Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*****, vertreten durch Grohs Hofer Rechtsanwälte Gesellschaft mbH in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Wolfgang H*****, vertreten durch Steiner & Steiner Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Räumung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 20. Oktober 2004, GZ 40 R 212/04d-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt vom 23. April 2004, GZ 24 C 191/03b-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 499,39 EUR (darin 83,23 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei ist seit 1993 Mieterin einer Liegenschaft samt Gebäude in Wien 9, Berggasse 7. Der Beklagte, ein Wirtschaftstreuhänder, hat seine Kanzlei im gegenüberliegenden Haus. Er schloss mit der klagenden Partei einen von dieser aufgesetzten Mietvertrag über „die Garagenabstellplätze Nr 9 und 10 in der Abstellanlage des Parkdecks". Das Mietverhältnis begann ab 1. Februar 1993 und kann laut Vertrag von beiden Seiten mit dreimonatiger Frist zum Monatsletzten aufgekündigt werden. Ein weiterer Abstellplatz wurde vom Beklagten ab 1. September 1998 angemietet, wobei ebenfalls die Möglichkeit der Aufkündigung durch beide Seiten mit dreimonatiger Frist zum Monatsletzten vereinbart wurde. Die Stellplätze werden vom Beklagten, seiner Ehegattin, die ebenfalls als Steuerberaterin tätig ist, und von Klienten des Beklagten benützt. Der Beklagte hat im 9. Bezirk keine private Unterkunft.
Der Stapelparkplatz mit den Plätzen Nr 9 und 10 befindet sich in einer gemauerten Umhausung im Hof dieser Liegenschaft, wobei diese Umhausung eine Art Vorbau des Gebäudes im Hof ist. Diese Umhausung hat hinten eine Mauer und seitlich zwei Mauern, die jeweils geschlossen sind, wobei die Wand links eine Tür hat, die in die Garage nebenan führt. Das Gebäude ist ungefähr 4 m hoch und nach vorne hin offen, wobei bei der Öffnung von oben hinunter ein Mauervorsprung von ungefähr einem halben Meter besteht. In dieser Umhausung befinden sich vier Stapelparker mit jeweils zwei Stellplätzen. Der vom Beklagten gemietete Stapelparker mit den Stellplätzen 9 und 10 befindet sich von vorne gesehen rechts außen. Er wird derart benützt, dass das Auto auf eine Hebeplatte gestellt wird, wobei das Auto diese Hebeplatte fast vollständig ausfüllt, sodass rechts und links rund 20 cm verbleiben. Zwischen der Hebeplatte und der rechten Mauer besteht ein Abstand von ungefähr 50 cm. Man benötigt diesen Raum, um in das Auto ein- und auszusteigen. Hinter der Plattform ist der Raum bis zur Mauer 50 bis 60 cm. Wird die Plattform hinuntergelassen, so wird das Auto ungefähr 1,60 m in einer Grube versenkt. Die Plattform ist an einer Hebevorrichtung montiert. Diese besteht aus zwei unten ungefähr einen Meter voneinander entfernten Metallständern, einer 20 bis 30 cm breit, der andere ungefähr 5 cm breit, und einem Kolben, der die Plattform hebt und senkt. Diese Hebevorrichtung befindet sich rechts und links im hinteren Teil der Plattform. Die Hebevorrichtung ist fix; entlang dieser Hebevorrichtung wird die Plattform hinuntergelassen. Wenn der untere „Stapelparkerstellplatz" Nr 10 hinuntergefahren ist, dann ist der Deckel des unteren Raumes gleichzeitig die Stellfläche des oberen Platzes mit der Nr 9. Der Deckel schließt den unteren Bereich nach oben vollständig ab. Wenn das Auto unten steht, ist es 5-seitig umschlossen, weil seitlich zum Nachbarstabelparkplatz keine Wand besteht, sondern nur die beiden Metallständer und der Kolben. Ist der Stapelparker hinuntergelassen, ist der untere Bereich dann nur mehr nach links offen, unterbrochen durch die Träger und den Kolben der Hebevorrichtung. Die Hebevorrichtungen der einzelnen Stapelparker sind voneinander unabhängig. Ungefähr 8 m gemessen von der Gebäudekante, genau gegenüberliegend der weitere Hofabstellplatz.
