Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Unterhaltssache der Antragsteller
1. Wolfgang K*****, geboren am 18. August 1985, 2. Roland K*****, geboren am 24. November 1986, 3. mj. Christian K*****, geboren am 9. September 1988, und 4. mj. Gerhard K*****, geboren am 22. März 1990, alle *****, die beiden Minderjährigen vertreten durch ihre Mutter Diana S*****, ebendort, alle vertreten durch Dr. Wolfgang G. Kiechl, Rechtsanwalt in Wien, infolge des Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 1. Oktober 2004, GZ 52 R 109/04t-252, womit infolge von Rekursen der Antragsteller sowie des Vaters Mag. Clemens P*****, vertreten durch Mag. Robert Peisser, Rechtsanwalt in Innsbruck, der Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom 3. Juni 2004, GZ 2 P 95/96k-246, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Die Ehe der Eltern der Antragsteller wurde 1992 geschieden. Seitdem kam der Mutter die Obsorge über die Kinder zu. Wolfgang ist seit August 2003 und Roland seit November 2004 volljährig. Zuletzt wurden die Unterhaltsansprüche für die drei älteren Antragsteller mit je umgerechnet 283,42 EUR, für den jüngsten mit umgerechnet 239,82 EUR monatlich festgesetzt.
Im ersten Rechtsgang erhöhte das Erstgericht die Unterhaltsbeträge des Vaters für Wolfgang und Roland auf zuletzt je 338 EUR, für Christian und Gerhard auf je 288 EUR. Die Mehrbegehren wies es ab. Den abweisenden Teil dieser Entscheidung hob das Gericht zweiter Instanz infolge Rekurses der Antragsteller auf und trug insofern dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.
In weiterer Folge dehnten die Antragsteller ihre Erhöhungsbegehren mehrfach aus und zwar zuletzt für Wolfgang auf 550 EUR seit 1. September 2000 und 605 EUR seit 18. August 2003, für Roland auf 550 EUR seit 1. Dezember 2002 und für Christian auf 550 EUR seit 10. September 2003. Das Erstgericht erhöhte nunmehr die bisher festgesetzten Unterhaltsbeträge für die Zeit vom 1. September 1996 bis 31. Dezember 2003, jeweils gestaffelt, und setzte einen laufenden Unterhalt ab 1. Jänner 2004 fest. Wolfgang hatte demnach für die Vergangenheit Monatsbeträge zwischen 338 EUR und 524 EUR und laufenden Unterhalt von 348 EUR zu bekommen; Roland für die Vergangenheit Beträge zwischen 327 EUR und 491 EUR sowie laufend 348 EUR; Christian für die Vergangenheit zwischen 295 EUR und 491 EUR sowie laufend ebenfalls 348 EUR; schließlich Gerhard für die Vergangenheit Beträge zwischen 282 EUR und 458 EUR sowie laufend 296 EUR. Dazu sprach das Erstgericht Stufenzinsen von 4 % zu. Weiters wies das Erstgericht die Mehrbegehren für vergangene Zeiträume und an laufendem Unterhalt ab. Es handelte sich dabei um folgende monatliche Beträge: Für Wolfgang für die Vergangenheit zwischen 3,18 EUR und 257 EUR sowie laufend 257 EUR ab 1. Jänner 2004; für Roland für die Vergangenheit zwischen 3,18 EUR und 210,76 EUR und laufend 202 EUR ab 1. Jänner 2004; für Christian für die Vergangenheit zwischen 3,18 EUR und 254 EUR sowie 202 EUR laufend ab 1. Jänner 2004; für Gerhard für die Vergangenheit zwischen 6,70 EUR und 199,18 EUR sowie von 198,18 EUR laufend ab 1. Jänner 2004; alle diese Beträge jeweils samt 4 % Zinsen.
