TE OGH 2006/2/6 13R14/06h

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Veröffentlicht am 06.02.2006
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Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes DDr. Huberger als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Bibulowicz und Dr. Lindner in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. M*****, vertreten durch Dr. Josef-Michael Danler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei V*****, vertreten durch Dr. Franz Schöberl, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 10.350,-- s.A. über den Kostenrekurs der klagenden Partei gegen die Kostenentscheidung im Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 24.11.2005, 11 Cg 243/04t-23, (Rekursinteresse EUR 613,10), in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Kostenentscheidung wird dahin abgeändert, dass sie lautet:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.286,52 bestimmten Kosten (hierin EUR 686,10 Barauslagen und EUR 266,74 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 133,63 bestimmten Rekurskosten hierin EUR 22,27 Ust) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

B e g r ü n d u n g :

Die Klägerin begehrte zunächst EUR 5.448,21 s.A. an Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall, wobei sie ausgehend von einem Gesamtschaden von EUR 10.896,42 aus Gründen besonderer Vorsicht eine Mithaftung von 50 % annahm und daher vorerst nur die Hälfte begehrte. Eine Ausdehnung der Klage behielt sie sich ausdrücklich vor.

Mit Schriftsatz ON 16 dehnte die Klägerin ihr Begehren auf EUR 10.580,32 s.A. aus, in der Tagsatzung vom 7.11.2005, ON 22, schränkte sie auf EUR 10.350,-- s.A. ein.

Mit dem im Kostenpunkt angefochtenen Urteil sprach das Erstgericht ausgehend von einer Verschuldensteilung von 1:1 der Klägerin EUR 5.175,-- s.A. zu und bestimmte die Kosten mit EUR 1.673,42 (hierin EUR 73,-- Barauslagen und EUR 266,74 USt). Es gründete die Kostenentscheidung auf § 43 Abs 1 ZPO und erachtete die Klägerin bis zur Klageausdehnung als zur Gänze obsiegend, danach hob es die Kosten gegeneinander auf. Da die Beklagte an Sachverständigengebühren um EUR 160,-- zuviel bezahlt habe, habe die Klägerin der Beklagten diese Summe zu ersetzen.Mit dem im Kostenpunkt angefochtenen Urteil sprach das Erstgericht ausgehend von einer Verschuldensteilung von 1:1 der Klägerin EUR 5.175,-- s.A. zu und bestimmte die Kosten mit EUR 1.673,42 (hierin EUR 73,-- Barauslagen und EUR 266,74 USt). Es gründete die Kostenentscheidung auf Paragraph 43, Absatz eins, ZPO und erachtete die Klägerin bis zur Klageausdehnung als zur Gänze obsiegend, danach hob es die Kosten gegeneinander auf. Da die Beklagte an Sachverständigengebühren um EUR 160,-- zuviel bezahlt habe, habe die Klägerin der Beklagten diese Summe zu ersetzen.

In ihrem Kostenrekurs (ON 26) begehrt die Klägerin den Zuspruch von weiteren EUR 613,10 an Barauslagen. Sie erachtet die Kostenentscheidung dem Grunde nach für richtig, das Erstgericht habe aber die der Klägerin im ersten Verfahrensabschnitt erwachsenen Barauslagen übersehen.

Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben und führt in ihrer Rekursbeantwortung (ON 31) aus, dass die spätere Ausdehnung um den auf die vorerst eingeräumte Mithaftung entfallenden Schaden auf dem Beginn des Verfahrens rückwirke und die Klägerin daher auch im ersten Verfahrensabschnitt nur zur Hälfte obsiegt habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Nach der Rechtsprechung darf im Fall der Teileinklagung eines Schadens ohne Einräumung eines Mitverschuldens dann, wenn der Schadensanteil unter Berücksichtigung eines festgestellten Mitverschuldens des Klägers zu ermitteln ist, über das Begehren des Klägers nicht hinausgegangen werden. In diesem Fall ist der eingeklagte Teilschaden um die Mitverschuldensquote zu kürzen (RIS-Justiz RS0027184). Eine entgegen diesen Grundsatz vorgenommene Bemessung des Ersatzbetrages verstößt gegen § 405 ZPO (RIS-Justiz RS0027184; Fucik in Fasching/Konecny² Rz 35 zu § 405 ZPO).Nach der Rechtsprechung darf im Fall der Teileinklagung eines Schadens ohne Einräumung eines Mitverschuldens dann, wenn der Schadensanteil unter Berücksichtigung eines festgestellten Mitverschuldens des Klägers zu ermitteln ist, über das Begehren des Klägers nicht hinausgegangen werden. In diesem Fall ist der eingeklagte Teilschaden um die Mitverschuldensquote zu kürzen (RIS-Justiz RS0027184). Eine entgegen diesen Grundsatz vorgenommene Bemessung des Ersatzbetrages verstößt gegen Paragraph 405, ZPO (RIS-Justiz RS0027184; Fucik in Fasching/Konecny² Rz 35 zu Paragraph 405, ZPO).