Die Vorschreibung der Miete erfolgte für alle drei Parkplätze gemeinsam quartalsmäßig. Mit Schreiben vom 19. Dezember 2002 wurden die Parkplätze per 31. März 2003 aufgekündigt.
Die Klägerin brachte am 14. April 2003 Räumungsklage betreffend diese drei Abstellplätze ein. Trotz wirksamer Aufkündigung mit Schreiben der Klägerin vom 9. Dezember 2002 zum 31. März 2003 habe der Beklagte diese Abstellplätze nicht geräumt; er benütze sie damit titellos. Bei den Abstellplätzen Nr 9 und 10 handle es sich um Stapelparker, die nicht 5-seitig räumlich abgegrenzt seien, weshalb ebenso wie beim Hofplatz die Bestimmungen des MRG mangels Raummiete nicht anzuwenden seien. Weiters seien die Plätze nicht zu Geschäftszwecken angemietet. Der Zweck der Anmietung dieser Stellplätze sei zwischen den Streitteilen nicht erörtert worden.
Der Beklagte wendete ein, die zu geschäftlichen Zwecken angemieteten Garagenabstellplätze 9 und 10 unterlägen den Kündigungsbestimmungen des MRG; beim 1998 angemieteten Abstellplatz im Hof handle es sich um ein Zubehör zu den beiden bereits 1993 angemieteten Garagenabstellplätzen.
Das Erstgericht wies das Räumungsbegehren ab; den im Wesentlichen bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt beurteilte es rechtlich dahin, der Kündigungsschutz des MRG gelte für Geschäftsräume sowie für Räume, die (auch) zu Geschäftszwecken vermietet wurden. Ob ein Geschäftsraum vorliege, richte sich daher nach dem Parteiwillen, wobei die unwidersprochen gebliebene Erklärung eines Teiles, den Raum zu beruflichen Zwecken zu verwenden, ausreiche. Die 5-flächige Begrenzung (mit Begrenzung nach oben) und damit fehlende räumliche Abgrenzung auf einer Seite werde von der Rsp als ausreichend für die Beurteilung als dreidimensional abgegrenztes Gebilde und damit als Räumlichkeit angesehen. Werde der Stapelparkplatz mit der Nr 9 verwendet, sei es erforderlich, den Stapelparkplatz Nr 10 hinunterzulassen, der sodann einen dreidimensional abgegrenzten Raum bilde. Der Platz mit der Nr 9 und der Hofplatz seien dazu gemietet, weshalb auch diese beiden anderen Plätze im Hinblick auf die Einheit des Vertrages den Schutz des MRG genössen. Eine außergerichtliche Aufkündigung sei daher nicht möglich, weshalb die Abstellplätze nicht titellos benützt würden.
Das Berufungsgericht änderte das Urteil im klagsstattgebenden Sinn ab und ließ die ordentliche Revision nicht zu, weil sich eine Rechtsfrage der im § 502 Abs 1 ZPO genannten Qualität nicht gestellt habe.Das Berufungsgericht änderte das Urteil im klagsstattgebenden Sinn ab und ließ die ordentliche Revision nicht zu, weil sich eine Rechtsfrage der im Paragraph 502, Absatz eins, ZPO genannten Qualität nicht gestellt habe.
