Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Wilhelm *****, vertreten durch Dr. Ägidius Horvatits, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei I***** ***** Wien, vertreten durch Pallauf, Pullmann, Meißnitzer & Partner, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Kündigungsanfechtung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Juni 2005, GZ 12 Ra 50/05t-16, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 25. Feber 2005, GZ 16 Cga 67/04g-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass die Urteile der Vorinstanzen zu lauten haben:
„Die Aufkündigung des zwischen den Streitteilen bestehenden Dienstverhältnisses durch die beklagte Partei wird für rechtsunwirksam erklärt".
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 21. 10. 1948 geborene Kläger war seit 1. 10. 1988, zuletzt seit 2001 als Leiter des Rechnungswesens bei der Beklagten beschäftigt, die das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 5. 5. 2004 zum 31. 12. 2004 kündigte, nachdem sich der Betriebsrat gegen eine Kündigung ausgesprochen hatte.
Der Kläger focht mit seiner am 10. 5. 2004 beim Erstgericht eingelangten Klage die Kündigung wegen Sozialwidrigkeit an. Er sei in seinen wirtschaftlichen Interessen wesentlich beeinträchtigt, zumal er als 56-Jähriger keine gleichwertige Arbeit mehr finden könne. Die Kündigung sei auch weder durch Umstände in seiner Person noch durch betriebliche Erfordernisse begründet.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete die Betriebsbedingtheit der Kündigung ein. Nach einer wesentlichen Verschlechterung der Ertragslage und einem Umsatzeinbruch sei es im Jahr 2003 zu einem Verlust von EUR 1,300.000 gekommen. Schon vorher sei ein Fortbetrieb nur durch umfangreiche Darlehen seitens der einzigen Gesellschafterin möglich gewesen. Es habe sich daher die Notwendigkeit einer Umstrukturierung ergeben, in deren Verlauf die Position des Klägers als Leiter des Rechnungswesens eingespart worden sei. Mit 15. 10. 2004 sei die gesamte Verwaltung nach Wien verlagert geworden, wo die Arbeiten des Klägers von anderen Mitarbeitern übernommen worden seien. Im Übrigen sei es zu einer Reduktion des Arbeitsbereichs des Klägers auch dadurch gekommen, dass die Beklagte ihre Tätigkeiten überwiegend im Rahmen von Arbeitsgemeinschaften entfaltet und dort jeweils eine andere Gesellschaft die wesentlichen Aufgaben des Rechnungswesens übernommen habe. Die Beklagte sei ihrer sozialen Gestaltungspflichten gegenüber dem Kläger dadurch nachgekommen, dass sie diesem (eine förderungswürdige) Altersteilzeitregelung mit 50 % reduzierter Arbeitszeit und ebenso reduziertem Lohn angeboten habe. Der Kläger habe eine derartige Regelung aber abgelehnt und insbesondere umannehmbare Abfertigungsforderungen gestellt. Die Kündigung des Klägers sei daher für den Fortbestand des Betriebes unbedingt notwendig gewesen. Die Arbeitskraft des Klägers sei nach Verlegung des Zweigstellenstandortes von Neumarkt nach Wien auch nicht ersetzt, sondern lediglich „teilweise durch einen neuen Mitarbeiter substituiert" worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf im Wesentlichen folgende Feststellungen: Die Beklagte beschäftigte in ihrem Betrieb etwa 100 Mitarbeiter, davon waren 15 Arbeitnehmer in der Zweigniederlassung Neumarkt tätig, wo unter anderem auch das vom Kläger geleitete Rechnungswesen angesiedelt war. Außer dem Kläger waren im Rechnungswesen noch der Prokurist Mag. P***** ein weiterer Vollzeitangestellter und zwei Halbtagsangestellte tätig.
