TE Vfgh Beschluss 2002/12/7 G137/02

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Veröffentlicht am 07.12.2002
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Index

57 Versicherungen
57/03 Sonstiges

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
AktienG §195 ff
PensionskassenG §6 Abs2
PensionskassenG §27, §29

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen betreffend den Ausschluß von Hinterbliebenenpensionisten von Mitbestimmungs-, Wahl- und Informationsrechten in der Pensionskasse mangels Legitimation; Beschreitung des im Aktiengesetz für den Rechtsschutz der Aktionäre vorgesehenen Klagsweges zumutbar

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die §§5, 27 Abs5 und 29 Abs1 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Errichtung, Verwaltung und Beaufsichtigung von Pensionskassen (Pensionskassengesetz - PKG) lauteten bis zum 31.12.1996 wie folgt:

"Anwartschafts- und Leistungsberechtigte, Hinterbliebene

§5. (1) Anwartschaftsberechtigte sind jene natürlichen Personen, die auf Grund eines bestehenden oder früheren Arbeitsverhältnisses infolge von Beiträgen des Arbeitgebers und allenfalls eigener Beiträge einen Anspruch auf eine zukünftige Leistung entsprechend dem Pensionskassenvertrag haben, sowie Personen im Sinne des §1 Abs2 Betriebspensionsgesetz.

(2) Leistungsberechtigte sind jene natürliche Personen, für die eine Pensionskasse Leistungen entsprechend dem Pensionskassenvertrag erbringt.

(3) Hinterbliebene sind jene natürlichen Personen, die nach dem Ableben eines Anwartschafts- oder Leistungsberechtigten Leistungen von der Pensionskasse entsprechend dem Pensionskassenvertrag erhalten.

Aufsichtsrat

§27. (1) ...

(2) - (4) ...

(5) Wahlberechtigt für die Vertreter der Anwartschafts- und Leistungsberechtigten im Aufsichtsrat sind die Anwartschafts- und Leistungsberechtigten nach folgenden Grundsätzen:

1. Wird oder wurde der Wahlberechtigte vom Betriebsrat, der für die Betriebsvereinbarung gemäß §3 Abs1 Betriebspensionsgesetz zuständig ist, vertreten, so gilt dieser Betriebsrat als gesetzlich Beauftragter für die Ausübung des Wahlrechts;

2. der Wahlberechtigte oder Betriebsrat kann die gesetzliche Beauftragung jederzeit ohne Angabe von Gründen widerrufen;

3. die Vollmachterteilung an andere Beauftragte als den Betriebsrat ist möglich;

4. Wahlberechtigte, die durch keinen Beauftragten vertreten werden und auch bei der Hauptversammlung nicht selbst anwesend sind, verlieren ihr Wahlrecht bei dieser Hauptversammlung und werden auch für allfällige satzungsgemäße Anwesenheits- und Stimmenzahlenerfordernisse sowie für die Ermittlung des Wahlergebnisses nach dem Verhältniswahlsystem nicht berücksichtigt;

5. der Widerruf gemäß Z2 und die Vollmachterteilung gemäß Z3 ist gegenüber dem Vorsitzenden der Hauptversammlung glaubhaft zu machen;

6. die Vertreter der Anwartschafts- und Leistungsberechtigten im Aufsichtsrat werden auf Grund von Wahlvorschlägen, die jeder Wahlberechtigte bzw. Beauftragte bis eine Woche vor der Hauptversammlung schriftlich beim Vorstand einbringen kann, nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechtes (d'Hondtsches System) gewählt;

7. jeder Wahlberechtigte, der durch keinen Beauftragten im Wahlrecht vertreten wird, hat eine Stimme;

8. jeder Beauftragte hat so viele Stimmen, wie Wahlberechtigte vertreten werden;

9. die Wahl erfolgt durch offene Abstimmung, sofern die Satzung nichts anderes vorsieht;

10. in der Satzung kann die Briefwahl an Stelle der Wahl in der Hauptversammlung vorgesehen werden, wenn dies wegen der Zahl der Wahlberechtigten notwendig erscheint;

11. kommt es bei der Hauptversammlung nicht zu einer satzungsgemäßen Wahl, so geht das Entsendungsrecht bis zur nächsten Hauptversammlung bei überbetrieblichen Pensionskassen auf die nach dem Sitz der Pensionskasse zuständige Arbeiterkammer über, bei betrieblichen Pensionskassen auf den Betriebsrat (Betriebsausschuß, Zentralbetriebsrat, Arbeitsgemeinschaft nach §88a ArbVG).

(6) - (7) ...

Hauptversammlung

§29. (1) Zur Hauptversammlung der Pensionskasse sind auch die beitragsleistenden Arbeitgeber und die Anwartschafts- und Leistungsberechtigen einzuladen.