Das Erstgericht traf folgende Feststellungen:
Der 1962 geborene Vater ist Jurist. Das Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften absolvierte er nicht. Sein Dienstverhältnis zu einem Rechtsanwalt wurde 1996 durch Dienstgeberkündigung aus unternehmerischen Gründen gelöst. Nach seiner erfolgreich absolvierten Ausbildung zum Wirtschaftsassistenten am Wirtschaftsförderungsinstitut hätte der Vater einen Arbeitsplatz bekommen und dabei etwa 1.000 bis 1.200 EUR monatlich netto verdienen können oder sich unter Inanspruchnahme des Unternehmensgründungsprogramm als Unternehmensberater selbständig machen können. Davon machte er jedoch nicht Gebrauch. Bewerbungen um die Stelle eines Gemeindesekretärs, bei einem Treibstoffhändler um die Führung einer Servicestation und bei diversen Rechtsanwälten als Konzipient blieben erfolglos. Er arbeitete auch weder entgeltlich noch unentgeltlich in der Rechtsanwaltskanzlei seines Bruders. Der Vater weist seit Jahren eine psychische Instabilität auf und steht in unregelmäßigem fachärztlichem Kontakt. Wie viele depressive Personen verspürt er ein Krankheitsgefühl, hat jedoch keine Krankheitseinsicht. Jedenfalls seit März 2001 besteht bei ihm eine psychische Erkrankung in Form einer Dysthymia (chronisch depressive Verstimmungen, Antriebsstörungen, Verlust von Interessen und Aktivität, Schlafstörungen) sowie der Symptome eines Alkoholabhängigkeitssyndroms (starker Wunsch/Zwang Alkohol zu konsumieren, verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich Beginn, Beendigung und Menge des Konsums, körperliches Entzugssyndrom bei Beendigung/Reduktion des Konsums, verminderte Alkoholtoleranz, fortschreitende Vernachlässigung anderer Interessen, anhaltender Konsum trotz Nachweises eindeutig schädlicher Folgen). Aufgrund dieses psychopathologischen Befundes ist von einer reduzierten psychischen Belastbarkeit und eingeschränkter Leistungsfähigkeit auszugehen, weshalb eine Arbeitsfähigkeit ohne Durchführung adäquater Therapien (die nicht erfolgten) seit März 2001 nicht gegeben war. Dieses Krankheitsbild ist unter adäquater Therapie behandel- und besserbar, wobei jedoch die Krankheitseinsicht und Motivation beim Unterhaltspflichtigen einerseits krankheitsbedingt, andererseits aber auch reaktiv aufgrund der langjährigen Konfliktsituation sehr reduziert ist. Die Krankheitseinsicht (Motivation zur Therapie) ist bei depressiv Kranken häufig lange Zeit nicht gegeben, selbst bei erreichter Einsichtsfähigkeit mangelt es dann oft im Rahmen einer bestehenden Antriebsstörung an Initiative und Willenskraft, sich einer entsprechenden Behandlung zu unterziehen. Es kann nicht festgestellt werden, ob der depressiven Störung bereits ein chronischer Alkoholkonsum vorausging, erstere sohin kausale Folge des zweiteren ist.
Für den Zeitraum 1996 bis September 1998 und April 1999 bis Februar 2001 (dazwischen, während des Wirtschaftsassistentenlehrgangs, war jedenfalls Arbeitsfähigkeit gegeben) kann dagegen nicht festgestellt werden, ob ein Alkoholabhängigkeitssyndrom und/oder eine depressive Störung vorlag, welche die Arbeitsfähigkeit maßgeblich und dauerhaft beeinträchtigt hätten. Die Vermietung der später veräußerten Eigentumswohnung am M***** war nicht möglich. Eine Liegenschaft, deren Dritteleigentümer der Vater war, wurde mit Kaufverträgen vom 31. Oktober 1995 bzw 22. November 1995 um 1,355.865 S bzw 1,128 Mio S veräußert. Die Art und Weise der Verwendung des Verkaufserlöses (Anteil des Vaters 827.952 S) kann nicht (urkundlich) festgestellt werden. Dies gilt auch für den restlichen Verkaufserlös aus der Veräußerung der Wohnung am M***** (von 1,150 Mio S, nämlich nach Abzug von 84.408,82 S an Sanierungsaufwand für diese Wohnung und von 457.240,92 S für die Sanierung einer anderen Wohnung). Der Vater des Unterhaltspflichtigen erwarb mit Kaufvertrag vom 15. September 1977 eine Liegenschaft, wobei er sich zur Leistung einer wertgesicherten lebenslangen Leibrente von je 6.000 S an die beiden Verkäufer verpflichtete. Aufgrund der Einantwortungsurkunde vom 13. Mai 1986 ist der Unterhaltspflichtige Eigentümer einer Eigentumswohnung sowie Alleineigentümer der zuletzt genannten Liegenschaft. Auf dieser Liegenschaft befinden sich drei Häuser mit insgesamt 17 Wohnungen. Insgesamt hatte der Vater monatliche Mieterträge von 45.486,99 S bis März 2000 und von 41.486,99 S ab April 2000. Vom Gesamtbetrag sind 15 % für kleine Reparaturen und sonstige nicht auf die Mieter überwälzbare Aufwendungen sowie die Tilgungsraten für aushaftende Kredite und die Einkommensteuer in Abzug zu bringen. Im verbleibenden Betrag von 32.681,95 S monatlich sind die Kosten zukünftig anfallender Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten bzw zu entrichtende Einkommensteuer nicht enthalten. Die Leibrentenzahlungen einschließlich der darauf zu entrichtenden Einkommensteuer an die überlebende Verkäuferin der ererbten Liegenschaft des Vaters betrugen 106.455,72 S im Jahr 1996, 159.093,72 S im Jahr 1997, 132.299,72 S im Jahr 1998 und 113.043,72 S im Jahr 1999.
