TE OGH 2005/11/29 10Ob115/05t

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Veröffentlicht am 29.11.2005
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** B***** KEG, *****, vertreten durch Mag. Dr. Wolfgang G. Kiechl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei H***** K*****, Ing. Josef Z***** GesmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Walter Anzböck und Dr. Joachim Brait, Rechtsanwälte in Tulln, wegen EUR 36.340 sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 30. Juni 2005, GZ 2 R 73/05b-36, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Nach den maßgebenden Feststellungen der Vorinstanzen erwarb die Klägerin von der Beklagten mit schriftlichem Kaufvertrag unter anderem die sogenannte „K*****" samt Kraftwerksanlage bestehend aus einer speziell bezeichneten Turbine samt Niederspannungsgenerator, Turbinensteuerung und dazugehöriger Stromverteilungsanlage, sowie einem Ersatzlaufrad für die Turbine. Bei den Verkaufshandlungen wurde ausdrücklich besprochen, dass mit der „K*****" ein neues oder zumindest neuwertiges Ersatzlaufrad für die Turbine mitverkauft wird. Dieses Ersatzlaufrad spielte auch bei den Preisverhandlungen insofern eine bestimmende Rolle, als zwischen den Parteien Einvernehmen darüber bestand, dass dieses Ersatzlaufrad einen Wert von EUR 36.340 hat und sich daher ein Teilkaufpreis in dieser Höhe auf das Ersatzlaufrad beziehen sollte.

Da ein solches Ersatzlaufrad jedoch weder zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch später tatsächlich existierte, begehrte die Klägerin mit ihrem allein noch verfahrensgegenständlichen Eventualbegehren von der Beklagten die Zahlung von EUR 36.340 sA insbesondere aus dem Titel des Schadenersatzes wegen Vertragsverletzung, irrtumsrechtlicher Vertragsanpassung sowie aus dem Rechtsgrund des § 878 ABGB.Da ein solches Ersatzlaufrad jedoch weder zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch später tatsächlich existierte, begehrte die Klägerin mit ihrem allein noch verfahrensgegenständlichen Eventualbegehren von der Beklagten die Zahlung von EUR 36.340 sA insbesondere aus dem Titel des Schadenersatzes wegen Vertragsverletzung, irrtumsrechtlicher Vertragsanpassung sowie aus dem Rechtsgrund des Paragraph 878, ABGB.

