Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ernst D***** OHG, *****, vertreten durch Dr. Julius Brändle, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die beklagte Partei S*****-Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Julia Hagen und Mag. Martin Künz, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen 36.336,42 EUR sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. Oktober 2005, GZ 2 R 267/04p-127, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Zulassungsbeschwerde behauptet eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wegen Nichterledigung der „Mängelrüge". Richtig ist, dass grundsätzlich ein Mangel des Berufungsverfahrens vorliegt, wenn das Berufungsgericht einen in der Berufung geltend gemachten Verfahrensmangel erster Instanz nicht behandelt (vgl RIS-Justiz RS0043144; Zechner in Fasching, ZPO² § 503 Rz 36). Im Anlassfall ist ein derartiger Vorwurf unbegründet, weil die Berufung keinen Verfahrensmangel geltend gemacht hat:Die Zulassungsbeschwerde behauptet eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wegen Nichterledigung der „Mängelrüge". Richtig ist, dass grundsätzlich ein Mangel des Berufungsverfahrens vorliegt, wenn das Berufungsgericht einen in der Berufung geltend gemachten Verfahrensmangel erster Instanz nicht behandelt vergleiche RIS-Justiz RS0043144; Zechner in Fasching, ZPO² Paragraph 503, Rz 36). Im Anlassfall ist ein derartiger Vorwurf unbegründet, weil die Berufung keinen Verfahrensmangel geltend gemacht hat:
Die Klägerin hat in ihrer Berufung gerügt, dass die beantragten Gutachten eines Sachverständigen für Handels- bzw Betriebswissenschaften nicht eingeholt wurden. Damit hätte die Klägerin ihre Behauptungen zur prognostizierten Marktentwicklung unter Beweis stellen können. Hätte nämlich der Großkunde S***** die Handelskette der Beklagten wegen Nichtgewährung des Großkundenrabatts verlassen, hätte sich dies positiv auf das Vermögen der Klägerin ausgewirkt. Die Klägerin wäre in einem solchen Fall nämlich - zusammen mit anderen Kaufleuten der Kette der Beklagten - S***** mit einer „anderen Marktstrategie" erfolgreich entgegengetreten, und es hätten sich andere Kaufleute der Beklagten angeschlossen, wodurch die Beklagte über zusätzliche Mittel verfügt hätte, ihre eigene Marktposition sowie die ihrer Einzelkaufleute auszubauen. Die Beantwortung der Frage, ob der Verzicht der Beklagten auf das Rabattsystem für Großkunden der Klägerin einen Vermögensvorteil gebracht hätte, verlangt eine Zukunftsprognose über die hypothetische Marktentwicklung. Es handelt sich um eine auch durch Sachverständigengutachten zu beweisende Tatfrage, zu dessen Lösung das Erstgericht ua einen Sachverständigen beigezogen hat. Wenn die Klägerin in der Berufung rügt, dass nicht noch weitere Sachverständigengutachten eingeholt worden sind, wirft sie demnach - ungeachtet der unzutreffenden Bezeichnung als „Mängelrüge" - in Wahrheit die (Beweis-)Frage auf, ob zum genannten Beweisthema Kontrollbeweise aufzunehmen waren.
Das Berufungsgericht hat mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung die Beweisrüge inhaltlich behandelt und die erstgerichtlichen - auf dem Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen beruhenden - Feststellungen übernommen, wonach der Verzicht der Beklagten auf das Rabattsystem für Großkunden den selbstständigen Einzelhändlern keinen Vorteil gebracht hätte, weil ein deshalb die Kette der Beklagte verlassender Großkunde entweder einen anderen Lieferanten zu denselben Bedingungen gefunden oder seine Geschäftsflächen an Mitbewerber verkauft oder vermietet hätte; an der Ertragsfähigkeit der Klägerin hätte sich jedenfalls nichts geändert. Wenn das Berufungsgericht in seiner Entscheidung die in der Berufung verlangten Kontrollbeweise auch nicht ausdrücklich anspricht, hat es sich damit doch inhaltlich auseinandergesetzt, weil es bei Erledigung der Beweisrüge wiederholt auf das gerichtliche Gutachten Bezug nimmt, die Argumentation des Sachverständigen als überzeugend, schlüssig und einleuchtend bezeichnet und eine Beweisergänzung demnach offensichtlich für entbehrlich erachtet.
Die von der Klägerin in ihrer Berufung geltend gemachten übergangenen Beweisanträge zielen - wie zuvor aufgezeigt - auf die Einholung von Kontrollbeweisen ab. Ob solche aufzunehmen sind, ist eine Frage der Beweiswürdigung, die in letzter Instanz dem Berufungsgericht obliegt (RIS-Justiz RS0040586; RS0043163[T6]; RS0043406). Das Berufungsgericht hat diese Frage bei Behandlung der Beweisrüge - zumindest indirekt - verneint. Die Unterlassung von Kontrollbeweisen kann aber nicht unter dem Gesichtspunkt der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens angefochten werden (RIS-Justiz RS0040246).
Anmerkung
E800214Ob262.05sSchlagworte
Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inEFSlg 115.228XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2006:0040OB00262.05S.0214.000Zuletzt aktualisiert am
03.07.2009