Außerdem traf das Erstgericht noch weitere Feststellungen über die Einkünfte des Unterhaltspflichtigen.
Das Gericht zweiter Instanz gab weder dem Rekurs des Unterhaltspflichtigen noch denjenigen der Unterhaltsberechtigten Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Soweit noch von Bedeutung verneinte das Rekursgericht die im Zusammenhang mit der Anspannung des Unterhaltspflichtigen geltend gemachten Rekursgründe der Aktenwidrigkeit und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Zwar sei es richtig, dass nach den erstgerichtlichen Feststellungen die Krankheit des Unterhaltspflichtigen therapiefähig sei. Es habe aber nicht geklärt werden können, ob die festgestellte depressive Erkrankung Folge des Alkoholmissbrauchs sei oder umgekehrt. Es sei ebenso festgestellt, dass die Krankheitseinsicht depressiv Erkrankter häufig lange Zeit nicht gegeben sei und es selbst bei erreichter Einsichtsfähigkeit oft im Rahmen bestimmter Antriebsstörungen, Initiative und Willenskraft mangle, sich einer entsprechenden Behandlung zu unterziehen. Es stehe somit weder fest, dass die psychische Erkrankung des Unterhaltspflichtigen Folge eines selbst verschuldeten Alkoholabusus sei, noch dass er sich verschuldeterweise keiner adäquaten Therapie unterzogen habe. Denn es stehe die Möglichkeit offen, dass die mangelnde Willenskraft des Unterhaltspflichtigen Grund der - durch die depressive Erkrankung bedingten - Antriebsstörung sei. Demnach sei der Nachweis für die grundsätzliche Anwendbarkeit des Anspannungsgrundsatzes (über den vom Erstgericht angenommenen Zeitraum hinaus) nicht erbracht. Erwiesen sei, dass der Vater aufgrund seiner Erkrankung ab März 2001 nicht arbeitsfähig sei, weshalb es an den Unterhaltsberechtigten gelegen wäre, darzutun, dass die Erkrankung oder auch die mangelnde (grundsätzlich mögliche) Therapie vom Vater selbst verschuldet sei. Die Rechtsansicht, dass der Unterhaltspflichtige nach dem Verlust seiner Konzipientenstellung hinreichend Bewerbungsversuche zwecks Erlangen eines Juristenarbeitsplatzes unternahm, hätten die Unterhaltsberechtigten gar nicht bekämpft.
Entgegen der im Aufhebungsbeschluss im ersten Rechtsgang geäußerten Ansicht habe eine unbedingte Einbeziehung von fiktiven Erträgnissen aus den Veräußerungserlösen aus Liegenschaftsverkäufen nur stattzufinden, wenn der Unterhaltspflichtige entweder die entsprechenden Vermögensteile selbst zur Finanzierung seines (luxuriösen) Lebensstil heranziehe oder aber tatsächlich verfügbares Kapital (Vermögen) nicht entsprechend anlege. Habe er aber solches Kapital für andere Zwecke verwendet oder für als berechtig anzusehende Zwecke gewidmet, komme die in Einbeziehung von fiktiven Erträgnissen in die Bemessungsgrundlage nicht in Frage. Die fraglichen Feststellungen des Erstgerichts seien vernünftigerweise in einer Gesamtschau nur so zu verstehen, dass trotz großteils fehlender schriftlicher Unterlagen das Erstgericht den Angaben des Unterhaltspflichtigen über die Verwendungen der Verkaufserlöse Glauben geschenkt habe. Diese Beweiswürdigung sei für das Rekursgericht nicht überprüfbar, weshalb es von den Feststellungen auszugehen habe. Eine Verpflichtung des Vaters zum lückenlosen Nachweis zur Verwendung des Erlöses der Vermögensveräußerungen bestehe nicht. Nach den Feststellungen ziehe der Vater aus den Veräußerungserlösen keine Erträgnisse und stünden solche auch nicht für eine Veranlagung frei zur Verfügung. Er habe sie auch nicht zur Finanzierung eines (erhöhten luxuriösen) Lebensaufwands verwendet. Es komme daher die Einbeziehung in die Bemessungsgrundlage nicht in Frage. Die vom Erstgericht zuerkannten Unterhaltsbeträge lägen bis einschließlich 2001 beträchtlich über den