TE OGH 2005/12/16 9ObA68/05y

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.12.2005
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Gabriele Griehsel und Rudolf Vyziblo als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache des Antragstellers Österreichischer Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft der Privatangestellten, 1010 Wien, Deutschmeisterplatz 2, Gewerkschaft der Chemiearbeiter, 1060 Wien, Stumpergasse 60, vertreten durch Mag. Ernst Stummer, Referent der Kammer für Arbeiter und Angestellte in Oberösterreich, 4020 Linz, Volksgartenstraße 40, gegen die Antragsgegnerin Wirtschaftskammer Österreich, 1045 Wien, Wiedner Hauptstraße 63, vertreten durch Dr. Helwig Aubauer und Dr. Martin Gleitsmann, Abteilung für Sozialpolitik und Gesundheit der Wirtschaftskammer Österreich, 1045 Wien, Wiedner Hauptstraße 63, über den gemäß § 54 Abs 2 ASGG gestellten Antrag auf Feststellung, denDer Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Gabriele Griehsel und Rudolf Vyziblo als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache des Antragstellers Österreichischer Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft der Privatangestellten, 1010 Wien, Deutschmeisterplatz 2, Gewerkschaft der Chemiearbeiter, 1060 Wien, Stumpergasse 60, vertreten durch Mag. Ernst Stummer, Referent der Kammer für Arbeiter und Angestellte in Oberösterreich, 4020 Linz, Volksgartenstraße 40, gegen die Antragsgegnerin Wirtschaftskammer Österreich, 1045 Wien, Wiedner Hauptstraße 63, vertreten durch Dr. Helwig Aubauer und Dr. Martin Gleitsmann, Abteilung für Sozialpolitik und Gesundheit der Wirtschaftskammer Österreich, 1045 Wien, Wiedner Hauptstraße 63, über den gemäß Paragraph 54, Absatz 2, ASGG gestellten Antrag auf Feststellung, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Antrag auf Feststellung, dass der Inhalt der Betriebsvereinbarung vom 7. März 1994 (Sozialplan) auf jene Arbeitnehmer der S***** GmbH anzuwenden ist, deren Arbeitsverhältnis in den Jahren 2005 oder 2006 wegen der Stilllegung des Werkes E***** aufgelöst wird, wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die Kollektivvertragsfähigkeit der Parteien ergibt sich aus § 4 Abs 2 bzw § 4 Abs 1 ArbVG. Beide sind daher iSd § 54 Abs 2 letzter Satz ASGG als Parteien des besonderen Feststellungsverfahrens legitimiert.Die Kollektivvertragsfähigkeit der Parteien ergibt sich aus Paragraph 4, Absatz 2, bzw Paragraph 4, Absatz eins, ArbVG. Beide sind daher iSd Paragraph 54, Absatz 2, letzter Satz ASGG als Parteien des besonderen Feststellungsverfahrens legitimiert.

Der Antragsteller beantragt, wie aus dem Spruch ersichtlich und bringt dazu im Wesentlichen vor:

Gegenstand des Feststellungsverfahrens sei die Frage, ob ein am 7. 3. 1994 zwischen der Werksleitung der S***** AG, Werk E*****, und dem Arbeiter- sowie dem Angestelltenbetriebsrat abgeschlossener Sozialplan (Betriebsvereinbarung gemäß § 97 Abs 1 Z 4 ArbVG iVm § 109 Abs 1 ArbVG) auf insgesamt 130 Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse wegen der bevorstehenden Schließung des Werks überwiegend zum 30. 9. 2005 aufgelöst werden, anwendbar sei. Insbesondere bestehe ein besonderes Interesse an der Feststellung der weiteren Anwendbarkeit der Betriebsvereinbarung vom 7. 3. 1994 für 25 Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse wegen der bevorstehenden Werksschließung aufgelöst werden sollen und die Sonderunterstützung nach § 1 Sonderunterstützungsgesetz beanspruchen wollen, zumal der Anspruch auf Sonderunterstützung davon abhänge, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund eines vor dem 1. 1. 1995 abgeschlossenen Sozialplansende.Gegenstand des Feststellungsverfahrens sei die Frage, ob ein am 7. 3. 1994 zwischen der Werksleitung der S***** AG, Werk E*****, und dem Arbeiter- sowie dem Angestelltenbetriebsrat abgeschlossener Sozialplan (Betriebsvereinbarung gemäß Paragraph 97, Absatz eins, Ziffer 4, ArbVG in Verbindung mit Paragraph 109, Absatz eins, ArbVG) auf insgesamt 130 Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse wegen der bevorstehenden Schließung des Werks überwiegend zum 30. 9. 2005 aufgelöst werden, anwendbar sei. Insbesondere bestehe ein besonderes Interesse an der Feststellung der weiteren Anwendbarkeit der Betriebsvereinbarung vom 7. 3. 1994 für 25 Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse wegen der bevorstehenden Werksschließung aufgelöst werden sollen und die Sonderunterstützung nach Paragraph eins, Sonderunterstützungsgesetz beanspruchen wollen, zumal der Anspruch auf Sonderunterstützung davon abhänge, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund eines vor dem 1. 1. 1995 abgeschlossenen Sozialplansende.