Das Erstgericht gab dem Eventualbegehren mit der Begründung statt, die Klägerin habe als Gewährleistungsberechtigte die Möglichkeit der Teilaufhebung des Vertrages durch Wandlung, wobei sich der Anspruch auf Wandlung, da die Streitteile nach dem hypothetischen Parteiwillen den Kaufvertrag über die „K*****" auch ohne das gegenständliche Ersatzlaufrad um einen um EUR 36.340 verminderten Kaufpreis geschlossen hätten, auf das verkaufte Ersatzlaufrad und dessen Kaufpreisäquivalent beziehe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten keine Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Nach seiner Rechtsansicht führe bereits die schadenersatzrechtliche Beurteilung zur Berechtigung des Eventualbegehrens. Da der Schaden durch Nichterfüllung einer gültig begründeten Leistungsverpflichtung entstanden sei, habe der Schädiger den Zustand herzustellen, der im Vermögen des Geschädigten bei gehöriger Erfüllung bestünde. Hafte ein Schuldner für den Nichterfüllungsschaden, dann habe er dem Gläubiger den Schaden zu ersetzen, der diesem durch die pflichtwidrige Nichterfüllung entstanden sei (positives Vertragsinteresse); der Gläubiger müsse daher vermögensmäßig so gestellt werden, wie wenn ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Daraus folge, dass die Klägerin Anspruch auf ein neuwertiges Ersatzlaufrad für die „K*****" habe. Da für dessen Beschaffung (zumindest) der geltend gemachte Klagsbetrag erforderlich sei, sei das Klagebegehren berechtigt. Die Beklagte macht in ihrer außerordentlichen Revision als rechtserhebliche Frage geltend, der gegenständliche Fall der Veräußerung einer nicht oder nicht mehr existierenden Sache sei nach der in der Lehre zum Teil vertretenen Auffassung nach § 878 ABGB zu beurteilen. Da die Beklagte die Erbringung der (bereits von Anfang an unmöglich gewesenen) Leistung nicht garantiert habe, komme eine Haftung nach § 878 ABGB lediglich für einen allfälligen Vertrauensschaden, nicht aber für das Erfüllungsinteresse in Betracht.Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten keine Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Nach seiner Rechtsansicht führe bereits die schadenersatzrechtliche Beurteilung zur Berechtigung des Eventualbegehrens. Da der Schaden durch Nichterfüllung einer gültig begründeten Leistungsverpflichtung entstanden sei, habe der Schädiger den Zustand herzustellen, der im Vermögen des Geschädigten bei gehöriger Erfüllung bestünde. Hafte ein Schuldner für den Nichterfüllungsschaden, dann habe er dem Gläubiger den Schaden zu ersetzen, der diesem durch die pflichtwidrige Nichterfüllung entstanden sei (positives Vertragsinteresse); der Gläubiger müsse daher vermögensmäßig so gestellt werden, wie wenn ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Daraus folge, dass die Klägerin Anspruch auf ein neuwertiges Ersatzlaufrad für die „K*****" habe. Da für dessen Beschaffung (zumindest) der geltend gemachte Klagsbetrag erforderlich sei, sei das Klagebegehren berechtigt. Die Beklagte macht in ihrer außerordentlichen Revision als rechtserhebliche Frage geltend, der gegenständliche Fall der Veräußerung einer nicht oder nicht mehr existierenden Sache sei nach der in der Lehre zum Teil vertretenen Auffassung nach Paragraph 878, ABGB zu beurteilen. Da die Beklagte die Erbringung der (bereits von Anfang an unmöglich gewesenen) Leistung nicht garantiert habe, komme eine Haftung nach Paragraph 878, ABGB lediglich für einen allfälligen Vertrauensschaden, nicht aber für das Erfüllungsinteresse in Betracht.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass die von der Beklagten erbrachte Leistung mangelhaft war, weil das von ihr auch für die Turbine der „K*****" zugesagte Ersatzlaufrad nicht geliefert wurde. Nach der seit 1. 1. 2002 in Geltung stehenden und auf den zwischen den Parteien nach diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Kaufvertrag bereits anwendbaren Bestimmung des § 933a Abs 1 ABGB kann der Übernehmer auch Schadenersatz fordern, wenn der Übergeber den Mangel verschuldet hat. Nach § 933a Abs 2 ABGB kann der Übernehmer Geldersatz verlangen, wenn der Übergeber die Verbesserung verweigert. Da der im vorliegenden Fall bestehende Mangel an sich behebbar ist (ein Ersatzlaufrad für die Turbine kann erzeugt werden), schuldet der Übergeber das Erfüllungsinteresse (P. Bydlinski in KBB, § 933a Rz 8). Im Übrigen hat die Klägerin ihr Klagebegehren auch auf ihr Recht auf Vertragsanpassung iSd § 872 ABGB gestützt. Nach dieser Gesetzesstelle bleibt der Vertrag, wenn der Irrtum weder die Hauptsache noch eine wesentliche Beschaffenheit derselben sondern einen Nebenumstand betrifft, noch immer gültig, sofern beide Teile in den Hauptgegenstand gewilligt und den Nebenumstand nicht als vorzügliche Absicht erklärt haben. Dem Irregeführten ist aber von dem Urheber des Irrtums die angemessene Vergütung zu leisten.Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass die von der Beklagten erbrachte Leistung mangelhaft war, weil das von ihr auch für die Turbine der „K*****" zugesagte Ersatzlaufrad nicht geliefert wurde. Nach der seit 1. 1. 2002 in Geltung stehenden und auf den zwischen den Parteien nach diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Kaufvertrag bereits anwendbaren Bestimmung des Paragraph 933 a, Absatz eins, ABGB kann der Übernehmer auch Schadenersatz fordern, wenn der Übergeber den Mangel verschuldet hat. Nach Paragraph 933 a, Absatz 2, ABGB kann der Übernehmer Geldersatz verlangen, wenn der Übergeber die Verbesserung verweigert. Da der im vorliegenden Fall bestehende Mangel an sich behebbar ist (ein Ersatzlaufrad für die Turbine kann erzeugt werden), schuldet der Übergeber das Erfüllungsinteresse (P. Bydlinski in KBB, Paragraph 933 a, Rz 8). Im Übrigen hat die Klägerin ihr Klagebegehren auch auf ihr Recht auf Vertragsanpassung iSd Paragraph 872, ABGB gestützt. Nach dieser Gesetzesstelle bleibt der Vertrag, wenn der Irrtum weder die Hauptsache noch eine wesentliche Beschaffenheit derselben sondern einen Nebenumstand betrifft, noch immer gültig, sofern beide Teile in den Hauptgegenstand gewilligt und den Nebenumstand nicht als vorzügliche Absicht erklärt haben. Dem Irregeführten ist aber von dem Urheber des Irrtums die angemessene Vergütung zu leisten.

