TE Vwgh Beschluss 2007/8/9 2007/20/1050

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Veröffentlicht am 09.08.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §26 Abs3;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;
VwGG §46 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Berger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über den Antrag des M, vertreten durch Dr. Walter Rosenkranz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 12/17, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 13. April 2007, Zl. 262.584/0/3E-XIII/66/05, betreffend §§ 7 und 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997, durch Unterbleiben der rechtzeitigen Beantragung der Verfahrenshilfe den Beschluss gefasst:

Spruch

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird stattgegeben.

Begründung

Der Wiedereinsetzungswerber, ein Staatsangehöriger von Pakistan, stellte am 24. August 2004 einen Asylantrag, den der unabhängige Bundesasylsenat mit dem anzufechtenden Bescheid vom 13. April 2007 im Instanzenzug gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) abgewiesen hat; gleichzeitig wurde mit diesem Bescheid die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Wiedereinsetzungswerbers nach Pakistan gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig erklärt und der Wiedereinsetzungswerber gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan ausgewiesen.

Dieser Bescheid wurde dem Wiedereinsetzungswerber (nach seinen Angaben in einem am 15. Juni 2007 zur Post gegebenen Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid) am 3. Mai 2007 zugestellt.

Nach dem Einlangen des erwähnten Verfahrenshilfeantrages beantragte der Wiedereinsetzungswerber am 28. Juni 2007 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand "gegen die Versäumung der Beantragung der Verfahrenshilfe" zwecks Einbringung einer Beschwerde beim VwGH und begründete diesen Antrag - zusammengefasst - wie folgt:

Die Frist für den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe sei mit 14. Juni 2007 im Fristenbuch des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eingetragen worden, diese Frist sei kontrolliert und der Antrag auch am 14. Juni 2007 abgefasst worden. Die Sendung mit dem Verfahrenshilfeantrag sei dem mit der Postaufgabe betrauten, seit zwei Jahren in der Rechtsanwaltskanzlei des Vertreters des Wiedereinsetzungswerbers tätigen - bisher stets zuverlässigen - Mitarbeiter Ludwig Lobmeyr zwecks Aufgabe bei der Post am selben Tag mitgegeben worden. Auf Grund mehrerer anderwärtiger Termine habe der betreffende Mitarbeiter die Post nicht sogleich aufgegeben, sondern hatte vor, diese am selben Tag zu einem späteren Zeitpunkt auf das Postamt zu bringen. Dies habe der Mitarbeiter vergessen, was ihm erst an diesem Tag um 23 Uhr - als kein Postamt mehr geöffnet hatte - aufgefallen sei. Er habe den Vertreter des Wiedereinsetzungswerbers davon sogleich am Morgen des 15. Juni 2007 verständigt und die Sendung mit dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Post gegeben.

Dieses Vorbringen wurde durch die Vorlage einer eidesstättigen Erklärung des Ludwig Lobmeyr, eines Studenten der Rechtswissenschaften, bescheinigt.

Gemäß § 26 Abs. 3 VwGG ist die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gewahrt, wenn die Partei innerhalb der Frist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt hat (§ 61 VwGG). Der vorliegende Antrag richtet sich offensichtlich auf Wiedereinsetzung in diese Frist.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei.

Ein Versehen eines Angestellten eines Rechtsanwaltes ist Letzterem (und damit auch der Partei) nur dann als Verschulden anzulasten, wenn der Rechtsanwalt die gebotene und ihm zumutbare Kontrolle über den Angestellten unterlassen hat (vgl. etwa den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. November 2006, Zl. 2006/03/0149). Wie der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 15. März 2006, Zl. 2006/18/0045, ausgesprochen hat, ist dem Rechtsanwalt eine Kontrolle, ob eine erfahrene und zuverlässige Kanzleikraft die rein manipulativen Tätigkeiten der Kuvertierung und der Postaufgabe auch tatsächlich ausführt, nicht zumutbar, will man nicht seine Sorgfaltspflicht überspannen. Rein technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken können daher ohne nähere Beaufsichtigung einer Kanzleikraft überlassen werden, wenn deren Verlässlichkeit feststeht.

Vor diesem Hintergrund erweist sich das bescheinigte, nicht als unglaubwürdig zu beurteilende Vorbringen des Wiedereinsetzungswerbers als zielführend:

Zur Versäumung der Beschwerdefrist durch Unterbleiben der rechtzeitigen Stellung eines Verfahrenshilfeantrages (§ 26 Abs. 3 VwGG) ist es nur wegen eines Fehlers eines schon seit zwei Jahren in der Kanzlei des Parteienvertreters tätigen, für den Beschwerdevertreter auf Grund seiner bisherigen Erfahrung als verlässlich einzustufenden Mitarbeiters gekommen. Dieses Versehen ist dem Vertreter bereits am nächsten Tag bekannt geworden.

Im Hinblick darauf war dem - innerhalb der Frist des § 46 Abs. 3 VwGG, somit rechtzeitig - gestellten Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 46 Abs. 1 und 4 VwGG stattzugeben (vgl. auch den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 2006, Zl. 2006/01/0674).

Wien, am 9. August 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007201050.X00

Im RIS seit

05.11.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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