Der Antragsteller behauptet dazu folgenden Sachverhalt:

Wegen anhaltender wirtschaftlicher Schwierigkeiten war im Jahr 1994 im Werk E***** der damaligen S***** AG ein Personalabbau in größerem Umfang notwendig. Um diesen Personalabbau sozial abzufedern, wurde zwischen der Werksleitung und dem Arbeiter- sowie dem Angestelltenbetriebsrat mit einer am 7. 3. 1994 gemäß § 97 Abs 1 Z 4 iVm § 109 Abs 1 ArbVG abgeschlossenen Betriebsvereinbarung ein Sozialplan vereinbart, der die Nachteile für ausscheidende Arbeitnehmer abmildern sollte. § 2 der Betriebsvereinbarung normiert, dass der Sozialplan mit 1. 2. 1994 in Kraft tritt und bis 31. 1. 1995 gilt; nach § 2 Abs 2 sollen Gespräche über eine Verlängerung bzw Neufassung des Sozialplans zwischen den Vertragsparteien geführt werden, falls im Jahr 1995 wider Erwarten neuerliche Personalreduktionen in größerem Umfang notwendig werden.Wegen anhaltender wirtschaftlicher Schwierigkeiten war im Jahr 1994 im Werk E***** der damaligen S***** AG ein Personalabbau in größerem Umfang notwendig. Um diesen Personalabbau sozial abzufedern, wurde zwischen der Werksleitung und dem Arbeiter- sowie dem Angestelltenbetriebsrat mit einer am 7. 3. 1994 gemäß Paragraph 97, Absatz eins, Ziffer 4, in Verbindung mit Paragraph 109, Absatz eins, ArbVG abgeschlossenen Betriebsvereinbarung ein Sozialplan vereinbart, der die Nachteile für ausscheidende Arbeitnehmer abmildern sollte. Paragraph 2, der Betriebsvereinbarung normiert, dass der Sozialplan mit 1. 2. 1994 in Kraft tritt und bis 31. 1. 1995 gilt; nach Paragraph 2, Absatz 2, sollen Gespräche über eine Verlängerung bzw Neufassung des Sozialplans zwischen den Vertragsparteien geführt werden, falls im Jahr 1995 wider Erwarten neuerliche Personalreduktionen in größerem Umfang notwendig werden.

Zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Betriebsvereinbarung gingen die Vertragsparteien davon aus, dass es durch verschiedene Maßnahmen, ua durch größere Investitionen im Werk E*****, möglich sein werde, die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Unternehmens zu bewältigen. Ua war ein eigenes Kraftwerk geplant. Diese Investitionen sollten aber erst nach dem positiven Abschluss eines im Oktober 1994 eingeleiteten wasserrechtlichen Verfahrens erfolgen. Tatsächlich wurde dieses wasserrechtliche Genehmigungsverfahren bis heute nicht abgeschlossen, sodass die in Aussicht genommenen Investitionsvorhaben bis heute nicht verwirklicht wurden. Da auch in absehbarer Zeit nicht mit einem positiven Wasserrechtsbescheid zu rechnen ist, hat sich die S***** GmbH - auf Grund eines Betriebsübergangs nunmehr Vertragspartner der Betriebsvereinbarung - entschlossen, das Werk E***** still zu legen. Der größte Teil der 130 Arbeitsverhältnisse wird mit 30. 9. 2005 aufgelöst. Ein kleiner Teil der Mitarbeiter wird längstens bis Juni 2006 beschäftigt sein.