Der Irrtum der Klägerin war nach den getroffenen Feststellungen eindeutig vom Vertreter der Beklagten veranlasst. Damit ist die diesbezügliche Voraussetzung für den Vergütungsanspruch nach § 872 ABGB gegeben. Während der Irregeführte mit der Forderung nach Vertragsanpassung zu erkennen gibt, dass er den Vertrag, wäre er nicht irregeführt worden, mit dem korrigierten Inhalt geschlossen hätte, entspricht es der stRsp, dass Vertragsanpassung nur dann möglich ist, wenn auch der Gegner im Zeitpunkt des Kontrahierens hypothetisch den Willen gehabt hätte, gegebenenfalls auch zu den Bedingungen, die der andere Teil nunmehr durchzusetzen bestrebt ist, abzuschließen (SZ 53/108; SZ 54/88; JBl 1998, 178 [Rummel] ua). Lässt sich der Wille der konkreten Parteien nicht feststellen, ist zu beurteilen, wie normale Parteien redlicherweise gehandelt hätten (EvBl 1993/77; JBl 2003, 573 ua). Ob dem Vertragspartner durch eine konkret gewünschte Vertragsanpassung ein ungewollter Vertrag aufgezwungen wird, richtet sich nach den besonderen Verhältnissen des Anlassfalles; der Beurteilung kommt keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (6 Ob 124/98y). Die Auffassung des Erstgerichtes, die Streitteile hätten nach dem hypothetischen Parteiwillen den Kaufvertrag über die „K*****" auch ohne das gegenständliche Ersatzlaufrad um einen um EUR 36.340 verminderten Kaufpreis geschlossen, steht mit der dargestellten Rechtsprechung im Einklang und ist angesichts der getroffenen Feststellungen über die Gespräche bei Vertragsabschluss nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat der Klägerin die Übergabe eines neuwertigen Ersatzlaufrades für die „K*****" ausdrücklich zugesichert, obwohl dieses tatsächlich nicht vorhanden war bzw ist. Bei dieser Sachlage ist rechtlich der Schluss zulässig, dass auch die Beklagte bei vorauszusetzender redlicher Gesinnung mit einem verhältnismäßig geminderten Kaufpreis einverstanden gewesen wäre (vgl SZ 48/112). Bei der „angemessenen Vergütung" iSd § 872 ABGB handelt es sich nicht um die Leistung von Schadenersatz, sondern um die Wiederherstellung der durch den Irrtum gestörten subjektiven Äquivalenz. Die Anpassung des Preises erfolgt daher mit Hilfe der „relativen Berechnungsmethode", die auch bei der Preisminderung Anwendung findet (SZ 53/108). Demgemäß findet im vorliegenden Fall die von der Klägerin angestrebte Vertragskorrektur nach § 872 ABGB durch Minderung des Kaufpreises in Höhe des für das tatsächlich nicht mehr gegebene Ersatzlaufrad vereinbarten Teilkaufpreises statt. Entgegen den Revisionsausführungen der Beklagten hat die Klägerin bereits in ihrer Klage ausdrücklich vorgebracht, dass das gegenständliche Ersatzlaufrad einen Wert von (zumindest) EUR 36.340 habe.Der Irrtum der Klägerin war nach den getroffenen Feststellungen eindeutig vom Vertreter der Beklagten veranlasst. Damit ist die diesbezügliche Voraussetzung für den Vergütungsanspruch nach Paragraph 872, ABGB gegeben. Während der Irregeführte mit der Forderung nach Vertragsanpassung zu erkennen gibt, dass er den Vertrag, wäre er nicht irregeführt worden, mit dem korrigierten Inhalt geschlossen hätte, entspricht es der