Regelbedarfssätzen. Erst ab 2002 pendelten sie sich in etwa der Höhe des Regelbedarfs ein. Bis 2000 sei somit eine Gefährdung des notwendigen Unterhalts der Berechtigten nicht zu erkennen. Selbst wenn man aber den Veräußerungserlös einer Liegenschaft aus dem Jahr 1995 auf mehrere Jahre hochrechnen würde, wären diese für die Unterhaltsbemessung ab 2002 nicht mehr relevant. Der Erlös aus der Veräußerung einer Liegenschaft am M***** im Jahr 2000 sei nach den Feststellungen zur Gänze in bereits durchgeführte Sanierungen geflossen oder für solche vorgesehen. Diese Sanierungen dienten der Erhaltung der einzigen Einkommensquelle des Vaters. Es sei ihm daher nicht zumutbar, diese Veräußerungserlöse zur Befriedigung von Unterhaltsansprüchen heranzuziehen, zumal die Berechtigten ohnehin zumindest in der Höhe des Regelbedarfs Unterhaltszahlungen erhielten. Zwar enthalte ein Leibrentenvertrag im Gegensatz zum kreditfinanzierten Kauf von Wohnungen zur Vermietung ein aleatorisches Element; solange aber Leibrentenzahlungen zu leisten seien, sei ein diesbezüglicher Abzug von der Bemessungsgrundlage vorzunehmen. Unter Berücksichtigung weiterer vom Erstgericht nicht einkalkulierter Zuflüsse an den Vater könne nicht gesagt werden, dass die von diesem festgestellten Einnahmen („Privatentnahmen") in einer auffälligen Weise von den „Privatausgaben" abwichen. Es wäre daher nicht gerechtfertigt, den Unterhaltspflichtigen auf seine „Privatausgaben" anzuspannen.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, ob Leibrentenzahlungen für eine Liegenschaft, deren Mieteinkünfte in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einfließen, von letzterer (analog der Rsp zur kreditweisen Vermietung von Wohnräumen) in Abzug gebracht werden könnten, höchstgerichtliche Rsp fehle.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der unterhaltsberechtigten Kinder ist nicht berechtigt.
In ihrem Rechtsmittel machen sie im Wesentlichen geltend, dass die Ausgaben für Leibrentenzahlungen nicht von der Unterhaltsbemessungsgrundlage abgezogen werden dürften, weshalb sich diese um durchschnittlich mehr als 20 % erhöhe. Weiters habe das Rekursgericht die Beweislastverteilung insofern verkannt, als ihr Vater nachweisen hätte müssen, dass er trotz Anspannung seiner Kräfte nicht in der Lage sei, seiner vollen gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen. Es wäre nicht bewiesen, dass die mögliche Therapie seiner Krankheit unverschuldet unterblieben sei. Im Falle der Anspannung würde sich die Bemessungsgrundlage erheblich erhöhen, wobei die Revisionsrekurswerber aus ökonomischen Gründen mit der Festlegung eines zusätzlichen Anspannungseinkommens von 1.200 EUR netto, 14 x jährlich, einverstanden wären.
Im Hinblick auf die Veräußerungserlöse bleibe unklar, weshalb das Rekursgericht unterstelle, dass sie nicht der Führung eines luxuriösen Lebenswandels dienen würde. Es blieben sämtliche Optionen der Verwendung offen, wenn nicht festgestellt werden könne, wofür etwa 104.000 EUR verwendet worden seien. Ein solcher Lebenswandel ergebe sich schon aus dem ärztlichen Gutachten ON 214, wonach der Vater nach eigenen Angaben täglich zehn Bier konsumiere. Tue er das in Lokalen, würde er alleine etwa 1.000 EUR monatlich dafür aufwenden. Entsprechende Feststellungen seien rechtsirrig unterblieben. Die zweitinstanzliche Annahme, es sei in Wahrheit erwiesen, wofür die Erlöse verwendet worden seien, widersprächen der unmittelbaren Beweiswürdigung des Erstgerichts und der Aktenlage. Im Übrigen sei es auch unerheblich, ob mit den Erlösen ein luxuriöser Lebenswandel finanziert werde oder nicht. In Wahrheit handle es sich bei den Veräußerungserlösen um zu berücksichtigende Privatentnahmen.
