Kopf
Das Landesgericht St. Pölten als Rekursgericht hat durch den Präsidenten HR Dr. Leitzenberger als Vorsitzenden, sowie die Richter Dr. Brenner und Dr. Jungblut in der Verlassenschaftssache nach Franziska S*****, verst. am 17.6.2003, zuletzt wohnhaft in ***** Neulengbach, *****, über den Rekurs des Fonds Soziales Wien, Verrechnung städtischer Pflegeheime, 1030 Wien, Guglgasse 7-9, gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Neulengbach vom 4.7.2005, GZ 1 A 173/03v-15, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird F o l g e gegeben und der angefochtene Beschluss, der in den Punkten 1. bis 4. mangels Anfechtung unberührt bleibt, wird in seinen Punkten 5. und 6. dahingehend abgeändert, dass er wie folgt zu lauten hat:
"5. Der überschuldete Nachlass wird kridamäßig wie folgt verteilt:
a) Die bevorrechteten Verfahrenskosten und Nachlassverbindlichkeiten sind voll zu berichtigen, nämlich:
die bestimmte gerichtliche Pauschalgebühr des BG Neulengbach mit
€ 42,--
(auf das Konto Nr. 5461187, BLZ 60.000 bei
der PSK)
die bestimmte Gebühr des Gerichts-
kommissärs Mag. Zwetzbacher, öffentlicher
Notar in 3040 Neulengbach, Hauptplatz 30,
mit € 894,45
die Entschädigung des Verlassenschafts-
kurators Mag. Martin Kitzler, Notariatskandi-
dat in 3500 Krems, Obere Landstraße mit € 470,--
(auf das bekanntgegebene Konto Nr. 00001080274,
BLZ 20.237 bei der Sparkasse Melk, Mank-Kilb,
Bank AG)
die vom Sachwalter Dr. Gramm vorweg
bezahlten Bestattungskosten in Höhe von € 3.158,87 (diese wurden
vom Sachwalter bereits aus dem
Nachlassvermögen entnommen)
Summe € 4.565,32
b) der verbleibende Nachlass im Betrag von
€ 4.562,92 ist an die weiteren nicht bevor-
rechteten Gläubiger quotenmäßig mit einer
Quote 6,0649 % zu verteilen, nämlich:
dem Magistrat der Stadt Wien, Magistrats-
abteilung 47, 1010 Wien, Neutorgasse 15, in
teilweiser Berichtigung der zur Zahl MA47-
1946280212 angemeldeten offenen Sozialhilfe
in Höhe von € 73.905,27, der Betrag von € 4.482,33
(auf das bekanntgegebene Konto Nr.
696255900, BLZ 12.000 bei der Bank Austria,
lautend auf Stadt Wien MA 47 Kostenersatz)
das Pflegeheim Beer, 3040 Neulengbach,
Haag 44, in teilweiser Berichtigung des an-
gemeldeten offenen Saldos an Barauslagen in
Höhe von € 222,30, mit € 13,48
(auf das bekanntgegebene Konto Nr. 710.400,
BLZ 32.667 bei der Raiffeisenbank Wienerwald)
der Dr. Andrea Joichl, Facharzt für Innere
Medizin in 3040 Neulengbach, Wiener Straße 33,
in teilweiser Berichtigung der offenen Honorar-
note 26/6.2003 in Höhe von € 6,25, € 0,37
(auf das bekanntgegebene Konto Nr. 1800-001826,
BLZ 20.219 bei der Sparkasse Herzogenburg-Neu-
lengbach)
dem Sachwalter Dr. Ernst Gramm die bestimmte
Sachwalterbelohnung in Höhe von € 1.100,--,
mit € 66,71.
Der Sachwalter Dr. Ernst Gramm, Rechtsanwalt in 3040 Neulengbach, Am Kirchenplatz, wird angewiesen die Forderung der Verlassenschaft von €
1.100,--, abzüglich der quotenmäßigen Belohnung von € 66,71, sohin restliche € 1.033,29 an den Gerichtskommissär Mag. Johann Zwetzbacher auf dessen Anderkonto Nr. 475-01.264.001, BLZ 31.500 bei der Notartreuhandbank, lautend Verlassenschaft Suchy Franziska, zu überweisen.
