Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 16. März 2006 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gödl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Florin P***** wegen des Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 11 dritter Fall, 35 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 9. September 2005, GZ 12 Hv 32/05t-83, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übringen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch erfassten Taten auch unter §§ 11 dritter Fall, 44 Abs 1 lit a FinStrG sowie demzufolge im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht verwiesen.
Der Angeklagte Florin P***** wird mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Florin P***** der Finanzvergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 11 dritter Fall, 35 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (A.) und des vorsätzlichen Eingriffes in die Rechte des Tabakmonopols nach §§ 11 dritter Fall, 44 Abs 1 lit a FinStrG (B.) schuldig erkannt.
Danach hat er „zu nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkten zwischen Juli 2002 und September 2003 vor Ausführung der nachangeführten Zigarettenschmuggeltransporte die Übernahme und Verzollung der als Tarnladung verwendeten Holzsendungen sowie die Entladung, Verwahrung und Bereitstellung des darin befindlichen Schmuggelgutes für den späteren Weiterverkauf zugesagt und teilweise daran mitgewirkt und zu diesem Zweck eine Firma gegründet bzw eine bestehende Firma verwendet sowie geeignete Lagerhallen in Neudörfl, Gloggnitz und Theresienfeld angemietet und dadurch dazu beigetragen, dass unbekannte Täter in Nickelsdorf
A. eingangsabgabepflichtige Waren, nämlich die zwischen 22. Juli 2002 und 5. September 2003 in insgesamt 28 Fahrten geschmuggelten 420.000 Stangen Zigaretten (= 84 Millionen Stück) vorsätzlich vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbrachten, wobei die Tathandlungen in Neudörfl, Wr. Neustadt, Gloggnitz, Theresienfeld und an anderen Orten Österreichs begangen wurden und Florin P***** den Schmuggel in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger Straftaten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen;
B. zu ihrem Vorteil vorsätzlich die in den Vorschriften über das Tabakmonopol enthaltenen Gebote oder Verbote hinsichtlich des Handels mit Monopolgegenständen verletzten, dies hinsichtlich der unter Punkt A. angeführten Zigaretten."
Rechtliche Beurteilung
Mit einer auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte allein die Aussprüche über die Geldstrafe, die Ersatzfreiheitsstrafe, die Freiheitsstrafe und die Wertersatzstrafe, auch wenn er formell die Aufhebung auch der Schuldsprüche beantragt.
Aus Anlass der Beschwerde war vom Obersten Gerichtshof, insoweit in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, in Ansehung des Schuldspruchs nach § 44 Abs 1 lit a FinStrG von Amts wegen eine dem Angeklagten zum Nachteil gereichende Nichtigkeit nach Z 10 des § 281 Abs 1 StPO wahrzunehmen (§ 290 Abs 1 StPO).
Ein Tatbeitrag ist nur dann strafbar, wenn der geförderte unmittelbare Täter das Versuchsstadium erreicht hat, mag er auch - was hier nicht zur Diskussion steht - selbst nicht strafbar sein („quantitative Akzessorietät", „faktische Bezogenheit"; § 15 Abs 2 StGB, § 13 Abs 2 FinStrG; Fuchs AT6 32. Kap Rz 38; Fabrizy in WK2 § 12 Rz 97 f; Leukauf/Steininger, Komm³ § 12 Rz 51; je mwN).
Nach den Feststellungen förderte der Angeklagte Florin mit gewerbsmäßiger Tendenz in 28 Fällen den Schmuggel von insgesamt 420.000 Stangen Zigaretten von Rumänien nach Österreich, indem er seine Firma als Empfänger der vorgeblichen Holzimporte anführte, die Abladung der in den Tarnladungen illegal importierten Zigaretten in den von ihm beigestellten Lagerhallen veranlasste und dort die Schmuggelware zur späteren Weiterveräußerung bereit hielt (US 2, 4 f, 7 f).
