TE Vwgh Erkenntnis 2007/8/30 2006/19/0404

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Veröffentlicht am 30.08.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß sowie die Hofräte Mag. Nedwed und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der E, vertreten durch Dr. Martina Simlinger-Haas, Rechtsanwältin in 1030 Wien, Reisnerstraße 31, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 20. April 2005, Zl. 257.407/0-VI/18/05, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung der Beschwerdeführerin "aus dem österreichischen Bundesgebiet") bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Republik Moldau, beantragte am 20. Mai 2003 Asyl. Bei ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt gab sie zu ihren Fluchtgründen an, während ihres Studiums im Jahr 1990 in Tiraspol hätten Kasachen im Studentenheim alle Moldawisch-Stämmigen beschimpft. Die Universität sei dann nach Chisinau übersiedelt. In der Schule habe sie (als Lehrerin) große Probleme gehabt; es sei kritisiert worden, dass mit lateinischen und nicht mit kyrillischen Buchstaben geschrieben worden sei. Sie sei vor allem deswegen angegriffen worden, weil sie die kommunistische Ideologie nicht unterstützt habe. Sie habe die Christlich Demokratische Partei unterstützt, habe sich aber nie einschreiben lassen. Sie habe an Demonstrationen im Zeitraum vom September 2000 bis März 2001 teilgenommen. Dabei sei für die rumänische Sprache, für den Beitritt zur EU und gegen die Kommunisten demonstriert worden. Sie habe deswegen große Probleme in der Familie und in der Schule gehabt. Nach Demonstrationen sei sie immer wieder von verschiedenen Personen verbal angegriffen worden. Nach der letzten Demonstration habe sie einen Brief erhalten: Falls sie weiterhin antirussische Kampagnen betreibe, werde man gegen sie vorgehen. Sie habe den Brief weggeworfen. Im August 2002 habe sie sich von ihrem Mann, der gegen ihre politische Betätigung gewesen sei, scheiden lassen. Ihr Ex-Mann habe sie ständig angegriffen. Ihr Mann habe sie auch regelmäßig geschlagen. Sie habe in Chisinau eine Wohnung gekauft; danach habe sie des öfteren von der Polizei Besuch bekommen. Diese habe zwar Fragen über die Vorbesitzerin gestellt; sie glaube aber, dass die Polizei sie wegen der Teilnahme an den Demonstrationen einschüchtern habe wollen. Sie habe mit den Polizeibeamten nur am Gang gesprochen; an ihren Blicken habe sie bemerkt, dass diese keine guten Absichten gehabt hätten.

Das Bundesasylamt wies den Asylantrag mit Bescheid vom 14. Jänner 2005 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab (Spruchpunkt I.), stellte gemäß § 8 Abs. 1 AsylG die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Moldau fest (Spruchpunkt II.) und wies die Beschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt III.). Die von der Beschwerdeführerin behaupteten Verfolgungshandlungen seien nicht glaubhaft. Es könne nicht davon gesprochen werden, dass in Moldau eine nicht sanktionierte ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen herrsche.

Gegen diese Entscheidung erhob die Beschwerdeführerin Berufung, welche die belangte Behörde nach mündlicher Berufungsverhandlung, zu welcher die Beschwerdeführerin trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen war, mit dem angefochtenen Bescheid "gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 AsylG" abwies. Auch die belangte Behörde kam - aus näher dargestellten Gründen - zu dem Ergebnis, dass das von der Beschwerdeführerin erstattete Vorbringen zu den fluchtauslösenden Ereignissen nicht der Wahrheit entspräche.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerde geht in ihren Überlegungen - anders als die belangte Behörde - vom Zutreffen der Fluchtgeschichte der Beschwerdeführerin aus. Gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde wendet sie ein, der Umstand, dass die Beschwerdeführerin in Moldau sich eine Wohnung leisten habe können und von ihrer Familie finanziell unterstützt worden sei, sei eindeutiges Indiz dafür, dass die Beschwerdeführerin Moldau nicht aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe. Auch bestehe kein Widerspruch zwischen den Aussagen der Beschwerdeführerin und ihrer Tochter. Mit diesen Ausführungen übersieht die Beschwerdeführerin, dass die behördliche Beweiswürdigung der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nur dahin unterworfen ist, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die hiebei angestellten Erwägungen schlüssig sind, was dann der Fall ist, wenn sie den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut nicht widersprechen, ohne dass es dem Gerichtshof zukäme, die vorgenommene Beweiswürdigung der belangten Behörde darüber hinaus auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen. Die Gründe, aus denen die belangte Behörde den Behauptungen der Beschwerdeführerin keinen Glauben geschenkt hat, halten aber der auf diese Schlüssigkeitsprüfung beschränkten Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof stand.

Die Beschwerde erweist sich daher, soweit sie sich gegen die Bestätigung der Spruchpunkte I. und II. des erstinstanzlichen Bescheides richtet, als unbegründet (§ 42 Abs. 1 VwGG).

Bei der unveränderten Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides über die Ausweisung der Beschwerdeführerin "aus dem österreichischen Bundesgebiet" (Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides) hat die belangte Behörde jedoch verkannt, dass die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das - nach Erlassung des angefochtenen Bescheides ergangene - hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden.

Es war daher die Bestätigung des Spruchpunktes III. des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwanderersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 30. August 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006190404.X00

Im RIS seit

26.11.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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