Da die Befristung des Sozialplans mit 31. 1. 1995 auf Grund der zum damaligen Zeitpunkt optimistischen Einschätzung des Ausgangs des wasserrechtlichen Verfahrens vereinbart worden war und sich diese Einschätzung nicht bewahrheitet hatte, wurden iSd § 2 Abs 2 der Betriebsvereinbarung Gespräche über deren Verlängerung geführt. Dabei wurde Einigkeit erzielt, dass der Sozialplan auch für Auflösungen, die nach dem 31. 1. 1995 erforderlich sind, weiterhin anzuwenden ist. Diese Vereinbarung wurde allerdings nur mündlich abgeschlossen.Da die Befristung des Sozialplans mit 31. 1. 1995 auf Grund der zum damaligen Zeitpunkt optimistischen Einschätzung des Ausgangs des wasserrechtlichen Verfahrens vereinbart worden war und sich diese Einschätzung nicht bewahrheitet hatte, wurden iSd Paragraph 2, Absatz 2, der Betriebsvereinbarung Gespräche über deren Verlängerung geführt. Dabei wurde Einigkeit erzielt, dass der Sozialplan auch für Auflösungen, die nach dem 31. 1. 1995 erforderlich sind, weiterhin anzuwenden ist. Diese Vereinbarung wurde allerdings nur mündlich abgeschlossen.

Tatsächlich wurden nach dem 31. 1. 1995 unter Zugrundelegung der Betriebsvereinbarung vom 7. 3. 1994 noch 13 Arbeitsverhältnisse im März 1995 aufgelöst.

Von der mündlichen Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Werksleitung über die Verlängerung der Geltungsdauer der Betriebsvereinbarung wurde die Belegschaft von Arbeiter- und Angestelltenbetriebsrat informiert. Auch von der tatsächlich erfolgten weiteren Anwendung des Sozialplans hat die Belegschaft Kenntnis erlangt.

Aus diesem Zusammenhang zieht die Antragstellerin folgende rechtlichen Schlüsse:

Gemäß § 32 ArbVG seien die gesetzlichen Vorgaben bezüglich der Geltungsdauer einer Betriebsvereinbarung nur anzuwenden, soweit die Betriebsvereinbarung selbst keine Vorschriften über ihre Geltungsdauer enthält. Eine Befristung - hier mit 31. 1. 1995 - bewirke, dass die Betriebsvereinbarung mit dem Ende der Frist automatisch ende. Damit sei die normative Wirkung der Betriebsvereinbarung beendet. Hier sei jedoch zwischen Werksleitung und Betriebsrat vor Ablauf der Befristung die Verlängerung der Betriebsvereinbarung - wenn auch nur mündlich - vereinbart worden.Gemäß Paragraph 32, ArbVG seien die gesetzlichen Vorgaben bezüglich der Geltungsdauer einer Betriebsvereinbarung nur anzuwenden, soweit die Betriebsvereinbarung selbst keine Vorschriften über ihre Geltungsdauer enthält. Eine Befristung - hier mit 31. 1. 1995 - bewirke, dass die Betriebsvereinbarung mit dem Ende der Frist automatisch ende. Damit sei die normative Wirkung der Betriebsvereinbarung beendet. Hier sei jedoch zwischen Werksleitung und Betriebsrat vor Ablauf der Befristung die Verlängerung der Betriebsvereinbarung - wenn auch nur mündlich - vereinbart worden.

