TE OGH 2006/3/16 13R35/06d

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Veröffentlicht am 16.03.2006
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Kopf

Das Landesgericht Eisenstadt als Berufungsgericht hat durch die Richter Mag. Manfred Zechmeister (Vorsitzender), Dr. Jürgen Rassi und Mag. Bernd Marinics in der Rechtssache der klagenden Partei B***** S*****, Pensionistin, 7041 Wulkaprodersdorf, *****, vertreten durch Sauerzopf & Partner, Rechtsanwälte in 7000 Eisenstadt, gegen die beklagte Partei A***** Versicherungs AG, 1130 Wien, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Waldeck & Dr. Hubert Hasenauer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, wegen EUR 3.600,-- s.A., über die Berufung beider Streitteile gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Eisenstadt vom 22.12.2005, GZ 3 C 575/05x-17, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung der beklagten Partei wird n i c h t Folge gegeben. Der Berufung der klagenden Partei wird F o l g e gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass es insgesamt zu lauten hat wie folgt:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei EUR 3.600,-- samt 4 % Zinsen daraus seit dem 16.2.2005 binnen 14 Tagen zu zahlen und deren mit EUR 1.348,74 (darin enthalten EUR 203,62 an USt und EUR 127,-- an Barauslagen) bestimmten Prozesskosten zu Handen der Klagevertreter binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei deren mit EUR 834,78 (darin enthalten EUR 121,46 an USt und EUR 106,-- an Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu Handen der Klagevertreter binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Revision ist jedenfalls unzulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrte die Zahlung von Euro 3.600,-- samt 4 % Zinsen seit dem 16.2.2005 und brachte dazu vor, bei der beklagten Partei eine Familienunfallversicherung abgeschlossen und am 27.9.2002 bei einem Verkehrsunfall schwerste Verletzungen erlitten zu haben. Die beklagte Partei habe in weiterer Folge die Leistung der Unfallrente mit der Begründung abgelehnt, dass der Anspruch verfristet sei, weil nicht innerhalb von 15 Monaten ab dem Unfallstag die Leistung beantragt worden sei. Daraufhin habe sie die Klagevertreter mit der weiteren rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt, weil die verspätete Antragstellung auf ein Fehlverhalten eines Mitarbeiters der beklagten Partei zurückzuführen gewesen sei. Letztendlich sei aufgrund der Intervention der Klagevertreter erreicht worden, dass die beklagte Partei die Unfallrente in Höhe von Euro 77.759,93 ausbezahlt habe. Die beklagte Partei verweigere allerdings die Zahlung der Vertretungskosten in Höhe von Euro 7.170,42, sodass nunmehr vorbehaltlich der weiteren Ausdehnung ein Betrag von Euro 3.600,-- geltend gemacht werde. Ergänzend brachte die Klägerin vor, dass die Leistung der beklagten Partei keinesfalls aus Kulanz erfolgt sei. Sie sei nie darauf hingewiesen worden, dass der Versicherungsvertreter J***** M***** nicht bei der beklagten Partei tätig sei. Überdies habe J***** M***** die falsche Auskunft erteilt, die Unfallinvaliditätsrente könne in einer Frist von drei Jahren ab dem Unfallstag beantragt werden. Überdies sei bereits die Rechtsschutzanfrage vom 14.10.2002 samt umfassender Sachverhaltsdarstellung als Geltendmachung auch des Anspruches aus der Familienunfallversicherung zu sehen und wäre es an der beklagten Partei gelegen, darauf hinzuweisen, dass die Beilegung eines ärztlichen Attestes notwendig sei. Einen Hinweis der beklagten Partei, dass die Zahlung letztlich lediglich aus Kulanz erfolgt sei, habe es in keinem der Schreiben gegeben, sodass letztendlich die Intervention der Rechtsvertreter kausal und notwendig dafür gewesen sei, dass zeitlich nach dem Aufforderungsschreiben der Einwand der Verfristung durch die beklagte Partei zurückgezogen worden sei. Abschließend brachte die Klägerin vor, dass die Intervention der Klagevertreter auch nach Rückziehung des Verfristungseinwandes notwendig gewesen sei, insbesondere um die ordentliche Schadensabwicklung zu überprüfen bzw. weil sich die beklagte Partei geweigert habe, die der Klägerin entstandenen Anwaltskosten zu bezahlen.