Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Hon. Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Helmut Brandl und Dr. Christoph Kainz (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dr. Mohammad S*****, Pensionist, *****, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Wiedner Hauptstraße 84-86, 1051 Wien, vertreten durch Bachmann & Bachmann, Rechtsanwälte in Wien, wegen Ausgleichszulage, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. Juli 2005, GZ 9 Rs 28/05m-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 29. November 2004, GZ 14 Cgs 186/04a-6, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Kläger bezieht seit 1. 12. 2003 von der beklagten Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft eine Erwerbsunfähigkeitspension, die im Dezember 2003 eine Höhe von EUR 212,44 monatlich und im Jahr 2004 eine Höhe von EUR 215,63 monatlich hatte.
Er ist in aufrechter Ehe mit Frau Sussan O***** verheiratet. Die Lebensgemeinschaft der Eheleute wurde 1999 aufgehoben. Der Kläger verließ die eheliche Wohnung im 7. Wiener Gemeindebezirk und bezog eine Wohnung im 8. Wiener Gemeindebezirk Aus finanziellen Gründen - weil er diese Wohnung nicht erhalten konnte - ersuchte der Kläger seine Frau, wieder in der Wohnung im 7. Bezirk wohnen zu dürfen. Etwa im Jänner 2002 ist er in diese Wohnung eingezogen; die eheliche Lebensgemeinschaft wurde dadurch nicht wiederhergestellt. Die Räume der Wohnung waren so aufgeteilt, dass der Kläger das Wohnzimmer auch als sein eigenes Schlafzimmer verwendete. Einkaufen und Kochen wurde getrennt gehandhabt, ebenso das Wäschewaschen. Solange der Kläger die Wohnung bewohnte, hat er vereinbarungsgemäß die Rechnungen für Gas und Strom zur Gänze bezahlt; er hat sich weiters verpflichtet, einen Beitrag zur aufgelaufenen Miete zu bezahlen, wenn er wieder über Geld verfügen würde. Im November 2004 hat der Kläger die Wohnung wieder verlassen und ist in den 3. Wiener Gemeindebezirk gezogen. Mit Bescheid vom 7. 8. 2004 hat die beklagte Partei die Gewährung einer Ausgleichszulage mit der Begründung abgelehnt, dass das Gesamteinkommen einschließlich der Pensionsleistung die Höhe des Richtsatzes übersteige.
Das Erstgericht verpflichtete die beklagte Partei zur Gewährung der Ausgleichszulage im gesetzlichen Ausmaß ab 1. 12. 2003 unter Außerachtlassung des Einkommens der Ehegattin sowie zur Erbringung einer vorläufigen Zahlung von EUR 400,-- monatlich. Ein Leben mit dem Ehepartner "im gemeinsamen Haushalt" liege nicht vor, weshalb das Einkommen des Ehepartners nicht anzurechnen sei.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe, dass es die beklagte Partei verpflichtete, dem Kläger eine monatliche Ausgleichszulage von EUR 499,59 für Dezember 2003, von EUR 507,08 von Jänner bis März 2004, von EUR 1.014,16 (inklusive Sonderzahlung) für April 2004, von EUR 507,08 von Mai bis August 2004, von EUR 1.014,16 (inklusive Sonderzahlung) für September 2004 und von EUR 507,08 für Oktober und November 2004 zu gewähren.
Ein gemeinsamer Haushalt könne nur im Fall des Bestehens einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft bejaht werden, wobei die Wirtschaftsgemeinschaft im Sinne einer wirtschaftlichen und finanziellen Interessengemeinschaft mit der Zielsetzung, die Kosten der Lebenshaltung durch Zusammenwirtschaften zu vermindern, im Vordergrund stehe. Wenn der Kläger und seine Frau im relevanten Zeitraum von 1. 10. 2003 bis 15. 11. 2004 zwar in einer Wohngemeinschaft gelebt, aber getrennt eingekauft und gekocht sowie Wäsche gewaschen hätten, könne nicht von einer zur Begründung einer Hausgemeinschaft ausreichenden Wirtschaftsgemeinschaft ausgegangen werden, auch wenn sich durch die gemeinsame Benützung einer Wohnung und die Teilung der damit verbundenen Fixkosten die Kosten der Lebensführung vermindert hätten.
Somit sei auf den Kläger der Einzelrichtsatz anzuwenden; eine Berücksichtigung des Einkommens der Ehegattin habe zu unterbleiben. Die ordentliche Revision sei zulässig, da eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu einer Konstellation der vorliegenden Art fehle. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagsabweisenden Sinn. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt. Die klagende Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes ist die Revision nicht zulässig.
