Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. Heimo P*****, vertreten durch Puschner Spernbauer Rosenauer Rechtsanwälte OEG in Wien, und 2. Dr. Ingrid P*****, vertreten durch Dr. Edwin Morent, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Verlassenschaft nach der am 23. März 2003 verstorbenen Elisabeth W*****, sowie die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei Marianne M*****, beide vertreten durch Baier Lambert Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Aufkündigung, infolge außerordentlicher Revisionen der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 9. November 2005, GZ 39 R 240/05s-50, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentlichen Revisionen werden mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentlichen Revisionen werden mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Der von den Revisionswerbern gerügte Mangel des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat eingangs der Berufungsverhandlung den Beschluss verkündet, dass eine Beweiswiederholung zur Frage stattfindet, „ob die Nebenintervenientin die Eintrittsvoraussetzungen durch gemeinsamen Haushalt und dringendes Wohnbedürfnis erfüllt". Damit war hinreichend klargestellt, dass das Berufungsgericht erwägt, von den erstgerichtlichen Feststellungen abzuweichen, und dass auch die Feststellungen des Erstgerichts zur Frage einer anderen (gleichwertigen oder zumindest ausreichenden) Wohnmöglichkeit der Nebenintervenientin vom Berufungsgericht überprüft werden. Selbst wenn den klagenden Parteien in der Ladung zur Berufungsverhandlung nur mitgeteilt worden sein sollte, das Berufungsgericht werde sich mit den „Wohn- und Lebensverhältnissen der Nebenintervenientin von 1996 bis 2003" auseinandersetzen, mussten sie auch mit einer neuerlichen Überprüfung der Frage des von der Nebenintervenientin behaupteten dringenden Wohnbedürfnisses rechnen. Im Übrigen wird in den Revisionen nicht dargelegt, zu welchen für sie günstigeren Tatsachenfeststellungen das Berufungsgericht gelangt wäre, wenn den klagenden Parteien bereits vor der Berufungsverhandlung klar gewesen wäre, dass auch diese Frage Thema der Beweiswiederholung sein wird. Insbesondere wurden die erstgerichtlichen Feststellungen zur Wiener Eigentumswohnung der Nebenintervenientin nahezu unverändert übernommen. Neuerungen hätte die Kläger im Rahmen einer Beweiswiederholung nicht geltend machen können (vgl Kodek in Rechberger² § 488 ZPO Rz 5).1. Der von den Revisionswerbern gerügte Mangel des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat eingangs der Berufungsverhandlung den Beschluss verkündet, dass eine Beweiswiederholung zur Frage stattfindet, „ob die Nebenintervenientin die Eintrittsvoraussetzungen durch gemeinsamen Haushalt und dringendes Wohnbedürfnis erfüllt". Damit war hinreichend klargestellt, dass das Berufungsgericht erwägt, von den erstgerichtlichen Feststellungen abzuweichen, und dass auch die Feststellungen des Erstgerichts zur Frage einer anderen (gleichwertigen oder zumindest ausreichenden) Wohnmöglichkeit der Nebenintervenientin vom Berufungsgericht überprüft werden. Selbst wenn den klagenden Parteien in der Ladung zur Berufungsverhandlung nur mitgeteilt worden sein sollte, das Berufungsgericht werde sich mit den „Wohn- und Lebensverhältnissen der Nebenintervenientin von 1996 bis 2003" auseinandersetzen, mussten sie auch mit einer neuerlichen Überprüfung der Frage des von der Nebenintervenientin behaupteten dringenden Wohnbedürfnisses rechnen. Im Übrigen wird in den Revisionen nicht dargelegt, zu welchen für sie günstigeren Tatsachenfeststellungen das Berufungsgericht gelangt wäre, wenn den klagenden Parteien bereits vor der Berufungsverhandlung klar gewesen wäre, dass auch diese Frage Thema der Beweiswiederholung sein wird. Insbesondere wurden die erstgerichtlichen Feststellungen zur Wiener Eigentumswohnung der Nebenintervenientin nahezu unverändert übernommen. Neuerungen hätte die Kläger im Rahmen einer Beweiswiederholung nicht geltend machen können vergleiche Kodek in Rechberger² Paragraph 488, ZPO Rz 5).
Der weitere Vorwurf, das Berufungsgericht habe seine „Umwürdigung" vor allem auf Aussagen von Zeugen gegründet, deren Aussagen im Berufungsverfahren lediglich verlesen worden sind, geht schon deshalb ins Leere, weil diese Verlesung nach dem Inhalt des Protokolls über die Berufungsverhandlung einvernehmlich erfolgte. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Parteien keine Gelegenheit gehabt hätten, eine neuerliche Beweisaufnahme durch das Berufungsgericht zu beantragen.
2. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Nebenintervenientin Ende März 1996 in die Wohnung ihrer Mutter gezogen und hat bis zu deren Tod am 23. 3. 2003 mit ihr gemeinsam gelebt und den Haushalt geführt. Ihre Eigentumswohnung in Wien 18 vermietete sie beginnend mit 1. 2. 2002 befristet für die Dauer von fünf Jahren.
Der in den Revisionen vertretenen Auffassung, die Nebenintervenientin könne sich auf ein dringendes Wohnbedürfnis an der aufgekündigten Wohnung nicht berufen, weil sie durch Abschluss des Mietvertrages über ihre Eigentumswohnung schuldhaft eine ausreichende andere Wohnmöglichkeit aufgegeben habe, trifft nicht zu. Insbesondere kann davon, dass zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses der Tod der Mutter unmittelbar bevorgestanden wäre, keine Rede sein, ist sie doch erst mehr als ein Jahr später verstorben. Mit der vereinbarten Befristung hat sich die Nebenintervenientin die Möglichkeit erhalten, in absehbarer Zeit die Eigentumswohnung selbst zu nutzen. Die Annahme, die Nebenintervenientin sei den gemeinsamen Haushalt mit ihrer Mutter „Zur Begründung eines Eintrittsrechts" eingegangen, ist von den Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts nicht gedeckt. Dass die von den getroffenen Feststellungen nicht gedeckte Behauptung, die vermietete Eigentumswohnung sei auf Grund vorzeitiger Vertragsauflösung bereits im Dezember 2004 frei geworden, eine unzulässige Neuerung darstellt, erkennen die Revisionswerber selbst. Was aus dem Hinweis darauf, das Ende des befristeten Mietvertrages in 13 Monaten sei bei Schluss der Berufungsverhandlung „absehbar" gewesen, für den Prozessstandpunkt der Kläger zu gewinnen sein sollte, ist nicht erkennbar.
3. Die Revisionswerber vermögen schließlich auch keine Bedenken gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Nebenintervenientin könne nicht auf ihre Wohnmöglichkeit in der Schweiz verwiesen werden, zu wecken. Sie gestehen zu, dass die Verweisung eines an sich Eintrittsberechtigten auf eine Wohnmöglichkeit im Ausland grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Ob ein Eintrittsberechtigter dennoch ausnahmsweise auf eine solche auswärtige Wohnmöglichkeit zu verweisen ist, hängt stets von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab, weshalb regelmäßig eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zu beantworten ist. Es liegt auch keinesfalls eine grobe Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht vor, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit korrigiert werden müsste. Ungeachtet des persönlichen Naheverhältnisses der Nebenintervenientin zu jenem Schweizer Ort, in dem sich ihre gemietete 2-Zimmer-Wohnung befindet, und der Möglichkeit, in der näheren Umgebung kulturellen Interessen nachzugehen, darf vor allem nicht vernachlässigt werden, dass die zum Zeitpunkt der Kündigung über 60-jährige Nebenintervenientin mehr als sieben Jahre lang in der aufgekündigten Wohnung gewohnt und ihren Lebensmittelpunkt nach Wien verlegt hat (vgl auch 8 Ob 529/93; 7 Ob 2109/96i; weiters die Nachweise bei Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 § 14 MRG Rz 19).3. Die Revisionswerber vermögen schließlich auch keine Bedenken gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Nebenintervenientin könne nicht auf ihre Wohnmöglichkeit in der Schweiz verwiesen werden, zu wecken. Sie gestehen zu, dass die Verweisung eines an sich Eintrittsberechtigten auf eine Wohnmöglichkeit im Ausland grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Ob ein Eintrittsberechtigter dennoch ausnahmsweise auf eine solche auswärtige Wohnmöglichkeit zu verweisen ist, hängt stets von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab, weshalb regelmäßig eine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht zu beantworten ist. Es liegt auch keinesfalls eine grobe Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht vor, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit korrigiert werden müsste. Ungeachtet des persönlichen Naheverhältnisses der Nebenintervenientin zu jenem Schweizer Ort, in dem sich ihre gemietete 2-Zimmer-Wohnung befindet, und der Möglichkeit, in der näheren Umgebung kulturellen Interessen nachzugehen, darf vor allem nicht vernachlässigt werden, dass die zum Zeitpunkt der Kündigung über 60-jährige Nebenintervenientin mehr als sieben Jahre lang in der aufgekündigten Wohnung gewohnt und ihren Lebensmittelpunkt nach Wien verlegt hat vergleiche auch 8 Ob 529/93; 7 Ob 2109/96i; weiters die Nachweise bei Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 Paragraph 14, MRG Rz 19).
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Anmerkung
E79704 1Ob21.06dEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2006:0010OB00021.06D.0131.000Dokumentnummer
JJT_20060131_OGH0002_0010OB00021_06D0000_000