Aus § 29 ArbVG sei abzuleiten, dass einer Betriebsvereinbarung nur dann normative Wirkung zukomme, wenn sowohl bei ihrem Abschluss als auch bei jeder Änderung die Schriftform eingehalten werde. Das Schriftlichkeitsgebot gelte jedenfalls für alle Inhaltsnormen der Betriebsvereinbarung, aus denen sich konkrete Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer oder des Arbeitgebers ableiten. Für formale Bestimmungen der Betriebsvereinbarung, wie etwa für solche über die Geltungsdauer, gelte allerdings anderes: Bei einer mündlichen Ausdehnung der Geltungsdauer könne keine Rechtsunsicherheit über die gegenseitigen Rechte und Pflichten entstehen; allfällige Beweisschwierigkeiten, ob überhaupt eine mündliche Vereinbarung über die Ausdehnung der Geltungsdauer zustande gekommen sei, könnten durch die Anwendung der Beweislastregeln gelöst werden. Gelinge der Nachweis, dass eine mündliche oder allenfalls eine schlüssige Ausdehnung der Geltungsdauer vereinbart worden sei, so seien die Inhaltsnormen der materiell unveränderten Betriebsvereinbarung zu entnehmen. Die bloß mündliche oder allenfalls auch schlüssige Verlängerung der Geltungsdauer einer Betriebsvereinbarung bewirke daher, dass der Betriebsvereinbarung weiter normative Wirkung zukomme. Die Betriebsvereinbarung vom 7. 3. 1994 sei daher über die ursprüngliche Befristung wirksam auf unbestimmt Zeit verlängert worden, sodass sich die Arbeitnehmer auch über die Dauer der ursprünglichen Befristung hinaus auf ihre normative Wirkung berufen könnten.Aus Paragraph 29, ArbVG sei abzuleiten, dass einer Betriebsvereinbarung nur dann normative Wirkung zukomme, wenn sowohl bei ihrem Abschluss als auch bei jeder Änderung die Schriftform eingehalten werde. Das Schriftlichkeitsgebot gelte jedenfalls für alle Inhaltsnormen der Betriebsvereinbarung, aus denen sich konkrete Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer oder des Arbeitgebers ableiten. Für formale Bestimmungen der Betriebsvereinbarung, wie etwa für solche über die Geltungsdauer, gelte allerdings anderes: Bei einer mündlichen Ausdehnung der Geltungsdauer könne keine Rechtsunsicherheit über die gegenseitigen Rechte und Pflichten entstehen; allfällige Beweisschwierigkeiten, ob überhaupt eine mündliche Vereinbarung über die Ausdehnung der Geltungsdauer zustande gekommen sei, könnten durch die Anwendung der Beweislastregeln gelöst werden. Gelinge der Nachweis, dass eine mündliche oder allenfalls eine schlüssige Ausdehnung der Geltungsdauer vereinbart worden sei, so seien die Inhaltsnormen der materiell unveränderten Betriebsvereinbarung zu entnehmen. Die bloß mündliche oder allenfalls auch schlüssige Verlängerung der Geltungsdauer einer Betriebsvereinbarung bewirke daher, dass der Betriebsvereinbarung weiter normative Wirkung zukomme. Die Betriebsvereinbarung vom 7. 3. 1994 sei daher über die ursprüngliche Befristung wirksam auf unbestimmt Zeit verlängert worden, sodass sich die Arbeitnehmer auch über die Dauer der ursprünglichen Befristung hinaus auf ihre normative Wirkung berufen könnten.

Teile man diese Auffassung nicht, sei davon auszugehen, dass die ursprünglich mit normativer Wirkung ausgestattete Betriebsvereinbarung nach Ablauf ihrer Befristung als „freie Betriebsvereinbarung" fortwirke, zumal der Sozialplan auch nach dem Ablauf der Befristung im Betrieb noch tatsächlich angewendet worden sei und den Arbeitnehmern sowohl die mündliche Vereinbarung über die Verlängerung als auch die weitere tatsächliche Anwendung bekannt gewesen sei. Im Sinne der Rechtsprechung zur „freien Betriebsvereinbarung" habe der Betriebsinhaber durch Abschluss der Verlängerungsvereinbarung und durch die weitere Anwendung des Sozialplans seinen Bindungswillen ausreichend zum Ausdruck gebracht. Liege ein ausdrücklich erklärter Bindungswille vor, erstrecke sich die zu beurteilende Schlüssigkeit im Fall der Kenntnis der Parteien von der Unwirksamkeit der Absprache als Betriebsvereinbarung nur darauf, ob sie das, was sie ausdrücklich vereinbarten, trotz ihres Wissens um die Unverbindlichkeit einhalten wollten. Dies könne unter Umständen schon aus der Erfüllung der Vereinbarung während eines relativ kurzen Zeitraums zweifelsfrei abgeleitet werden. In diesem Sinn sei davon auszugehen, dass der ursprünglich normativ wirkende Inhalt der Betriebsvereinbarung nach Ablauf der Befristung zum Inhalt der einzelnen Arbeitsverträge geworden sei und daher vom Arbeitgeber nicht einseitig widerrufen werden könne.

Die Antragsgegnerin beantragte, den Feststellungsantrag zurückzuweisen, hilfsweise, ihn abzuweisen.

