TE OGH 2006/3/15 4R72/06b

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Veröffentlicht am 15.03.2006
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Beschluss

Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch die Richter Hofrat Dr. Fußenegger als Vorsitzenden sowie Dr. Müller und Dr. Troll als weitere Senatsmitglieder in der Rechtssache der klagenden Partei V*****vertreten durch Dr. Karl Rümmele und Dr. Birgitt Breinbauer, Rechtsanwälte in 6850 Dornbirn, gegen die beklagte Partei H***** wegen EUR 13,80 sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 14. Februar 2006, 6 C 98/06 x-5, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss ersatzlos aufgehoben.

Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des Verfahrens durch Zustellung des Zahlungsbefehles an die beklagte Partei aufgetragen. Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit der am 25.1.2006 beim Bezirksgericht Dornbirn überreichten Klage begehrte die klagende Partei EUR 13,80 an Hauptforderung zuzüglich EUR 9,91 an Nebenforderung von der laut Vorbringen in der Mahnklage in Dornbirn wohnhaften Beklagten. Das Erstgericht erließ antragsgemäß den beantragen Zahlungsbefehl. Dieser konnte an der in der Mahnklage angeführte Adresse nicht zugestellt werden, da die Beklagte laut Postfehlbericht nach CH***** verzogen war. Mit Schriftsatz vom 9.2.2006 beantragte die klagende Partei die neuerliche Zustellung an der Adresse der Beklagten in der Schweiz.

Mit Beschluss vom 14.2.2006 hob das Erstgericht den Zahlungsbefehl vom 26.1.2006 auf und leitete das ordentliche Verfahren ein. Es trug dem Klagsvertreter auf, die Klage als Schriftsatzklage einzubringen. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos aufzuheben und dem Erstgericht die Zustellung des Zahlungsbefehles aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Gemäß §§ 244 Abs 2 Z 3, 448 ZPO - die vom Erstgericht zitierte Bestimmung des § 448 Abs 2 ZPO wurde durch die Zivilverfahrens-Novelle 2002, BGBl I 2002/76, novelliert - darf ein Zahlungsbefehl nicht erlassen werden, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz im Ausland hat. Auszugehen ist dabei jeweils von den Angaben in der Klage. Da hier in der Klage der Wohnsitz bzw der gewöhnliche Aufenthaltsort der Beklagten in Dornbirn angeführt war, hat das Erstgericht zu Recht einen Zahlungsbefehl erlassen.Gemäß Paragraphen 244, Absatz 2, Ziffer 3,, 448 ZPO - die vom Erstgericht zitierte Bestimmung des Paragraph 448, Absatz 2, ZPO wurde durch die Zivilverfahrens-Novelle 2002, BGBl römisch eins 2002/76, novelliert - darf ein Zahlungsbefehl nicht erlassen werden, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz im Ausland hat. Auszugehen ist dabei jeweils von den Angaben in der Klage. Da hier in der Klage der Wohnsitz bzw der gewöhnliche Aufenthaltsort der Beklagten in Dornbirn angeführt war, hat das Erstgericht zu Recht einen Zahlungsbefehl erlassen.

Die Frage, wie zu verfahren ist, wenn sich nach Erlassung des Zahlungsbefehles herausstellt, dass der Beklagte seinen Wohnsitz bzw gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland und nicht, wie in der Klage angeführt, im Inland hat, wird verschieden beantwortet. So lehrt Kodek in Fasching/Konecny² III § 244 ZPO Rz 74, dass in diesem Falle das Gericht den Zahlungsbefehl aufheben und das ordentliche Verfahren einleiten kann. Verwiesen wird von Kodek dabei auf eine Entscheidung des LG Eisenstadt zu 13 R 204/00 y.Die Frage, wie zu verfahren ist, wenn sich nach Erlassung des Zahlungsbefehles herausstellt, dass der Beklagte seinen Wohnsitz bzw gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland und nicht, wie in der Klage angeführt, im Inland hat, wird verschieden beantwortet. So lehrt Kodek in Fasching/Konecny² römisch III Paragraph 244, ZPO Rz 74, dass in diesem Falle das Gericht den Zahlungsbefehl aufheben und das ordentliche Verfahren einleiten kann. Verwiesen wird von Kodek dabei auf eine Entscheidung des LG Eisenstadt zu 13 R 204/00 y.

