Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rudolf G*****, vertreten durch Brauneis, Klauser & Prändl, Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte Partei „P*****" Vertriebs GmbH intignidation (vormals I***** AG), *****, vertreten durch Dr. Michael Wukoschitz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Herausgabe und Zahlung von EUR 109.285,52 sA (Gesamtstreitwert EUR 151.417,01) über die ordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 20. Oktober 2003, GZ 4 R 165/03v-15, womit infolge Berufung beider Streitteile das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 23. Mai 2003, GZ 22 Cg 106/02k-7, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 2.052,04 (darin EUR 342,01 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Text
Begründung:
Der Kläger erhielt von der Beklagten neun persönlich an ihn adressierte Gewinnbenachrichtigungen. Gestützt auf § 5j KSchG begehrt er die Ausfolgung bzw Auszahlung der darin zugesagten Gewinne, und zwar einen fabriksneuen PKW der Marke VW Polo, viertürig, mit schwarzer Lackierung und Lederinnenausstattung, ein Sparbuch in der Höhe von EUR 5.000, einen fabriksneuen PKW der Marke Audi A2, ein Sparbuch in der Höhe von EUR 5.087,10 (S 70.000) sowie EUR 109.285,52 sA, wobei sich die Beklagte von der Verpflichtung zur Aushändigung der beiden PKWs und der Sparbücher durch die Bezahlung von EUR 11.696, EUR 5.000, EUR 20.348,39 und EUR 5.087,10 befreien könne.
Die Vorinstanzen gaben mit Ausnahme des Begehrens auf Aushändigung eines Sparbuches über EUR 5.000 dem Klagebegehren übereinstimmend statt. Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision im Wesentlichen mit der Begründung zu, dass „Vier-Preise-Spiele" noch nicht Gegenstand der Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof gewesen seien und auch die Frage, ob die Geltendmachung des Anspruches von der Erfüllung von Bedingungen wie etwa der Entrichtung eines „Organisationskostenbeitrages" abhängig sei, vom Obersten Gerichtshof noch nicht entschieden worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Die von der Beklagten gegen den klagsstattgebenden Teil dieses Urteils erhobene Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig (§ 510 Abs 3 ZPO):Die von der Beklagten gegen den klagsstattgebenden Teil dieses Urteils erhobene Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO):
1. Der Oberste Gerichtshof hat sich in der Entscheidung 7 Ob 290/01z = SZ 74/203 ausführlich mit der Klagbarkeit der Gewinnzusage eines Unternehmers gemäß § 5j KSchG auseinandergesetzt. Nach den in dieser Entscheidung zitierten Gesetzesmaterialien muss die (von dieser Norm umfasste und damit verpönte) Zusendung „durch ihre Gestaltung den Eindruck erwecken, dass der Verbraucher einen bestimmten Preis gewonnen habe. Dabei ist ein objektiver Maßstab anzulegen; Maßfigur ist auch hier der verständige Verbraucher. Lediglich Zusendungen, die schon von vornherein keinen Zweifel offen lassen, dass der Gewinn eines Preisausschreibens ab einer Ziehung oder auf andere Weise ermittelt werden muss, fallen nicht unter diese Regelung. In zahlreichen weiteren Entscheidungen hat der Oberste Gerichtshof die für die Auslegung des § 5j KSchG geltenden Grundsätze präzisiert (RIS-Justiz RS0102709, RS0118206, RS0117776, RS0117775, RS0117661, RS0117341, RS0117343, RS0116104).