stRsp, dass Vertragsanpassung nur dann möglich ist, wenn auch der Gegner im Zeitpunkt des Kontrahierens hypothetisch den Willen gehabt hätte, gegebenenfalls auch zu den Bedingungen, die der andere Teil nunmehr durchzusetzen bestrebt ist, abzuschließen (SZ 53/108; SZ 54/88; JBl 1998, 178 [Rummel] ua). Lässt sich der Wille der konkreten Parteien nicht feststellen, ist zu beurteilen, wie normale Parteien redlicherweise gehandelt hätten (EvBl 1993/77; JBl 2003, 573 ua). Ob dem Vertragspartner durch eine konkret gewünschte Vertragsanpassung ein ungewollter Vertrag aufgezwungen wird, richtet sich nach den besonderen Verhältnissen des Anlassfalles; der Beurteilung kommt keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (6 Ob 124/98y). Die Auffassung des Erstgerichtes, die Streitteile hätten nach dem hypothetischen Parteiwillen den Kaufvertrag über die „K*****" auch ohne das gegenständliche Ersatzlaufrad um einen um EUR 36.340 verminderten Kaufpreis geschlossen, steht mit der dargestellten Rechtsprechung im Einklang und ist angesichts der getroffenen Feststellungen über die Gespräche bei Vertragsabschluss nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat der Klägerin die Übergabe eines neuwertigen Ersatzlaufrades für die „K*****" ausdrücklich zugesichert, obwohl dieses tatsächlich nicht vorhanden war bzw ist. Bei dieser Sachlage ist rechtlich der Schluss zulässig, dass auch die Beklagte bei vorauszusetzender redlicher Gesinnung mit einem verhältnismäßig geminderten Kaufpreis einverstanden gewesen wäre vergleiche SZ 48/112). Bei der „angemessenen Vergütung" iSd Paragraph 872, ABGB handelt es sich nicht um die Leistung von Schadenersatz, sondern um die Wiederherstellung der durch den Irrtum gestörten subjektiven Äquivalenz. Die Anpassung des Preises erfolgt daher mit Hilfe der „relativen Berechnungsmethode", die auch bei der Preisminderung Anwendung findet (SZ 53/108). Demgemäß findet im vorliegenden Fall die von der Klägerin angestrebte Vertragskorrektur nach Paragraph 872, ABGB durch Minderung des Kaufpreises in Höhe des für das tatsächlich nicht mehr gegebene Ersatzlaufrad vereinbarten Teilkaufpreises statt. Entgegen den Revisionsausführungen der Beklagten hat die Klägerin bereits in ihrer Klage ausdrücklich vorgebracht, dass das gegenständliche Ersatzlaufrad einen Wert von (zumindest) EUR 36.340 habe.

Da die Entscheidung des Berufungsgerichtes mit den dargelegten Grundsätzen im Einklang steht und eine rechtserhebliche Frage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zu beurteilen ist, musste die außerordentliche Revision der Beklagten zurückgewiesen werden.Da die Entscheidung des Berufungsgerichtes mit den dargelegten Grundsätzen im Einklang steht und eine rechtserhebliche Frage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht zu beurteilen ist, musste die außerordentliche Revision der Beklagten zurückgewiesen werden.

Anmerkung

E79411 10Ob115.05t

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:0100OB00115.05T.1129.000

Dokumentnummer

JJT_20051129_OGH0002_0100OB00115_05T0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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