Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Oktober 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lang als Schriftführer, in der Strafsache gegen Sascha S***** wegen des im Stadium des Versuchs (§ 15 StGB) verbliebenen Verbrechens nach § 28 Abs 2 erster Fall SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 25. April 2005, GZ 601 Hv 5/05v-18, sowie über deren Beschwerde gegen den zugleich gemäß § 494a StPO gefassten Beschluss nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Staatsanwalt Mag. Bacher, des Angeklagten und seiner Verteidigerin Dr. Pfeifer zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Oktober 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lang als Schriftführer, in der Strafsache gegen Sascha S***** wegen des im Stadium des Versuchs (Paragraph 15, StGB) verbliebenen Verbrechens nach Paragraph 28, Absatz 2, erster Fall SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 25. April 2005, GZ 601 Hv 5/05v-18, sowie über deren Beschwerde gegen den zugleich gemäß Paragraph 494 a, StPO gefassten Beschluss nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Staatsanwalt Mag. Bacher, des Angeklagten und seiner Verteidigerin Dr. Pfeifer zu Recht erkannt:
Spruch
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass werden das angefochtene Urteil (zur Gänze) sowie der gleichzeitig gemäß § 494a StPO verkündete Beschluss aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen. Mit ihrer Berufung und Beschwerde wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass werden das angefochtene Urteil (zur Gänze) sowie der gleichzeitig gemäß Paragraph 494 a, StPO verkündete Beschluss aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen. Mit ihrer Berufung und Beschwerde wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Sascha S***** (richtig:) der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG schuldig erkannt.Mit dem angefochtenen Urteil wurde Sascha S***** (richtig:) der Vergehen nach Paragraph 27, Absatz eins, erster und zweiter Fall SMG schuldig erkannt.
Danach hat er von Februar bis September 2004 in Wien und anderen Orten den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte, nämlich rund 20 bis 25 Gramm Heroin, ca 160 Substitol-Tabletten 200 mg sowie 200 Gramm Cannabiskraut und Cannabisharz, erworben und besessen. Von der weiter wider ihn erhobenen Anklage, er habe im Frühjahr 2004 in Unterrohrbach im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zwei abgesondert verfolgten Mittätern den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, nämlich Cannabiskraut, in einer großen Menge durch Anbau und Aufzucht von zumindest 30 Cannabispflanzen zu erzeugen versucht, wurde Sascha S***** gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.Danach hat er von Februar bis September 2004 in Wien und anderen Orten den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte, nämlich rund 20 bis 25 Gramm Heroin, ca 160 Substitol-Tabletten 200 mg sowie 200 Gramm Cannabiskraut und Cannabisharz, erworben und besessen. Von der weiter wider ihn erhobenen Anklage, er habe im Frühjahr 2004 in Unterrohrbach im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zwei abgesondert verfolgten Mittätern den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, nämlich Cannabiskraut, in einer großen Menge durch Anbau und Aufzucht von zumindest 30 Cannabispflanzen zu erzeugen versucht, wurde Sascha S***** gemäß Paragraph 259, Ziffer 3, StPO freigesprochen.