Hinter dieser Rechtsprechung steht der Gedanke, dass derjenige, der ohne Bezugnahme auf ein eigenes Verschulden oder eine eigene Haftung einen Teilschaden „aus prozessualer Vorsicht“ geltend macht, sich eine Kürzung des geltend gemachten Teilschadens gefallen lassen muss, wenn sich im Verfahren sein Mitverschulden oder seine Mithaftung herausstellt. Denn über den nicht eingeklagten Teil der Forderung wird im Prozess nicht abgesprochen, sodass der Kläger diese Forderung neuerlich geltend machen könnte.

Diese Rechtsprechung führt aber nicht dazu, dass ein Kläger gehalten wäre, von vornherein ein Mitverschulden oder eine Mithaftung mit der Wirkung anzuerkennen, dass er später davon nicht mehr abgehen kann. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass es ausreicht, wenn ein Kläger sein Mitverschulden oder seine Mithaftung nur „vorerst“ annimmt, sofern nur klar ist, dass die Teileinklagung auf der vorläufigen Annahme eines Mitverschuldens oder einer Mithaftung beruht (2 Ob 97/95 = Jus Z/2004; 2 Ob 4/04h; LG Feldkirch 3 R 249/05y = RIS-Justiz RFE0000141; Fucik in Fasching/Konecny Rz 36 zu § 405 ZPO).Diese Rechtsprechung führt aber nicht dazu, dass ein Kläger gehalten wäre, von vornherein ein Mitverschulden oder eine Mithaftung mit der Wirkung anzuerkennen, dass er später davon nicht mehr abgehen kann. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass es ausreicht, wenn ein Kläger sein Mitverschulden oder seine Mithaftung nur „vorerst“ annimmt, sofern nur klar ist, dass die Teileinklagung auf der vorläufigen Annahme eines Mitverschuldens oder einer Mithaftung beruht (2 Ob 97/95 = Jus Ziffer , 2 Ob 4/04h; LG Feldkirch 3 R 249/05y = RIS-Justiz RFE0000141; Fucik in Fasching/Konecny Rz 36 zu Paragraph 405, ZPO).

Dieser Fall lag hier zunächst vor. Die Klägerin ist vorerst von einer Mithaftung zur Hälfte ausgegangen. Sie war nicht gehalten, auf den nicht eingeklagten Rest des Gesamtschadens zu verzichten (2 Ob 97/95; ZVR 1992/80). Im Lauf des Verfahrens hat sie ihre Meinung aber geändert und ihr Begehren auf die Gesamtforderung ausgedehnt. Das Erstgericht teilte diese Ansicht der Klägerin nicht und ging von einem Mitverschulden der Klägerin von 50 % aus.

Folgte man der Ansicht der Beklagten in ihrer Rekursbeantwortung, so könnte ein Kläger, der zunächst wegen der unsicheren Beweislage von einem vorläufigen Mitverschulden ausgeht und daher nur einen Teil seines Schadens geltend macht, nicht mehr ohne Kostenfolgen sein Begehren auf den gesamten Anspruch ausdehnen. Denn weil er von dem zunächst eingeräumten Mitverschulden abgegangen ist, müsste er sich eine Kürzung der Forderung im ersten Abschnitt mit den entsprechenden Kostenfolgen gefallen lassen.

Diese Ansicht ist unbillig und widerspricht den oben zitierten Entscheidungen des Höchstgerichtes, wonach die „nur vorläufige“ Einräumung eines Mitverschuldens oder einer Mithaftung ausreicht. Es besteht kein Anlass, einen vorsichtigen Kläger, der erst dann das Klagebegehren auf seinen gesamten Schaden ausdehnt, wenn seine Prozesschancen gestiegen sind, zu bestrafen. Immerhin werden durch die Teileinklagung unter vorläufiger Einräumung eines Mitverschuldens oder einer Mithaftung Kosten gespart. Es kann auch kein Zweifel über den Umfang der Rechtskraftwirkung entstehen und zwar auch dann nicht, wenn die Ausdehnung nicht auf den gesamten Anspruch erfolgt, sondern nur infolge einer vorläufigen Annahme eines geringeren als ursprünglich angenommen Mitverschuldens. Hier wurde im Verfahren über den gesamten Anspruch abgesprochen.

