beantwortete der Verein damit, dass Helmut T***** als Verfahrenssachwalter gemäß § 119 AußStrG namhaft gemacht werde, weil es im Interesse des Betroffenen erforderlich erscheine, eine außenstehende Person zum Verfahrenssachwalter zu bestellen.Mit Beschluss vom 31. Jänner 2005 bestellte das Erstgericht nach Erstanhörung des Betroffenen (Paragraph 118, AußStrG) dessen Schwager Josef H***** zum Verfahrenssachwalter (Paragraph 119, AußStrG). Nach der mündlichen Verhandlung über die Bestellung eines Sachwalters (Paragraph 121, AußStrG) ersuchte das Erstgericht den Verein für Sachwalterschaft und Patientenanwaltschaft um die Namhaftmachung eines Sachwalters. Dieses Ersuchen beantwortete der Verein damit, dass Helmut T***** als Verfahrenssachwalter gemäß Paragraph 119, AußStrG namhaft gemacht werde, weil es im Interesse des Betroffenen erforderlich erscheine, eine außenstehende Person zum Verfahrenssachwalter zu bestellen.
Das Erstgericht bestellte dessen ungeachtet Helmut T***** gemäß § 273 ABGB zum Sachwalter für die Vermögensverwaltung und Vertretung des Betroffenen bei Abschluss von Rechtsgeschäften und für seine Vertretung gegenüber Ämtern, Behörden und Gerichten. Es wies gemäß § 123 Abs 1 Z 5 AußStrG weiters darauf hin, dass der Betroffene eine rechtswirksame letztwillige Verfügung nur mündlich vor Gericht oder mündlich notariell treffen könne.Das Erstgericht bestellte dessen ungeachtet Helmut T***** gemäß Paragraph 273, ABGB zum Sachwalter für die Vermögensverwaltung und Vertretung des Betroffenen bei Abschluss von Rechtsgeschäften und für seine Vertretung gegenüber Ämtern, Behörden und Gerichten. Es wies gemäß Paragraph 123, Absatz eins, Ziffer 5, AußStrG weiters darauf hin, dass der Betroffene eine rechtswirksame letztwillige Verfügung nur mündlich vor Gericht oder mündlich notariell treffen könne.
Diesen Beschluss bekämpfte Helmut T***** mit Rekurs mit dem Antrag, den Beschluss aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung unter gebotener Vertretung des Betroffenen durch einen selbst gewählten Vertreter oder den durch den Verein für Sachwalterschaft und Patientenanwaltschaft namhaft gemachten Verfahrenssachwalter aufzutragen. Die Bestellung des Schwagers des Betroffenen als Verfahrenssachwalter sei ohne vorherige Anhörung des Betroffenen erfolgt, wodurch der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt worden sei. Es seien nach Durchführung der mündlichen Verhandlung keine Angelegenheiten ersichtlich, bezüglich derer das Einschreiten eines Sachwalters erforderlich sei. Zudem sei die Namhaftmachung des Helmut T***** ausdrücklich nur für die Funktion eines Verfahrenssachwalters erfolgt; die Übernahme der Sachwalterschaft nach § 273 ABGB hätte einer gesonderten Namhaftmachung bedurft.Diesen Beschluss bekämpfte Helmut T***** mit Rekurs mit dem Antrag, den Beschluss aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung unter gebotener Vertretung des Betroffenen durch einen selbst gewählten Vertreter oder den durch den Verein für Sachwalterschaft und Patientenanwaltschaft namhaft gemachten Verfahrenssachwalter aufzutragen. Die Bestellung des Schwagers des Betroffenen als Verfahrenssachwalter sei ohne vorherige Anhörung des Betroffenen erfolgt, wodurch der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt worden sei. Es seien nach Durchführung der mündlichen Verhandlung keine Angelegenheiten ersichtlich, bezüglich derer das Einschreiten eines Sachwalters erforderlich sei. Zudem sei die Namhaftmachung des Helmut T***** ausdrücklich nur für die Funktion eines Verfahrenssachwalters erfolgt; die Übernahme der Sachwalterschaft nach Paragraph 273, ABGB hätte einer gesonderten Namhaftmachung bedurft.