6. Der Gerichtskommissär Mag. Johann Zwetzbacher, öffentlicher Notar in 3040 Neulengbach, Hauptplatz 30, wird abhandlungsgerichtlich ermächtigt, nach Einlangen der Überweisung zu Punkt 5. und nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Nachlass gemäß Punkt 5. dieses Beschlusses zu verteilen."
Der ordentliche Revisionsrekurs ist n i c h t
z u l ä s s i g .
Der Wert, über den das Rekursgericht entschieden hat, übersteigt nicht € 20.000,--.
Text
Begründung:
Franziska Suchy verstarb am 17.6.2003. Der Nachlass besteht aus einem Guthaben auf einem Anderkonto des Sachwalters Dr. Gramm im Betrag von € 9.128,24.
An Bestattungskosten wurden vom Sachwalter € 3.158,87 aus dem Nachlassvermögen bezahlt. An Forderungen wurden vom Magistrat der Stadt Wien, MA 47, offene Sozialhilfekosten in Höhe von € 73.905,27, die Sachwalterbelohnung des Sachwalters in Höhe von € 1.100,--, ein offener Saldo an Barauslagen des Pflegeheim Beer mit € 223,30 und eine offene Honorarnote der Fachärztin Dr. Andrea Joichl mit € 6,25 angemeldet. Vom Sachwalter wurde die angemeldete Sachwalterbelohnung in Höhe von € 1.100,-- bereits dem Nachlassvermögen entnommen und dazu der Beschluss des Bezirksgerichtes Neulengbach P 25/98f-28 mit der Ermächtigung vorgelegt.
Mit dem angefochtenen Beschluss nahm das Erstgericht eine kridamäßige
Verteilung des überschuldeten Nachlasses vor. Neben den nicht
angefochtenen bevorzugten Masse- und Verfahrenskosten sowie der
Begräbniskosten wurde die Sachwalterbelohnung als bevorrechtet
anerkannt.
Ausschließlich gegen die Bestimmung der Sachwalterbelohnung in Höhe
von € 1.100,-- als bevorrechtete Forderung richtet sich der
rechtzeitige Rekurs des Fonds Soziales Wien mit dem Antrag auf
Abänderung im Sinne einer quotenmäßigen Befriedigung der
Sachwalterbelohnung.
Rechtliche Beurteilung
Dem Rekurs kommt Berechtigung zu.
Gemäß § 73 AußStrG (idF vor dem BGBl I 2003/111) hat das Gericht, wenn der Nachlass unbedeutend und nach den Umständen zu vermuten ist, dass nur die dringendsten Verlassenschaftsschulden berichtigt werden können, das durch die Forderungen erschöpfte Vermögen den Gläubigern an Zahlungs statt zu überlassen. Die in jure crediti Einantwortung tritt in einfachen Fällen anstelle eines Konkurses und hat die Wirkung, dass bestimmte Nachlasssachen an bestimmte Gläubiger zur Tilgung bestimmter Forderungen an Zahlungs statt überlassen werden. Welche Forderungen dabei bevorrechtet zu behandeln sind, ergibt sich nur zum Teil aus § 73 AußStrG selbst, der konkret die "Krankheits- und Leichenkosten und andere mit besonderem Vorrechte verbundenen Forderungen" anführt. Nach der Rechtsprechung hat es zu seiner sinngemäßen Anwendung der Bestimmungen der Konkursordnung zu kommen. Gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 KO sind Masseforderungen u.a. "alle Auslagen, die mit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse verbunden sind", wobei solche Auslagen grundsätzlich erst im Konkursverfahren selbst entstehen. Nach der überwiegenden Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz zählt die Belohnung des Sachwalters nicht zu den Masseforderungen (EFSlg 106.750, 76.558, 95.081, u.v.a.). Die Belohnung des Sachwalters erfährt lediglich dann die Qualifikation als Masseforderung, wenn von ihm eine Tätigkeit erbracht wurde, die der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse diente und im Konkurs der Verlassenschaft vom Masseverwalter übernommen und