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E2D Assoziierung Türkei;Norm
ARB1/80 Art7 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des NK, (geboren 1978) in T, vertreten durch Dr. Paul Delazer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 2/1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. März 2004, Zl. 139.450/2-III/4/03, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 31. März 2004 wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) den Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für "jeglichen Aufenthaltszweck" gemäß §§ 13 Abs. 3, 12 Abs. 3 und 18 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, i.V.m.
§ 2 Abs. 5 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, ab.
Der Beschwerdeführer habe den besagten Antrag am 18. Juli 2003 gestellt. Er halte sich seit dem Jahr 1998 in Österreich auf. Mit 18. März 1998 habe ihm die Erstbehörde eine Aufenthaltserlaubnis als Student ausgestellt, letztmalig bis 31. Dezember 2004. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Vater des Beschwerdeführers türkischer Arbeitnehmer in Österreich sei, sei ihm vom Arbeitsmarktservice Innsbruck gemäß § 4c AuslBG ein bis 27. Mai 2008 gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden. Um seinen Aufenthaltsstatus zu verbessern, habe der Beschwerdeführer die in Rede stehende Niederlassungsbewilligung beantragt.
Gemäß § 18 Abs. 1 FrG habe die Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates mit Verordnung jeweils für ein Jahr die Anzahl der Niederlassungsbewilligungen festzulegen, die
"1. Schlüsselkräften (§§ 2 Abs. 5 und 12 Abs. 8 AuslBG) und deren Ehegatten und minderjährigen unverheirateten Kindern, sowie
2.
entfallen durch BGBl. I Nr. 126/2002
3.
Familienangehörigen Drittstaatsangehöriger, die
sich vor dem 1. Jänner 1998 in Österreich niedergelassen haben, höchstens erteilt werden dürfen (Niederlassungsverordnung). Die Bundesregierung hat dabei die Entwicklung eines geordneten Arbeitsmarktes sicherzustellen und in der Verordnung die Bewilligungen so auf die Länder aufzuteilen, wie es deren Möglichkeiten und Erfordernissen entspricht."
Gemäß § 2 Abs. 5 AuslBG würden Fremde zusätzlich dann als Schlüsselkräfte gelten, wenn sie u.a. über eine besondere am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung oder über spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung verfügten und für die beabsichtigte Beschäftigung eine monatliche Bruttoentlohnung erhielten, die durchwegs mindestens 60 v.H. (im Jahr 2003: ca. EUR 2.100,--) der Höchstbemessungsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 ASVG zuzüglich Sonderzahlungen zu betragen habe.
Auf Grund der vom Beschwerdeführer absolvierten Ausbildung (Universitätssprachprüfung Deutsch, Ergänzungsprüfungen in Mathematik und Englisch, Besuch einzelner Lehrveranstaltungen) und der Tatsache, dass er die Vorprüfungen in Deutsch nicht mit Erfolg bestanden habe, sodass er das angestrebte Studium der Betriebswirtschaftslehre niemals begonnen habe, sei keinesfalls davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in Österreich als Schlüsselkraft gelte. Mit der Novelle des Fremdengesetzes und des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (BGBl. I Nr. 126/2002) sei seit dem 1. Jänner 2003 die "Neuzuwanderung" im Bereich der unselbständigen Erwerbstätigkeit nur mehr im Rahmen der Erfüllung eines Spezialtatbestands (§ 2 Abs. 5 i.V.m. § 12 AuslBG; sog. "unselbständige Schlüsselkräfte") möglich. Im Fall des Beschwerdeführers sei daher ein Wechsel von einer quotenfreien auf eine grundsätzlich quotenpflichtige Form der Niederlassungsbewilligung nur dann erlaubt, wenn er die Anforderungen einer Schlüsselkraft erfülle. Dies treffe aber nicht zu.
Aus dem angeführten Grund sei daher sein Antrag gemäß §§ 13 Abs. 3, 12 Abs. 3 und 18 Abs. 1 FrG und gemäß § 2 Abs. 5 AuslBG abzuweisen gewesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer hat unstrittig seit März 1998 über Aufenthaltserlaubnisse als Student verfügt, wobei der ihm zuletzt erteilte Titel bis 31. Dezember 2004 gültig ist. Der Beschwerdeführer hat ferner während der Geltungsdauer einer ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis für den Zweck des Studiums einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für "jeglichen Aufenthaltszweck" gestellt.
Gemäß § 13 Abs. 3 FrG können Fremde während der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels den Zweck ihres Aufenthalts dann mit Erfolg ändern, wenn der ihnen erteilte Aufenthaltstitel auch für den nunmehrigen Aufenthaltszweck erteilt hätte werden können. Damit ist eine Zweckänderung nur zulässig, wenn der Fremde die Voraussetzungen für den beantragten Aufenthaltstitel erfüllt.
