TE OGH 2005/10/20 3Ob196/05b

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Veröffentlicht am 20.10.2005
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** Vermietungsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Horst Auer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P***** GmbH, ***** vertreten durch Mag. Peter A. Miklautz, Rechtsanwalt in Wien, wegen 69.678,57 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 50.065,80 EUR sA) und der beklagten Partei (Revisionsinteresse 19.612,77 EUR sA) gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 19. Jänner 2005, GZ 40 R 354/04m-30, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 6. Juli 2004, GZ 28 C 906/03v-25, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Beide Revisionen werden zurückgewiesen.

Die Anträge beider Parteien auf Kostenersatz für ihre Revisionsbeantwortungen werden abgewiesen.

Text

Begründung:

Die beklagte Partei hat vom Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen einer Handelsgesellschaft, die Mieterin eines Geschäftslokals war, das gemeinschuldnerische Unternehmen gekauft. Das Bestandobjekt - Vermieterin ist die klagende Partei - wurde aufgrund einer im Jahr 1992 erteilten Baubewilligung ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichtet.

Im Unternehmenskaufvertrag wurde als Übergabezeitpunkt der 1. März 2000 festgelegt und festgehalten, dass hiemit der Parteiwechsel (mit allem damit verbundenen Rechtsfolgen) in jenen Verträgen stattfindet, in denen dem Masseverwalter die Übertragung auf die Käuferin gestattet ist, und die Käuferin ab dem Datum der Übergabe und Übernahme des Kaufgegenstands den sich aus den Bestandverträgen entstehenden Aufwand trägt.

Am 17. Februar 2000 erklärte der Masseverwalter gegenüber dem Vertreter der klagenden Partei, er habe das gemeinschuldnerische Unternehmen als Ganzes an die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei verkauft. Weiters wies er auf den Unternehmensübergang per 1. März 2000 hin sowie auf die Übertragung sämtlicher Rechte und Verpflichtungen aus dem mit der klagenden Partei bestehenden Bestandvertrag, wobei sich die Käuferin verpflichtet habe, ab 1. März 2000 sämtliche sich aus den Verträgen ergebenden Pflichten aus eigenem zu erfüllen. Dem entsprechend ersuchte er, die Vorschreibungen für Bestandzins und Betriebskosten, beginnend mit 1. März direkt gegenüber der Unternehmenskäuferin vorzunehmen.

Die Verwalterin der klagenden Partei erklärte gegenüber dem Masseverwalter bezugnehmend auf dessen Schreiben vom 17. Februar 2000 die Zustimmung zur Unternehmensübertragung an die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei.

Die klagende Partei hat die eingeklagte Forderung, soweit sie im Zeitpunkt der Konkurseröffnung (19. Oktober 1999) bereits bestand, im Konkursverfahren angemeldet.

Die klagende Partei begehrte von der beklagten Partei den rückständigen Mietzins für September 1999 bis Februar 2000 sowie Nachzahlungen aus den Betriebskostenabrechnungen 1998 und 1999. Die beklagte Partei habe das gemeinschuldnerische Unternehmen mit Wirksamkeit vom 1. März 2000 erworben und sich im Unternehmenskaufvertrag verpflichtet, sämtliche Pflichten aus der übertragenen Bestandnehmerstellung zu übernehmen. Die klagende Partei habe ihre Zustimmung zum Eintritt der beklagten Partei in den Mietvertrag davon abhängig gemacht, dass die neue Mieterin auch die Rückstände bezahle. Der Unternehmenserwerber hafte auch für vor dem Stichtag liegende Verbindlichkeiten.

