TE OGH 2005/12/19 4Ob204/05m

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Veröffentlicht am 19.12.2005
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Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****-Aktiengesellschaft *****, vertreten durch Engin-Deniz Reimitz Schönherr Hafner Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Herbert Heigl und andere Rechtsanwälte in Marchtrenk, wegen Unterlassung, Beseitigung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 24.190 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 9. August 2005, GZ 1 R 96/05a-9, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 8. April 2005, GZ 4 Cg 6/05k-3, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:

"Der Antrag, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, unter dem Zeichen 'Küchenjuwel' und/oder unter einem mit dem Zeichen 'Juwel' verwechslungsfähig ähnlichen Zeichen Waren anzubieten und/oder zu bewerben und/oder zu vertreiben und/oder sonst in Verkehr zu bringen, wird abgewiesen.

Die Klägerin ist schuldig, der beklagten Partei die mit 835,56 EUR (darin 139,26 EUR USt) bestimmten Äußerungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Die Klägerin ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.296,26 EUR (darin 382,71 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Inhaberin der deutschen Wortmarke Nr. 1139958 „Juwel", welche am 19. 5. 1989 (ua) für Waren der Klasse 29 (Tiefkühlkost, insbesondere Fleisch, Geflügel, Wild) in das deutsche Markenregister eingetragen wurde. Am 19. 5. 2003 wurde für die Klägerin auf Grund dieser Marke eine internationale Marke zu IR 807897 registriert, die auch für Österreich Schutz genießt.

Die Beklagte ist Inhaberin der österreichischen Wortbildmarke Nr. 218732 „Küchen Juwel" und der österreichischen Wortmarke Nr. 218733 „Küchenjuwel", beide am 6. 5. 2004 für Waren der Klasse 29 angemeldet und am 15. 7. 2004 vom österreichischen Patentamt registriert. Die Beklagte benützt die Marken beim Vertrieb verschiedener Fleisch- und Geflügelprodukte.

Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, unter dem Zeichen „Küchenjuwel" und/oder unter einem mit dem Zeichen „Juwel" verwechslungsfähig ähnlichen Zeichen Waren anzubieten und/oder zu bewerben und/oder zu vertreiben und/oder sonst in Verkehr zu bringen. Die Beklagte verletze ihre Markenrechte am Zeichen „Juwel".

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags, hilfsweise die Auferlegung einer Sicherheitsleistung von zumindest 100.000 EUR. Es bestehe keine Verwechslungsgefahr; auch verwende die Klägerin ihre Marke nicht.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt. Verwechslungsgefahr sei zu bejahen. Die Wortbildmarke der Beklagten werde vom Wort „Juwel" geprägt, das starke Kennzeichnungskraft für Fleischwaren besitze. Im Ergebnis werde die prioritätsältere Marke der Klägerin durch die Marken der Beklagten bei Waren- und Dienstleistungsidentität nahezu identisch übernommen. Die behauptete Nichtverwendung der Marke stehe der Erlassung der einstweiligen Verfügung nicht entgegen, weil die Marke (erst) am 19. 5. 2003 in das internationale Markenregister eingetragen worden sei. Der Unterlassungsanspruch sei ausreichend bescheinigt; es bestehe daher kein Anlass, der Klägerin eine Sicherheitsleistung aufzuerlegen.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Klägerin habe mit der internationalen Registrierung ihrer Marke auch nationalen Markenschutz erlangt. Dass die internationale Marke nicht ordnungsgemäß registriert worden wäre oder sich ihr Schutz nicht auch auf Österreich erstreckte, habe die Beklagte nicht eingewendet. Die internationale Registrierung ersetze die Eintragung im nationalen Markenregister. Ungeprüft könne bleiben, ob die deutsche Ursprungsmarke infolge Nichtbenützung verfallen sei, habe doch die Klägerin ihre Klagsansprüche nicht nur auf diese, sondern vor allem auf ihre internationale Marke gestützt. Abzustellen sei daher nicht auf den deutschen, sondern auf den internationalen - auch für Österreich wirksamen - Markenrechtserwerb im Mai 2003. Registrierte Marken seien in den ersten fünf Jahren nach der Eintragung unabhängig davon geschützt, ob sie verwendet werden. Die Verwechslungsgefahr sei zu bejahen, weil die Beklagte - bei Warenidentität - die ältere Marke der Klägerin in ihre Wortmarke buchstabengetreu und zur Gänze übernommen habe, wobei die übernommene Marke innerhalb der übernehmenden Marke keine untergeordnete, sondern eine gleichwertige Rolle spiele.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

1. Die Beklagte macht geltend, dass die Klägerin nicht behauptet und bescheinigt habe, dass sich der Schutz ihrer internationalen Marke auch auf das Inland erstrecke.

