Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Peter H*****, vertreten durch Dr. Nader Karl Mahdi, Rechtsanwalt in Wattens, gegen die beklagte Partei Dr. Ambros G*****, vertreten durch Dr. Kurt Bayr und Dr. Marco Rovagnati, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen EUR 19.108 sA und Feststellung (Streitwert EUR 1.000), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 20. Oktober 2005, GZ 4 R 214/05k-41, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 14. Juli 2005, GZ 18 Cg 53/02x-37, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.
Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Der Revisionswerber begründet die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision damit, dass der grundsätzlichen Festlegung des zeitlichen Beginns der ärztlichen Aufklärungspflicht erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zukomme. Das Berufungsgericht habe den Beginn der Aufklärungspflicht vom Zeitpunkt des Abschlusses des Behandlungsvertrags auf einen Zeitpunkt danach verlegt, obwohl - allenfalls bereits vorvertraglich - Aufklärungsschutz und Sorgfaltspflichten bestünden.Der Revisionswerber begründet die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision damit, dass der grundsätzlichen Festlegung des zeitlichen Beginns der ärztlichen Aufklärungspflicht erhebliche Bedeutung iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zukomme. Das Berufungsgericht habe den Beginn der Aufklärungspflicht vom Zeitpunkt des Abschlusses des Behandlungsvertrags auf einen Zeitpunkt danach verlegt, obwohl - allenfalls bereits vorvertraglich - Aufklärungsschutz und Sorgfaltspflichten bestünden.
Rechtliche Beurteilung
Der Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht als Teil des Behandlungsvertrags stellt nach ständiger Rechtsprechung eine Frage des Einzelfalls dar (SZ 63/152; 1 Ob 2318/96f; 1 Ob 303/99m; 7 Ob 15/04p; 6 Ob 86/05y; RIS-Justiz RS0026529). Auch für den jeweils richtigen Zeitpunkt der Aufklärung kann nichts anderes gelten. Nach den Feststellungen wurde der Beklagte am 8. 1. 1998 wegen einer (im Revisionsverfahren ausschließlich relevanten) Schwellung des rechten Oberschenkels des Klägers, der sich zu diesem Zeitpunkt wegen Depressionen in stationärer Behandlung befand, als orthopädischer Konsiliararzt zugezogen. Der Beklagte veranlasste für den 9. 1. 1998 eine Kernspintomografieuntersuchung, auf Grund derer der vordergründige Verdacht eines Blutergusses bestand, ein bösartiger Tumor aber nicht auszuschließen war. Er veranlasste weiters eine vertiefende diagnostische Abklärung sowie eine erweiterte Befundung mittels Kontrolle der sogenannten Laborparameter und einer am 12. 1. 1998 durchgeführten Oberschenkelpunktion. Erst nach dem Ergebnis dieser Untersuchung war mit höherer Wahrscheinlichkeit "ein septisches Geschehen am Oberschenkel als ein maligner Tumor" anzunehmen. Der Beklagte veranlasste hierauf die Transferierung des Klägers an die Universitätsklinik für Orthopädie. Ausgehend von diesem Sachverhalt kann in der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte vor diagnostischer Abklärung der Oberschenkelbeschwerden des Klägers nicht zu dessen Aufklärung über die Verdachtsdiagnosen verpflichtet war, schon angesichts der Depressionen des Klägers die offensichtlich von einem solchen Schweregrad waren, dass er sich ihretwegen in stationäre Krankenhausbehandlung begeben hatte, sowie auf Grund des Umstands, dass er - worauf er selbst in seiner Klage ausdrücklich hinwies - jedenfalls am 9. 1. 1998 „diskretions- und dispositionsunfähig" war, eine (grobe) Verkennung der Rechtslage nicht erblickt werden. Auch mit seiner Argumentation, dass der Patient in die Lage zu versetzen sei, die Tragweite seiner Einwilligung zu weiterführenden Maßnahmen, die zur Erstellung der Diagnose vorgeschlagen und vorgenommen werden, zu überschauen, zeigt der Rechtsmittelwerber keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf. Er hat im gesamten Verfahren nie vorgebracht, dass sich ein besonderes Risiko eines Diagnosezwecken dienenden Eingriffs verwirklicht hätte, über das er hätte aufgeklärt werden müssen (vgl 10 Ob 8/01a), sondern macht vielmehr ausschließlich geltend, dass er zu spät an die Universitätsklinik für Orthopädie überwiesen worden sei. Auch diesbezüglich kann - ausgehend vom Sachverhalt - dem Berufungsgericht allerdings keine Fehlbeurteilung vorgeworfen werden. Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen. Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf § 508a Abs 2 ZPO.Der Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht als Teil des Behandlungsvertrags stellt nach ständiger Rechtsprechung eine Frage des Einzelfalls dar (SZ 63/152; 1 Ob 2318/96f; 1 Ob 303/99m; 7 Ob 15/04p; 6 Ob 86/05y; RIS-Justiz RS0026529). Auch für den jeweils richtigen Zeitpunkt der Aufklärung kann nichts anderes gelten. Nach den Feststellungen wurde der Beklagte am 8. 1. 1998 wegen einer (im Revisionsverfahren ausschließlich relevanten) Schwellung des rechten Oberschenkels des Klägers, der sich zu diesem Zeitpunkt wegen Depressionen in stationärer Behandlung befand, als orthopädischer Konsiliararzt zugezogen. Der Beklagte veranlasste für den 9. 1. 1998 eine Kernspintomografieuntersuchung, auf Grund derer der vordergründige Verdacht eines Blutergusses bestand, ein bösartiger Tumor aber nicht auszuschließen war. Er veranlasste weiters eine vertiefende diagnostische Abklärung sowie eine erweiterte Befundung mittels Kontrolle der sogenannten Laborparameter und einer am 12. 1. 1998 durchgeführten Oberschenkelpunktion. Erst nach dem Ergebnis dieser Untersuchung war mit höherer Wahrscheinlichkeit "ein septisches Geschehen am Oberschenkel als ein maligner Tumor" anzunehmen. Der Beklagte veranlasste hierauf die Transferierung des Klägers an die Universitätsklinik für Orthopädie. Ausgehend von diesem Sachverhalt kann in der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte vor diagnostischer Abklärung der Oberschenkelbeschwerden des Klägers nicht zu dessen Aufklärung über die Verdachtsdiagnosen verpflichtet war, schon angesichts der Depressionen des Klägers die offensichtlich von einem solchen Schweregrad waren, dass er sich ihretwegen in stationäre Krankenhausbehandlung begeben hatte, sowie auf Grund des Umstands, dass er - worauf er selbst in seiner Klage ausdrücklich hinwies - jedenfalls am 9. 1. 1998 „diskretions- und dispositionsunfähig" war, eine (grobe) Verkennung der Rechtslage nicht erblickt werden. Auch mit seiner Argumentation, dass der Patient in die Lage zu versetzen sei, die Tragweite seiner Einwilligung zu weiterführenden Maßnahmen, die zur Erstellung der Diagnose vorgeschlagen und vorgenommen werden, zu überschauen, zeigt der Rechtsmittelwerber keine Rechtsfrage von der Qualität des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO auf. Er hat im gesamten Verfahren nie vorgebracht, dass sich ein besonderes Risiko eines Diagnosezwecken dienenden Eingriffs verwirklicht hätte, über das er hätte aufgeklärt werden müssen vergleiche 10 Ob 8/01a), sondern macht vielmehr ausschließlich geltend, dass er zu spät an die Universitätsklinik für Orthopädie überwiesen worden sei. Auch diesbezüglich kann - ausgehend vom Sachverhalt - dem Berufungsgericht allerdings keine Fehlbeurteilung vorgeworfen werden. Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen. Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO.
Anmerkung
E80193 1Ob4.06dEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2006:0010OB00004.06D.0307.000Dokumentnummer
JJT_20060307_OGH0002_0010OB00004_06D0000_000