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach, beantragte Klagsabweisung und brachte vor, dass der selbständige Versicherungsmakler J***** M***** in keinerlei Vertragsverhältnis zur beklagten Partei stehe, sodass allfällige Handlungen und Unterlassungen des Versicherungsmaklers J***** M***** ausschließlich diesem und keinesfalls der beklagten Partei zuzurechnen seien. Darüberhinaus sei der Klägerin bekannt gewesen, dass J***** M***** nicht der beklagten Partei zuzurechnen sei. Die ursprüngliche Ablehnung der Ansprüche der Klägerin sei erfolgt, weil diese zunächst nicht innerhalb der Frist von 15 Monaten den Anspruch unter Vorlage eines ärztlichen Befundes geltend gemacht habe. Letztendlich habe sich die beklagte Partei allerdings am 31.8.2004 über Intervention des Versicherungsmaklers J***** M***** mit dem Hinweis der rechtzeitigen Meldung des Versicherungsfalles im Rahmen der Rechtsschutzversicherung entschlossen, den Einwand der Nichteinhaltung der Frist von 15 Monaten fallen zu lassen. Nahezu zeitgerecht, nämlich mit Schreiben vom 27.8.2004, hätten die Klagevertreter erstmals für die Klägerin im Rahmen der Unfallversicherung interveniert, wobei allerdings der Klägerin bereits aufgrund der Intervention des Versicherungsmaklers J***** M***** und noch bevor der beklagten Partei das Vollmachtsverhältnis der Klägerin zu den Klagevertretern bekannt gewesen sei, mitgeteilt worden sei, dass der Einwand der Verfristung zurückgezogen werde. Die weitere Schadenabwicklung sei daraufhin ohne Komplikationen verlaufen und sei sie daher keinesfalls verpflichtet, erbrachte Leistungen der Klagevertreter nach dem 27.12.2004 zu ersetzen. Abschließend brachte die beklagte Partei vor, dass sich die Klägerin offensichtlich entschlossen habe, die gegenständliche Unfallversicherung nicht in Anspruch zu nehmen, da sie ihre Schäden im Jahr 2002 gegenüber der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners geltend gemacht habe. Der Höhe nach wurde das Klagebegehren nur unsubstantiiert bestritten. Die beklagte Partei hat insbesondere im Verfahren erster Instanz nicht vorgebracht, dass bestimmte Leistungen der Rechtsvertreter der klagenden Partei nicht notwendig gewesen oder überhöht verrechnet worden seien.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht die beklagte Partei schuldig erkannt, der klagenden Partei EUR 1.935,96 s.A. zu zahlen. Das Mehrbegehren von EUR 1.664,04 s.A. wurde abgewiesen. Es traf dabei die den Seiten 6 bis 14 der Urteilsausfertigung zu entnehmenden Feststellungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Für das Berufungsverfahren noch relevant sei hervorgehoben, dass die beklagte Partei mit Schreiben vom 18.3.2004 die von der klagenden Partei als Versicherungsnehmerin geltend gemachten Dauerfolgen aus einem Versicherungsfall mit dem Hinweis abgelehnt hat, dass die Ansprüche verfristet seien. Am 26.3.2004 wandte sich die Klägerin daraufhin an die Klagevertreter mit dem Auftrag, die Sach- und Rechtslage zu prüfen bzw. ihre Ansprüche aufgrund des bestehenden Versicherungsverhältnisses mit der beklagten Partei gegen diese geltend zu machen. Die Klagevertreter führten für die klagende Partei eine Reihe von in der Urteilsausfertigung einzeln aufgelisteten und mit Honorarnote vom 14.4.2005 verrechneten Leistungen durch, die auch tatsächlich erbracht wurden. So wurde nach Abhaltung von zwei Konferenzen, einigen Telefonaten mit der Klägerin und einigen Schreiben von den Klagevertretern am 27.8.2004 ein Aufforderungsschreiben an die beklagte Partei gerichtet, mit dem die Klägerin Ansprüche auf die Unfallsinvaliditätsrente geltend machte. Am 31.8.2004 entschloss sich die beklagte Partei, den Einwand der Verfristung der Ansprüche auf Dauerinvalidität nicht mehr zu erheben. Letztendlich wurde ein Entschädigungsbetrag in Höhe von EUR 77.759,93 an die Rechtsvertreter der Klägerin überwiesen. Von diesen wurden am 15.2.2005 der Klägerin EUR 71.500,-- weiterüberwiesen. Der Differenzbetrag wurde als Honorar einbehalten.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht, dass jedermann berechtigt sei, sich zur Wahrung von Ansprüchen in behördlichen oder außerbehördlichen Verfahren eines Rechtsanwaltes zu bedienen. Die beklagte Partei habe aus dem ihr zuzurechnenden Verschulden von J***** M***** die Verfristung zu Unrecht eingewandt, sodass sie verpflichtet sei, der Klägerin die Rechtsvertretungskosten zu ersetzen, soweit diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Ab dem Zeitpunkt, ab dem die beklagte Partei den Einwand der Verfristung bereits zurückgezogen hatte, komme allerdings ein Ersatz der Rechtsvertretungskosten nicht in Betracht, da ab diesem Zeitpunkt die Kosten der Rechtsvertretung der Klägerin als nicht mehr von der beklagten Partei verursacht anzusehen seien. Die bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Kosten seien hinsichtlich einer Konferenz, der Kosten für ein Rechtsgutachten und der Kosten des Aufforderungsschreibens zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, nicht aber die übrigen verzeichneten Kosten. Gegen dieses Urteil richten sich die Berufungen beider Streitteile. Die Klägerin bekämpft das Urteil insoweit, als die Klage im Ausmaß von EUR 1.664,04 samt Anhang abgewiesen wurde und macht unrichtige rechtliche Beurteilung geltend. Sie stellt den Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass der Klage vollinhaltlich stattgegeben werde.