Rechtliche Beurteilung
Während der Schuldspruch in Rechtskraft erwuchs, bekämpft die Anklagebehörde den Freispruch mit einer auf § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Ihr kommt Berechtigung zu. Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen pflanzte der Angeklagte im Frühjahr 2004 in einem Mietshaus in Unterrohrbach rund 30 Hanfpflanzen, um daraus eine große Menge Suchtgift zu erzeugen. Als ein Bekannter der Vermieterin Verdacht schöpfte, verteilte der Angeklagte aus Angst, es könnte alles „auffliegen", die Pflanzen, die zu diesem Zeitpunkt eine Höhe von rund 1,5 Meter hatten. 15 Stück gab er an seine Freunde weiter, den Verbleib der restlichen 15 Pflanzen konnte das Erstgericht nicht feststellen. Im Zweifel ging es davon aus, dass der Angeklagte seinen Anteil vernichtet hat (US 5 bis 7). Aufgrund dieses Sachverhaltes nahmen die Tatrichter in rechtlicher Hinsicht tätige Reue an und fällten daher einen Freispruch. Wie die Staatsanwaltschaft zutreffend aufzeigt, kommt beim Verbrechen nach § 28 Abs 2 SMG der vom Schöffengericht herangezogene Strafaufhebungsgrund der tätigen Reue nicht in Betracht, weil strafbare Handlungen nach dem Suchtmittelgesetz im allgemeinen Katalog reuefähiger Delikte des Strafgesetzbuches (§ 167 Abs 1 StGB) nicht aufscheinen und das Suchtmittelgesetz selbst keine vergleichbare Regelung enthält.Während der Schuldspruch in Rechtskraft erwuchs, bekämpft die Anklagebehörde den Freispruch mit einer auf Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 9, Litera b, StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Ihr kommt Berechtigung zu. Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen pflanzte der Angeklagte im Frühjahr 2004 in einem Mietshaus in Unterrohrbach rund 30 Hanfpflanzen, um daraus eine große Menge Suchtgift zu erzeugen. Als ein Bekannter der Vermieterin Verdacht schöpfte, verteilte der Angeklagte aus Angst, es könnte alles „auffliegen", die Pflanzen, die zu diesem Zeitpunkt eine Höhe von rund 1,5 Meter hatten. 15 Stück gab er an seine Freunde weiter, den Verbleib der restlichen 15 Pflanzen konnte das Erstgericht nicht feststellen. Im Zweifel ging es davon aus, dass der Angeklagte seinen Anteil vernichtet hat (US 5 bis 7). Aufgrund dieses Sachverhaltes nahmen die Tatrichter in rechtlicher Hinsicht tätige Reue an und fällten daher einen Freispruch. Wie die Staatsanwaltschaft zutreffend aufzeigt, kommt beim Verbrechen nach Paragraph 28, Absatz 2, SMG der vom Schöffengericht herangezogene Strafaufhebungsgrund der tätigen Reue nicht in Betracht, weil strafbare Handlungen nach dem Suchtmittelgesetz im allgemeinen Katalog reuefähiger Delikte des Strafgesetzbuches (Paragraph 167, Absatz eins, StGB) nicht aufscheinen und das Suchtmittelgesetz selbst keine vergleichbare Regelung enthält.
Der vom Angeklagten im Rahmen seiner Gegenäußerung zum Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft für sich in Anspruch genommene Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch nach § 16 StGB kommt ebensowenig zum Tragen, ging das Schöffengericht doch (abweichend von der Anklage) angesichts erfolgter „Ernte" der Pflanzen von Deliktsvollendung aus (vgl US 5, 8 ff).Der vom Angeklagten im Rahmen seiner Gegenäußerung zum Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft für sich in Anspruch genommene Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch nach Paragraph 16, StGB kommt ebensowenig zum Tragen, ging das Schöffengericht doch (abweichend von der Anklage) angesichts erfolgter „Ernte" der Pflanzen von Deliktsvollendung aus vergleiche US 5, 8 ff).
Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher Folge zu geben. Eine Entscheidung durch den Obersten Gerichtshof hatte nicht zu erfolgen, weil - nach amtswegiger Prüfung - die Urteilsfeststellungen, insbesondere zur Vollendung, mangelhaft begründet sind. Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof davon, dass dem (unbekämpft gebliebenen) isolierten Schuldspruch wegen § 27 Abs 1 (zu ergänzen: erster und zweiter Fall) SMG der dem Angeklagten zum Nachteil gereichende, daher gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO anhaftet.Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher Folge zu geben. Eine Entscheidung durch den Obersten Gerichtshof hatte nicht zu erfolgen, weil - nach amtswegiger Prüfung - die Urteilsfeststellungen, insbesondere zur Vollendung, mangelhaft begründet sind. Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof davon, dass dem (unbekämpft gebliebenen) isolierten Schuldspruch wegen Paragraph 27, Absatz eins, (zu ergänzen: erster und zweiter Fall) SMG der dem Angeklagten zum Nachteil gereichende, daher gemäß Paragraph 290, Absatz eins, StPO von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeitsgrund der Ziffer 9, Litera b, des Paragraph 281, Absatz eins, StPO anhaftet.