Der in Rede stehende Sozialplan habe nach seinem Inhalt bis 31. 1. 1995 gegolten. Beendigungen nach dem 31. 1. 1995 seien von der Sozialplan-Betriebsvereinbarung nicht mehr erfasst. Die Behauptung, es sei mündlich Einigung über eine Verlängerung des Sozialplans erzielt worden, ändere daran nichts, weil nach § 29 ArbVG Betriebsvereinbarungen wirksam nur schriftlich geschlossen werden könnten.Der in Rede stehende Sozialplan habe nach seinem Inhalt bis 31. 1. 1995 gegolten. Beendigungen nach dem 31. 1. 1995 seien von der Sozialplan-Betriebsvereinbarung nicht mehr erfasst. Die Behauptung, es sei mündlich Einigung über eine Verlängerung des Sozialplans erzielt worden, ändere daran nichts, weil nach Paragraph 29, ArbVG Betriebsvereinbarungen wirksam nur schriftlich geschlossen werden könnten.

Im Übrigen habe die 1994 geschlossene Betriebsvereinbarung auf die damalige wirtschaftliche Situation des Betriebs und den damit in Zusammenhang stehenden Personalabbau in den Jahren 1994 und 1995 gezielt. Für eine Ergänzung der einzelnen Arbeitsverträge gemäß § 863 ABGB dahin, dass die Inhalte des Sozialplans auf unbestimmte Zeit und damit auch auf Beendigungen im Zuge der Stilllegung des Werkes E***** in den Jahren 2005 und 2006 weiter anzuwenden wäre, biete der Sachverhalt keine hinreichenden Anhaltspunkte.Im Übrigen habe die 1994 geschlossene Betriebsvereinbarung auf die damalige wirtschaftliche Situation des Betriebs und den damit in Zusammenhang stehenden Personalabbau in den Jahren 1994 und 1995 gezielt. Für eine Ergänzung der einzelnen Arbeitsverträge gemäß Paragraph 863, ABGB dahin, dass die Inhalte des Sozialplans auf unbestimmte Zeit und damit auch auf Beendigungen im Zuge der Stilllegung des Werkes E***** in den Jahren 2005 und 2006 weiter anzuwenden wäre, biete der Sachverhalt keine hinreichenden Anhaltspunkte.

Rechtliche Beurteilung

Der Feststellungsantrag ist zulässig, aber auf der Grundlage des behaupteten Sachverhalts nicht berechtigt:

Nach völlig herrschender Lehre und Rechtsprechung hat die in § 29 ArbVG für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen normierte Schriftform konstitutive Wirkung. Mündliche oder konkludente Vereinbarungen zwischen Belegschaft und Betriebsinhaber sind daher - mögen sie auch durch Betriebsvereinbarung regelbare Angelegenheiten zum Gegenstand haben - keine Betriebsvereinbarungen (Strasser, ArbVG-Kommentar, § 29 Rz 9; Cerny in Cerny ua, ArbVG3 Erl 3 zu § 29; 8 ObA 170/02m; 8 ObA 116/02w; 14 ObA 47/87). Der Antragsteller räumt selbst ein, dass dieser Grundsatz auch für Vereinbarungen über die Änderung einer Betriebsvereinbarung gelten muss. Damit besteht aber kein Anlass, Vereinbarungen über die Änderung des zeitlichen Geltungsbereichs der Betriebsvereinbarung vom Schriftlichkeitsgebot auszunehmen.Nach völlig herrschender Lehre und Rechtsprechung hat die in Paragraph 29, ArbVG für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen normierte Schriftform konstitutive Wirkung. Mündliche oder konkludente Vereinbarungen zwischen Belegschaft und Betriebsinhaber sind daher - mögen sie auch durch Betriebsvereinbarung regelbare Angelegenheiten zum Gegenstand haben - keine Betriebsvereinbarungen (Strasser, ArbVG-Kommentar, Paragraph 29, Rz 9; Cerny in Cerny ua, ArbVG3 Erl 3 zu Paragraph 29 ;, 8 ObA 170/02m; 8 ObA 116/02w; 14 ObA 47/87). Der Antragsteller räumt selbst ein, dass dieser Grundsatz auch für Vereinbarungen über die Änderung einer Betriebsvereinbarung gelten muss. Damit besteht aber kein Anlass, Vereinbarungen über die Änderung des zeitlichen Geltungsbereichs der Betriebsvereinbarung vom Schriftlichkeitsgebot auszunehmen.

Der 1994 für die Zeit bis 31. 1. 1995 vereinbarte Sozialplan kann daher als Betriebsvereinbarung trotz der behaupteten Verlängerungsvereinbarung (wie immer man sie inhaltlich beurteilen mag) im Jahr 2005 nicht mehr wirksam sein.