verwertet werden konnte. Die Tätigkeit des Sachwalters muss also vor dem Ableben der Betroffenen diese Qualifikation erfüllen, um als Masseforderung anerkannt zu werden. Eine solche Tätigkeit wurde vom Sachwalter jedoch weder behauptet, noch ist diese aktenkundig. Der Belohnungsanspruch des Sachwalters beruht auf dem vorgelegten Beschluss des Pflegschaftsgerichtes. Dass in diesem Beschluss auch die pflegschaftsbehördliche Ermächtigung erteilt wurde, den Betrag den Vermögenswerten der Betroffenen zu entnehmen, vermag weder die Qualifikation als Masseforderung zu begründen, noch steht es einem Rückforderungsbegehren der Verlassenschaft entgegen. Der Sachwalter führt in seiner Rekursbeantwortung aus, dass ihm an den Geldern der Betroffenen, die er als Fremdgeld treuhändig verwahrte, ein Pfandrecht gemäß § 19 RAO zustehe. Dieser Rechtsansicht wird nicht gefolgt, zumal unter dem Ausdruck "für seine Partei an ihn eingegangene Barschaften" (§ 19 Abs. 1 RAO) in Lehre und Rechtsprechung Geldbeträge verstanden werden, die von einem Dritten, also nicht vom Mandanten dem Rechtsanwalt übergeben werden und seinem Mandanten zugedacht sind. An Geldern, die die Partei selbst ihrem Rechtsanwalt übergeben hat, besteht daher weder ein Abzugsrecht nach § 19 Abs. 1 RAO, noch - nach Gerichtserlag - ein gesetzliches Pfandrecht nach § 19 Abs. 4 RAO (6 Ob 16/02z). Die vom Sachwalter für die Betroffene verwalteten Gelder können - nach Ansicht des Rekursgerichtes - hinsichtlich der Zahlungseingänge nicht dahingehend qualifiziert werden, als sie "als dem Rechtsanwalt übergeben und seinem Mandanten zugedacht" zu beurteilen sind. Auch wenn die Vermögensverwaltung des Sachwalters als Vertreter für die Betroffene stattfindet, so stellt der Sachwalter in der Vermögensverwaltung die Betroffene dar. Die Zahlungseingänge erfolgen daher nicht an ihn, sondern sind als an die Betroffene geleistet anzusehen. Die Voraussetzungen des § 19 RAO liegen somit nicht vor. Das von der Rekurswerberin in ihrem Rekurs gestellte Anbot unter bestimmten Voraussetzungen die Forderung des Sachwalters bis zu einem Höchstbetrag von € 600,-- als bevorrechtet anzuerkennen, konnte in Anbetracht der Ausführungen in der Rekursbeantwortung, woraus sich eindeutig die Nichtannahme des Anbotes ergibt, in der Rekursentscheidung unberücksichtigt bleiben. Der Rekurs erweist sich daher als berechtigt.Gemäß Paragraph 73, AußStrG in der Fassung vor dem BGBl römisch eins 2003/111) hat das Gericht, wenn der Nachlass unbedeutend und nach den Umständen zu vermuten ist, dass nur die dringendsten Verlassenschaftsschulden berichtigt werden können, das durch die Forderungen erschöpfte Vermögen den Gläubigern an Zahlungs statt zu überlassen. Die in jure crediti Einantwortung tritt in einfachen Fällen anstelle eines Konkurses und hat die Wirkung, dass bestimmte Nachlasssachen an bestimmte Gläubiger zur Tilgung bestimmter Forderungen an Zahlungs statt überlassen werden. Welche Forderungen dabei bevorrechtet zu behandeln sind, ergibt sich nur zum Teil aus Paragraph 73, AußStrG selbst, der konkret die "Krankheits- und Leichenkosten und andere mit besonderem Vorrechte verbundenen Forderungen" anführt. Nach der Rechtsprechung hat es zu seiner sinngemäßen Anwendung der Bestimmungen der Konkursordnung zu kommen. Gemäß Paragraph 46, Absatz eins, Ziffer 2, KO sind Masseforderungen u.a. "alle Auslagen, die mit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse verbunden sind", wobei solche Auslagen grundsätzlich erst im Konkursverfahren selbst entstehen. Nach der überwiegenden Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz zählt die Belohnung des Sachwalters nicht zu den Masseforderungen (EFSlg 106.750, 76.558, 95.081, u.v.a.). Die Belohnung des Sachwalters erfährt lediglich dann die Qualifikation als Masseforderung, wenn von ihm eine Tätigkeit erbracht wurde, die der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse diente und im Konkurs der Verlassenschaft vom Masseverwalter übernommen und verwertet werden konnte. Die Tätigkeit des Sachwalters muss also vor dem Ableben der Betroffenen diese Qualifikation erfüllen, um als Masseforderung anerkannt zu werden. Eine solche Tätigkeit wurde vom Sachwalter jedoch weder behauptet, noch ist diese aktenkundig. Der Belohnungsanspruch des Sachwalters beruht auf dem vorgelegten Beschluss des Pflegschaftsgerichtes. Dass in diesem Beschluss auch die pflegschaftsbehördliche Ermächtigung erteilt wurde, den Betrag den Vermögenswerten der Betroffenen zu entnehmen, vermag weder die Qualifikation als Masseforderung zu begründen, noch steht es einem Rückforderungsbegehren der Verlassenschaft entgegen. Der Sachwalter führt in seiner Rekursbeantwortung aus, dass ihm an den Geldern der Betroffenen, die er als Fremdgeld treuhändig verwahrte, ein Pfandrecht gemäß Paragraph 19, RAO zustehe. Dieser Rechtsansicht wird nicht gefolgt, zumal unter dem Ausdruck "für seine Partei an ihn eingegangene Barschaften" (Paragraph 19, Absatz eins, RAO) in Lehre und Rechtsprechung Geldbeträge verstanden werden, die von einem Dritten, also nicht vom Mandanten dem Rechtsanwalt übergeben werden und seinem Mandanten zugedacht sind. An Geldern, die die Partei selbst ihrem Rechtsanwalt übergeben hat, besteht daher weder ein Abzugsrecht nach Paragraph 19, Absatz eins, RAO, noch - nach Gerichtserlag - ein gesetzliches Pfandrecht nach Paragraph 19, Absatz 4, RAO (6 Ob 16/02z). Die vom Sachwalter für die Betroffene verwalteten Gelder können - nach Ansicht des Rekursgerichtes - hinsichtlich der Zahlungseingänge nicht dahingehend qualifiziert werden, als sie "als dem Rechtsanwalt übergeben und seinem Mandanten zugedacht" zu beurteilen sind. Auch wenn die Vermögensverwaltung des Sachwalters als Vertreter für die Betroffene stattfindet, so stellt der Sachwalter in der Vermögensverwaltung die Betroffene dar. Die Zahlungseingänge erfolgen daher nicht an ihn, sondern sind als an die Betroffene geleistet anzusehen. Die Voraussetzungen des Paragraph 19, RAO liegen somit nicht vor. Das von der Rekurswerberin in ihrem Rekurs gestellte Anbot unter bestimmten Voraussetzungen die Forderung des Sachwalters bis zu einem Höchstbetrag von € 600,-- als bevorrechtet anzuerkennen, konnte in Anbetracht der Ausführungen in der Rekursbeantwortung, woraus sich eindeutig die Nichtannahme des Anbotes ergibt, in der Rekursentscheidung unberücksichtigt bleiben. Der Rekurs erweist sich daher als berechtigt.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes orientiert sich am Gesamtnachlass.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist mangels Vorliegens einen solchen
begründender Umstände nicht zulässig.
Landesgericht St. Pölten
3100 St. Pölten, Schießstattring 6
Anmerkung
ESP00049 10R59.05mEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LG00199:2005:01000R00059.05M.1020.000Dokumentnummer
JJT_20051020_LG00199_01000R00059_05M0000_000