Die beklagte Partei wendete ein, sich im Unternehmenskaufvertrag lediglich dazu verpflichtet zu haben, die Pflichten der Gemeinschuldnerin ab der Übernahme des Bestandobjekts am 1. März 2000 zu erfüllen. Da es sich um einen Unternehmenserwerb aus der Konkursmasse gehandelt habe, komme der beklagten Partei das Haftungsprivileg des § 1409a ABGB zugute; § 12a MRG sei zufolge § 1 Z 4 MRG nicht anwendbar.Die beklagte Partei wendete ein, sich im Unternehmenskaufvertrag lediglich dazu verpflichtet zu haben, die Pflichten der Gemeinschuldnerin ab der Übernahme des Bestandobjekts am 1. März 2000 zu erfüllen. Da es sich um einen Unternehmenserwerb aus der Konkursmasse gehandelt habe, komme der beklagten Partei das Haftungsprivileg des Paragraph 1409 a, ABGB zugute; Paragraph 12 a, MRG sei zufolge Paragraph eins, Ziffer 4, MRG nicht anwendbar.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. § 12a MRG, der im Fall einer Unternehmensveräußerung unter bestimmten Voraussetzungen eine gesetzliche Vertragsübernahme durch den Unternehmenserwerber normiere, komme gemäß § 1 Abs 4 Z 1 MRG nicht zur Anwendung. Die klagende Partei könne ihren Anspruch auch nicht auf die Haftung des Übernehmers eines Unternehmens nach § 1409 Abs 1 ABGB stützen, weil der Erwerb im Konkurs von dieser Haftung ausdrücklich ausgenommen sei (§ 1409a ABGB). Der rückständige Mietzins für die Monate September 1999 bis Februar 2002 und die Nachforderungen aus den Betriebskostenabrechnungen der Jahre 1998 und 1999 seien Aufwendungen aus der Zeit vor dem vereinbarten Stichtag des Unternehmenskaufs, weshalb auch aus der Unternehmensveräußerung keine Anspruchsgrundlage abzuleiten sei.Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Paragraph 12 a, MRG, der im Fall einer Unternehmensveräußerung unter bestimmten Voraussetzungen eine gesetzliche Vertragsübernahme durch den Unternehmenserwerber normiere, komme gemäß Paragraph eins, Absatz 4, Ziffer eins, MRG nicht zur Anwendung. Die klagende Partei könne ihren Anspruch auch nicht auf die Haftung des Übernehmers eines Unternehmens nach Paragraph 1409, Absatz eins, ABGB stützen, weil der Erwerb im Konkurs von dieser Haftung ausdrücklich ausgenommen sei (Paragraph 1409 a, ABGB). Der rückständige Mietzins für die Monate September 1999 bis Februar 2002 und die Nachforderungen aus den Betriebskostenabrechnungen der Jahre 1998 und 1999 seien Aufwendungen aus der Zeit vor dem vereinbarten Stichtag des Unternehmenskaufs, weshalb auch aus der Unternehmensveräußerung keine Anspruchsgrundlage abzuleiten sei.

Das Berufungsgericht verpflichtete die beklagte Partei zur Zahlung des sich aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 1999 ergebenden Betrags von 19.612,77 EUR sA und bestätigte im Übrigen aber die Klageabweisung. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rsp des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Folgen einer Vertragsübernahme für Altschulden aus dem Dauerschuldverhältnis fehle. Die Betriebskostennachforderung 1999 sei per August 2000 geltend gemacht worden, also nach dem Veräußerungsstichtag (1. März 2000). Die beklagte Partei habe für die nach dem Veräußerungsstichtag fällig werdenden Ansprüche aus dem Mietverhältnis die Haftung mittels Schuldübernahme erklärt. Die Haftung eines neuen Mieters gegenüber dem Vermieter für Altschulden sei vom Obersten Gerichtshof bereits verneint worden. Bei Berücksichtigung der konkret hier vorliegenden rechtsgeschäftlichen Erklärungen (Schreiben des Masseverwalters vom 17. Februar 2000 sowie Zustimmungserklärung der klagenden Partei vom 13. März 2000) ergebe sich eindeutig, dass die beklagte Partei die Erfüllung der sich ab 1. März 2000 aus dem Bestandvertrag ergebenden Pflichten zugesagt habe, jedoch keine Zusage zur Erfüllung allfälliger Altschulden vorliege. Eine Auslegung der beiderseitigen Erklärungen nach dem Horizont eines redlichen Vertragspartners habe bereits nach dem Wortlaut ergeben, dass eine Übernahme des Vertrags mit einer gleichzeitigen Schuldübernahme für nach dem 1. März 2000 fällig werdenden Ansprüchen aus dem Mietverhältnis vereinbart worden sei. Sachgerecht wäre überdies im Zweifel keine Haftung für Entgelte, deren Gegenleistung der Rechtsvorgänger im Mietrecht bereits vollständig konsumiert habe, sehr wohl aber für die Zukunft zu leistende. Eine weitere Haftung wäre nur bei besonderer, hier fehlender rechtsgeschäftlicher Verpflichtung gegeben.

Die Revisionen beider Streitteile sind entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig.Die Revisionen beider Streitteile sind entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts (Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO) nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Zur Revision der klagenden Partei:

Unstrittig ist im vorliegenden Fall, dass weder die Haftungsregelung des § 12a MRG für Altschulden (mangels Vollanwendbarkeit des MRG gemäß § 1 Abs 4 Z 1 MRG) noch die Regeln über die Haftung des Übernehmers eines Unternehmens nach § 1409 Abs 1 ABGB (infolge Erwerbs im Konkurs, § 1409a ABGB) anzuwenden sind.Unstrittig ist im vorliegenden Fall, dass weder die Haftungsregelung des Paragraph 12 a, MRG für Altschulden (mangels Vollanwendbarkeit des MRG gemäß Paragraph eins, Absatz 4, Ziffer eins, MRG) noch die Regeln über die Haftung des Übernehmers eines Unternehmens nach Paragraph 1409, Absatz eins, ABGB (infolge Erwerbs im Konkurs, Paragraph 1409 a, ABGB) anzuwenden sind.