Da die Beklagte in den letzten Jahren keine Gewinne erzielt hatte und seit dem Jahr 2002 nicht mehr liquid gewesen war, sodass die Muttergesellschaft und Alleingesellschafterin mehrere Darlehen hatte gewähren müssen, verlangte diese, um eine drohende Insolvenz abzuwenden, Umstrukturierungsmaßnahmen. Dies sollte im Wesentlichen durch die Anstellung eines zweiten (technischen) Geschäftsführers, welcher zwei technische Mitarbeiter ersetzte, und durch die Auflösung der Niederlassung Neumarkt erfolgen, sodass die dortige Betriebsliegenschaft veräußert werden könne. Durch die Übersiedlung in den Wiener Bürogebäudekomplex der Muttergesellschaft am 15. 10. 2004 sollten auch die dortigen Resourcen genützt und Synergieeffekte erzielt werden, wodurch Mitarbeiter eingespart werden könnten. Die Standortverlegung wurde den Mitarbeitern in Neumarkt am 1. 4. 2004 zur Kenntnis gebracht. Mit dem Betriebsrat wurde in der Folge ein Sozialplan ausgearbeitet. Von den fünf genannten Mitarbeitern des Rechnungswesens schieden eine Ganztags- und zwei Halbtagskräfte schon vor der Übersiedlung nach Wien aus. Da der Prokurist nach der Umstrukturierung einen Teil der bisherigen Aufgaben des Klägers selbst übernahm, blieb für den Kläger ab 1. 1. 2005 nur noch eine 50 % Auslastung in seinem bisherigen Arbeitsbereich. Mit diesem wurden daher immer wieder Gespräche in Bezug auf eine Fortsetzung seiner Tätigkeit bei der Beklagten in Form einer Altersteilzeitregelung geführt. Damit war der Kläger nicht einverstanden. Bei der von ihm begehrten Teilzeitarbeitsvariante wären die Förderungsmöglichkeiten durch das Arbeitsmarktservice weggefallen. Demgegenüber bot die Beklagte im Wege einer Neugestaltung des Arbeitsverhältnisses nur eine 50 % Auslastung des Klägers und die Bezahlung der bis dato angefallenen gesetzlichen Abfertigung an. Der Kläger wollte aber eine über die gesetzliche Abfertigung hinausgehende Zahlung von fünf weiteren Monatsgehältern und die Zusage eines Kündigungsschutzes für zwei Jahre. Mangels Einigung über eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung sprach die Beklagte am 5. 5. 2004 die Kündigung aus. Nach Einbringung der vorliegenden Kündigungsanfechtungsklage machte die Beklagte dem Kläger das Anbot einer auf 110 Arbeitstage jährlich reduzierten Beschäftigung mit einem monatlichen Entgelt von EUR 2.092 brutto 14 x jährlich zuzüglich einer monatlichen Überzahlung von EUR 738. Gesetzliche Abfertigungsansprüche wären in voller Höhe gewahrt geblieben. Bei einer Kündigung des (Teilzeit-)arbeitsverhältnisses bis zum 31. 12. 2006 hätte der Kläger zusätzlich Anspruch auf Zahlung von zwei Monatsgehältern Abfertigung erworben. Auch damit war der Kläger nicht einverstanden. Nach Ausspruch der Kündigung stellte die Beklagte zwei neue Mitarbeiter für das nach Wien übersiedelte Rechnungswesen ein. Die früher vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten wurden nunmehr vom Prokuristen Mag. P***** und einer der neu eingestellten Mitarbeiterinnen erledigt. Diese ist weniger qualifiziert als der Kläger. Auf diese Weise wurde die Anzahl der Mitarbeiter im Rechnungswesen von bislang drei Vollzeit- und zwei Teilzeitangestellten auf nunmehr drei Vollzeitangestellte reduziert.
Der Kläger verdiente bei der Beklagten zuletzt EUR 5.200 brutto (= EUR 3.080 netto) 15 x jährlich. Seine Gattin bezieht ein monatliches Durchschnittsgehalt von EUR 1.300 netto. Die Kinder des Klägers sind bereits selbsterhaltungsfähig. Die monatlichen Fixbelastungen (Pkw-Kosten, Kreditkosten, diverse Versicherungen) betragen monatlich ca. EUR 2.740. Darin ist auch ein Darlehensratenbetrag von EUR 500 enthalten, das Darlehen steht noch mit EUR 20.500 unberichtigt offen.
Nach Abschluss des Gymnasiums absolvierte der Kläger Lohnverrechner- und Buchhalterkurse und war dann bei verschiedenen Unternehmen beschäftigt, ehe er bei der Beklagten als kaufmännischer Leiter eingestellt wurde. Auf dem Arbeitsmarkt werden zwar grundsätzlich qualifizierte Buchhalter und Lohnverrechner gesucht, doch ist die Situation für den 56-jährigen Kläger schwierig, weil überwiegend Personen zwischen 25 und 40 Jahren nachgefragt werden. Zum Alter kommt auch der Umstand dazu, dass er bisher eine Führungsposition bekleidete. Bei dieser Problemgruppe ist mit einer Arbeitsplatzsuchphase von zumindest 6 Monaten, wahrscheinlicher jedoch 12 Monaten oder auch länger zu rechnen.