Die beklagte Partei bekämpft das Urteil hinsichtlich eines Zuspruches von EUR 581,16 samt 4 % Zinsen daraus seit 16.2.2005 und beantragt die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahingehend, dass insgesamt nur EUR 1.354,80 s.A. zugesprochen werden. Die Streitteile beantragen jeweils, der Berufung der Gegenseite nicht Folge zu geben. Die Berufung der Klägerin ist berechtigt, die Berufung der beklagten Partei ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Im Berufungsverfahren ist es nicht mehr strittig, dass die beklagte Partei der Klägerin den ihr entstandenen Schaden (Anwaltskosten) zu ersetzen hat. Thema beider Berufungen ist die konkrete Höhe des geltend gemachten Schadenersatzanspruches. Der Übersicht halber gelten die folgenden Ausführungen für die Berufungen beider Streitteile.

Festzuhalten ist zunächst, dass nach den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes der Klägerin ein Schaden dadurch entstanden ist, dass sie (durch Abzug der ihr zustehenden Entschädigung) für die Vertretungskosten der Klagevertreter aufkommen musste. Im Berufungsverfahren ist auch davon auszugehen, dass die der Klägerin entstandenen Anwaltskosten schuldhaft von der beklagten Partei verursacht wurden und der Klägerin grundsätzlich ein Schadenersatzsanspruch gegen die beklagte Partei zusteht. Die beklagte Partei hat im Verfahren erster Instanz nicht vorgebracht, dass die Leistungen der Klagevertreter überhöht wären, dass bestimmte Leistungen nicht erbracht worden seien oder nicht notwendig gewesen wären, um den Anspruch aus dem Versicherungsvertrag gegen die beklagte Partei durchzusetzen. Vielmehr hat die beklagte Partei im Verfahren erster Instanz damit argumentiert, dass ihr das Verhalten von J***** M***** nicht zurechenbar sei und ein Schadenersatzanspruch mangels eines schuldhaften und rechtswidrigen Verhaltens der beklagten Partei bei Bearbeitung von Versicherungsleistungen aus der Unfallversicherung nicht in Betracht komme. Im Verfahren erster Instanz hat die beklagte Partei wohl auch vorgebracht, dass die Beauftragung der Klagevertreter nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen sei, weil die Deckung des gegenständlichen Unfallversicherungsschadens auch ohne Intervention der Klagevertreter zugesichert worden wäre. Letzteres ist jedoch durch den unbekämpft gebliebenen Sachverhalt widerlegt. Das Erstgericht hat die Chronologie der Ereignisse penibel geschildert. Daraus ergibt sich, dass das Einschreiten der Klagevertreter letztlich dazu geführt hat, dass die Versicherungssumme ausgezahlt wurde. Selbst wenn man sich dem nicht anschließt, wäre für die beklagte Partei hier nichts gewonnen, weil die Kosten des (nach der rechtswidrigerweise verweigerten Versicherungsleistung) eingeschaltenen Rechtsanwaltes jedenfalls vom Schutzzweck der durch die beklagte Partei verletzten Norm umfasst ist. Nach dieser Norm, nämlich dem versicherungsrechtlichen Vertragsband zwischen den Streitteilen, ist eine unberechtigte Leistungsverweigerung vertrags- und rechtswidrig und führt dazu, dass die beklagte Partei der klagenden Partei ihr die daraus erwachsenen rechtsanwaltlichen Kosten zu ersetzen hat. Die beklagte