Der Handel mit Tabakerzeugnissen ist laut § 5 Abs 3 TabMG 1996 verboten, soweit er nicht auf Grund einer Bestellung zum Tabaktrafikanten oder einer Bewilligung als Großhändler (§ 6 TabMG 1996) betrieben wird oder nicht gemäß § 5 Abs 5 TabMG 1996 (Abgabe im Rahmen der diplomatischen und berufskonsularischen Beziehungen und zur Durchführung zwischenstaatlicher Verträge sowie auf Flughäfen, in Flugzeugen und auf Donauschiffen an Reisende und als Bordvorrat) oder § 40 Abs 1 TabMG 1996 (Verkauf von Tabakerzeugnissen in Gaststätten) erlaubt ist. „Handel" iSd § 5 Abs 3 TabMG 1996 ist nach der Legaldefinition des § 5 Abs 4 TabMG 1996 das gewerbsmäßige Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen im Monopolgebiet. Dieses ist gemäß § 1 Abs 3 TabMG 1996 das Bundesgebiet, ausgenommen das Gebiet der Ortsgemeinden Jungholz (Tirol) und Mittelberg (Vorarlberg).
§ 44 Abs 1 lit a FinStrG bezieht sich, soweit es wie hier um Zigaretten geht, auf die Bestimmungen des Tabakmonopolgesetzes.
Die Entscheidungsgründe des Urteils enthalten jedoch keine Feststellungen, aus denen sich ergäbe, dass es zu einem nach § 44 Abs 1 lit a FinStrG tatbildlichen Handeln eines unmittelbaren Täters, wenn auch nur im Stadium der Ausführungsnähe, gekommen ist. Ebenso wenig wurde eine entsprechende Willensausrichtung des Angeklagten (§ 8 Abs 1 FinStrG) konstatiert, was aber für einen Schuldspruch des Angeklagten wegen eines Beitrags zum angeführten Finanzvergehen erforderlich wäre.
Das vorliegende Urteil leidet demnach an einem Rechtsfehler mangels Feststellungen (zu diesem Begriff Ratz, WK-StPO § 281 Rz 605), was die Teilkassation und die Anordnung neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung erforderte.
Im erneuerten Verfahren wird mit Blick auf die dargelegte quantitative Akzessorietät des Tatbeitrags zu prüfen sein, ob es tatsächlich zu einem nach § 44 Abs 1 lit a FinStrG tatbildlichen Handeln eines unmittelbaren Täters, zumindest im Stadium der Ausführungsnähe (§ 13 Abs 2 FinStrG), gekommen ist.Im erneuerten Verfahren wird mit Blick auf die dargelegte quantitative Akzessorietät des Tatbeitrags zu prüfen sein, ob es tatsächlich zu einem nach § 44 Abs 1 lit a FinStrG tatbildlichen Handeln eines unmittelbaren Täters, zumindest im Stadium der Ausführungsnähe (§ 13 Absatz 2, FinStrG), gekommen ist.
Hinsichtlich der subjektiven Komponenten des in Rede stehenden Beitragsverhaltens wird zu untersuchen sein, ob der Angeklagte bei der ihm angelasteten Tat auch (über die Förderung des Zigarettenschmuggels hinaus) mit einer auf Förderung solchen - monopolwidrigen - Handelns bezogenen Willensausrichtung (§ 8 Abs 1 FinStrG) agiert hat.
Nur bei entsprechenden Tatsachenfeststellungen kann es neuerlich zu einem Schuldspruch wie dem kassierten kommen.
Außerdem ist mit Blick auf das Abgabenänderungsgesetz BGBl I 132/2002, das am 14. August 2002 in Kraft getreten ist, eine allfällige Strafbarkeit vor diesem Tag begangener Taten nach § 44 Abs 1 lit b FinStrG zu beachten (vgl 15 Os 95/05t).Außerdem ist mit Blick auf das Abgabenänderungsgesetz BGBl I 132/2002, das am 14. August 2002 in Kraft getreten ist, eine allfällige Strafbarkeit vor diesem Tag begangener Taten nach § 44 Abs 1 Litera b, FinStrG zu beachten vergleiche 15 Os 95/05t).
Textnummer
E80119European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2006:0150OS00136.05X.0316.000Im RIS seit
15.04.2006Zuletzt aktualisiert am
12.10.2010