Über diesen Rekurs entschied das Rekursgericht dahin, dass er, soweit er im Namen des Betroffenen erhoben werde, zurückgewiesen und dass ihm, soweit er im eigenen Namen erhoben werde, nicht Folge gegeben werde. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Zurückweisung des Rekurses begründete es damit, dass dem noch nicht rechtswirksam bestellten Sachwalter nur insoweit Rechtsmittelbefugnis zukomme, als es sich um seine Rechte und Pflichten handle und er persönlich durch die Bestellung beschwert sein könne. Die Vertretungsbefugnis für den Betroffenen liege beim Verfahrenssachwalter. Der bestellte Sachwalter sei vor Rechtskraft des Bestellungsbeschlusses noch nicht berechtigt, für den Betroffenen einzuschreiten. Er könne sich nur gegen die Heranziehung seiner Person als Sachwalter oder gegen eine sonstige Belastung seiner Rechtsstellung durch den Beschluss zur Wehr setzen, aber nicht geltend machen, dass kein Grund zur Bestellung eines Sachwalters bestehe oder dass jemand anderer zum Sachwalter bestellt werden solle. Im Zeitpunkt der Rekurserhebung sei die Bestellung des Rekurswerbers zum Sachwalter noch nicht rechtskräftig und daher noch nicht rechtswirksam gewesen. Der namens des Betroffenen erhobene Rekurs sei daher zurückzuweisen. Der im eigenen Namen erhobene Rekurs sei hingegen nicht berechtigt, weil sich der Rekurswerber nicht darauf berufen habe, dass die Kapazitätsgrenze überschritten werde und der Ansicht, dass die Bestellung zum Sachwalter nur nach besonderer Namhaftmachung durch den Verein zulässig sei, nicht zu folgen sei.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Beschluss bekämpft Helmut T***** insoweit mit Revisionsrekurs, als der namens des Betroffenen erhobene Rekurs zurückgewiesen wurde. Der (inhaltlich ebenfalls namens des Betroffenen) erhobene Revisionsrekurs ist aus folgenden Gründen zulässig und berechtigt:
Die Begründung des Rekursgerichts zum zurückweisenden Teil seiner Entscheidung entspricht zwar der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 249 Abs 2 AußStrG RGBl 208/1854 idF BGBl 1983/136 (RIS-Justiz RS0008563), der lautete: „Das Rechtsmittel des Rekurses steht dem Betroffenen, seinem Vertreter und dem bestellten Sachwalter zu".Die Begründung des Rekursgerichts zum zurückweisenden Teil seiner Entscheidung entspricht zwar der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu Paragraph 249, Absatz 2, AußStrG RGBl 208/1854 in der Fassung BGBl 1983/136 (RIS-Justiz RS0008563), der lautete: „Das Rechtsmittel des Rekurses steht dem Betroffenen, seinem Vertreter und dem bestellten Sachwalter zu".
Diese Bestimmung ist aber im vorliegenden Verfahren, das erst im Jahr 2005 eingeleitet wurde, nicht mehr anzuwenden. Aus § 125 des am 1. 1. 2005 in Kraft getretenen Außerstreitgesetzes BGBl I 2003/111 ergibt sich zwar, dass der Beschluss, mit dem der (endgültige) Sachwalter bestellt wird, ebenfalls erst mit seiner Rechtskraft wirksam wird (vgl ErlRV 224 BlgNR 22. GP zu § 125 AußStrG). Der die Bestimmung des § 249 Abs 2 AußStrG (alt) ersetzende § 127 AußStrG (neu) lautet aber nunmehr: „Der Rekurs steht der betroffenen Person, ihrem Vertreter, dem Verfahrenssachwalter und der Person, die zum Sachwalter bestellt werden soll, zu. ...".Diese Bestimmung ist aber im vorliegenden Verfahren, das erst im Jahr 2005 eingeleitet wurde, nicht mehr anzuwenden. Aus Paragraph 125, des am 1. 1. 2005 in Kraft getretenen Außerstreitgesetzes BGBl römisch eins 2003/111 ergibt sich zwar, dass der Beschluss, mit dem der (endgültige) Sachwalter bestellt wird, ebenfalls erst mit seiner Rechtskraft wirksam wird vergleiche ErlRV 224 BlgNR 22. Gesetzgebungsperiode zu Paragraph 125, AußStrG). Der die Bestimmung des Paragraph 249, Absatz 2, AußStrG (alt) ersetzende Paragraph 127, AußStrG (neu) lautet aber nunmehr: „Der Rekurs steht der betroffenen Person, ihrem Vertreter, dem Verfahrenssachwalter und der Person, die zum Sachwalter bestellt werden soll, zu. ...".