Partei wäre nun gehalten gewesen, konkret einzuwenden, welche Leistungen der Klagevertreter nicht notwendig waren bzw. überhöht verrechnet wurden. Wenn die Rechtsvertreter der Klägerin tatsächlich überflüssige oder überhöht verrechnete Leistungen für die klagende Partei verrichtet hätten, läge nämlich ein der klagenden Partei zuzurechnender Verstoß gegen die Obliegenheit des Geschädigten vor, den Schaden möglichst gering zu halten (vgl. auch Reischauer in Rummel I2 Rz 37 zu § 1304). Nach der sich aus § 1304 ABGB ergebenden Schadensminderungspflicht hat nämlich der Geschädigte alles vorzukehren, um eine unnötige Vergrößerung des Schadens hintanzuhalten. Dabei muss diese Rettungspflicht schuldhaft verletzt werden, damit dies zum Nachteil des Geschädigten führen kann (SZ 49/19; 47/69 uva). Bereits leichte Fahrlässigkeit ist zu vertreten (Reischauer aaO Rz 38 zu § 1304). Die Schadensminderungspflicht ist nun aber nicht von amtswegen wahrzunehmen (ZVR 1975/164; 1978/20 uva). Den Schädiger trifft die Behauptungs- und Beweislast, denn der Einwand betrifft einen rechtshindernden oder rechtsvernichtenden Tatbestand (JBl 1956, 180; Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 16/20 mwN). Diese Beweislast wird von der Judikatur nur dann eingeschränkt, wenn vom Schädiger billigerweise keine konkreteren Beweise erwartet werden können (vgl. RdW 1988, 88). Im vorliegenden Fall gibt es für eine derartige Abschwächung jedoch keine Rechtfertigung. Von der klagenden Partei wurde nämlich rechtzeitig und umfassend dokumentiert, welche Leistungen die Klagevertreter für sie erbracht haben. Der anwaltlich vertretenen beklagten Partei wäre es durchaus möglich gewesen, diese Leistungen der Höhe nach zu hinterfragen. Tatsächlich hat sich jedoch ihr Vorbringen darauf beschränkt, dass der geltend gemacht Schadenersatzanspruch deshalb nicht zusteht, weil die beklagte Partei kein Verschulden trifft bzw. die Leistung ohnedies auch ohne anwaltliche Intervention ausbezahlt worden wäre. Zur Unerheblichkeit bzw. Unrichtigkeit dieser Argumente wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Die hier vertretene Ansicht zur Beweis- und Behauptungslast entspricht auch der Judikatur im Honorarprozess. Demnach hat ein Rechtsanwalt dann keinen Anspruch auf Honorar, wenn der Mandant beweist, dass und aus welchen Gründen die Leistung wertlos ist (vgl. ÖJZ 2002/144). Nur wenn der Mandant nachweist, dass der Rechtsanwalt eine für den Prozessausgang wesentliche Weisung nicht befolgt hat, verliert der Rechtsanwalt seinen Honoraranspruch, sofern er nicht beweisen kann, dass sein weisungswidriges Handeln für den Prozesserfolg unschädlich war. Im Hinblick auf die hier vorliegende Konstellation wäre die beklagte Partei somit gehalten gewesen, ausreichend vorzubringen und nachzuweisen, dass und aus welchen Gründen bestimmte von den Klagevertretern erbrachte und der klagenden Partei verrechnete Leistungen nicht notwendig gewesen wären, um die gegenständliche Versicherungsleistung zu erwirken. Dies ist im Verfahren erster Instanz nicht geschehen, weshalb das Erstgericht zu Unrecht von amtswegen die seiner Meinung nach nicht notwendigen Leistungen nicht zugesprochen