Das Berufungsgericht hat die Haftung der beklagten Partei für vor dem Übernahmsstichtag entstandene Mietzins- und Betriebskostenschulden verneint, für nach dem Stichtag entstandene Verpflichtungen aber bejaht, wobei es die in diesem Fall vom Vertreter des Altmieters sowie jenes des Hauseigentümers abgegebene Willenserklärungen ausgelegt und das Ergebnis dieser Auslegung seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Die Auslegung von Willenserklärungen bildet aber ebenso wie die Vertragsauslegung regelmäßig mangels über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung - vom auch hier nicht vorliegenden Fall einer vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifenden Fehlbeurteilung abgesehen - keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (stRsp; RIS-Justiz RS004255, RS0044298). Im Hinblick auf die konkret in diesem Einzelfall zu beurteilenden Willenserklärungen erübrigen sich Überlegungen zu den Folgen einer Vertragsübernahme für Altschulden aus dem Dauerschuldverhältnis im Allgemeinen.Das Berufungsgericht hat die Haftung der beklagten Partei für vor dem Übernahmsstichtag entstandene Mietzins- und Betriebskostenschulden verneint, für nach dem Stichtag entstandene Verpflichtungen aber bejaht, wobei es die in diesem Fall vom Vertreter des Altmieters sowie jenes des Hauseigentümers abgegebene Willenserklärungen ausgelegt und das Ergebnis dieser Auslegung seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Die Auslegung von Willenserklärungen bildet aber ebenso wie die Vertragsauslegung regelmäßig mangels über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung - vom auch hier nicht vorliegenden Fall einer vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifenden Fehlbeurteilung abgesehen - keine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO (stRsp; RIS-Justiz RS004255, RS0044298). Im Hinblick auf die konkret in diesem Einzelfall zu beurteilenden Willenserklärungen erübrigen sich Überlegungen zu den Folgen einer Vertragsübernahme für Altschulden aus dem Dauerschuldverhältnis im Allgemeinen.

Zur Revision der beklagten Partei:

Der sich aus der Betriebskosten-Jahresabrechnung ergebende Fehlbetrag ist Betriebskostenanteil am Mietzins für den Monat der Fälligkeit gegenüber den Hauptmietern des Hauses, also dem der Abrechnung folgenden zweiten Zinstermin und daher von den Hauptmietern zu entrichten, die zu diesem Zeitpunkt Hauptmieter des Mietgegenstands sind (5 Ob 24/85 = SZ 58/106 = ImmZ 1985, 276 = MietSlg 37/23 = RdW 1985, 267; 8 Ob 593/85 = ImmZ 1986, 66; RIS-Justiz RS0069893). Da die aus der Abrechnung für das Jahr 1999 sich ergebende Nachforderung erst nach dem Übernahmsstichtag fällig wurde und somit eine Haftung des Altmieters gegenüber dem Vermieter von vornherein ausscheidet, stellt sich auch das von der beklagten Partei aufgeworfene Problem eines Spannungsverhältnisses zu § 1409a ABGB nicht.Der sich aus der Betriebskosten-Jahresabrechnung ergebende Fehlbetrag ist Betriebskostenanteil am Mietzins für den Monat der Fälligkeit gegenüber den Hauptmietern des Hauses, also dem der Abrechnung folgenden zweiten Zinstermin und daher von den Hauptmietern zu entrichten, die zu diesem Zeitpunkt Hauptmieter des Mietgegenstands sind (5 Ob 24/85 = SZ 58/106 = ImmZ 1985, 276 = MietSlg 37/23 = RdW 1985, 267; 8 Ob 593/85 = ImmZ 1986, 66; RIS-Justiz RS0069893). Da die aus der Abrechnung für das Jahr 1999 sich ergebende Nachforderung erst nach dem Übernahmsstichtag fällig wurde und somit eine Haftung des Altmieters gegenüber dem Vermieter von vornherein ausscheidet, stellt sich auch das von der beklagten Partei aufgeworfene Problem eines Spannungsverhältnisses zu Paragraph 1409 a, ABGB nicht.

Da beide Revisionen keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermögen, sind sie zurückzuweisen.Da beide Revisionen keine erheblichen Rechtsfragen iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO aufzuzeigen vermögen, sind sie zurückzuweisen.

Beide Parteien haben in ihren Revisionsbeantwortungen nicht auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hingewiesen, weshalb jeweils kein Anspruch auf Kostenersatz besteht.

Textnummer

E78886

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:0030OB00196.05B.1020.000

Im RIS seit

19.11.2005

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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