Ausgehend von diesen Feststellungen gelangte das Erstgericht zur Rechtsauffassung, dass zwar eine wesentliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Interessen des Klägers gegeben sei, der jedoch überwiegende betriebliche Interessen der Beklagten gegenüberstünden. Die von der Beklagten gesetzten Maßnahmen der Personalreduzierung seien grundsätzlich geeignet, die drohende Insolvenz zu vermeiden und den weiteren Bestand des Unternehmens zu sichern. Mit dem Angebot einer Altersteilzeitbeschäftigung sei die Beklagte ihrer sozialen Gestaltungspflicht ausreichend nachgekommen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei. Es vertrat ebenfalls die Rechtsauffassung, dass die Interessenabwägung zugunsten der Beklagten ausfalle, die ihrer sozialen Gestaltungspflicht ausreichend nachgekommen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig, weil die angefochtene Entscheidung nicht berücksichtigt, dass gemäß § 105 Abs 3 Z 2 lit b ArbVG bei älteren Arbeitnehmern bei der Prüfung, ob eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, der Umstand einer vieljährigen ununterbrochenen Beschäftigung im Betrieb sowie die wegen des höheren Lebensalters zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess besonders zu berücksichtigen sind.Die dagegen erhobene außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig, weil die angefochtene Entscheidung nicht berücksichtigt, dass gemäß Paragraph 105, Absatz 3, Ziffer 2, Litera b, ArbVG bei älteren Arbeitnehmern bei der Prüfung, ob eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, der Umstand einer vieljährigen ununterbrochenen Beschäftigung im Betrieb sowie die wegen des höheren Lebensalters zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess besonders zu berücksichtigen sind.
Die Revision ist deshalb auch berechtigt.
Auf die Mängelrüge der Revision ist sachlich nicht einzugehen, weil sie teils aus einer unzulässigen Beweisrüge, teils aus der unzulässigen Geltendmachung bereits vom Berufungsgericht verneinter Verfahrensmängel (Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 3 zu § 503 ZPO; Zechner in Fasching2 IV/1 Rz 121 zu § 503 ZPO) besteht.Auf die Mängelrüge der Revision ist sachlich nicht einzugehen, weil sie teils aus einer unzulässigen Beweisrüge, teils aus der unzulässigen Geltendmachung bereits vom Berufungsgericht verneinter Verfahrensmängel (Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 3 zu Paragraph 503, ZPO; Zechner in Fasching2 IV/1 Rz 121 zu Paragraph 503, ZPO) besteht.
Eine aktenwidrige Feststellung des Berufungsgerichtes liegt nicht vor, weil dieses keine ergänzenden oder anderen Feststellungen getroffen hat. Im Rahmen der Prüfung der Beweisrüge angestellte Erwägungen oder Wertungen des Berufungsgerichtes sind indes keine Aktenwidrigkeiten (RIS-Justiz RS0043347; RS0043277; RS0043256).
Hingegen ist die Rechtsrüge berechtigt:
Das Berufungsgericht verweist zutreffend darauf, dass die Kündigung des Klägers wegen Beeinträchtigung dessen wesentlicher Interessen sozial ungerechtfertigt war. Insoweit kann auf die Richtigkeit der diesbezüglichen Begründung verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO).Das Berufungsgericht verweist zutreffend darauf, dass die Kündigung des Klägers wegen Beeinträchtigung dessen wesentlicher Interessen sozial ungerechtfertigt war. Insoweit kann auf die Richtigkeit der diesbezüglichen Begründung verwiesen werden (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Wesentliches Augenmerk ist daher darauf zu legen, ob überwiegende betriebliche Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstehen und ob die Beklagte ihrer sozialen Gestaltungspflicht ausreichend nachgekommen ist.
