Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Pflegschaftssache der am 1. März 1994 geborenen mj Stefanie S***** und des am 7. April 1995 geborenen mj David S*****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Vaters Helmut G*****, vertreten durch Keimel Baldauf Schnalzer Rechtsanwälte KEG in Fürstenfeld, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 13. April 2005, GZ 21 R 102/05g-221, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Gmunden vom 7. Februar 2005, GZ 1 P 124/98y-209 (im angefochtenen Beschluss offenbar unrichtig 1 P 124/98y-81), abgeändert wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der Beschluss des Rekursgerichts und der Beschluss des Erstgerichts in seinem Punkt 1 a) werden aufgehoben; dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Text
Begründung:
Die Ehe der Eltern wurde mit Beschluss vom 26. Jänner 1998 gemäß § 55a EheG geschieden. Gegenstand des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof ist ausschließlich die Festlegung des Rechts des Vaters auf Besuchskontakt zu seinen Kindern in den Semesterferien. Das Erstgericht räumte dem Vater in Abänderung der bisherigen Regelung dieses Recht in den Semesterferien eines jeden Jahres beginnend mit Samstag nach der Zeugnisverteilung 10.00 Uhr bis zum darauf folgenden Samstag 20.00 Uhr ein. Zur Begründung führte das Erstgericht aus, es gebe keinen Grund, dem Vater das Recht auf Besuchskontakt in den Semesterferien zu verweigern. Ein solches Besuchsrecht sei notwendig, um die Kinder während der sonst überlangen Zeit des Nichtsehens zwischen Weihnachten und Ostern gegenüber dem Vater nicht fremd werden zu lassen.Die Ehe der Eltern wurde mit Beschluss vom 26. Jänner 1998 gemäß Paragraph 55 a, EheG geschieden. Gegenstand des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof ist ausschließlich die Festlegung des Rechts des Vaters auf Besuchskontakt zu seinen Kindern in den Semesterferien. Das Erstgericht räumte dem Vater in Abänderung der bisherigen Regelung dieses Recht in den Semesterferien eines jeden Jahres beginnend mit Samstag nach der Zeugnisverteilung 10.00 Uhr bis zum darauf folgenden Samstag 20.00 Uhr ein. Zur Begründung führte das Erstgericht aus, es gebe keinen Grund, dem Vater das Recht auf Besuchskontakt in den Semesterferien zu verweigern. Ein solches Besuchsrecht sei notwendig, um die Kinder während der sonst überlangen Zeit des Nichtsehens zwischen Weihnachten und Ostern gegenüber dem Vater nicht fremd werden zu lassen.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss infolge Rekurses der Mutter dahin ab, dass dem Vater dieses Recht auf Besuchskontakt nur jedes zweite Jahr zusteht, dh der Vater die nächsten Besuchskontakte im angeführten Umfang zu seinen Kindern in den Semesterferien im Jahr 2007, 2009, 2011 usw ausüben kann; es sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil der grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls abhängigen Frage, inwieweit einem Elternteil das Besuchsrecht einzuräumen ist, keine Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zukomme.Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss infolge Rekurses der Mutter dahin ab, dass dem Vater dieses Recht auf Besuchskontakt nur jedes zweite Jahr zusteht, dh der Vater die nächsten Besuchskontakte im angeführten Umfang zu seinen Kindern in den Semesterferien im Jahr 2007, 2009, 2011 usw ausüben kann; es sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil der grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls abhängigen Frage, inwieweit einem Elternteil das Besuchsrecht einzuräumen ist, keine Bedeutung iSd Paragraph 62, Absatz eins, AußStrG zukomme.
Die zweite Instanz vertrat die Ansicht, es sei ausreichend, aber auch angemessen, dem Vater als Ersatz für Pfingsten und Allerheiligen einen Besuchskontakt zu seinen Kindern in den Semesterferien nur alle zwei Jahre zu gewähren.
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters, zu dem die Mutter keine Beantwortung erstattet hat, ist zulässig und berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Besuchsrechtsregelung hängt zwar grundsätzlich vom Einzelfall ab und stellt keine erhebliche Rechtsfrage dar (RIS-Justiz RS0097114). Die zweite Instanz hat aber bei Abänderung der von der ersten Instanz festgelegten Besuchsrechtsregelung - ebenso wenig wie zuvor die erste Instanz - die Kinder nicht angehört.