hat. Wohl blieb der Umstand, dass das Erstgericht jene Leistungen der Klagevertreter nicht zugesprochen hat, die erst nach der Zusage der beklagten Partei entstanden sind, in der Berufung der Klägerin unbekämpft. Die Klägerin hat jedoch in ihrer Berufung schlüssig dargelegt, dass es die davor erbrachten Leistungen durchaus rechtfertigen, dem Klagebegehren zur Gänze stattzugeben.Festzuhalten ist zunächst, dass nach den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes der Klägerin ein Schaden dadurch entstanden ist, dass sie (durch Abzug der ihr zustehenden Entschädigung) für die Vertretungskosten der Klagevertreter aufkommen musste. Im Berufungsverfahren ist auch davon auszugehen, dass die der Klägerin entstandenen Anwaltskosten schuldhaft von der beklagten Partei verursacht wurden und der Klägerin grundsätzlich ein Schadenersatzsanspruch gegen die beklagte Partei zusteht. Die beklagte Partei hat im Verfahren erster Instanz nicht vorgebracht, dass die Leistungen der Klagevertreter überhöht wären, dass bestimmte Leistungen nicht erbracht worden seien oder nicht notwendig gewesen wären, um den Anspruch aus dem Versicherungsvertrag gegen die beklagte Partei durchzusetzen. Vielmehr hat die beklagte Partei im Verfahren erster Instanz damit argumentiert, dass ihr das Verhalten von J***** M***** nicht zurechenbar sei und ein Schadenersatzanspruch mangels eines schuldhaften und rechtswidrigen Verhaltens der beklagten Partei bei Bearbeitung von Versicherungsleistungen aus der Unfallversicherung nicht in Betracht komme. Im Verfahren erster Instanz hat die beklagte Partei wohl auch vorgebracht, dass die Beauftragung der Klagevertreter nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen sei, weil die Deckung des gegenständlichen Unfallversicherungsschadens auch ohne Intervention der Klagevertreter zugesichert worden wäre. Letzteres ist jedoch durch den unbekämpft gebliebenen Sachverhalt widerlegt. Das Erstgericht hat die Chronologie der Ereignisse penibel geschildert. Daraus ergibt sich, dass das Einschreiten der Klagevertreter letztlich dazu geführt hat, dass die Versicherungssumme ausgezahlt wurde. Selbst wenn man sich dem nicht anschließt, wäre für die beklagte Partei hier nichts gewonnen, weil die Kosten des (nach der rechtswidrigerweise verweigerten Versicherungsleistung) eingeschaltenen Rechtsanwaltes jedenfalls vom Schutzzweck der durch die beklagte Partei verletzten Norm umfasst ist. Nach dieser Norm, nämlich dem versicherungsrechtlichen Vertragsband zwischen den Streitteilen, ist eine unberechtigte Leistungsverweigerung vertrags- und rechtswidrig und führt dazu, dass die beklagte Partei der klagenden Partei ihr die daraus erwachsenen rechtsanwaltlichen Kosten zu ersetzen hat. Die beklagte Partei wäre nun gehalten gewesen, konkret einzuwenden, welche Leistungen der Klagevertreter nicht notwendig waren bzw. überhöht verrechnet wurden. Wenn die Rechtsvertreter der Klägerin tatsächlich überflüssige oder überhöht verrechnete Leistungen für die klagende Partei verrichtet hätten, läge nämlich ein der klagenden Partei zuzurechnender Verstoß gegen die Obliegenheit des Geschädigten vor, den Schaden möglichst gering zu