2. Der vorliegende Fall, dass der Empfänger der Gewinnmitteilung vom Gewinn eines von mehreren „Preisen" verständigt wird, gehört zur typischen Erscheinungsform der Gewinnzusage (vgl auch Krejci in Rummel, ABGB3 § 5j KSchG Rz 1). Gerade auch die Bekämpfung derartiger unlauterer Praktiken, die darauf abzielen, dass der Unternehmer „Bearbeitungsgebühren" im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme eines Gewinns oder die Gebühren aus der Inanspruchnahme einer Mehrwerttelefonnummer lukriert (vgl Kathrein in KBB, ABGB § 5j KSchG Rz 2), ist Ziel des § 5j KSchG. Entgegen der Begründung des Zulassungsausspruchs des Berufungsgerichtes waren auch „Mehrpreis-Zusagen" bereits Gegenstand einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (4 Ob 27/03d). Im Übrigen würde selbst der Umstand, dass eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt, noch keineswegs zwingend bedeuten, dass die Entscheidung von der Lösung einer iSd § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt (RIS-Justiz RS0102181).2. Der vorliegende Fall, dass der Empfänger der Gewinnmitteilung vom Gewinn eines von mehreren „Preisen" verständigt wird, gehört zur typischen Erscheinungsform der Gewinnzusage vergleiche auch Krejci in Rummel, ABGB3 § 5j KSchG Rz 1). Gerade auch die Bekämpfung derartiger unlauterer Praktiken, die darauf abzielen, dass der Unternehmer „Bearbeitungsgebühren" im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme eines Gewinns oder die Gebühren aus der Inanspruchnahme einer Mehrwerttelefonnummer lukriert vergleiche Kathrein in KBB, ABGB § 5j KSchG Rz 2), ist Ziel des § 5j KSchG. Entgegen der Begründung des Zulassungsausspruchs des Berufungsgerichtes waren auch „Mehrpreis-Zusagen" bereits Gegenstand einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (4 Ob 27/03d). Im Übrigen würde selbst der Umstand, dass eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt, noch keineswegs zwingend bedeuten, dass die Entscheidung von der Lösung einer iSd § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt (RIS-Justiz RS0102181).
3. Rechtlich entscheidend ist nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung lediglich, ob die Zusendung von vornherein keinen Zweifel offen lässt, dass der Gewinner eines Preisausschreibens erst in einer Ziehung oder auf andere Weise ermittelt werden muss (RIS-Justiz RS0117343). Ob durch die Zusendung beim Erklärungsempfänger der Eindruck entstehen konnte, einen bestimmten Preis gewonnen zu haben, kann aber regelmäßig nur im Einzelfall entschieden werden (9 Ob 65/03d). Wenn die Vorinstanzen hier in Anbetracht des Umstandes, dass nach dem Text der Zusendung die Verlosung bereits stattgefunden hat und der Kläger aufgefordert wurde, seine Wünsche über die Ausstattung und Ausführung etc bekanntzugeben, davon ausgingen, dass beim Kläger der Eindruck entstehen konnte, er habe die begehrten „Preise" tatsächlich gewonnen, so liegt dies jedenfalls innerhalb des den Unterinstanzen hier eingeräumten Beurteilungsspielraums. Dies gilt in gleicher Weise für das „Jackpot-Gewinnspiel". In Anbetracht der insgesamt 12maligen Nennung des Gesamtbetrages von S 1,225.000 und einem abgedruckten „Scheck" über diesen Gesamtbetrag konnte auch ein verständiger Verbraucher zumindest nicht sicher sein, ob er nicht vielleicht doch den Gesamtbetrag gewonnen habe.
4. Die Regelung des § 906 ABGB ist nach herrschender Auffassung nur anwendbar, wenn sich aus Parteiabrede, Geschäftszweck, Verkehrssitte oder gesetzlicher Spezialbestimmung keine abweichende Regelung ergibt (Binder in Schwimann, ABGB3 § 906 Rz 1). Wenn die beklagte Partei durch die wiederholte Aufforderung, der Kläger solle seinen bevorzugten Gewinn wählen und die gewünschte Ausstattung bekannt geben, nach der Auffassung der Vorinstanzen den Eindruck erweckte, der Kläger habe tatsächlich bereits die von ihm in der Folge eingeforderten Preise gewonnen, kann sie sich nicht auf § 906 ABGB berufen. Im Übrigen ist der Beklagten entgegenzuhalten, dass die Abweichung von § 906 ABGB dahingehend, dass das Wahlrecht nicht dem Schuldner, sondern dem Gläubiger eingeräumt wird, in der Praxis sogar den Regelfall darstellt (Reischauer in Rummel, ABGB3 § 906 Rz 3).