Die Regelung des § 105 AußStrG [2003] über die „Befragung Minderjähriger" ist hier bereits anzuwenden, weil die Entscheidung zweiter Instanz am 13. April 2005 ergangen ist und die neuen Verfahrensbestimmungen gemäß § 199 AußStrG grundsätzlich auch auf bei In-Kraft-Treten am 1. Jänner 2005 bereits anhängige Verfahren anzuwenden sind. Ein in den Übergangsbestimmungen der §§ 202 ff AußStrG vorgesehener Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Gemäß § 105 Abs 1 erster Satz AußStrG hat das Gericht Minderjährige in Verfahren über Pflege und Erziehung oder das Recht auf persönlichen Verkehr grundsätzlich persönlich zu hören. In § 105 Abs 1 zweiter Satz AußStrG sind die Voraussetzungen einer - hier ebenfalls nicht erfolgten - Anhörung durch den Jugendwohlfahrtsträger oder in anderer Weise als durch das Gericht normiert. Die Ausnahmen sieht § 105 Abs 2 AußStrG vor. Danach hat die Befragung zu unterbleiben, soweit durch sie oder durch einen damit verbundenen Aufschub der Verfügung das Wohl des Minderjährigen gefährdet wäre oder im Hinblick auf die Verständnisfähigkeit des Minderjährigen offenbar eine überlegte Äußerung zum Verfahrensgegenstand nicht zu erwarten ist. Diese Bestimmung entspricht im Übrigen im Wesentlichen dem § 182b AußStrG 1854 idF KindRÄG 2001 mit Ausnahme der nun vorgenommenen Streichung des Wortes „tunlichst" in Abs 1. Die Einschränkung ist insofern nicht erforderlich, als die Regelung des Abs 2 ohnehin ausreichend Ausnahmen vorsieht und auch einer Verfahrensverzögerung vorbeugt (RV zum AußStrG, abgedruckt in Fucik/Kloiber, AußStrG bei § 105).Die Regelung des Paragraph 105, AußStrG [2003] über die „Befragung Minderjähriger" ist hier bereits anzuwenden, weil die Entscheidung zweiter Instanz am 13. April 2005 ergangen ist und die neuen Verfahrensbestimmungen gemäß Paragraph 199, AußStrG grundsätzlich auch auf bei In-Kraft-Treten am 1. Jänner 2005 bereits anhängige Verfahren anzuwenden sind. Ein in den Übergangsbestimmungen der Paragraphen 202, ff AußStrG vorgesehener Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Gemäß Paragraph 105, Absatz eins, erster Satz AußStrG hat das Gericht Minderjährige in Verfahren über Pflege und Erziehung oder das Recht auf persönlichen Verkehr grundsätzlich persönlich zu hören. In Paragraph 105, Absatz eins, zweiter Satz AußStrG sind die Voraussetzungen einer - hier ebenfalls nicht erfolgten - Anhörung durch den Jugendwohlfahrtsträger oder in anderer Weise als durch das Gericht normiert. Die Ausnahmen sieht Paragraph 105, Absatz 2, AußStrG vor. Danach hat die Befragung zu unterbleiben, soweit durch sie oder durch einen damit verbundenen Aufschub der Verfügung das Wohl des Minderjährigen gefährdet wäre oder im Hinblick auf die Verständnisfähigkeit des Minderjährigen offenbar eine überlegte Äußerung zum Verfahrensgegenstand nicht zu erwarten ist. Diese Bestimmung entspricht im Übrigen im Wesentlichen dem Paragraph 182 b, AußStrG 1854 in der Fassung KindRÄG 2001 mit Ausnahme der nun vorgenommenen Streichung des Wortes „tunlichst" in Absatz eins, Die Einschränkung ist insofern nicht erforderlich, als die Regelung des Absatz 2, ohnehin ausreichend Ausnahmen vorsieht und auch einer Verfahrensverzögerung vorbeugt Regierungsvorlage zum AußStrG, abgedruckt in Fucik/Kloiber, AußStrG bei Paragraph 105,).
Bei einem Minderjährigen darf somit die Befragung auch nach der neuen Rechtslage gemäß § 105 AußStrG 2003 wie bisher nach § 182b AußStrG 1854 nur aus den in Abs 2 genannten zwei Gründen unterbleiben, die unter den Begriffen des Kindeswohls und der Verständnisfähigkeit zusammenzufassen sind (7 Ob 269/04s zu § 182b AußStrG 1854). Im vorliegenden Fall hat das Rekursgericht nicht begründet, aus welchen Gründen es vor seiner Entscheidung, mit der das Besuchsrecht des Vaters zu den Semesterferien eingeschränkt wurde, von einer Einvernahme der Kinder Abstand genommen hat. Es ist auch kein Grund ersichtlich, der ein Unterbleiben der Befragung der Kinder rechtfertigen würde.Bei einem Minderjährigen darf somit die Befragung auch nach der neuen Rechtslage gemäß Paragraph 105, AußStrG 2003 wie bisher nach Paragraph 182 b, AußStrG 1854 nur aus den in Absatz 2, genannten zwei Gründen unterbleiben, die unter den Begriffen des Kindeswohls und der Verständnisfähigkeit zusammenzufassen sind (7 Ob 269/04s zu Paragraph 182 b, AußStrG 1854). Im vorliegenden Fall hat das Rekursgericht nicht begründet, aus welchen Gründen es vor seiner Entscheidung, mit der das Besuchsrecht des Vaters zu den Semesterferien eingeschränkt wurde, von einer Einvernahme der Kinder Abstand genommen hat. Es ist auch kein Grund ersichtlich, der ein Unterbleiben der Befragung der Kinder rechtfertigen würde.
Erst nach Befragung der Kinder kann auch deren Sicht als Verfahrensergebnis einbezogen werden und auf dieser erweiterten Grundlage eine mangelfreie Entscheidung getroffen werden, wobei das Gericht an den Wunsch der Kinder allein freilich nicht gebunden ist (Fucik/Kloiber aaO § 106 Rz 4 mwN).Erst nach Befragung der Kinder kann auch deren Sicht als Verfahrensergebnis einbezogen werden und auf dieser erweiterten Grundlage eine mangelfreie Entscheidung getroffen werden, wobei das Gericht an den Wunsch der Kinder allein freilich nicht gebunden ist (Fucik/Kloiber aaO Paragraph 106, Rz 4 mwN).
Aus diesem Grund sind die Beschlüsse der Vorinstanzen in ihrer Entscheidung über das Semesterbesuchsrecht des Vaters aufzuheben; das Erstgericht wird nach Befragung der Kinder eine neuerliche Entscheidung zu treffen haben.
Anmerkung
E79353 3Ob186.05g-2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2005:0030OB00186.05G.1221.000Dokumentnummer
JJT_20051221_OGH0002_0030OB00186_05G0000_000