Demgegenüber führen Burgstaller/Neumayr in Burgstaller/Neumayr Art 24 EuGVO Rz 12 aus, dass ungeachtet der Vorschrift des § 244 Abs 2 Z 3 ZPO, wonach bei einem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Beklagten im Ausland ein Zahlungsbefehl unzulässig ist, ein dennoch erlassener Zahlungsbefehl gültig ist und nicht aufgehoben werden kann, wenn sich herausstellt, dass der Beklagte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat. Diese Auffassung vertritt auch Brenn (Europäischer Zivilprozess Rz 206) und wird auch vom Obersten Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 24.11.1999, 3 Ob 117/99 y (SZ 73/193), geteilt. Wenn der angeführten Entscheidung des OGH auch eine vor dem 1.1.1998 zugestellte Klage zu Grunde lag, für welchen Zeitpunkt die ab 1.1.1998 in Kraft getretene Bestimmung des § 448 Abs 2 ZPO noch nicht in Geltung war, so hat der Oberste Gerichtshof jedenfalls ausgesprochen, dass die Zustellung eines zum Zustellungszeitraum jedenfalls nicht mehr zulässigen Zahlungsbefehls ins Ausland, in dem das LGVÜ Anwendung findet, zulässig ist. Dass der Zahlungsbefehl an der im Ausland bekannt gewordenen Adresse (auch ohne entsprechenden Antrag) zuzustellen ist, wenn sich der Auslandswohnsitz erst nach Erlassung des Zahlungsbefehles herausstellt, hat auch das OLG Wien zu 13 R 48/04 f unter Hinweis auf Fucik in Rechberger, ZPO² § 448 Rz 4 ausgesprochen. Der erkennende Senat schließt sich der zuletzt dargestellten Auffassung an, da im Hinblick auf die in der Klage angeführte Adresse der Beklagten der Zahlungsbefehl durch das Erstgericht jedenfalls zu Recht erlassen wurde und das Erstgericht auch nach entsprechender Änderung der Entscheidungsgrundlage jedenfalls an seine Entscheidung gebunden ist. Durch die Zustellung des Zahlungsbefehles an die nunmehr in der Schweiz wohnhafte Beklagte wird auch in keiner Weise unzulässig in deren Rechte eingegriffen und deren rechtliches Gehör verletzt, da für die Beklagte jederzeit die Möglichkeit eines Einspruches besteht. Die Entscheidung über die Rekurskosten stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO. Gemäß § 528 Abs 2 Z 1 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.Demgegenüber führen Burgstaller/Neumayr in Burgstaller/Neumayr Artikel 24, EuGVO Rz 12 aus, dass ungeachtet der Vorschrift des Paragraph 244, Absatz 2, Ziffer 3, ZPO, wonach bei einem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Beklagten im Ausland ein Zahlungsbefehl unzulässig ist, ein dennoch erlassener Zahlungsbefehl gültig ist und nicht aufgehoben werden kann, wenn sich herausstellt, dass der Beklagte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat. Diese Auffassung vertritt auch Brenn (Europäischer Zivilprozess Rz 206) und wird auch vom Obersten Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 24.11.1999, 3 Ob 117/99 y (SZ 73/193), geteilt. Wenn der angeführten Entscheidung des OGH auch eine vor dem 1.1.1998 zugestellte Klage zu Grunde lag, für welchen Zeitpunkt die ab 1.1.1998 in Kraft getretene Bestimmung des Paragraph 448, Absatz 2, ZPO noch nicht in Geltung war, so hat der Oberste Gerichtshof jedenfalls ausgesprochen, dass die Zustellung eines zum Zustellungszeitraum jedenfalls nicht mehr zulässigen Zahlungsbefehls ins Ausland, in dem das LGVÜ Anwendung findet, zulässig ist. Dass der Zahlungsbefehl an der im Ausland bekannt gewordenen Adresse (auch ohne entsprechenden Antrag) zuzustellen ist, wenn sich der Auslandswohnsitz erst nach Erlassung des Zahlungsbefehles herausstellt, hat auch das OLG Wien zu 13 R 48/04 f unter Hinweis auf Fucik in Rechberger, ZPO² Paragraph 448, Rz 4 ausgesprochen. Der erkennende Senat schließt sich der zuletzt dargestellten Auffassung an, da im Hinblick auf die in der Klage angeführte Adresse der Beklagten der Zahlungsbefehl durch das Erstgericht jedenfalls zu Recht erlassen wurde und das Erstgericht auch nach entsprechender Änderung der Entscheidungsgrundlage jedenfalls an seine Entscheidung gebunden ist. Durch die Zustellung des Zahlungsbefehles an die nunmehr in der Schweiz wohnhafte Beklagte wird auch in keiner Weise unzulässig in deren Rechte eingegriffen und deren rechtliches Gehör verletzt, da für die Beklagte jederzeit die Möglichkeit eines Einspruches besteht. Die Entscheidung über die Rekurskosten stützt sich auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO. Gemäß Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer eins, ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.

Landesgericht Feldkirch

Anmerkung

EFE00150 04r00726

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00929:2006:00400R00072.06B.0315.000

Dokumentnummer

JJT_20060315_LG00929_00400R00072_06B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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