Zu Unrecht wenden sich zunächst die Revisionsrekurswerber gegen die
Ansicht der zweiten Instanz, die sie bereits in ihrem
Aufhebungsbeschluss ON 204 näher darlegte, es gehe nicht an, die
Mieteinnahmen des Vaters für die Bemessung des Unterhalts
heranzuziehen, die Zahlungen für die (für eine ererbte Liegenschaft)
zu erfüllenden Leibrentenforderungen jedoch nicht als Abzug zu
berücksichtigen. Auch wenn es durchaus zutrifft, dass der Oberste
Gerichtshof in der Entscheidung 7 Ob 611/91 = EFSlg 65.411 = ÖA 1992,
113 die gegenteilige Auffassung vertrat, ist diese Rsp ebenso
überholt, wie jene, mit der der Oberste Gerichtshof in ähnlicher
Weise auch die (unterhaltsmindernd wirkende) Berücksichtigung von
Rückzahlungen auf Wohnungskredite und Ratenzahlungen aus
Wohnbauförderungsdarlehen etc. bei der Unterhaltsbemessung auch für
den Fall verneinte, dass der Unterhaltspflichtige die betreffende
Wohnung (Liegenschaft) vermietete (7 Ob 2085/96k = JBl 1997, 33
[kritisch Gitschthaler] = ÖA 1997, 59). Dieselbe Auffassung vertrat
der betreffende Senat auch noch in der Entscheidung 7 Ob 132/98g =
JBl 1998, 76 [ablehnend Hoyer] = ÖA 1999, 13, als Mieterträge einer
kreditfinanzierten Eigentumswohnung in die
Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezogen, die aufzuwendenden
Kreditrückzahlungsraten jedoch nicht als Abzugsposten berücksichtigt
wurden. Bereits in seiner Entscheidung 4 Ob 210/98f = JBl 1999, 182
[zustimmend Hoyer, aaO 201] = EvBl 1999/19 = ÖA 1999, 24 lehnte der
4. Senat des Obersten Gerichtshofs diese Rechtsansicht ausdrücklich ab und entschied, dass bei einer kreditfinanzierten Vermietung von Wohnraum der Kreditrückzahlungsaufwand die unterhaltsrechtliche Bemessungsgrundlage mindere, ein derartiger Aufwand daher als Abzugsposten den erzielten Mieteinnahmen gegenüberzustellen und nur ein sich danach allenfalls ergebender positiver Saldo in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen sei. Dem schloss sich der
9. Senat an (9 Ob 94/00i = EFSlg 92.452); der 4. Senat wiederholte
seine Auffassung in der Entscheidung 4 Ob 129/02b = ÖA 2002, 257 =
EFSlg 99.757). Der neueren Rsp ist zu folgen, weil es zweifellos nicht sachgerecht wäre, zwar die durch Erwerb einer Erwerbsquelle erzielten Einnahmen, nicht jedoch die dafür aufgewendeten Ausgaben bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen. Derartige Kreditrückzahlungen vermindern eben das maßgebende tatsächlich verfügbare Einkommen des Unterhaltspflichtigen (vgl Hopf in KBB § 140 ABGB Rz 13). Diese Beurteilung steht auch mit jener Rsp in Einklang, wonach auch Zinsen und Rückzahlungsraten eines Darlehens, das zur Schaffung einer Einkommensquelle aufgenommen wurde, die für den Unterhaltsanspruch maßgebenden, aus dieser Quelle erzielten Einkünfte mindern (10 ObS 58/89 = SSV-NF 3/43).EFSlg 99.757). Der neueren Rsp ist zu folgen, weil es zweifellos nicht sachgerecht wäre, zwar die durch Erwerb einer Erwerbsquelle erzielten Einnahmen, nicht jedoch die dafür aufgewendeten Ausgaben bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen. Derartige Kreditrückzahlungen vermindern eben das maßgebende tatsächlich verfügbare Einkommen des Unterhaltspflichtigen vergleiche Hopf in KBB Paragraph 140, ABGB Rz 13). Diese Beurteilung steht auch mit jener Rsp in Einklang, wonach auch Zinsen und Rückzahlungsraten eines Darlehens, das zur Schaffung einer Einkommensquelle aufgenommen wurde, die für den Unterhaltsanspruch maßgebenden, aus dieser Quelle erzielten Einkünfte mindern (10 ObS 58/89 = SSV-NF 3/43).