(2) - (3) ..."

2. Mit dem Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassen-gesetz und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden, BGBl. Nr. 755/1996, wurden - u.a. - diese Bestimmungen novelliert; sie lauten seit dem 1.1.1997 wie folgt:

"Begriffsbestimmungen

§5. Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind:

1. Anwartschaftsberechtigte: diejenigen natürlichen Personen, die

a)auf Grund

aa) eines bestehenden oder früheren Arbeitsverhältnisses oder

bb) §1 Abs2 BPG

infolge von Beiträgen des Arbeitgebers und allenfalls auch eigener Beiträge einen Anspruch auf eine zukünftige Leistung entsprechend dem Pensionskassenvertrag haben oder

b)

...

c)

...

              2.              Leistungsberechtigte: diejenigen natürlichen Personen, denen die Pensionskasse entsprechend dem Pensionskassenvertrag bereits folgende Pensionen zu erbringen hat:

              a)              Eigenpensionen (insbesonders Alters- und Invaliditätspension) oder

              b)              Hinterbliebenenpensionen (Witwer-, Witwen- und Waisenpension) nach dem Ableben eines Anwartschaftsberechtigten oder Berechtigten aus einer Eigenpension;

              3.              ..."

§27 Abs5 PKG lautet nunmehr wie folgt:

"(5) Wahlberechtigt für die Vertreter der Anwartschafts- und Leistungsberechtigten im Aufsichtsrat sind die Anwartschaftsberechtigten gemäß §5 Z1 und die Leistungsberechtigten gemäß §5 Z2 lita nach folgenden Grundsätzen:

1. - 10. ..."

§29 Abs1 leg. cit. lautet:

"(1) Zur Hauptversammlung der Pensionskasse sind auch die beitragsleistenden Arbeitgeber sowie die Anwartschaftsberechtigten gemäß §5 Z1 und die Leistungsberechtigten gemäß §5 Z2 lita einzuladen. Die Satzung kann vorsehen, daß eine Anmeldung für die Teilnahme an der Hauptversammlung erforderlich ist. In diesem Fall erlischt das Recht auf Teilnahme des berechtigten Anwartschafts- und Leistungsberechtigten, wenn er nicht bis zu dem in der Satzung festgelegten Stichtag vor der Hauptversammlung gegenüber der Pensionskasse schriftlich die beabsichtigte Teilnahme an der Hauptversammlung bekanntgibt. Der Zeitraum zwischen dem Stichtag und der Hauptversammlung darf drei Monate nicht überschreiten."

II. 1. Die Antragstellerin bezieht seit dem 1.3.1979 nach ihrem ehemals eigenpensionsberechtigten Ehegatten eine Hinterbliebenenpension von der APK-Pensionskasse AG.

2. Mit ihrem Antrag vom 12.4.2002 begehrt sie, der Verfassungsgerichtshof möge,

"1. die Wortfolge 'lit. a' in §27 Abs5 des Bundesgesetzes vom 17.05.1990 über die Errichtung, Verwaltung und Beaufsichtigung von Pensionskassen, BGBl 281/1990 in der Fassung BGBl I Nr 9/2002, und

2. die Wortfolge 'lit. a' in §29 Abs1 des Bundesgesetzes vom 17.05.1990 über die Errichtung, Verwaltung und Beaufsichtigung von Pensionskassen, BGBl 281/1990 in der Fassung BGBl I Nr 9/2002,

als verfassungswidrig auf[..]heben".

3. Hinsichtlich ihrer Antragslegitimation bringt sie folgendes vor:

".. Eingriff in die Rechtssphäre der Antragstellerin:

Nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation im Falle der Individualanfechtung, daß die bekämpften Gesetzesbestimmungen die Rechtssphäre der betreffenden Person berühren, daß diese gesetzlichen Bestimmungen in deren Rechtssphäre eingreifen und diese - im Falle ihrer Verfassungswidrigkeit - verletzen. Anfechtungsberechtigt ist also von vornherein nur ein Rechtsträger, an oder gegen den sich die anzufechtenden gesetzlichen Bestimmungen wenden, und der somit diesen Bestimmungen gegenüber Normadressat ist (VfSlg 15665 etc.).

Das PKG, und insbesondere die von der Antragstellerin bekämpften Bestimmungen der §§27 Abs5 und 29 Abs1 PKG (und damit auch die [...] bekämpften Wortfolgen), regeln das rechtliche Verhältnis der Pensionskassenaktiengesellschaften zu den Anwartschafts- und Leistungsberechtigten. Die beiden bekämpften gesetzlichen Bestimmungen normieren konkrete Mitwirkungs- und Informationsrechte der Anwartschafts- und Leistungsberechtigten und berühren daher auch die Rechtsspähre der Antragstellerin als Hinterbliebenenpensionistin und damit Leistungsberechtigte im Sinne von §5 Z2 litb PKG.