Strittig ist nur mehr die Frage, ob der Kläger im maßgeblichen Zeitraum von 1. 12. 2003 bis 15. 11. 2004 mit seiner Ehegattin im gemeinsamen Haushalt gelebt hat und deshalb bei der Berechnung eines Anspruchs des Klägers auf Ausgleichszulage vom "Familienrichtsatz" für Ehepaare nach § 150 Abs 1 lit a sublit aa GSVG auszugehen ist. Zu den gleichlautenden Richtsatzbestimmungen in § 293 Abs 1 lit a sublit aa ASVG einerseits sowie § 141 Abs 1 lit a sublit aa BSVG andererseits hat der Oberste Gerichtshof bereits in mehreren Entscheidungen Stellung genommen. So hat der erkennende Senat in der Entscheidung 10 ObS 312/91 (SSV-NF 6/18 = SZ 65/25), in der es um einen krankheitsbedingt in einem Heim untergebrachten Ehegatten ging, dessen Entlassung in häusliche Pflege in absehbarer Zeit nicht möglich war, das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes mit dem in der gemeinsamen Wohnung zurückbleibenden Ehepartner verneint (ähnlich 10 ObS 2336/96v = SSV-NF 10/100 und 10 ObS 171/99s = SSV-NF 13/79; RIS-Justiz RS0106544) und hervorgehoben, dass nur bei im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten in der Regel eine so enge Wirtschaftsgemeinschaft bestehe, die bei der Feststellung des Anspruches auf Ausgleichszulage nicht nur den höheren "Familienrichtsatz" rechtfertige, sondern auch die Berücksichtigung des gesamten Nettoeinkommens des im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners.Strittig ist nur mehr die Frage, ob der Kläger im maßgeblichen Zeitraum von 1. 12. 2003 bis 15. 11. 2004 mit seiner Ehegattin im gemeinsamen Haushalt gelebt hat und deshalb bei der Berechnung eines Anspruchs des Klägers auf Ausgleichszulage vom "Familienrichtsatz" für Ehepaare nach Paragraph 150, Absatz eins, Litera a, Sub-Litera, a, a, GSVG auszugehen ist. Zu den gleichlautenden Richtsatzbestimmungen in Paragraph 293, Absatz eins, Litera a, Sub-Litera, a, a, ASVG einerseits sowie Paragraph 141, Absatz eins, Litera a, Sub-Litera, a, a, BSVG andererseits hat der Oberste Gerichtshof bereits in mehreren Entscheidungen Stellung genommen. So hat der erkennende Senat in der Entscheidung 10 ObS 312/91 (SSV-NF 6/18 = SZ 65/25), in der es um einen krankheitsbedingt in einem Heim untergebrachten Ehegatten ging, dessen Entlassung in häusliche Pflege in absehbarer Zeit nicht möglich war, das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes mit dem in der gemeinsamen Wohnung zurückbleibenden Ehepartner verneint (ähnlich 10 ObS 2336/96v = SSV-NF 10/100 und 10 ObS 171/99s = SSV-NF 13/79; RIS-Justiz RS0106544) und hervorgehoben, dass nur bei im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten in der Regel eine so enge Wirtschaftsgemeinschaft bestehe, die bei der Feststellung des Anspruches auf Ausgleichszulage nicht nur den höheren "Familienrichtsatz" rechtfertige, sondern auch die Berücksichtigung des gesamten Nettoeinkommens des im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners.
Den umgekehrten Fall - Zusammenleben von Ehegatten in einem Doppelzimmer in einem Bezirksalten- und Pflegewohnheim - hatte der OGH zu 10 ObS 201/03m (SSV-NF 17/103 = SZ 2003/107 = ZAS 2005, 41 [Pfeil]) zu entscheiden. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes setze ein gemeinsamer Haushalt nach dem allgemeinen Sprachgebrauch das Zusammenleben der Ehegatten in einer auf längere Zeit berechneten Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft voraus (ebenso etwa 10 ObS 105/01s, SSV-NF 15/59; RIS-Justiz RS0109341); eine Wohngemeinschaft allein genüge nicht. Vielmehr sei für die Anwendung des Familienrichtsatzes das Bestehen einer wirtschaftlichen und finanziellen Interessengemeinschaft mit der Zielsetzung wesentlich, die Kosten der Lebenshaltung durch Zusammenwirtschaften zu vermindern (siehe auch Schrammel in Tomandl, SV-System [8. Erg-Lfg] 126 [2.1.1.3.2.C.] zur Angehörigenstellung). Im Pflegeheim würden allerdings die Kosten für alle Bedürfnisse, die sonst die gemeinsame Wirtschaftsführung ausmachen, auch bei der Unterbringung von Ehegatten für jeden gesondert auflaufen, sodass die mit einer gemeinsamen Lebensführung sonst regelmäßig verbundenen Synergieeffekte nicht eintreten. Das Berufungsgericht zog bei seiner Beurteilung, ob der Kläger im Zeitraum von 1. 12. 2003 bis 15. 11. 