Es ist dem Gericht zweiter Instanz völlig darin zuzustimmen, dass für den Fall der Finanzierung einer vermieteten Liegenschaft mittels Leibrentenvertrag nichts anderes gelten kann. Daher kann auch der erwähnten Entscheidung 7 Ob 611/91, auf die sich die Rechtsmittelwerber stützen, nicht gefolgt werden, soweit sie die Berücksichtigung von Leibrentenzahlungen auch insoweit ablehnt, als das gegen diese Gegenleistung erworbene Vermögen zu Einkünften führt, die in die Bemessungsgrundlage einfließen. Bereits in der Entscheidung 4 Ob 237/97z = JBl 1998, 60 = EFSlg 83.549 hielt der Oberste Gerichtshof nur insoweit an der älteren Rsp fest, als diese aussprach, dass Leibrentenzahlungen zur [reinen] Vermögensbildung keinen Abzugsposten bilden. Im konkreten Fall ging es um Ausgedingsleistungen für die Übergeber einer Landwirtschaft; der Oberste Gerichtshof erkannte, dass auch die von einem selbständig Erwerbstätigen erbrachten Ausgedingsleistungen die Unterhaltsbemessungsgrundlage verringern könnten, wenn sie als Entgelt für die Übernahme eines Betriebes erbracht werden und somit Voraussetzungen für die Schaffung einer - auch dem Unterhaltsberechtigten zugute kommenden - Erwerbsmöglichkeit sind. In einem solchen Fall stellten die Leistungen eine Investition in eine auf Erzielung von Einkünften gerichtete Erwerbsmöglichkeit dar und seien mit einer bloßen Ansammlung von Vermögenswerten nicht vergleichbar. Sie müssten daher gleich einer Betriebsausgabe bei Festlegung der Unterhaltsbemessungsgrundlage Berücksichtigung finden.
Der 4. Senat berief sich auch auf die Entscheidung 5 Ob 60/97b = EvBl
1997/135 = ÖA 1997, 134 = NZ 1998, 217, wonach Aufwendungen des Unterhaltspflichtigen zur Schaffung einer zusätzlichen Erwerbsmöglichkeit die Unterhaltsbemessungsgrundlage verringern könnten. Diese Entscheidung führen die Antragsteller somit zu Unrecht für ihren Standpunkt ins Treffen. In der dritten Entscheidung, auf die sich die Unterhaltsberechtigten berufen (1 Ob 12/98s = ÖA 1998,
215) wurde nur die Rsp zur reinen Vermögensbildung mittels Erwerb gegen Leibrente fortgeschrieben. Außer der Entscheidung 7 Ob 611/91 kann daher der Rsp des Obersten Gerichtshofs keine die ihre stützende Rechtsansicht entnommen werden. Wenn daher, wie im vorliegenden Fall, ein Unterhaltsverpflichteter eine mit Leibrentenzahlung belastete Liegenschaft erwirbt, die Mieterträge abwirft, können diese Erträge ebensowenig wie im Fall einer sonst kreditfinanzierten Liegenschaft ohne Weiteres mit einem Einkommen des Unterhaltsverpflichteten gleichgesetzt werden. Vielmehr sind die Leibrentenzahlungen ebenso wie Kreditrückzahlungen und Zinsenzahlungen zu Recht vom Rekursgericht aus der Unterhaltsbemessungsgrundlage ausgeschieden worden. Der Hinweis im Revisionsrekurs, dass der Vater des Unterhaltspflichtigen bereits den Großteil der Leibrenten bezahlt habe, kann an dieser Beurteilung nichts ändern, weil es hier um die Berücksichtigung der Leibrentenzahlungen für jene Zeit geht, für die Unterhalt begehrt wird.
Den Unterhaltsberechtigten kann aber auch dahin nicht gefolgt werden, dass das Rekursgericht den Vater (offenbar ab März 2001) auf ein Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit von 1.200 EUR 14 x jährlich netto hätte anspannen müssen. Für die Zeit davor ist ohnehin bereits das Erstgericht von einem erzielbaren Einkommen von 1.000 EUR monatlich netto ausgegangen; dass auch für diesen Zeitraum ein höheres Einkommen erzielbar gewesen wäre, wird im Revisionsrekurs konkret gar nicht geltend gemacht. Darauf ist nicht weiter einzugehen. Zu prüfen bleibt daher nur, ob eine Anspannung auch für die Zeit ab März 2001 zu erfolgen hätte, in der der Vater bereits erwerbsunfähig war. Die Antragsteller vertreten hiezu die Auffassung, ihr Gegner hätte beweisen müssen, dass er eine (erfolgversprechende) Therapie seiner psychischen Erkrankung unverschuldet unterlassen hätte.
