TE Vwgh Erkenntnis 2007/9/6 2007/18/0411

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Veröffentlicht am 06.09.2007
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997;
AsylG 2005 §75 Abs1;
NAG 2005 §1 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des G S in W, geboren 1964, vertreten durch Dr. Robert Krepp, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stadiongasse 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Februar 2007, Zl. 147.996/2- III/4/06, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 20. Februar 2007 wurde dem vom Beschwerdeführer am 28. Juli 2006 beim Landeshauptmann von Wien (bei der Erstbehörde) gestellten Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als "Familienangehöriger" gemäß § 1 Abs. 2 Z. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, nicht stattgegeben.

Der Beschwerdeführer habe am 27. Dezember 2002 nach seiner Einreise beim Bundesasylamt einen Antrag auf Gewährung von Asyl gestellt. Das Asylverfahren sei noch nicht rechtskräftig abgeschlossen, und er verfüge daher über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz.

Am 23. Jänner 2006 habe er die Österreicherin M. geheiratet.

Nach Hinweis auf § 1 Abs. 2 Z. 1 NAG führte die belangte Behörde weiter begründend aus, dass das NAG im Hinblick auf die asylrechtliche (vorläufige) Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers auf diesen nicht anwendbar sei. Zu den Berufungsausführungen in Bezug auf die Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 (Freizügigkeitsrichtlinie) werde bemerkt, dass der Beschwerdeführer die dort festgelegten Voraussetzungen nicht erfülle und daher kein Recht auf Freizügigkeit nach den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften in Anspruch nehmen könne. Auch habe der Beschwerdeführer nicht dargetan und sei dem Akt kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass der Ehepartner des Beschwerdeführers das Recht auf (gemeinschaftsrechtliche) Freizügigkeit in Anspruch genommen habe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in den für seine Erledigung wesentlichen Punkten jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 8. November 2006, Zl. 2006/18/0315, zu Grunde lag. Auch im vorliegenden Fall war der Beschwerdeführer, was von der Beschwerde nicht in Abrede gestellt wird, im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nach asylrechtlichen Bestimmungen zum Aufenthalt im Bundesgebiet (vorläufig) berechtigt, sodass das NAG für ihn nicht gilt (vgl. § 1 Abs. 2 Z. 1 leg. cit.).

2. Die Beschwerde bringt vor, dass zwar die genannte Freizügigkeitsrichtlinie auf Angehörige von Österreichern, die Österreich nicht verließen, nicht anwendbar sei, es jedoch unverständlich sei, weshalb das NAG (und auch das FPG) den Begriff des freizügigkeitsberechtigten österreichischen Staatsbürgers verwendeten, zumal für Angehörige freizügigkeitsberechtigter Österreicher im Sinn der Richtlinie ausschließlich in den übrigen EWR-Staaten Regelungen zu treffen seien. Im Sinn einer richtlinienkonformen Interpretation (gemeint: des NAG) sei der Begriff (gemeint: in diesem Gesetz) daher zu eliminieren, sodass für Angehörige freizügigkeitsberechtigter EWR-Bürger dieselben Regeln wie für Angehörige österreichischer Staatsbürger zu gelten hätten. Wollte man diesen Begriff aufrechterhalten, würden gleichheitsrechtliche Überlegungen zu dem Resultat führen, dass die in der Beschwerde zitierten Gesetzesbestimmungen (§§ 51, 52, 54 NAG, "§ 2 Abs. 4 Z. 11 StG") mit dem österreichischen Verfassungsrecht nicht in Einklang zu bringen wären. Die Unterscheidung zwischen einem österreichischen Staatsbürger, der freizügigkeitsberechtigt sei, und einem solchen, der dies nicht sei, sei sachlich nicht gerechtfertigt.

Mit diesem Vorbringen räumt die Beschwerde selbst ein, dass die genannte Richtlinie nicht auf den Beschwerdeführer Anwendung findet (vgl. in diesem Zusammenhang insbesondere Art. 3 Abs. 1 der Freizügigkeitsrichtlinie). Soweit sie jedoch verfassungsrechtliche Überlegungen in Bezug auf die im Beschwerdefall maßgebliche Bestimmung des § 1 Abs. 2 Z. 1 NAG anstellt, genügt es, auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. März 2007,

B 1019/06, zu verweisen, worin der Verfassungsgerichtshof dargelegt hat, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung über den Ausschluss der Anwendbarkeit des NAG auf Fremde mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz bestehen. In diesem Zusammenhang wird auch auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Juni 2007, B 1791/06, hingewiesen, in dem dieser in Bezug auf das Vorbringen eines Beschwerdeführers, dass § 1 Abs. 2 Z. 1 NAG aus gleichheitsrechtlichen Überlegungen (Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Familienangehörigen von österreichischen Staatsbürgern bzw. EWR-Bürgern in Bezug auf das Erfordernis der Inanspruchnahme des gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeitsrechtes, wobei der Beschwerdeführer u.a. das - zum Fremdengesetz aus 1992 ergangene - Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Juni 1996, B 592/96, ins Treffen führte) insoweit verfassungswidrig sei und auf Familienangehörige österreichischer Staatsbürger nicht anzuwenden sei, diese Bestimmung für unbedenklich erachtete (vgl. in diesem Zusammenhang auch den im hg. Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2007/18/0015, zitierten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 24. November 2006, B 1853/06).

3. Schon in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist der Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde hätte von Amts wegen Nachforschungen darüber anzustellen gehabt, ob die Ehegattin des Beschwerdeführers ein Recht auf Freizügigkeit habe oder dies für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Beschwerdeführer irrelevant sei und dass sie gehalten gewesen wäre, ihn aufzufordern, erforderliche Beweismittel vorzulegen, nicht berechtigt und mangelt es bereits an der Darlegung der Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels.

4. Ferner rügt die Beschwerde, dass die belangte Behörde über den vom Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid für den Fall der Nichterteilung der beantragten Niederlassungsbewilligung eventualiter gestellten Antrag auf Feststellung, dass er grundsätzlich zur Niederlassung berechtigt wäre, nicht entschieden habe. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde nicht auf, inwieweit der Beschwerdeführer durch den Abspruch des angefochtenen Bescheides in Rechten verletzt sei.

5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 6. September 2007

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007180411.X00

Im RIS seit

05.11.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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