halten vergleiche auch Reischauer in Rummel I2 Rz 37 zu Paragraph 1304,). Nach der sich aus Paragraph 1304, ABGB ergebenden Schadensminderungspflicht hat nämlich der Geschädigte alles vorzukehren, um eine unnötige Vergrößerung des Schadens hintanzuhalten. Dabei muss diese Rettungspflicht schuldhaft verletzt werden, damit dies zum Nachteil des Geschädigten führen kann (SZ 49/19; 47/69 uva). Bereits leichte Fahrlässigkeit ist zu vertreten (Reischauer aaO Rz 38 zu Paragraph 1304,). Die Schadensminderungspflicht ist nun aber nicht von amtswegen wahrzunehmen (ZVR 1975/164; 1978/20 uva). Den Schädiger trifft die Behauptungs- und Beweislast, denn der Einwand betrifft einen rechtshindernden oder rechtsvernichtenden Tatbestand (JBl 1956, 180; Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 16/20 mwN). Diese Beweislast wird von der Judikatur nur dann eingeschränkt, wenn vom Schädiger billigerweise keine konkreteren Beweise erwartet werden können vergleiche RdW 1988, 88). Im vorliegenden Fall gibt es für eine derartige Abschwächung jedoch keine Rechtfertigung. Von der klagenden Partei wurde nämlich rechtzeitig und umfassend dokumentiert, welche Leistungen die Klagevertreter für sie erbracht haben. Der anwaltlich vertretenen beklagten Partei wäre es durchaus möglich gewesen, diese Leistungen der Höhe nach zu hinterfragen. Tatsächlich hat sich jedoch ihr Vorbringen darauf beschränkt, dass der geltend gemacht Schadenersatzanspruch deshalb nicht zusteht, weil die beklagte Partei kein Verschulden trifft bzw. die Leistung ohnedies auch ohne anwaltliche Intervention ausbezahlt worden wäre. Zur Unerheblichkeit bzw. Unrichtigkeit dieser Argumente wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Die hier vertretene Ansicht zur Beweis- und Behauptungslast entspricht auch der Judikatur im Honorarprozess. Demnach hat ein Rechtsanwalt dann keinen Anspruch auf Honorar, wenn der Mandant beweist, dass und aus welchen Gründen die Leistung wertlos ist vergleiche ÖJZ 2002/144). Nur wenn der Mandant nachweist, dass der Rechtsanwalt eine für den Prozessausgang wesentliche Weisung nicht befolgt hat, verliert der Rechtsanwalt seinen Honoraranspruch, sofern er nicht beweisen kann, dass sein weisungswidriges Handeln für den Prozesserfolg unschädlich war. Im Hinblick auf die hier vorliegende Konstellation wäre die beklagte Partei somit gehalten gewesen, ausreichend vorzubringen und nachzuweisen, dass und aus welchen Gründen bestimmte von den Klagevertretern erbrachte und der klagenden Partei verrechnete Leistungen nicht notwendig gewesen wären, um die gegenständliche Versicherungsleistung zu erwirken. Dies ist im Verfahren erster Instanz nicht geschehen, weshalb das Erstgericht zu Unrecht von amtswegen die seiner Meinung nach nicht notwendigen Leistungen nicht zugesprochen hat. Wohl blieb der Umstand, dass das Erstgericht jene Leistungen der Klagevertreter nicht zugesprochen hat, die erst nach der Zusage der beklagten Partei entstanden sind, in der Berufung der Klägerin unbekämpft. Die Klägerin hat jedoch in ihrer Berufung schlüssig dargelegt, dass es die davor erbrachten Leistungen durchaus rechtfertigen, dem Klagebegehren zur Gänze stattzugeben.

