TE OGH 2005/11/8 10Ob102/05f

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Veröffentlicht am 08.11.2005
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Oberösterreichische V*****A*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann und Dr. Haymo Modelhart, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Enzo B*****, Inhaber der Firma I***** B***** E*****, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen EUR 54.429,19 sA und Feststellung (EUR 2.000), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 8. August 2005, GZ 3 R 114/05p-33, mit dem der Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 14. Juni 2005, GZ 4 Cg 19/02i-29, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs der beklagten Partei und die Revisionsrekursbeantwortung der klagenden Partei werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die bei der Klägerin haftpflichtversicherte R***** GmbH & Co KG importierte im August 1992 vom italienischen Hersteller (= Beklagter) einen Schaufellader-Löffelbagger, den sie an einen Händler verkaufte, welcher diesen wiederum an den Landwirt Franz A***** weiterverkaufte. Am 7. 4. 1993 verunglückte Thomas A*****, der Sohn des Landwirtes, beim Betrieb dieses Baggers.

Die klagende Haftpflichtversicherung begehrt mit der am 25. 1. 2002 beim Erstgericht eingelangten Klage vom Beklagten insbesondere unter Berufung auf § 12 PHG die Zahlung von EUR 54.429,19 sA sowie die Feststellung, der Beklagte habe der Klägerin einerseits alle jene Leistungen zu ersetzen, die sie als Haftpflichtversicherer der R***** GmbH & Co KG künftig an die Sozialversicherungsanstalt der Bauern aufgrund des Vorfalles vom 7. 4. 1993, bei dem Thomas A***** verletzt worden sei, erbringen müsse, und der Beklagte habe der Klägerin andererseits alle jene Kosten und Nachteile zu ersetzen, die der R***** GmbH & Co künftig bei der Abwehr der Ansprüche der Sozialversicherungsanstalt der Bauern aus diesem Vorfall entstehen und die die Klägerin als Haftpflichtversicherer der R***** GmbH & Co KG im Rahmen des Versicherungsvertrages ersetzen müsse. Die internationale Zuständigkeit ergebe sich aus Art 5 Z 3 EuGVÜ, da der Schadensfall in Österreich eingetreten sei und Art 5 Z 3 EuGVÜ ausdrücklich auch Schadenersatzklagen wegen fehlerhafter Produkte und Regressklagen umfasse.Die klagende Haftpflichtversicherung begehrt mit der am 25. 1. 2002 beim Erstgericht eingelangten Klage vom Beklagten insbesondere unter Berufung auf Paragraph 12, PHG die Zahlung von EUR 54.429,19 sA sowie die Feststellung, der Beklagte habe der Klägerin einerseits alle jene Leistungen zu ersetzen, die sie als Haftpflichtversicherer der R***** GmbH & Co KG künftig an die Sozialversicherungsanstalt der Bauern aufgrund des Vorfalles vom 7. 4. 1993, bei dem Thomas A***** verletzt worden sei, erbringen müsse, und der Beklagte habe der Klägerin andererseits alle jene Kosten und Nachteile zu ersetzen, die der R***** GmbH & Co künftig bei der Abwehr der Ansprüche der Sozialversicherungsanstalt der Bauern aus diesem Vorfall entstehen und die die Klägerin als Haftpflichtversicherer der R***** GmbH & Co KG im Rahmen des Versicherungsvertrages ersetzen müsse. Die internationale Zuständigkeit ergebe sich aus Artikel 5, Ziffer 3, EuGVÜ, da der Schadensfall in Österreich eingetreten sei und Artikel 5, Ziffer 3, EuGVÜ ausdrücklich auch Schadenersatzklagen wegen fehlerhafter Produkte und Regressklagen umfasse.

Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen und wandte überdies mangelnde inländische Gerichtsbarkeit sowie mangelnde örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes ein. Er habe seinen ständigen Wohnsitz und Aufenthalt in Italien, weshalb er bei dem für seinen Wohnsitz zuständigen Gericht in Italien geklagt werden müsse. Art 5 Z 3 EuGVÜ begründe zwar einen Wahlgerichtsstand für Schadenersatzklagen wegen fehlerhafter Produkte, nicht aber für Ansprüche nach § 12 PHG, bei welchem es sich nicht um Schadenersatzansprüche, sondern um dem Aufwandersatz nach § 1042 ABGB ähnliche Ansprüche eigener Art handle. Es liege auch der Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten sei, nicht im Sprengel des angerufenen Gerichtes.Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen und wandte überdies mangelnde inländische Gerichtsbarkeit sowie mangelnde örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes ein. Er habe seinen ständigen Wohnsitz und Aufenthalt in Italien, weshalb er bei dem für seinen Wohnsitz zuständigen Gericht in Italien geklagt werden müsse. Artikel 5, Ziffer 3, EuGVÜ begründe zwar einen Wahlgerichtsstand für Schadenersatzklagen wegen fehlerhafter Produkte, nicht aber für Ansprüche nach Paragraph 12, PHG, bei welchem es sich nicht um Schadenersatzansprüche, sondern um dem Aufwandersatz nach Paragraph 1042, ABGB ähnliche Ansprüche eigener Art handle. Es liege auch der Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten sei, nicht im Sprengel des angerufenen Gerichtes.

Nach Erörterung der Frage der Zuständigkeit beantragte die Klägerin für den Fall der Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes die Überweisung der Rechtssache an das offenbar nicht unzuständige Landesgericht Klagenfurt, in dessen Sprengel sich der gegenständliche Schaden ereignet habe.

Das Erstgericht wies die Klage wegen fehlender inländischer Gerichtsbarkeit zurück, weil der von der Klägerin geltend gemachte Rückgriffsanspruch nach § 12 PHG nicht unter den eng auszulegenden Spezialgerichtsstand des Art 5 Z 3 EuGVÜ falle.Das Erstgericht wies die Klage wegen fehlender inländischer Gerichtsbarkeit zurück, weil der von der Klägerin geltend gemachte Rückgriffsanspruch nach Paragraph 12, PHG nicht unter den eng auszulegenden Spezialgerichtsstand des Artikel 5, Ziffer 3, EuGVÜ falle.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin teilweise Folge. Es verwarf die Einrede der internationalen Unzuständigkeit und sprach aus, dass das Landesgericht Wels örtlich unzuständig sei und die Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht Klagenfurt überwiesen werde. Nach seiner Rechtsansicht fielen auch auf § 12 PHG gestützte Rückgriffsansprüche des Importeurs gegen den Hersteller eines fehlerhaften Produktes unter den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung im Sinn des Art 5 Z 3 EuGVÜ. Für solche Klagen sei allerdings das Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten sei, örtlich zuständig. Es sei daher die örtliche Unzuständigkeit des Landesgerichtes Wels auszusprechen und gemäß § 261 Abs 6 ZPO die Überweisung der Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht Klagenfurt anzuordnen.Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin teilweise Folge. Es verwarf die Einrede der internationalen Unzuständigkeit und sprach aus, dass das Landesgericht Wels örtlich unzuständig sei und die Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht Klagenfurt überwiesen werde. Nach seiner Rechtsansicht fielen auch auf Paragraph 12, PHG gestützte Rückgriffsansprüche des Importeurs gegen den Hersteller eines fehlerhaften Produktes unter den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung im Sinn des Artikel 5, Ziffer 3, EuGVÜ. Für solche Klagen sei allerdings das Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten sei, örtlich zuständig. Es sei daher die örtliche Unzuständigkeit des Landesgerichtes Wels auszusprechen und gemäß Paragraph 261, Absatz 6, ZPO die Überweisung der Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht Klagenfurt anzuordnen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass gegen die Verwerfung der Einrede der internationalen Unzuständigkeit der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil eine ausdrückliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob auf § 12 PHG gestützte Rückgriffsansprüche in den Anwendungsbereich des Art 5 Z 3 EuGVÜ fallen, fehle. Dieser Rechtsfrage komme aufgrund des identen Wortlautes des Art 5 EuGVVO eine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zu.Das Rekursgericht sprach aus, dass gegen die Verwerfung der Einrede der internationalen Unzuständigkeit der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil eine ausdrückliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob auf Paragraph 12, PHG gestützte Rückgriffsansprüche in den Anwendungsbereich des Artikel 5, Ziffer 3, EuGVÜ fallen, fehle. Dieser Rechtsfrage komme aufgrund des identen Wortlautes des Artikel 5, EuGVVO eine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zu.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses.

Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Beklagten und die Revisionsrekursbeantwortung der Klägerin sind unzulässig.

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist die in § 519 Abs 1 Z 1 ZPO für das Berufungsverfahren normierte Anfechtungsbeschränkung analog auf das Rekursverfahren anzuwenden. Es wäre ein unüberbrückbarer Wertungswiderspruch, wenn zwar im Berufungsverfahren die Verwerfung einer wegen Nichtigkeit erhobenen Berufung und die Ablehnung der beantragten Zurückweisung der Klage nicht angefochten werden könnte, ein inhaltsgleiches Rechtsschutzbegehren im Rekursverfahren aber einer Überprüfung in dritter Instanz zugänglich wäre. Diese analoge Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO führt dazu, dass die Ansicht des Rekursgerichtes, für den vorliegenden Rechtsstreit sei die internationale Zuständigkeit gegeben, vom Obersten Gerichtshof nicht mehr geprüft werden kann (10 Ob 22/05s, 6 Ob 67/05d, 9 Ob 136/04x, 10 Ob 39/03p, 9 ObA 24/96, 9 ObA 49/92 mwN; RIS-Justiz RS0054895). Mangels Anfechtbarkeit der Entscheidung des Rekursgerichtes liegt daher eine bindende Vorentscheidung gemäß § 42 Abs 3 JN über die internationale Zuständigkeit vor (6 Ob 67/05d mwN).Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist die in Paragraph 519, Absatz eins, Ziffer eins, ZPO für das Berufungsverfahren normierte Anfechtungsbeschränkung analog auf das Rekursverfahren anzuwenden. Es wäre ein unüberbrückbarer Wertungswiderspruch, wenn zwar im Berufungsverfahren die Verwerfung einer wegen Nichtigkeit erhobenen Berufung und die Ablehnung der beantragten Zurückweisung der Klage nicht angefochten werden könnte, ein inhaltsgleiches Rechtsschutzbegehren im Rekursverfahren aber einer Überprüfung in dritter Instanz zugänglich wäre. Diese analoge Anwendung des Paragraph 519, Absatz eins, Ziffer eins, ZPO führt dazu, dass die Ansicht des Rekursgerichtes, für den vorliegenden Rechtsstreit sei die internationale Zuständigkeit gegeben, vom Obersten Gerichtshof nicht mehr geprüft werden kann (10 Ob 22/05s, 6 Ob 67/05d, 9 Ob 136/04x, 10 Ob 39/03p, 9 ObA 24/96, 9 ObA 49/92 mwN; RIS-Justiz RS0054895). Mangels Anfechtbarkeit der Entscheidung des Rekursgerichtes liegt daher eine bindende Vorentscheidung gemäß Paragraph 42, Absatz 3, JN über die internationale Zuständigkeit vor (6 Ob 67/05d mwN).

Es ist aber auch die Revisionsrekursbeantwortung nicht zulässig. Den Verfahrensgesetzen ist die Beantwortung eines jedenfalls unzulässigen Rechtsmittels fremd; auch das vorliegende Revisionsrekursverfahren ist daher nicht zweiseitig (7 Ob 152/05m mwN). Davon abgesehen wäre die hier erstattete Revisionsrekursbeantwortung jedenfalls nicht zu honorieren, weil sie mangels Hinweises auf die Unanfechtbarkeit der vom gegnerischen Rekurs bekämpften Entscheidung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig war (7 Ob 152/05m mwN).

Textnummer

E79122

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:0100OB00102.05F.1108.000

Im RIS seit

08.12.2005

Zuletzt aktualisiert am

10.02.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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