Nach den Gesetzesmaterialien (ErlRV zu § 127 AußStrG) sollte mit dieser Formulierung klargestellt werden, dass - im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage, wonach dem noch nicht rechtswirksam bestellten Sachwalter nur insoweit Rechtsmittelbefugnis zukam, als es sich um seine Rechte und Pflichten handelte und er persönlich durch die Bestellung beschwert sein konnte - im Namen und Interesse der betroffenen Person auch vom noch nicht rechtskräftig bestellten Sachwalter Rekurs eingelegt werden kann. Die bisherige Rechtsprechung zu § 249 Abs 2 AußStrG (alt), auf die sich das Rekursgericht stützte, ist daher auf die neue Rechtslage nicht übertragbar. Soweit sich das Rekursgericht zur Stützung seiner Rechtsansicht auch auf die Gesetzesmaterialien zur neuen Bestimmung bezog, hat es diese offenbar missverstanden. Die historische Auslegung, die Feststellung des Willens des Gesetzgebers anhand der Gesetzesmaterialien, bedarf zwar besonderer Vorsicht, weil diese nicht Gesetz geworden sind und mit dem wahren Willen des Gesetzgebers nicht übereinstimmen müssen (RIS-Justiz RS008776). Ein Rechtssatz, der im Gesetz nicht angedeutet ist und nur in den Materialien steht, kann nicht durch Auslegung Geltung erlangen (RIS-Justiz RS0008799). Die nunmehr vom Gesetzgeber gewählte Formulierung in § 127 AußStrG (neu), dass auch der Person, „die zum Sachwalter bestellt werden soll", ein Rekurs gegen die Sachwalterbestellung zusteht und die Aufzählung dieser Person gleichrangig mit dem Betroffenen, seinem Vertreter und dem Verfahrenssachwalter sprechen aber durchaus für das Verständnis, das die Gesetzesmaterialien unterstellen.Nach den Gesetzesmaterialien (ErlRV zu Paragraph 127, AußStrG) sollte mit dieser Formulierung klargestellt werden, dass - im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage, wonach dem noch nicht rechtswirksam bestellten Sachwalter nur insoweit Rechtsmittelbefugnis zukam, als es sich um seine Rechte und Pflichten handelte und er persönlich durch die Bestellung beschwert sein konnte - im Namen und Interesse der betroffenen Person auch vom noch nicht rechtskräftig bestellten Sachwalter Rekurs eingelegt werden kann. Die bisherige Rechtsprechung zu Paragraph 249, Absatz 2, AußStrG (alt), auf die sich das Rekursgericht stützte, ist daher auf die neue Rechtslage nicht übertragbar. Soweit sich das Rekursgericht zur Stützung seiner Rechtsansicht auch auf die Gesetzesmaterialien zur neuen Bestimmung bezog, hat es diese offenbar missverstanden. Die historische Auslegung, die Feststellung des Willens des Gesetzgebers anhand der Gesetzesmaterialien, bedarf zwar besonderer Vorsicht, weil diese nicht Gesetz geworden sind und mit dem wahren Willen des Gesetzgebers nicht übereinstimmen müssen (RIS-Justiz RS008776). Ein Rechtssatz, der im Gesetz nicht angedeutet ist und nur in den Materialien steht, kann nicht durch Auslegung Geltung erlangen (RIS-Justiz RS0008799). Die nunmehr vom Gesetzgeber gewählte Formulierung in Paragraph 127, AußStrG (neu), dass auch der Person, „die zum Sachwalter bestellt werden soll", ein Rekurs gegen die Sachwalterbestellung zusteht und die Aufzählung dieser Person gleichrangig mit dem Betroffenen, seinem Vertreter und dem Verfahrenssachwalter sprechen aber durchaus für das Verständnis, das die Gesetzesmaterialien unterstellen.
§ 127 erster Satz AußStrG ist daher im Gegensatz zur Ansicht des Rekursgerichts dahin auszulegen, dass - in Abkehr von der Rechtsprechung zu § 249 Abs 2 AußStrG (alt) - auch diejenige Person, die im angefochtenen Beschluss als (endgültiger) Sachwalter bestellt wurde, ungeachtet dessen, dass die Sachwalterbestellung noch nicht rechtskräftig ist, (auch) im Namen und Interesse des Betroffenen Rekurs gegen die Sachwalterbestellung erheben kann.Paragraph 127, erster Satz AußStrG ist daher im Gegensatz zur Ansicht des Rekursgerichts dahin auszulegen, dass - in Abkehr von der Rechtsprechung zu Paragraph 249, Absatz 2, AußStrG (alt) - auch diejenige Person, die im angefochtenen Beschluss als (endgültiger) Sachwalter bestellt wurde, ungeachtet dessen, dass die Sachwalterbestellung noch nicht rechtskräftig ist, (auch) im Namen und Interesse des Betroffenen Rekurs gegen die Sachwalterbestellung erheben kann.
Das Rekursgericht hat daher zu Unrecht den Rekurs, soweit er im Namen des Betroffenen erhoben wurde, zurückgewiesen. Dieser Beschlussteil ist ersatzlos aufzuheben. Das Rekursgericht wird inhaltlich auch insoweit über den Rekurs des (noch nicht rechtswirksam) bestellten Sachwalters zu entscheiden haben.
Textnummer
E78655European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2005:0060OB00201.05K.1006.000Im RIS seit
05.11.2005Zuletzt aktualisiert am
16.12.2011