2004 mit seiner Ehegattin im gemeinsamen Haushalt gelebt hat, die dargelegten Grundsätze der höchstgerichtlichen Judikatur heran. Diese werden von der Revision auch nicht in Zweifel gezogen. Die beklagte Partei vertritt aber die Ansicht, dass aufgrund des festgestellten Sachverhalts der Schluss auf das Vorliegen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft zu ziehen gewesen wäre. Eine solche Beurteilung hängt aber immer von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl 3 Ob 43/94 = EFSlg 82.294). Dies schließt aber im Allgemeinen die Zulässigkeit eines Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof aus. Etwas anderes würde im Interesse der Rechtssicherheit nur gelten, wenn dem Gericht zweiter Instanz eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (RIS-Justiz RS0021095). Eine solche wird aber in der Revision nicht aufgezeigt. Dann, wenn die Ehegatten (wie hier) ihre Wirtschaftsführung mehr oder weniger zur Gänze trennen und im Wesentlichen nur gemeinsam wohnen, kann zwar von einer Wohngemeinschaft, nicht aber auch von einer - für die Verwirklichung des „Lebens im gemeinsamen Haushalt" ebenfalls erforderlichen - Wirtschaftsgemeinschaft gesprochen werden (vgl 3 Ob 43/94; RIS-Justiz RS0057010). Nach den Feststellungen wurden die Lebenshaltungskosten - abgesehen von den Wohnkosten - nicht weitgehend gemeinsam oder in der Form getragen, dass einer für den Lebensunterhalt des anderen aufkommt (vgl 2 Ob 258/97y = EFSlg 85.516).Den umgekehrten Fall - Zusammenleben von Ehegatten in einem Doppelzimmer in einem Bezirksalten- und Pflegewohnheim - hatte der OGH zu 10 ObS 201/03m (SSV-NF 17/103 = SZ 2003/107 = ZAS 2005, 41 [Pfeil]) zu entscheiden. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes setze ein gemeinsamer Haushalt nach dem allgemeinen Sprachgebrauch das Zusammenleben der Ehegatten in einer auf längere Zeit berechneten Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft voraus (ebenso etwa 10 ObS 105/01s, SSV-NF 15/59; RIS-Justiz RS0109341); eine Wohngemeinschaft allein genüge nicht. Vielmehr sei für die Anwendung des Familienrichtsatzes das Bestehen einer wirtschaftlichen und finanziellen Interessengemeinschaft mit der Zielsetzung wesentlich, die Kosten der Lebenshaltung durch Zusammenwirtschaften zu vermindern (siehe auch Schrammel in Tomandl, SV-System [8. Erg-Lfg] 126 [2.1.1.3.2.C.] zur Angehörigenstellung). Im Pflegeheim würden allerdings die Kosten für alle Bedürfnisse, die sonst die gemeinsame Wirtschaftsführung ausmachen, auch bei der Unterbringung von Ehegatten für jeden gesondert auflaufen, sodass die mit einer gemeinsamen Lebensführung sonst regelmäßig verbundenen Synergieeffekte nicht eintreten. Das Berufungsgericht zog bei seiner Beurteilung, ob der Kläger im Zeitraum von 1. 12. 2003 bis 15. 11. 2004 mit seiner Ehegattin im gemeinsamen Haushalt gelebt hat, die dargelegten Grundsätze der höchstgerichtlichen Judikatur heran. Diese werden von der Revision auch nicht in Zweifel gezogen. Die beklagte Partei vertritt aber die Ansicht, dass aufgrund des festgestellten Sachverhalts der Schluss auf das Vorliegen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft zu ziehen gewesen wäre. Eine solche Beurteilung hängt aber immer von den Umständen des Einzelfalles ab vergleiche 3 Ob 43/94 = EFSlg 82.294). Dies schließt aber im Allgemeinen die Zulässigkeit eines Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof aus. Etwas anderes würde im Interesse der Rechtssicherheit nur gelten, wenn dem Gericht zweiter Instanz eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (RIS-Justiz RS0021095). Eine solche wird aber in der Revision nicht aufgezeigt. Dann, wenn die Ehegatten (wie hier) ihre Wirtschaftsführung mehr oder weniger zur Gänze trennen und im Wesentlichen nur gemeinsam wohnen, kann zwar von einer Wohngemeinschaft, nicht aber auch von einer - für die Verwirklichung des „Lebens im gemeinsamen Haushalt" ebenfalls erforderlichen - Wirtschaftsgemeinschaft gesprochen werden vergleiche 3 Ob 43/94; RIS-Justiz RS0057010). Nach den Feststellungen wurden die Lebenshaltungskosten - abgesehen von den Wohnkosten - nicht weitgehend gemeinsam oder in der Form getragen, dass einer für den Lebensunterhalt des anderen aufkommt vergleiche 2 Ob 258/97y = EFSlg 85.516).
Die Ansicht, unter diesen Umständen sei ein „Leben im gemeinsamen Haushalt" zu verneinen, ist durchaus vertretbar.
Mangels eines tauglichen Zulassungsgrundes iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.Mangels eines tauglichen Zulassungsgrundes iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.
Anmerkung
E80058 10ObS107.05sSchlagworte
Kennung XPUBL Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in ARD 5709/3/2006 = SSV-NF 20/4 XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2006:010OBS00107.05S.0124.000Dokumentnummer
JJT_20060124_OGH0002_010OBS00107_05S0000_000