5. Auf die Rechtsnatur des Anspruchs nach § 5j KSchG (vgl hiezu aus der Lehre Fenyves, Zur Deckung von Ansprüchen nach § 5j KSchG in der Rechtschutzversicherung, VR 2003, 89) kommt es nicht an, weil der Gesetzgeber die Anspruchsvoraussetzungen selbst ausreichend klar definiert hat (7 Ob 290/01z; 10 Ob 1/04a). Der Beantwortung der Rechtsnatur des Anspruchs nach § 5j KSchG bedarf es auch für die Frage, ob der Anspruch des Klägers von der Bezahlung des Organisationsbeitrages abhängt, nicht. Im Übrigen hat der Kläger stets seine Bereitschaft bekundet, den Organisationsbeitrag zu begleichen. Dass ihm der Gewinn nur dann zustehe, wenn er den Organisationskostenbeitrag vorweg entrichte, ist den Zusendungen - wie schon die Vorinstanzen zutreffend hervorgehoben - nicht zu entnehmen.5. Auf die Rechtsnatur des Anspruchs nach § 5j KSchG vergleiche hiezu aus der Lehre Fenyves, Zur Deckung von Ansprüchen nach § 5j KSchG in der Rechtschutzversicherung, VR 2003, 89) kommt es nicht an, weil der Gesetzgeber die Anspruchsvoraussetzungen selbst ausreichend klar definiert hat (7 Ob 290/01z; 10 Ob 1/04a). Der Beantwortung der Rechtsnatur des Anspruchs nach § 5j KSchG bedarf es auch für die Frage, ob der Anspruch des Klägers von der Bezahlung des Organisationsbeitrages abhängt, nicht. Im Übrigen hat der Kläger stets seine Bereitschaft bekundet, den Organisationsbeitrag zu begleichen. Dass ihm der Gewinn nur dann zustehe, wenn er den Organisationskostenbeitrag vorweg entrichte, ist den Zusendungen - wie schon die Vorinstanzen zutreffend hervorgehoben - nicht zu entnehmen.
6. Auch die Frage der Beweislast im Rahmen des § 5j KSchG ist durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bereits beantwortet. Demnach muss der beklagte Unternehmer, um sich der Haftung nach dieser Bestimmung zu entziehen, behaupten und beweisen, dass sich seine, die Gewinnzusage enthaltende Zusendung an einen Unternehmer in dieser Eigenschaft richtete (1 Ob 118/03i = SZ 2003/75). Von dieser Entscheidung abzugehen, besteht kein Anlass. Der von der Revision behauptete Widerspruch zu anderen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs liegt nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung ist, wer nicht als Unternehmer auftritt, prima facie als Verbraucher anzusehen (RIS-Justiz RS0065380). Dies entspricht auch der herrschenden Lehre (Krejci in Rummel, ABGB3 § 1 KSchG Rz 4). Gelingt dem klagenden Unternehmer der Nachweis einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit seines Vertragspartners, der sich nunmehr auf seine Verbrauchereigenschaft beruft, so hat letzterer zu beweisen, dass das konkrete Geschäft nicht beim Betrieb seines Unternehmens, sondern im Bereich der Privatsphäre abgeschlossen wurde, weil gleich der Vermutung des § 344 HGB davon ausgegangen werden darf, dass jedes Geschäft eines Unternehmers im Zweifel im Unternehmensbereich abgeschlossen wird (RIS-Justiz RS0065380). Damit trifft den Verbraucher im Ergebnis nur dann die Beweislast, wenn sich das Vorliegen eines Verbrauchergeschäftes nicht schon ganz klar aus den Umständen ergibt (RIS-Justiz RS0065264; Apathy in Schwimann, ABGB3 V KSchG § 1 Rz 3 mwN). Die Annahme, dass jedes Geschäft eines Unternehmers im Zweifel im Unternehmensbereich abgeschlossen