Aus § 18 Abs. 1 FrG ergibt sich, dass eine Bewilligung für eine unselbständige Erwerbstätigkeit - wie sie von der Zwecksetzung "jeglicher Aufenthaltszweck" miterfasst und vom Beschwerdeführer unstrittigerweise beabsichtigt ist - zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids nur für "Schlüsselkräfte" i.S.d. §§ 2 Abs. 5, 12 Abs. 8 AuslBG offen stand, weil nur für diese Kräfte eine Anzahl der Niederlassungsbewilligungen pro Jahr - eine Quote - festzusetzen war. Dass der Beschwerdeführer die im angefochtenen Bescheid angesprochenen Voraussetzungen für eine unselbständige Schlüsselkraft gemäß § 2 Abs. 5 AuslBG erfüllen würde, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Auch aus dem angefochtenen Bescheid im Zusammenhalt mit den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass diese Voraussetzungen vorliegen würden. (Vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2005/18/0638.)
Weiters wird der Beschwerdeführer durch die Unterlassung der Einholung einer Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice i.S.d. § 12 Abs. 4 AuslBG in keinen Rechten verletzt (vgl. in diesem Sinn das zum Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, ergangene, aber insofern auch vorliegend einschlägige hg. Erkenntnis vom 14. Juni 2007, Zl. 2006/18/0134).
2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass er Inhaber eines nach § 4c Abs. 2 AuslBG erteilten und bis zum 27. Mai 2008 gültigen Befreiungsscheines sei. Die belangte Behörde hätte anhand des Umstandes, dass das Arbeitsmarktservice Innsbruck die Voraussetzung des Art. 7 Abs. 2 des ARB Nr. 1/1980 als erfüllt angesehen habe und ihm daher einen Befreiungsschein i.S.d. § 4c AuslBG ausgestellt habe, erkennen müssen, dass er die Freizügigkeit am österreichischen Arbeitsmarkt und damit ein Aufenthaltsrecht genieße. Der Beschwerdeführer habe nun mehr als fünf Jahre bei seinem Vater gewohnt und sei von diesem erhalten und unterhalten worden. Er sei also tatsächlich ein nachziehendes Familienmitglied, das nun eine arbeitsrechtliche Bewilligung erhalten habe, weshalb auch § 23 Abs. 3 und 4 FrG auf ihn anwendbar sei. Aus § 30 Abs. 3 FrG würde sich damit ergeben, dass ihm die beantragte weitere Niederlassungsbewilligung zu erteilen sei.
2.2. Gemäß § 4c Abs. 2 AuslBG ist türkischen Staatsangehörigen von Amts wegen ein Befreiungsschein auszustellen oder zu verlängern, wenn sie die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 dritter Unterabsatz oder nach Art. 7 zweiter Unterabsatz des Beschlusses Nr. 1/80 des auf Grund des Assoziationsratsabkommens EWG-Türkei eingerichteten Assoziationsrates vom 19. September 1980 (ARB Nr. 1/1980) erfüllen.
Nach Art. 7 zweiter Unterabsatz dieses Beschlusses haben die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen, freien Zugang zu jeder von ihnen gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis, wenn sie dort seit mindestens fünf Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben. Dieser Beschluss regelt die beschäftigungsrechtliche Stellung der Familienangehörigen, die auf Grund anderer Rechtsgrundlagen der Mitgliedstaaten die Genehmigung erhalten haben, zu einem türkischen Arbeitnehmer zu ziehen, wobei durch Art. 7 ARB Nr. 1/80 die Befugnis des betreffenden Mitgliedstaates nicht berührt wird, den Familienangehörigen die Genehmigung zu erteilen, zu dem in diesem Staat ordnungsgemäß beschäftigten türkischen Arbeitnehmer zu ziehen (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 21. Jänner 1999, Zl. 98/18/0424, mit Hinweisen auf die Judikatur des EuGH).
Im Hinblick auf die ihm unstrittig wiederholt erteilte Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums wurde dem Beschwerdeführer auf dem Boden der hg. Rechtsprechung bislang lediglich die Genehmigung erteilt, zum Zweck eines Studiums nach Österreich zu kommen, er hat damit aber keine behördliche Genehmigung erhalten, zu seinem Vater nach Österreich zu ziehen (vgl. das Erkenntnis vom 27. März 2003, Zl. 2000/09/0005). Derart fehlt dem Beschwerdeführer die nach Art. 7 zweiter Unterabsatz ARB Nr. 1/80 erforderliche behördliche Genehmigung, zu seinem Vater zu ziehen, um mit diesem in Österreich einen Wohnsitz zu begründen. Damit steht dem Beschwerdeführer auch kein Bleiberecht auf Grund eines unmittelbar anwendbaren Rechtsakts der Europäischen Union i. S.d. § 30 Abs. 3 FrG zu, das ihm Anspruch auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels geben würde. Zudem kommt der Beschwerdeführer nicht als "nachziehender Angehöriger" i.S.d. § 23 Abs. 3 FrG in Betracht, weshalb zu seinen Gunsten vorliegend auch § 23 Abs. 4 leg. cit. nicht in den Blick kommen kann.
3. Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 6. September 2007
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2004180143.X00Im RIS seit
18.10.2007Zuletzt aktualisiert am
29.05.2012