Die Gerichte sind nicht dazu berufen, die Zweckmäßigkeit oder objektive Richtigkeit der vom Betriebsinhaber getroffenen Maßnahmen im Rahmen des Verfahrens über eine Kündigungsanfechtung zu überprüfen oder dem Betriebsinhaber gar wirtschaftliche Maßnahmen vorzuschreiben, weil es sich bei Rationalisierungsmaßnahmen um Fragen des wirtschaftlichen Ermessens handelt. Der Beklagten muss in diesem Zusammenhang auch grundsätzlich zugestanden werden, dass die Reduktion von Lohnkosten eine geeignete Maßnahme zur Besserung der Wirtschaftslage des Unternehmens sein kann (RIS-Justiz RS0051649 uva). Der Betriebsinhaber ist aber im Rahmen der sogenannten sozialen Gestaltungspflicht verbunden, trotz Einschränkung des Betriebes oder trotz Rationalisierungsmaßnahmen alle Möglichkeiten auszuschöpfen, seine bisherigen Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen (RIS-Justiz RS0051827). Insbesondere obliegt es dem Arbeitgeber, alle Umstände zu behaupten und zu beweisen, die für die Annahme des Ausnahmetatbestandes „betrieblicher Erfordernisse" der Kündigung wesentlich sind (RIS-Justiz RS0110154, zuletzt 8 ObA 141/04z). In diesem Zusammenhang konnte zunächst nicht festgestellt werden, dass durch die teilweise Auslagerung des Rechnungswesens an andere Gesellschafter von Arbeitsgemeinschaften der Tätigkeitsbereich des Klägers verringert worden wäre. Festgestellt wurde, dass diese Tätigkeiten zum Teil auf den auch bisher vorhandenen Prokuristen und eine von zwei neu angestellten Arbeitskräften verteilt wurden. Der Oberste Gerichtshof hat bei der Prüfung betrieblicher Gründe nach § 105 Abs 3 Z 2 lit b ArbVG wiederholt ausgesprochen, dass dann, wenn der gekündigte Arbeitnehmer anderweitig verwendet werden kann, die Kündigung grundsätzlich nicht betriebsbedingt ist (RIS-Justiz RS0051923; RIS-Justiz RS0052008 zuletzt 8 ObA 47/04h). Dabei wird dem Arbeitgeber in gewissem Umfang auch eine Umschulung des Arbeitnehmers zugemutet (RIS-Justiz RS0051707). Er ist auch auf Grund seiner sozialen Gestaltungspflicht dazu verpflichtet, einschlägige Stellen anzubieten (RIS-Justiz RS0051841). Dass dies im vorliegenden Fall geschehen wäre, wurde von der hiefür behauptungs- und beweispflichtigen Beklagten nicht vorgebracht. Insbesondere geht aus den Feststellungen auch nicht hervor, dass im gesamten Betrieb gerade für den betroffenen Arbeitnehmer kein Bedarf mehr gegeben und dem Arbeitgeber nicht zuzumuten gewesen wäre, dem Kläger einen anderen Tätigkeitsbereich zuzuweisen (RIS-Justiz RS0051942). In diesem Zusammenhang ist auf den unstrittigen Umstand hinzuweisen, dass der Kläger bereit gewesen wäre, seinen Arbeitsort nach Wien zu verlegen.Die Gerichte sind nicht dazu berufen, die Zweckmäßigkeit oder objektive Richtigkeit der vom Betriebsinhaber getroffenen Maßnahmen im Rahmen des Verfahrens über eine Kündigungsanfechtung zu überprüfen oder dem Betriebsinhaber gar wirtschaftliche Maßnahmen vorzuschreiben, weil es sich bei Rationalisierungsmaßnahmen um Fragen des wirtschaftlichen Ermessens handelt. Der Beklagten muss in diesem Zusammenhang auch grundsätzlich zugestanden werden, dass die Reduktion von Lohnkosten eine geeignete Maßnahme zur Besserung der Wirtschaftslage des Unternehmens sein kann (RIS-Justiz RS0051649 uva). Der Betriebsinhaber ist aber im Rahmen der sogenannten sozialen Gestaltungspflicht verbunden, trotz Einschränkung des Betriebes oder trotz Rationalisierungsmaßnahmen alle Möglichkeiten auszuschöpfen, seine bisherigen Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen (RIS-Justiz RS0051827). Insbesondere obliegt es dem Arbeitgeber, alle Umstände zu behaupten und zu beweisen, die für die Annahme des Ausnahmetatbestandes „betrieblicher Erfordernisse" der Kündigung wesentlich sind (RIS-Justiz RS0110154, zuletzt 