Die rechtliche Bedeutung einer mündlichen Vereinbarung zwischen Betriebsinhaber und Betriebsrat für die Betroffenen richtet sich ausschließlich nach allgemein-bürgerlichrechtlichen Grundsätzen. Der den Arbeitnehmern bekannt gegebene und von ihnen stillschweigend zur Kenntnis genommene Inhalt einer solchen Vereinbarung kann nämlich - insoweit ist dem Antragsteller beizupflichten - als Grundlage für eine entsprechende Ergänzung des Arbeitsvertrags in Betracht kommen.

Die dogmatischen Grundlagen für eine solche Ergänzung des Arbeitsvertrages hängen primär davon ab, ob der Betriebsinhaber bzw die betroffenen Arbeitnehmer auf die Gültigkeit der (als solche) unwirksamen Betriebsvereinbarung vertraut haben oder nicht. Strasser (aaO § 29 Rz 15) hat die möglichen Varianten anschaulich zusammengefasst: Treten Arbeitnehmer in einen Betrieb ein und finden sie eine (bekannt gegebene oder praktizierte) Betriebsvereinbarung vor, so vereinbaren sie - ein entsprechendes Offertannahmeverhalten auf ihrer Seite vorausgesetzt - mit dem Arbeitgeber bei beiderseitiger Kenntnis von der Nichtigkeit der Betriebsvereinbarung konkludent den Inhalt dieser Betriebsvereinbarung; vertrauen Arbeitgeber und eintretende Arbeitnehmer auf die Gültigkeit der Betriebsvereinbarung, so kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass der Inhalt der unzulässigen Betriebsvereinbarung auf Grund objektiver Vertragsergänzung zum Inhalt der Einzelverträge wird. Wird eine unzulässige Betriebsvereinbarung abgeschlossen, können die im Betrieb schon tätigen Arbeitnehmer das entsprechende Abschlussverhalten des Arbeitgebers, wenn dieser aus ihrer Sicht nicht auf die Gültigkeit der Betriebsvereinbarung vertraute oder vertrauen durfte, als ein an sie gerichtetes, auf die Ergänzung des Einzelvertragsinhalts um den Betriebsvereinbarungsinhalt abzielendes Arbeitgeberoffert verstehen. Hat aus der Sicht der Arbeitnehmer der Arbeitgeber hingegen auf die Gültigkeit der unzulässigen Betriebsvereinbarung vertraut bzw vertrauen dürfen, so kann das auf den Abschluss der unzulässigen Betriebsvereinbarung gerichtete Verhalten des Arbeitgebers und die darauf basierende Bekanntgabe ihres Inhalts oder das darauf basierende Praktizieren ihres Inhalts in der Regel in ein an die Arbeitnehmer gerichtetes, auf die Ergänzung des Einzelarbeitsvertragsinhalts um den Betriebsvereinbarungsinhalt abzielendes Arbeitgeberoffert umgedeutet werden. Dies führt dann - ein entsprechendes Offertannahmeverhalten auf der Arbeitnehmerseite vorausgesetzt - zu einer Einzelvertragsergänzung. Vertrauen in diesem Fall aber auch die Arbeitnehmer auf die Gültigkeit der Betriebsvereinbarung, so ist ihr deren Durchführung hinnehmendes Verhalten in der Regel gleichfalls in eine Offertannahmeverhalten umzudeuten (s näher Strasser, aaO § 29 Rz 15 und die dort angeführten weiteren Nachweise; ausführlich ferner Strasser, Kommentar zu 14 ObA 47/87, DRdA 1988, 127).Die dogmatischen Grundlagen für eine solche Ergänzung des Arbeitsvertrages hängen primär davon ab, ob der Betriebsinhaber bzw die betroffenen Arbeitnehmer auf die Gültigkeit der (als solche) unwirksamen Betriebsvereinbarung vertraut haben oder nicht. Strasser (aaO Paragraph 29, Rz 15) hat die möglichen Varianten anschaulich zusammengefasst: Treten Arbeitnehmer in einen Betrieb ein und finden sie eine (bekannt gegebene oder praktizierte) Betriebsvereinbarung vor, so vereinbaren sie - ein entsprechendes Offertannahmeverhalten auf ihrer Seite vorausgesetzt - mit dem Arbeitgeber bei beiderseitiger Kenntnis von der Nichtigkeit der Betriebsvereinbarung konkludent den Inhalt dieser Betriebsvereinbarung; vertrauen Arbeitgeber und eintretende Arbeitnehmer auf die Gültigkeit der Betriebsvereinbarung, so kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass der Inhalt der unzulässigen Betriebsvereinbarung auf Grund objektiver Vertragsergänzung zum Inhalt der Einzelverträge wird. Wird eine unzulässige Betriebsvereinbarung abgeschlossen, können die im Betrieb schon tätigen Arbeitnehmer das entsprechende Abschlussverhalten des Arbeitgebers, wenn dieser aus ihrer Sicht nicht auf die Gültigkeit der Betriebsvereinbarung vertraute oder vertrauen durfte, als ein an sie gerichtetes, auf die Ergänzung des Einzelvertragsinhalts um den Betriebsvereinbarungsinhalt abzielendes Arbeitgeberoffert verstehen. Hat aus der Sicht der Arbeitnehmer der Arbeitgeber hingegen auf die Gültigkeit der unzulässigen Betriebsvereinbarung vertraut bzw vertrauen dürfen, so kann das auf den Abschluss der unzulässigen Betriebsvereinbarung gerichtete Verhalten des Arbeitgebers und die darauf basierende Bekanntgabe ihres Inhalts oder das darauf basierende Praktizieren ihres Inhalts in der Regel in ein an die Arbeitnehmer gerichtetes, auf die Ergänzung des Einzelarbeitsvertragsinhalts um den Betriebsvereinbarungsinhalt abzielendes Arbeitgeberoffert umgedeutet werden. Dies führt dann - ein entsprechendes Offertannahmeverhalten auf der Arbeitnehmerseite vorausgesetzt - zu einer Einzelvertragsergänzung. Vertrauen in diesem Fall aber auch die Arbeitnehmer auf die Gültigkeit der Betriebsvereinbarung, so ist ihr deren Durchführung hinnehmendes Verhalten in der Regel gleichfalls in eine Offertannahmeverhalten umzudeuten (s näher Strasser, aaO Paragraph 29, Rz 15 und die dort angeführten weiteren Nachweise; ausführlich ferner Strasser, Kommentar zu 14 ObA 47/87, DRdA 1988, 127).