Wenn die beklagte Partei davon spricht, dass im Falle einer hypothetischen Ablehnung durch die beklagte Partei die Klägerin die gegenständlichen geltend gemachten Beträge im Klagsweg nicht im gleichen Ausmaß hätte zugesprochen bekommen, reflektiert sie mit ihrer Argumentation offensichtlich auf die restriktive Haltung der herrschenden Judikatur zur Behandlung von vorprozessualen Kosten. Diese strenge Linie der Judikatur im Prozessrecht kann jedoch nicht dazu führen, von gewachsenen Strukturen des materiell-rechtlichen Schadenersatzrechtes abzuweichen, weshalb auch dieses Argument ins Leere geht.

Der Berufung der klagenden Partei war somit im vollen Umfang stattzugeben und das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern, weil die beklagte Partei es im Verfahren erster Instanz verabsäumt hat, der Klägerin substantiiert einen Verstoß gegen die sie treffende Schadenminderungspflicht vorzuhalten und ein solcher nicht von amtswegen über die Problematik der Notwendigkeit der Kosten ins Verfahren einfließen darf.

Im Hinblick auf das im Berufungsverfahren geltende Neuerungsverbot ist es der beklagten Partei sowohl in der Berufung als auch in der Berufungsbeantwortung verwehrt, den verabsäumten Einwand nachzuholen. Deshalb musste die Berufung der beklagten Partei unter diesem Aspekt erfolglos bleiben, weil darin zum ersten Mal die Rede davon ist, dass das Aufforderungsschreiben gegenständlich nach TP 6 anstatt nach TP 3 des RATG zu honorieren gewesen wäre. Auch ein solches Vorbringen hat die beklagte Partei im Verfahren erster Instanz nicht erstattet. Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die gegenständliche Berufungsentscheidung nicht dem in § 182a ZPO idF der ZVN-2002 enthaltenen Überraschungsverbot widerspricht. Eine (auch zweitinstanzliche) Entscheidung gilt nämlich nur dann als überraschend, wenn eine Partei erkennbar einen rechtlichen Gesichtspunkt übersehen oder ihn für unerheblich gehalten hat. Wenn nun die beklagte Partei im Verfahren erster Instanz die Notwendigkeit einzelner Leistungen nicht ansatzweise angezweifelt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ihr die Beweislastverteilung bei der Schadensminderungspflicht unbekannt ist.Im Hinblick auf das im Berufungsverfahren geltende Neuerungsverbot ist es der beklagten Partei sowohl in der Berufung als auch in der Berufungsbeantwortung verwehrt, den verabsäumten Einwand nachzuholen. Deshalb musste die Berufung der beklagten Partei unter diesem Aspekt erfolglos bleiben, weil darin zum ersten Mal die Rede davon ist, dass das Aufforderungsschreiben gegenständlich nach TP 6 anstatt nach TP 3 des RATG zu honorieren gewesen wäre. Auch ein solches Vorbringen hat die beklagte Partei im Verfahren erster Instanz nicht erstattet. Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die gegenständliche Berufungsentscheidung nicht dem in Paragraph 182 a, ZPO in der Fassung der ZVN-2002 enthaltenen Überraschungsverbot widerspricht. Eine (auch zweitinstanzliche) Entscheidung gilt nämlich nur dann als überraschend, wenn eine Partei erkennbar einen rechtlichen Gesichtspunkt übersehen oder ihn für unerheblich gehalten hat. Wenn nun die beklagte Partei im Verfahren erster Instanz die Notwendigkeit einzelner Leistungen nicht ansatzweise angezweifelt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ihr die Beweislastverteilung bei der Schadensminderungspflicht unbekannt ist.