Bescheinigt ist, dass die auf einer in Deutschland (als Ursprungs- oder Basismarke) angemeldeten und registrierten Marke beruhende internationale Marke der Klägerin seit 19. 5. 2003 im Internationalen Markenregister eingetragen ist und sich ihr Schutz auch auf Österreich erstreckt. Einer Registrierung der Marke auch beim österreichischen Patentamt bedurfte es dazu nicht. Wird eine Marke beim Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) in Genf registriert, so ist die Marke in jedem Vertragsstaat, auf den sich der Schutz erstreckt, ebenso geschützt, wie wenn sie in jedem Vertragsstaat unmittelbar hinterlegt (eingetragen) worden wäre. Sie verschafft dem Markeninhaber daher dieselbe Rechtsposition, die er durch nationale Eintragungen in jedem der betroffenen Vertragsstaaten erlangt hätte. Das durch die internationale Registrierung auch in Österreich entstandene Markenrecht ist daher einem (österreichischem) Markenrecht gleichzuhalten, wie es durch Anmeldung und Registrierung der Marke beim Österreichischen Patentamt entsteht (4 Ob 128/03g = JBl 2004, 525).

Dass das österreichische Patentamt der internationalen Marke der Klägerin den Schutz verweigert hätte, hat die für diese rechtsvernichtende Einwendung behauptungs- und bescheinigungspflichtige Beklagte nicht vorgebracht.

2. Der Bestand der nationalen Basismarke ist nicht nur Voraussetzung für die Eintragung der internationalen Marke, sondern während der ersten fünf Jahre auch für deren Weiterbestehen (Grundsatz der Akzessorietät): Gem Art 6 Abs 3 Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken (MMA) kann der durch internationale Registrierung erlangte Schutz (ua) dann ganz oder teilweise nicht mehr in Anspruch genommen werden, wenn innerhalb von fünf Jahren vom Zeitpunkt der internationalen Registrierung an die vorher im Ursprungsland eingetragene nationale Marke in diesem Land den gesetzlichen Schutz ganz oder teilweise nicht mehr genießt. Erst mit Ablauf der genannten Frist wird die internationale Marke von der Ursprungsmarke unabhängig (Art 6 Abs 2 MMA; Kucsko, Geistiges Eigentum 633).2. Der Bestand der nationalen Basismarke ist nicht nur Voraussetzung für die Eintragung der internationalen Marke, sondern während der ersten fünf Jahre auch für deren Weiterbestehen (Grundsatz der Akzessorietät): Gem Artikel 6, Absatz 3, Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken (MMA) kann der durch internationale Registrierung erlangte Schutz (ua) dann ganz oder teilweise nicht mehr in Anspruch genommen werden, wenn innerhalb von fünf Jahren vom Zeitpunkt der internationalen Registrierung an die vorher im Ursprungsland eingetragene nationale Marke in diesem Land den gesetzlichen Schutz ganz oder teilweise nicht mehr genießt. Erst mit Ablauf der genannten Frist wird die internationale Marke von der Ursprungsmarke unabhängig (Artikel 6, Absatz 2, MMA; Kucsko, Geistiges Eigentum 633).

Die Klage wurde innerhalb von fünf Jahren nach Registrierung der internationalen Marke eingebracht. Damit hängt der Schutz der internationalen Marke davon ab, ob die Basismarke in Deutschland Schutz genießt. Diese Frage ist nach deutschem Markenrecht zu prüfen.

3. § 25 Abs 1 dMarkenG schließt Ansprüche aus der Verletzung der Marke aus, wenn die Marke seit mindestens fünf Jahren eingetragen und innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Zeitpunkt der Geltendmachung nicht benutzt worden ist. Nach § 49 dMarkenG wird die Eintragung einer Marke auf Antrag wegen Verfalls gelöscht, wenn die Marke nach dem Tag der Eintragung innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht benutzt worden ist. Auch das deutsche Markenrecht kennt demnach einen (aufgeschobenen) „Benutzungszwang" und verknüpft den Kennzeichenschutz grundsätzlich mit dem Erfordernis tatsächlicher Benutzung des zu schützenden Kennzeichens (Ingerl/Rohnke, Markengesetz § 26 Rz 1).3. Paragraph 25, Absatz eins, dMarkenG schließt Ansprüche aus der Verletzung der Marke aus, wenn die Marke seit mindestens fünf Jahren eingetragen und innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Zeitpunkt der Geltendmachung nicht benutzt worden ist. Nach Paragraph 49, dMarkenG wird die Eintragung einer Marke auf Antrag wegen Verfalls gelöscht, wenn die Marke nach dem Tag der Eintragung innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht benutzt worden ist. Auch das deutsche Markenrecht kennt demnach einen (aufgeschobenen) „Benutzungszwang" und verknüpft den Kennzeichenschutz grundsätzlich mit dem Erfordernis tatsächlicher Benutzung des zu schützenden Kennzeichens (Ingerl/Rohnke, Markengesetz Paragraph 26, Rz 1).