In jeder dieser Varianten geht es somit darum, den objektiven Erklärungswert des Arbeitgeberverhaltens zu ermitteln, also zu prüfen, wie sein Verhalten von den Arbeitnehmern verstanden werden musste.

Dem Antragsteller ist durchaus zuzubilligen, dass es denkbar ist, dass ein als Betriebsvereinbarung unwirksamer „Sozialplan" bei Vorliegen der dargestellten Voraussetzungen Bestandteil der Einzelverträge werden kann (so zur Unwirksamkeit mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen: Preiss in Cerny ua, ArbVG³ § 109 Erl 29). Derartiges ist daher grundsätzlich auch im hier zu beurteilenden Fall - also im Fall der nur mündlich erfolgten Verlängerung der Sozialplan-Betriebsvereinbarung - nicht ausgeschlossen. Allerdings reicht vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage das Vorbringen des Antragstellers nicht aus, um im hier zu beurteilenden Fall von der von ihm behaupteten Ergänzung der Einzelverträge auszugehen:Dem Antragsteller ist durchaus zuzubilligen, dass es denkbar ist, dass ein als Betriebsvereinbarung unwirksamer „Sozialplan" bei Vorliegen der dargestellten Voraussetzungen Bestandteil der Einzelverträge werden kann (so zur Unwirksamkeit mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen: Preiss in Cerny ua, ArbVG³ Paragraph 109, Erl 29). Derartiges ist daher grundsätzlich auch im hier zu beurteilenden Fall - also im Fall der nur mündlich erfolgten Verlängerung der Sozialplan-Betriebsvereinbarung - nicht ausgeschlossen. Allerdings reicht vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage das Vorbringen des Antragstellers nicht aus, um im hier zu beurteilenden Fall von der von ihm behaupteten Ergänzung der Einzelverträge auszugehen:

Bei der Beurteilung der Frage, wie die Arbeitnehmer das Verhalten des Arbeitgebers (als Erklärungsverhalten) deuten durften, muss auf Wesen und Begriff des Sozialplans abgestellt werden. Da die Betriebsparteien bei Abschluss der Verlängerungsvereinbarung von einer Verlängerung eines Sozialplans ausgingen, kann dem Arbeitnehmer nicht unterstellt werden, er habe damit eine Vereinbarung treffen wollen, die dem Wesen des Sozialplans nicht entspricht.