Zu Recht hat das Erstgericht der Klägerin daher im ersten Verfahrensabschnitt die gesamten Kosten auf Basis von EUR 5.175 (allerdings gemäß § 43 Abs 2 1.Fall ZPO) zugesprochen und die Kosten des zweiten Abschnittes gegeneinander aufgehoben. Zutreffend weist die Rekurswerberin aber darauf hin, dass das Erstgericht die Barauslagen des ersten Verfahrensabschnitts unrichtig berechnet hat. Der Klägerin sind im ersten Verfahrensabschnitt Barauslagen in Höhe von EUR 826,10 erwachsen [(EUR 233,-- Pauschalgebühr, die in Beil./B bescheinigten Kosten der Kopie des Strafaktes von EUR 23,10, EUR 100,-- Dolmetschkosten, EUR 210,-- Kosten des verkehrstechnischen Sachverständigen (ON 5) und EUR 260,-- Kosten des verkehrstechnischen Sachverständigen (ON 7)].Zu Recht hat das Erstgericht der Klägerin daher im ersten Verfahrensabschnitt die gesamten Kosten auf Basis von EUR 5.175 (allerdings gemäß Paragraph 43, Absatz 2, 1.Fall ZPO) zugesprochen und die Kosten des zweiten Abschnittes gegeneinander aufgehoben. Zutreffend weist die Rekurswerberin aber darauf hin, dass das Erstgericht die Barauslagen des ersten Verfahrensabschnitts unrichtig berechnet hat. Der Klägerin sind im ersten Verfahrensabschnitt Barauslagen in Höhe von EUR 826,10 erwachsen [(EUR 233,-- Pauschalgebühr, die in Beil./B bescheinigten Kosten der Kopie des Strafaktes von EUR 23,10, EUR 100,-- Dolmetschkosten, EUR 210,-- Kosten des verkehrstechnischen Sachverständigen (ON 5) und EUR 260,-- Kosten des verkehrstechnischen Sachverständigen (ON 7)].

Im zweiten Verfahrensabschnitt liefen EUR 720,-- an Kosten des verkehrstechnischen Sachverständigen auf. Hievon trug die Klägerin EUR 220,--. Die verbleibenden EUR 500,-- wurden dem Sachverständigen nicht angewiesen. Das Erstgericht hat den im ersten Verfahrensabschnitt von der Beklagten zur Deckung allfälliger Zeugengebühren erlegten Kostenvorschuss von EUR 500,-- an die Beklagte zurücküberwiesen. Die restlichen Gebühren des Sachverständigen Dr. Friedrich Kamelreiter in derselben Höhe von EUR 500,-- sind noch offen.

Gemäß dem Rekursantrag ist es in diesem Fall zweckmäßig, der Beklagten neuerlich den Erlag des offenen Restes von EUR 500,-- oder die Direktzahlung an den Sachverständigen aufzutragen, dies wird das Erstgericht noch durchzuführen haben. Gemäß § 43 Abs 1 letzter Satz ZPO hätte die Klägerin im zweiten Verfahrensabschnitt die Hälfte der Gebühr des Sachverständigen von EUR 720,-- = EUR 360,-- zu tragen. Bislang trug sie nur EUR 220,--, weshalb der Kostenersatz der Beklagten an die Klägerin um die Differenz von EUR 140,-- zu kürzen ist. Das hat die Rekurswerberin in ihrem Rekurs getan. Nach Bezahlung der noch unberichtigen EUR 500,- an den Sachverständigen durch die Beklagte, haben die Parteien die Sachverständigengebühren des zweiten Abschnittes dann je zur Hälfte getragen. Aus diesem Grund waren der Klägerin an Barauslagen nur EUR 686,10 zuzusprechen.Gemäß dem Rekursantrag ist es in diesem Fall zweckmäßig, der Beklagten neuerlich den Erlag des offenen Restes von EUR 500,-- oder die Direktzahlung an den Sachverständigen aufzutragen, dies wird das Erstgericht noch durchzuführen haben. Gemäß Paragraph 43, Absatz eins, letzter Satz ZPO hätte die Klägerin im zweiten Verfahrensabschnitt die Hälfte der Gebühr des Sachverständigen von EUR 720,-- = EUR 360,-- zu tragen. Bislang trug sie nur EUR 220,--, weshalb der Kostenersatz der Beklagten an die Klägerin um die Differenz von EUR 140,-- zu kürzen ist. Das hat die Rekurswerberin in ihrem Rekurs getan. Nach Bezahlung der noch unberichtigen EUR 500,- an den Sachverständigen durch die Beklagte, haben die Parteien die Sachverständigengebühren des zweiten Abschnittes dann je zur Hälfte getragen. Aus diesem Grund waren der Klägerin an Barauslagen nur EUR 686,10 zuzusprechen.

Dem Rekurs war daher Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO iVm § 11 RATG.Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 41 und 50 ZPO in Verbindung mit Paragraph 11, RATG.

Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer 3, ZPO.

Textnummer

EW0000534

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:2006:01300R00014.06H.0206.000

Im RIS seit

07.03.2012

Zuletzt aktualisiert am

07.03.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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