Normadressat[en] des PKG sind somit nicht nur die Pensionskassenaktiengesellschaften sondern auch die Anwartschafts- und Leistungsberechtigten, weil beide Gruppen von Rechtsträgern durch die bekämpften gesetzlichen Bestimmungen rechtlich betroffen sind.

Zu beachten ist dabei auch, daß der Antragstellerin als Hinterbliebenenpensionistin gemä[ß] §5 Z2 litb PKG vor der PKG-Novelle 1997, somit aufgrund von §27 Abs5 PKG idF BGBl I 209/1992, sehr wohl das Recht zukam, die Vertreter der Anwartschafts- und Leistungsberechtigten im Aufsichtsrat der jeweiligen Pensionskassenaktiengesellschaft zu wählen, sowie aufgrund von §29 Abs1 PKG idF BGBl 209/1992 das Recht auf Teilnahme in der Hauptversammlung der betreffenden Pensionskassen[a]ktiengesellschaft.

Erst durch die Einführung der [...] bekämpften Wortfolgen in den §§27 Abs5 bzw. 29 Abs1 PKG im Zuge der PKg-Novelle 1997 wurden der Antragstellerin als Hinterbliebenenpensionistin die beschriebenen Mitwirkungs- bzw. Informationsrechte entzogen.

Auch daraus erhellt sich die rechtliche Betroffenheit der Antragstellerin durch die nunmehr bekämpften gesetzlichen Bestimmungen [...].

.. Unmittelbarkeit, Aktualität und Bestimmtheit des Eingriffs:

Da die [...] bekämpften gesetzlichen Bestimmungen derzeit in Geltung stehen, diese Bestimmungen keiner weiteren Konkretisierung bedürfen und der Eingriff in die Rechtssphäre der Antragstellerin im Sinne der Ausführungen [...] auch eindeutig bestimmt ist, sind die bekämpften Bestimmungen auch eindeutig bestimmt, von aktueller Wirkung für die Antragstellerin und ihr gegenüber unmittelbar wirksam.

.. Zumutbarer Weg zur Normenkontrolle:

Neben der Möglichkeit der Einbringung eines Individualantrages gemäß Artikel 140 B-VG steht der Antagstellerin kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, die nunmehr bekämpften gesetzlichen Bestimmungen zu bekämpfen und derart Rechtsschutz gegen diese rechtswidrigen generellen Normen zu erlangen.

Insbesondere ist es der Antragstellerin nicht möglich, ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren anzustrengen, um über diesen Weg ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtenen gesetzlichen Bestimmungen des PKG an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen:

Es ist der Antragstellerin nicht möglich, ihr aktives Wahlrecht betreffend die Vertreter der Anwartschafts- und Leistungsberechtigten in der APK-Pensionskasse Aktiengesellschaft durch Erlangung eines (negativen) Bescheides durchzusetzen, weil ein derartiges verwaltungsbehördliches Verfahren im PKG nicht vorgesehen ist. Auch einen Feststellungsbescheid kann die Antragstellerin nicht erwirken.

Gleiches gilt bezüglich der Nichtberechtigung der Antragstellerin zur Teilnahme an der Hauptversammlung der APK-Pensionskasse[n]aktiengesellschaft:

Die Antragstellerin hat keine Möglichkeit, gegen die Nichteinräumung ihrer Rechte den Zivilrechtsweg zu beschreiten: Auf Pensionskassen sind gemäß §6 Abs2 PKG die für Aktiengesellschaften allgemein geltenden gesetzlichen Bestimmungen anzuwenden.

Dies kann sich allerdings lediglich auf das Verhältnis der Pensionskassenaktiengesellschaft zu ihren Aktionären, nicht aber auf das Verhältnis der Pensionskassenaktiengesellschaften zu den Anwartschafts- und Leistungsberechtigten beziehen, weil letzteren zwar (teilweise) ähnliche Wahl- und Mitwirkungsrechte wie Aktionären zukommen, sie aber keine Aktionäre sind. Die den Anwartschafts- und Leistungsberechtigten eingeräumten Rechte sind vielmehr gesetzlich eingeräumte Rechte, deren Verweigerung bzw Nichteinräumung gesetzlich nicht sanktioniert ist.

Die Antragstellerin ist im übrigen keine Aktionärin der APK-Pensionskasse Aktiengesellschaft.

Somit steht der Antragstellerin kein zumutbarer Weg zur Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit der [...] bekämpften Bestimmungen, und zwar der §§27 Abs2 sowie 29 Abs1 PKG, zu."

4. Die Antragstellerin bringt gleichheitsrechtliche Bedenken gegen den Ausschluß von Hinterbliebenenpensionisten von Mitbestimmungs-, Wahl-, und Informationsrechten in der Pensionskasse vor.