Nach den (in den Tatzeiten nicht mit dem Tenor übereinstimmenden) Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte bei mehrfachen Gelegenheiten insgesamt 20 bis 25 Gramm Heroin (tägliche Ankäufe zwischen 0,5 und 1,5 Gramm), insgesamt 160 Stück „Substitoltabletten 200 mg" (wöchentliche Ankäufe von 5 Stück) und insgesamt 200 Gramm „Cannabiskraut bzw Cannabisharz" ausschließlich für den eigenen, bis zu 1,5 Gramm Heroin täglich gesteigerten Bedarf erworben und besessen (US 7).
Bei dieser Sachlage hätte das Schöffengericht das temporäre Verfolgungshindernis nach § 37 SMG iVm § 35 Abs 1 SMG (vgl 15 Os 21/04 mwN) beachten müssen, weil die Verfahrensergebnisse Erwerb und Besitz (jeweils) einer nur geringen Menge Suchtgift zum eigenen Gebrauch im Sinn des § 35 Abs 1 SMG indizierten; für die Einstufung einer Suchtmittelmenge als „gering" ist nämlich neben der sogenannten Grenzmenge auch die Gewöhnung des Süchtigen bzw dessen Tagesbedarf maßgebliches Beurteilungskriterium. Eine Zusammenrechnung der zu verschiedenen Zeiten zum eigenen Gebrauch erworben (und besessenen) geringen Suchtgiftmengen kommt dabei nicht in Betracht (Foregger/Litzka/Matzka SMG § 35 Erl IV. 2.; 15 Os 128/02; 15 Os 21/04).Bei dieser Sachlage hätte das Schöffengericht das temporäre Verfolgungshindernis nach Paragraph 37, SMG in Verbindung mit Paragraph 35, Absatz eins, SMG vergleiche 15 Os 21/04 mwN) beachten müssen, weil die Verfahrensergebnisse Erwerb und Besitz (jeweils) einer nur geringen Menge Suchtgift zum eigenen Gebrauch im Sinn des Paragraph 35, Absatz eins, SMG indizierten; für die Einstufung einer Suchtmittelmenge als „gering" ist nämlich neben der sogenannten Grenzmenge auch die Gewöhnung des Süchtigen bzw dessen Tagesbedarf maßgebliches Beurteilungskriterium. Eine Zusammenrechnung der zu verschiedenen Zeiten zum eigenen Gebrauch erworben (und besessenen) geringen Suchtgiftmengen kommt dabei nicht in Betracht (Foregger/Litzka/Matzka SMG Paragraph 35, Erl römisch IV. 2.; 15 Os 128/02; 15 Os 21/04).
Das angefochtene Urteil war daher zur Gänze und damit auch der darauf beruhende Beschluss gemäß § 494a StPO aufzuheben.Das angefochtene Urteil war daher zur Gänze und damit auch der darauf beruhende Beschluss gemäß Paragraph 494 a, StPO aufzuheben.
Im neu durchzuführenden Verfahren wird das temporäre Verfolgungshindernis nach §§ 35 Abs 1, 37 SMG nur dann zum Tragen kommen, wenn abermals kein Schuldspruch nach § 28 Abs 2 erster Fall SMG erfolgt.Im neu durchzuführenden Verfahren wird das temporäre Verfolgungshindernis nach Paragraphen 35, Absatz eins,, 37 SMG nur dann zum Tragen kommen, wenn abermals kein Schuldspruch nach Paragraph 28, Absatz 2, erster Fall SMG erfolgt.
Die Staatsanwaltschaft war mit ihrer Berufung und Beschwerde auf diese Entscheidung zu verweisen.
Anmerkung
E78865 14Os79.05gEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2005:0140OS00079.05G.1018.000Dokumentnummer
JJT_20051018_OGH0002_0140OS00079_05G0000_000