Das Rekursgericht stellte die Grundsätze der Rsp des Obersten Gerichtshofs zum Anspannungsgrundsatz durchaus zutreffend dar (vgl jüngst 7 Ob 194/03k), wogegen auch im Revisionsrekurs nicht Stellung bezogen wird. Strittig ist konkret nur, zu wessen Lasten es geht, wenn die Tatsacheninstanzen nicht feststellen konnten, dass sich der unterhaltspflichtige Vater verschuldensbedingt keiner Therapie seiner behandel- und besserbaren psychischen Störungen unterzog. Maßgebend ist in diesem Zusammenhang die Feststellung, dass, was auf depressiv Kranke häufig für lange Zeit zutrifft, dem Vater eine reduzierte Krankheitseinsicht zuzubilligen und auch die Motivation zu einer Therapie entsprechend niedrig ist. Dies wurde nach den Feststellungen sowohl auf die Krankheit selbst als auch auf die langjährige Konfliktsituation (offenbar mit der früheren Ehefrau) zurückgeführt. Anhaltspunkte für ein Verschulden des Vaters liegen daher nicht vor. Soweit nun die Unterhaltsberechtigten in ihrem Revisionsrekurs sekundäre Feststellungsmängel geltend machen, weil nicht festgestellt worden sei, dass der Vater bei einem Krankenhausaufenthalt im Februar 2001 seine „Alkoholsucht" verschwiegen habe und unklar geblieben sei, weshalb er keine Therapie begonnen habe, ist ihnen entgegenzuhalten, dass eben dieses Verhalten ohnehin den Feststellungen über die mangelnde Krankheitseinsicht entspricht. Es war daher nicht erforderlich, insoweit Feststellungen zu treffen. Aufgrund der Feststellungen über die allgemeine fehlende Krankheitseinsicht bei Depressiven ist auch davon auszugehen, dem Vater sei der Beweis dafür gelungen, dass er sich (zumindest im maßgebenden Zeitraum) ohne eigenes Verschulden keiner Therapie unterzog, fehlte ihm doch die Einsicht in eine bei ihm gegebene behandelbare Krankheit. Es kommt daher in Wahrheit auf die Beweislastverteilung gar nicht an. Den Vorinstanzen ist dahin zu folgen, dass dem Vater der Beweis für eine verminderte (bzw in Bezug auf eine Erwerbstätigkeit fehlende) Leistungsfähigkeit für den hier noch strittigen Zeitraum gelungen ist.Das Rekursgericht stellte die Grundsätze der Rsp des Obersten Gerichtshofs zum Anspannungsgrundsatz durchaus zutreffend dar vergleiche jüngst 7 Ob 194/03k), wogegen auch im Revisionsrekurs nicht Stellung bezogen wird. Strittig ist konkret nur, zu wessen Lasten es geht, wenn die Tatsacheninstanzen nicht feststellen konnten, dass sich der unterhaltspflichtige Vater verschuldensbedingt keiner Therapie seiner behandel- und besserbaren psychischen Störungen unterzog. Maßgebend ist in diesem Zusammenhang die Feststellung, dass, was auf depressiv Kranke häufig für lange Zeit zutrifft, dem Vater eine reduzierte Krankheitseinsicht zuzubilligen und auch die Motivation zu einer Therapie entsprechend niedrig ist. Dies wurde nach den Feststellungen sowohl auf die Krankheit selbst als auch auf die langjährige Konfliktsituation (offenbar mit der früheren Ehefrau) zurückgeführt. Anhaltspunkte für ein Verschulden des Vaters liegen daher nicht vor. Soweit nun die Unterhaltsberechtigten in ihrem Revisionsrekurs sekundäre Feststellungsmängel geltend machen, weil nicht festgestellt worden sei, dass der Vater bei einem Krankenhausaufenthalt im Februar 2001 seine „Alkoholsucht" verschwiegen habe und unklar geblieben sei, weshalb er keine Therapie begonnen habe, ist ihnen entgegenzuhalten, dass eben dieses Verhalten ohnehin den Feststellungen über die mangelnde Krankheitseinsicht entspricht. Es war daher nicht erforderlich, insoweit Feststellungen zu treffen. Aufgrund der Feststellungen über die allgemeine fehlende Krankheitseinsicht bei Depressiven ist auch davon auszugehen, dem Vater sei der Beweis dafür gelungen, dass er sich (zumindest im maßgebenden Zeitraum) ohne eigenes Verschulden keiner Therapie unterzog, fehlte ihm doch die Einsicht in eine bei ihm gegebene behandelbare Krankheit. Es kommt daher in Wahrheit auf die Beweislastverteilung gar nicht an. Den Vorinstanzen ist dahin zu folgen, dass dem Vater der Beweis für eine verminderte (bzw in Bezug auf eine Erwerbstätigkeit fehlende) Leistungsfähigkeit für den hier noch strittigen Zeitraum gelungen ist.