4. Nach deutschem Recht hat der Kläger auf Einrede des Beklagten nachzuweisen (glaubhaft zu machen), dass die Marke in den letzten fünf Jahren vor Erhebung der Klage für die Waren und Dienstleistungen, auf die er sich zur Begründung seines Anspruchs beruft, gemäß § 26 dMarkenG benutzt worden ist (§ 25 Abs 2 dMarkenG); nach österreichischem Recht kann eine einstweilige Verfügung, die auf eine seit mehr als fünf Jahren eingetragene Marke gestützt wird, nur erlassen werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der Löschungsgrund des § 33a MSchG (Löschung einer Marke infolge Nichtbenutzung innerhalb von fünf Jahren nach Erlangung des Markenschutzes) nicht vorliegt (§ 56 Satz 2 MSchG). Ob - was die Notwendigkeit der Bescheinigung nur auf Einrede oder in jedem Fall betrifft - deutsches oder österreichisches Recht anzuwenden ist, kann offen bleiben, weil nach deutschem Recht dem Antragsgegner Gelegenheit zu Einrede zu geben ist, wenn in einem auf eine dem Benutzungszwang unterliegende Marke gestützten Sicherungsantrag die rechtserhaltende Benutzung nicht glaubhaft gemacht wird (Ingerl/Rohnke, Markengesetz² § 25 Rz 30) und die Beklagte ohnehin eingewandt hat, die Klägerin habe ihre Marke nicht benutzt.4. Nach deutschem Recht hat der Kläger auf Einrede des Beklagten nachzuweisen (glaubhaft zu machen), dass die Marke in den letzten fünf Jahren vor Erhebung der Klage für die Waren und Dienstleistungen, auf die er sich zur Begründung seines Anspruchs beruft, gemäß Paragraph 26, dMarkenG benutzt worden ist (Paragraph 25, Absatz 2, dMarkenG); nach österreichischem Recht kann eine einstweilige Verfügung, die auf eine seit mehr als fünf Jahren eingetragene Marke gestützt wird, nur erlassen werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der Löschungsgrund des Paragraph 33 a, MSchG (Löschung einer Marke infolge Nichtbenutzung innerhalb von fünf Jahren nach Erlangung des Markenschutzes) nicht vorliegt (Paragraph 56, Satz 2 MSchG). Ob - was die Notwendigkeit der Bescheinigung nur auf Einrede oder in jedem Fall betrifft - deutsches oder österreichisches Recht anzuwenden ist, kann offen bleiben, weil nach deutschem Recht dem Antragsgegner Gelegenheit zu Einrede zu geben ist, wenn in einem auf eine dem Benutzungszwang unterliegende Marke gestützten Sicherungsantrag die rechtserhaltende Benutzung nicht glaubhaft gemacht wird (Ingerl/Rohnke, Markengesetz² Paragraph 25, Rz 30) und die Beklagte ohnehin eingewandt hat, die Klägerin habe ihre Marke nicht benutzt.

5. Im vorliegenden Fall gilt - wie oben dargelegt - das Erfordernis der Bescheinigung rechtserhaltender Benutzung für die Basismarke, da seit der Registrierung der für Österreich geschützten internationalen Marke fünf Jahre noch nicht abgelaufen sind und die Marke daher noch von der Basismarke abhängig ist. Die Klägerin hat nicht bescheinigt, dass die deutsche Basismarke in den letzten fünf Jahren ernsthaft benutzt worden ist oder dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen (§ 26 Abs 1 dMarkenG). Schon aus diesem Grund ist ihr Sicherungsantrag nicht berechtigt. Auf die im Rechtsmittel weiters aufgeworfenen Fragen der Verwechslungsgefahr und der Sicherheitsleistung muss nicht weiter eingegangen werden.5. Im vorliegenden Fall gilt - wie oben dargelegt - das Erfordernis der Bescheinigung rechtserhaltender Benutzung für die Basismarke, da seit der Registrierung der für Österreich geschützten internationalen Marke fünf Jahre noch nicht abgelaufen sind und die Marke daher noch von der Basismarke abhängig ist. Die Klägerin hat nicht bescheinigt, dass die deutsche Basismarke in den letzten fünf Jahren ernsthaft benutzt worden ist oder dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen (Paragraph 26, Absatz eins, dMarkenG). Schon aus diesem Grund ist ihr Sicherungsantrag nicht berechtigt. Auf die im Rechtsmittel weiters aufgeworfenen Fragen der Verwechslungsgefahr und der Sicherheitsleistung muss nicht weiter eingegangen werden.

Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf Paragraph 393, Absatz eins, EO; jene über die Kosten der Beklagten auf Paragraphen 78,, 402 Absatz 4, EO in Verbindung mit Paragraphen 41,, 50 ZPO.

Textnummer

E79456

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:0040OB00204.05M.1219.000

Im RIS seit

18.01.2006

Zuletzt aktualisiert am

21.11.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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