5. Ihrem Antrag ist eine als "Vertragsmuster gemäß §3 Abs3 i. V.m. 2 Betriebspensionsgesetz (BPG)" bezeichnete Vereinbarung zwischen dem Unternehmen A.M. GmbH als ehemaligem Arbeitgeber und der Antragstellerin als Hinterbliebener über den Beitritt des Unternehmens zur APK-Pensionskasse AG und zur Übertragung des bestehenden Anspruches auf die APK-Pensionskasse Aktiengesellschaft beigeschlossen.

Dieser Vertrag enthält folgenden §10:

"Mitwirkungs- und Informationsrechte

Die Mitwirkungsrechte des/der Berechtigten an der Pensionskasse werden gemäß den diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen ausgeübt. Gemäß §29 PKG besteht das Recht zur Teilnahme an der Hauptversammlung der Pensionskasse. Die Einladung erfolgt durch Bekanntmachung im 'Amtsblatt zur Wiener Zeitung'. Im Rahmen der Hauptversammlung bestehen die Rechte gemäß §112 Aktiengesetz (Informationsrechte) sowie gemäß §27 PKG (Wahl der Vertreter der Anwartschafts- und Leistungsberechtigten in den Aufsichtsrat). Die Informationspflichten der Pensionskasse werden gemäß §18 PKG ausgeübt.

Darüber hinaus errichtet die Pensionskasse für diese Veranlagungs- und Risikogemeinschaft einen Beratungsausschuß gem. §28 PKG mit im einzelnen noch festzulegenden Mitwirkungsrechten."

6. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Zulässigkeit des Antrages bestreitet und die angefochtenen Bestimmungen verteidigt.

7. Die Antragstellerin hat darauf repliziert.

III. Der Antrag erweist sich als unzulässig:

1. Gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch die Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, daß das Gesetz in die Rechtssphäre der Betroffenen unmittelbar eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.

2.1. Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 11.726/1988, VfGH 14.6.1994 V84/93).

2.2. Im vorliegenden Fall steht der Antragstellerin - entgegen ihren Behauptungen - ein zumutbarer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen zur Verfügung:

Gem. §6 Abs2 PKG sind auf Pensionskassen die für Aktiengesellschaften allgemein geltenden gesetzlichen Bestimmungen anzuwenden, soweit sich aus dem PKG nichts anderes ergibt. Das PKG enthält weder Regelungen hinsichtlich des Rechtsschutzes der Aktionäre, noch der Anwartschafts- oder Leistungsberechtigten. Diesfalls sind daher die aktienrechtlichen Regelungen der §§195 ff AktG anwendbar. Der Antragstellerin stünde es daher frei, etwa einen Beschluß der Hauptversammlung, die die Wahl des Aufsichtsrates zum Gegenstand hat (vgl. OGH 19.12.2000, 10 Ob 32/00d), mit Klage zu bekämpfen und ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen ihren Ausschluß vom Wahlrecht vorzubringen (vgl. Schiemer, Handkommentar zum Aktiengesetz, Wien 1986, 752, die "Anfechtungsbefugnis muß somit nicht mit dem Stimmrecht einhergehen").

Daß ein - für die Antragstellerin - positiver Ausgang des Verfahrens die Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig - und zwar im Zuge eines vom Rechtsmittelgericht beim Verfassungsgerichtshof zu initiierenden Normenkontrollverfahrens - jedenfalls zur Voraussetzung hätte, ist keine Besonderheit dieser Rechtssache, sondern konsequente Folge der gegebenen Verfassungsrechtslage, die eben (Individual)Anträge gleichsam nur als letzten Ausweg zuläßt (VfSlg. 8187/1977, 9170/1981, 9285/1985, 9394/1982, 10251/1984). Es kommt dabei nicht auf die Erfolgschancen des den Antragstellern zu Gebote stehenden (Verfahrens-)"Umwegs", sondern bloß darauf an, daß sich im Zuge eines derartigen Prozesses Gelegenheit bietet, verfassungsrechtliche Bedenken gegen relevante Normen über die ordentlichen Gerichte an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (s. z.B. zuletzt 15362/1998).

3. Der Antrag war daher bereits mangels Legitimation der Antragstellerin als unzulässig zurückzuweisen, ohne daß es einer Prüfung aller Prozeßvoraussetzungen, insbesondere ob die bekämpften Gesetzesbestimmungen in der richtigen Fassung bezeichnet wurden, bedurft hätte.

4. Dies konnte ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden (§19 Abs3 Z2 lite VfGG).

Schlagworte

Pensionskassen, VfGH / Individualantrag, Zivilrecht, Gesellschaftsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:G137.2002

Dokumentnummer

JFT_09978793_02G00137_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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