8 ObA 141/04z). In diesem Zusammenhang konnte zunächst nicht festgestellt werden, dass durch die teilweise Auslagerung des Rechnungswesens an andere Gesellschafter von Arbeitsgemeinschaften der Tätigkeitsbereich des Klägers verringert worden wäre. Festgestellt wurde, dass diese Tätigkeiten zum Teil auf den auch bisher vorhandenen Prokuristen und eine von zwei neu angestellten Arbeitskräften verteilt wurden. Der Oberste Gerichtshof hat bei der Prüfung betrieblicher Gründe nach Paragraph 105, Absatz 3, Ziffer 2, Litera b, ArbVG wiederholt ausgesprochen, dass dann, wenn der gekündigte Arbeitnehmer anderweitig verwendet werden kann, die Kündigung grundsätzlich nicht betriebsbedingt ist (RIS-Justiz RS0051923; RIS-Justiz RS0052008 zuletzt 8 ObA 47/04h). Dabei wird dem Arbeitgeber in gewissem Umfang auch eine Umschulung des Arbeitnehmers zugemutet (RIS-Justiz RS0051707). Er ist auch auf Grund seiner sozialen Gestaltungspflicht dazu verpflichtet, einschlägige Stellen anzubieten (RIS-Justiz RS0051841). Dass dies im vorliegenden Fall geschehen wäre, wurde von der hiefür behauptungs- und beweispflichtigen Beklagten nicht vorgebracht. Insbesondere geht aus den Feststellungen auch nicht hervor, dass im gesamten Betrieb gerade für den betroffenen Arbeitnehmer kein Bedarf mehr gegeben und dem Arbeitgeber nicht zuzumuten gewesen wäre, dem Kläger einen anderen Tätigkeitsbereich zuzuweisen (RIS-Justiz RS0051942). In diesem Zusammenhang ist auf den unstrittigen Umstand hinzuweisen, dass der Kläger bereit gewesen wäre, seinen Arbeitsort nach Wien zu verlegen.
Bei Kündigungen muss grundsätzlich die weitere Verwendungsmöglichkeit des betroffenen Arbeitnehmers im Gesamtbetrieb überprüft werden (RIS-Justiz RS0051923). Lediglich dann, wenn es sich um eine ungewöhnliche Möglichkeit der Weiterverwendung im Betrieb handelt, muss der Arbeitnehmer selbst initiativ werden und sich um diese Stellen bewerben (RIS-Justiz RS0051923). Im vorliegenden Fall steht fest, dass eine weniger qualifizierte neue Mitarbeiterin teilweise Agenden des Klägers übernommen hat. Schon daraus ergibt sich aber, dass der Kläger bisher nicht nur höher qualifizierte Arbeiten in seinem Tätigkeitsbereich zu verrichten hatte. Darüber hinaus wurde aber auch eine weitere neue Mitarbeiterin eingestellt, die Arbeiten des Rechnungswesens übernommen hat. Dass es nicht möglich gewesen wäre, dem Kläger solche Arbeiten zuzuteilen, die ebenfalls dem Rechnungswesen zuzuordnen sind, wurde ebenfalls nicht behauptet. Da es sich bei den von den neu aufgenommenen Arbeitskräften verrichteten Tätigkeiten um keinen ausgesprochen „fremden" Bereich gehandelt hat, ist es daher auch nicht am Kläger gelegen gewesen, diesbezüglich initiativ zu werden. Gerade die langjährige Betriebszugehörigkeit des älteren Klägers führte vielmehr zur Verpflichtung der Beklagten, im Rahmen der sozialen Gestaltungspflicht besonders eingehend zu prüfen, ob dessen Weiterbeschäftigung möglich und zumutbar gewesen wäre. Dies ist aber nach den Feststellungen nicht erfolgt. Entgegen der Rechtsauffassung der Vorinstanzen kann das Angebot einer Altersteilzeitbeschäftigung nicht als ausreichender Versuch beurteilt werden, der sozialen Gestaltungspflicht Rechnung zu tragen.
Der Revision war daher stattzugeben.
Eine Kostenentscheidung im Sinn des § 58 Abs 1 ASGG hatte zu unterbleiben, weil der mit seiner Revision obsiegende Kläger dafür keine Kosten verzeichnet hat.Eine Kostenentscheidung im Sinn des Paragraph 58, Absatz eins, ASGG hatte zu unterbleiben, weil der mit seiner Revision obsiegende Kläger dafür keine Kosten verzeichnet hat.
Textnummer
E78953European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2005:009OBA00143.05B.1024.000Im RIS seit
23.11.2005Zuletzt aktualisiert am
08.02.2012