Was die Verkaufserlöse aus Liegenschaftsveräußerungen angeht, ist die Beurteilung des Rekursgerichts nicht zu beanstanden, ungeachtet der unglücklichen Formulierung im erstgerichtlichen Beschluss sei dieses Gericht in Wahrheit, wie sich aus seinen weiteren Ausführungen durchaus schlüssig ergibt, sehr wohl zu positiven Feststellungen über die Verwendung dieser Erlöse gelangt und deshalb könne die Negativfeststellung „aufgrund fehlender Unterlagen" im Zusammenhang nur so verstanden werden, die Rechtspflegerin des Erstgerichts habe damit in Wahrheit nur zum Ausdruck bringen wollen, zwar habe ein urkundlicher Nachweis nicht erbracht werden können, sie habe aber dem Vater, wie aus den Ausführungen auf S 37 f des erstgerichtlichen Beschlusses hervorgeht, die dort dargestellte Verwendung dieser Beträge geglaubt und diese somit in Wahrheit festgestellt. Somit kann aber nicht gesagt werden, das Rekursgericht wäre ohne Beweiswiederholung von den Feststellungen des Erstgerichts abgegangen; es liegen daher schon deshalb die Revisionsgründe des § 15 Z 1 bis 3 AußStrG 1854 insoweit nicht vor. Wie sich weiter aus den Ausführungen im angefochtenen Beschluss ergibt, war im konkreten Fall die Frage, ob es einen Unterschied macht, ob die Veräußerungserlöse die Finanzierung des gewöhnlichen Unterhalts des Vaters oder für dessen luxuriösen Lebensstil herangezogen wurden, nicht wesentlich. Es ist eben nach den Feststellungen ohnehin nicht davon auszugehen, dass der Vater derartige Erlöse zur Finanzierung seines Unterhalts heranzog, weshalb auch die mangelnde Einbeziehung solcher Erlöse in die Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht zu beanstanden ist. Der Revisionsrekurs muss daher insgesamt erfolglos bleiben.Was die Verkaufserlöse aus Liegenschaftsveräußerungen angeht, ist die Beurteilung des Rekursgerichts nicht zu beanstanden, ungeachtet der unglücklichen Formulierung im erstgerichtlichen Beschluss sei dieses Gericht in Wahrheit, wie sich aus seinen weiteren Ausführungen durchaus schlüssig ergibt, sehr wohl zu positiven Feststellungen über die Verwendung dieser Erlöse gelangt und deshalb könne die Negativfeststellung „aufgrund fehlender Unterlagen" im Zusammenhang nur so verstanden werden, die Rechtspflegerin des Erstgerichts habe damit in Wahrheit nur zum Ausdruck bringen wollen, zwar habe ein urkundlicher Nachweis nicht erbracht werden können, sie habe aber dem Vater, wie aus den Ausführungen auf S 37 f des erstgerichtlichen Beschlusses hervorgeht, die dort dargestellte Verwendung dieser Beträge geglaubt und diese somit in Wahrheit festgestellt. Somit kann aber nicht gesagt werden, das Rekursgericht wäre ohne Beweiswiederholung von den Feststellungen des Erstgerichts abgegangen; es liegen daher schon deshalb die Revisionsgründe des Paragraph 15, Ziffer eins bis 3 AußStrG 1854 insoweit nicht vor. Wie sich weiter aus den Ausführungen im angefochtenen Beschluss ergibt, war im konkreten Fall die Frage, ob es einen Unterschied macht, ob die Veräußerungserlöse die Finanzierung des gewöhnlichen Unterhalts des Vaters oder für dessen luxuriösen Lebensstil herangezogen wurden, nicht wesentlich. Es ist eben nach den Feststellungen ohnehin nicht davon auszugehen, dass der Vater derartige Erlöse zur Finanzierung seines Unterhalts heranzog, weshalb auch die mangelnde Einbeziehung solcher Erlöse in die Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht zu beanstanden ist. Der Revisionsrekurs muss daher insgesamt erfolglos bleiben.
Anmerkung
E797153Ob170.05dSchlagworte
Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inZak2006/222 S 130 = Zak2006,130 = EF-Z2006/46 S 86 (Kiechl) =EF-Z2006,86 (Kiechl) = ÖA 2006,198 U484 = EFSlg 113.418 = EFSlg113.419XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2006:0030OB00170.05D.0125.000Zuletzt aktualisiert am
26.06.2009