In rechtlicher Hinsicht führte die zweite Instanz aus, bei Nichtvorliegen einer Miete von Räumen scheide eine Anwendung des MRG jedenfalls aus. Die Ansicht des Erstgerichts, es handle sich bei einem Stapelparkerstellplatz um einen Raum, könne nicht geteilt werden. Bei dieser Vorrichtung handle es sich nicht um einen Raum, sondern nur um eine maschinelle Vorrichtung, die der besseren Ausnützung des Parkdecks der vorhandenen „Umhausung" im Hof, die auch andere Mietobjekte beherberge, diene. Durch das Versenken des Autos mittels einer Hebeplatte werde genauso wenig ein Raum hergestellt, wie dies etwa bei Vergrabung eines Gegenstands auf der Hoffläche wäre. Die vom Erstgericht herangezogene Abgrenzung würde zu unhaltbaren Ergebnissen führen. Der Abstellplatz 9, der sich nur vom Hofboden abheben und in die Höhe fahren lasse, wäre immer nur eine freie Fläche, der Abstellplatz 10 nur im versenkten Zustand ein Raum. Bei Belassung in der oberen Stellung oder zum Zu- und Abfahren wäre das MRG nicht anwendbar. Nach Versenken auf Knopfdruck (etwa durch den Benützer von Nr 9) wäre das MRG für die Zeit des Abgesenktbleibens auf Nr 10 anwendbar. Der Mietvertrag zwischen den Streitteilen sei daher als Mietvertrag über eine Fläche zu beurteilen, der nur den Bestimmungen des ABGB unterliege, sodass eine außergerichtliche Aufkündigung zulässig sei.
Die außerordentliche Revision des Beklagten ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Das MRG gilt gemäß seinem § 1 Abs 1 erster Halbsatz für die Miete von Wohnungen, einzelnen Wohnungsteilen oder Geschäftsräumlichkeiten (wie im Besonderen von Geschäftsräumen, Magazinen, Werkstätten, Arbeitsräumen, Amts- und Kanzleiräumen) samt den etwa mitgemieteten (§ 1091 ABGB) Haus- oder Grundflächen (wie im Besonderen von Hausgärten, Abstell-, Lade- oder Parkflächen) und für die genossenschaftlichen Nutzungsverträge über derartige Objekte (im Folgenden Mietgegenstände genannt). Die in § 1 Abs 2 MRG normierten Ausnahmen von diesem grundsätzlichen Anwendungsbereich des MRG sind im hier zu beurteilenden Fall nicht von Bedeutung.Das MRG gilt gemäß seinem Paragraph eins, Absatz eins, erster Halbsatz für die Miete von Wohnungen, einzelnen Wohnungsteilen oder Geschäftsräumlichkeiten (wie im Besonderen von Geschäftsräumen, Magazinen, Werkstätten, Arbeitsräumen, Amts- und Kanzleiräumen) samt den etwa mitgemieteten (Paragraph 1091, ABGB) Haus- oder Grundflächen (wie im Besonderen von Hausgärten, Abstell-, Lade- oder Parkflächen) und für die genossenschaftlichen Nutzungsverträge über derartige Objekte (im Folgenden Mietgegenstände genannt). Die in Paragraph eins, Absatz 2, MRG normierten Ausnahmen von diesem grundsätzlichen Anwendungsbereich des MRG sind im hier zu beurteilenden Fall nicht von Bedeutung.
Damit ergibt sich zunächst, dass grundsätzlich - abgesehen von Superädifikaten und von allfällig mitgemietetem Zubehör - nur die Miete von Räumen und nicht etwa von unbebauten Flächen in den Geltungsbereich des MRG fällt (RIS-Justiz RS0069471; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 § 1 MRG Rz 1; Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht § 1 MRG Rz 44).Damit ergibt sich zunächst, dass grundsätzlich - abgesehen von Superädifikaten und von allfällig mitgemietetem Zubehör - nur die Miete von Räumen und nicht etwa von unbebauten Flächen in den Geltungsbereich des MRG fällt (RIS-Justiz RS0069471; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 Paragraph eins, MRG Rz 1; Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht Paragraph eins, MRG Rz 44).
Ein „Raum" ist ein „dreidimensional abgegrenztes Gebilde", wobei in der Rsp eine 5-flächige Begrenzung als ausreichend angesehen wird (RIS-Justiz RS0069446; 1 Ob 663/90 = EvBl 1991/82 = WoBl 1991/114 [Würth] mwN).