Im Hinblick auf die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung musste auch die erstinstanzliche Kostenentscheidung neu gefällt werden. Dabei stützt sich das Berufungsgericht auf § 41 ZPO. Nicht zu honorieren war der Überweisungsantrag nach § 230a ZPO, weil dieser nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war. Die klagende Partei wäre gehalten gewesen, gleich das örtlich zuständige Gericht anzurufen. Ebenfalls nicht zu honorieren war die Replik ON 15, weil diese zu einem Zeitpunkt erstattet wurde, als die mündliche Verhandlung bereits stattgefunden hat. Barauslagen für vorgelegte Kopien sind bereits mit der Honorierung für die Urkundenvorlage mitumfasst (vgl. OLG Wien 14 R 74/05 p). Wenn das RATG bestimmte Leistungen je nach Bemessungsgrundlage mit einem Ansatz „entlohnt", sind damit sowohl die Kosten des Rechtsanwaltes (Sachaufwand, Personalaufwand, Steuern etc.) als auch dessen reine Verdienstkosten (quasi als Entgelt für die erbrachte Leistung) mitumfasst. Es würde wohl zu einer schleichenden Tariferhöhung führen, wenn ein Rechtsanwalt sämtliche Ausgaben gesondert als „Barauslagen" verzeichnet (vgl hg 13 R 194/05 k).Im Hinblick auf die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung musste auch die erstinstanzliche Kostenentscheidung neu gefällt werden. Dabei stützt sich das Berufungsgericht auf Paragraph 41, ZPO. Nicht zu honorieren war der Überweisungsantrag nach Paragraph 230 a, ZPO, weil dieser nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war. Die klagende Partei wäre gehalten gewesen, gleich das örtlich zuständige Gericht anzurufen. Ebenfalls nicht zu honorieren war die Replik ON 15, weil diese zu einem Zeitpunkt erstattet wurde, als die mündliche Verhandlung bereits stattgefunden hat. Barauslagen für vorgelegte Kopien sind bereits mit der Honorierung für die Urkundenvorlage mitumfasst vergleiche OLG Wien 14 R 74/05 p). Wenn das RATG bestimmte Leistungen je nach Bemessungsgrundlage mit einem Ansatz „entlohnt", sind damit sowohl die Kosten des Rechtsanwaltes (Sachaufwand, Personalaufwand, Steuern etc.) als auch dessen reine Verdienstkosten (quasi als Entgelt für die erbrachte Leistung) mitumfasst. Es würde wohl zu einer schleichenden Tariferhöhung führen, wenn ein Rechtsanwalt sämtliche Ausgaben gesondert als „Barauslagen" verzeichnet vergleiche hg 13 R 194/05 k).

Die Kostenentscheidung betreffend das zweitinstanzliche Verfahren gründet sich auf §§ 40, 41 und 50 ZPO. Die Kostenentscheidung betreffend das zweitinstanzliche Verfahren gründet sich auf Paragraphen 40,, 41 und 50 ZPO.

Gemäß §§ 500 Abs. 2 Z 2, 502 Abs. 2 ZPO war auszusprechen, dass die Revision jedenfalls unzulässig ist.Gemäß Paragraphen 500, Absatz 2, Ziffer 2,, 502 Absatz 2, ZPO war auszusprechen, dass die Revision jedenfalls unzulässig ist.

Landesgericht Eisenstadt

Anmerkung

EES00086 13R35.06d

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00309:2006:01300R00035.06D.0316.000

Dokumentnummer

JJT_20060316_LG00309_01300R00035_06D0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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