wird, gilt allerdings - ebenso wie die Vermutung des § 344 HGB (dazu Kramer in Straube, HGB3 §§ 343, 344 Rz 21) - stets nur im Zweifelsfall. Ein solcher Zweifelsfall liegt bei Gewinnmitteilungen iSd § 5j KSchG jedoch in der Regel nicht vor, richten sich doch derartige Vertriebsmethoden typischer Weise an den Verbraucher. Wenn die Vorinstanzen die Gewinnmitteilungen der beklagten Partei an den Kläger als nicht der Sphäre seines Unternehmens zugehörig betrachteten, ist dies schon in Anbetracht der Art der den Gegenstand der Mitteilungen bildenden „Preise", die von PKWs bis zu Urlaubsreisen reichten, nicht zu beanstanden.6. Auch die Frage der Beweislast im Rahmen des § 5j KSchG ist durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bereits beantwortet. Demnach muss der beklagte Unternehmer, um sich der Haftung nach dieser Bestimmung zu entziehen, behaupten und beweisen, dass sich seine, die Gewinnzusage enthaltende Zusendung an einen Unternehmer in dieser Eigenschaft richtete (1 Ob 118/03i = SZ 2003/75). Von dieser Entscheidung abzugehen, besteht kein Anlass. Der von der Revision behauptete Widerspruch zu anderen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs liegt nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung ist, wer nicht als Unternehmer auftritt, prima facie als Verbraucher anzusehen (RIS-Justiz RS0065380). Dies entspricht auch der herrschenden Lehre (Krejci in Rummel, ABGB3 § 1 KSchG Rz 4). Gelingt dem klagenden Unternehmer der Nachweis einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit seines Vertragspartners, der sich nunmehr auf seine Verbrauchereigenschaft beruft, so hat letzterer zu beweisen, dass das konkrete Geschäft nicht beim Betrieb seines Unternehmens, sondern im Bereich der Privatsphäre abgeschlossen wurde, weil gleich der Vermutung des § 344 HGB davon ausgegangen werden darf, dass jedes Geschäft eines Unternehmers im Zweifel im Unternehmensbereich abgeschlossen wird (RIS-Justiz RS0065380). Damit trifft den Verbraucher im Ergebnis nur dann die Beweislast, wenn sich das Vorliegen eines Verbrauchergeschäftes nicht schon ganz klar aus den Umständen ergibt (RIS-Justiz RS0065264; Apathy in Schwimann, ABGB3 römisch fünf KSchG § 1 Rz 3 mwN). Die Annahme, dass jedes Geschäft eines Unternehmers im Zweifel im Unternehmensbereich abgeschlossen wird, gilt allerdings - ebenso wie die Vermutung des § 344 HGB (dazu Kramer in Straube, HGB3 §§ 343, 344 Rz 21) - stets nur im Zweifelsfall. Ein solcher Zweifelsfall liegt bei Gewinnmitteilungen iSd Paragraph 5 j, KSchG jedoch in der Regel nicht vor, richten sich doch derartige Vertriebsmethoden typischer Weise an den Verbraucher. Wenn die Vorinstanzen die Gewinnmitteilungen der beklagten Partei an den Kläger als nicht der Sphäre seines Unternehmens zugehörig betrachteten, ist dies schon in Anbetracht der Art der den Gegenstand der Mitteilungen bildenden „Preise", die von PKWs bis zu Urlaubsreisen reichten, nicht zu beanstanden.
Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage war die Revision der Beklagten daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
Textnummer
E79802European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2006:0020OB00031.04D.0220.000Im RIS seit
22.03.2006Zuletzt aktualisiert am
23.03.2011