Die hier zu beurteilenden Stapelparkplätze sind übereinander angeordnet und dementsprechend nicht gleichzeitig befahrbar. Der obere Abstellplatz 9 lässt sich vom Hofboden in die Höhe fahren, der untere Abstellplatz 10 lässt sich vom Hofboden nur versenken. Dass der obere Abstellplatz 9 weder dann, wenn er sich auf der Hoffläche befindet und befahren werden kann, noch dann, wenn er vom Hofboden abgehoben und in die Höhe gefahren wird, einen Raum darstellt, sondern immer eine - nicht 5-seitig begrenzte - freie Fläche, ist unzweifelhaft. Auch der Beklagte macht allein geltend, dass der untere Abstellplatz 10 im versenkten Zustand nach allen Seiten begrenzt sei und somit als Raum angesehen werden müsse.
Dieser Auffassung kann nicht beigetreten werden:
Die Begrenzung des Abstellplatzes 10 nach allen Seiten hin ist keineswegs immer gegeben, sondern nur bei Absenken des Abstellplatzes, um damit die Benützung des darüber liegenden - keineswegs als Räumlichkeit zu beurteilenden - Platzes zu ermöglichen. Gerade durch dieses Absenken des Abstellplatzes wird die Benützung unmöglich gemacht, während in auf die Hofebene angehobenem Zustand, in dem allein ein Zu- und Abfahren möglich ist, eine zumindest 5-seitige Begrenzung nicht gegeben ist. Der vom Beklagten angestellte Vergleich mit einem Kellerabteil ist verfehlt, weil ein Kellerabteil jederzeit zugänglich und damit benützbar ist, während dies bei dem hier zu beurteilenden Stapelparker nach dem Herabsenken der Stellfläche nicht der Fall ist.
Für eine analoge Anwendung bzw ausdehnende Auslegung des § 1 Abs 1 MRG mit der die Rsp sehr zurückhaltend ist (Hausmann/Vonkilch aaO, die dieser eingehend dargestellten Rsp zustimmen), besteht auch hier kein Anlass.Für eine analoge Anwendung bzw ausdehnende Auslegung des Paragraph eins, Absatz eins, MRG mit der die Rsp sehr zurückhaltend ist (Hausmann/Vonkilch aaO, die dieser eingehend dargestellten Rsp zustimmen), besteht auch hier kein Anlass.
Die vom Beklagten schließlich geäußerten Bedenken wegen einer angeblichen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes sind unbegründet. Vielmehr ist die Gleichbehandlung mit Stellplätzen in Garagen oder auf Freiflächen, deren Vermietung nicht dem MRG unterliegt, angebracht.
Bei zwei übereinander angeordneten Stapelparkplätzen, die mit einer Hebevorrichtung derart bewegt werden, dass die untere Abstellfläche in den Boden versenkt wird, um die Zu- und Abfahrt auf die obere Abstellfläche zu ermöglichen, handelt es sich nicht um eine Räumlichkeit iSd § 1 Abs 1 MRG; das MRG ist auf die Vermietung derartiger Stellplätze nicht anzuwenden, weil eben die 5-flächige Begrenzung nicht immer vorhanden ist.Bei zwei übereinander angeordneten Stapelparkplätzen, die mit einer Hebevorrichtung derart bewegt werden, dass die untere Abstellfläche in den Boden versenkt wird, um die Zu- und Abfahrt auf die obere Abstellfläche zu ermöglichen, handelt es sich nicht um eine Räumlichkeit iSd Paragraph eins, Absatz eins, MRG; das MRG ist auf die Vermietung derartiger Stellplätze nicht anzuwenden, weil eben die 5-flächige Begrenzung nicht immer vorhanden ist.
Es ist somit der Revision nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41, 50 ZPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 41,, 50 ZPO.
Textnummer
E78816European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2005:0030OB00011.05X.1020.000Im RIS seit
19.11.2005Zuletzt aktualisiert am
02.11.2011