Sozialpläne beziehen sich auf Betriebsänderungen iSd § 109 Abs 1 Z 1 bis 6 ArbVG, und zwar notwendig nicht auf eventuell mögliche oder denkbare, sondern auf bereits hinreichend konkret konzipierte Maßnahmen (Krejci, Zu den Abschlussvoraussetzungen des Sozialplanes, in Tomandl, Probleme des Einsatzes von Betriebsvereinbarungen, 139; ders, Der Sozialplan, 26 ff; ders, Über den Inhalt von Sozialplänen, in FS Strasser, 511 ff).Sozialpläne beziehen sich auf Betriebsänderungen iSd Paragraph 109, Absatz eins, Ziffer eins bis 6 ArbVG, und zwar notwendig nicht auf eventuell mögliche oder denkbare, sondern auf bereits hinreichend konkret konzipierte Maßnahmen (Krejci, Zu den Abschlussvoraussetzungen des Sozialplanes, in Tomandl, Probleme des Einsatzes von Betriebsvereinbarungen, 139; ders, Der Sozialplan, 26 ff; ders, Über den Inhalt von Sozialplänen, in FS Strasser, 511 ff).

Aus dem vom Antragsteller vorgebrachten Sachverhalt ist dazu zu entnehmen, dass der vorliegende Sozialplan aus Anlass eines wegen anhaltender wirtschaftlicher Schwierigkeiten für das Jahr 1994 geplanten Personalabbaus vereinbart wurde. Dieser geplante Personalabbau stellt somit die konkrete Maßnahme dar, die den Abschluss des Sozialplans rechtfertigte. Da offenbar schon damals als nicht ausgeschlossen erachtet wurde, dass die wirtschaftlichen Schwierigkeiten über das Ende der vereinbarten Befristung (31. 1. 1995) hinaus anhalten könnten und ein weiterer Personalabbau möglich sein werde, wurden bereits im Text des Sozialplans für den Fall eines weiteren Personalabbaus im Jahr 1995 Gespräche über seine Verlängerung ins Auge gefasst. Tatsächlich kam es sodann zu solchen Gesprächen und zu einer (allerdings nur mündliche vereinbarten) unbefristeten Verlängerung des Sozialplans, die dazu führte, dass er trotz des Ablaufs der vereinbarten Befristung im März 1995 auf 13 Arbeitnehmer angewendet wurde.

Bei der Beurteilung des aus diesem Sachverhalt ableitbaren Erklärungsverhalten des Arbeitgebers muss somit berücksichtigt werden, dass die auf Grund der Verlängerungsvereinbarung erfolgte Anwendung des Sozialplans auf weitere Arbeitnehmer in unmittelbarem zeitlichen und wohl auch sachlichen Zusammenhang mit dem für seinen Abschluss maßgebenden Sachverhalt gestanden ist. In den folgenden 10 Jahren wurden die im Sozialplan vereinbarten Regelungen hingegen nicht mehr angewendet. Mangels gegenteiliger Behauptungen im Antrag kann daher nicht unterstellt werden, dass die behauptete „unbefristete Verlängerung" des Sozialplans losgelöst vom damaligen Anlass vereinbart werden und die Sozialplanregelung zur - dem Wesen des Sozialplans nicht entsprechenden - Dauerregelung werden sollte. Dass in der Verlängerungsvereinbarung auf ganz bestimmte (letztlich bis ins Jahr 2005 andauernde) wirtschaftliche Schwierigkeiten abgestellt wurde, die es erlauben würden, von einer konkreten Maßnahme auszugehen, die sich nunmehr - 10 Jahre später - verwirklicht, ist dem vorgebrachten Sachverhalt nicht zu entnehmen. Auf der Grundlage der Antragsbehauptungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Arbeitnehmer die Vereinbarung einer Verlängerung des Sozialplans angesichts eines für März 1995 geplanten Personalabbaus als Anbot des Arbeitgebers werten durften, die Sozialplanregelung auf Dauer auf jeden Personalabbau anzuwenden, der in Hinkunft durch wirtschaftliche Schwierigkeiten notwendig wird.

Textnummer

E79513

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:009OBA00068.05Y.1216.000

Im RIS seit

15.01.2006

Zuletzt aktualisiert am

19.01.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten