TE OGH 2006/3/16 15Os10/06v

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Veröffentlicht am 16.03.2006
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. März 2006 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gödl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz H***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft Korneuburg gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 9. November 2005, GZ 603 Hv 27/05v-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 16. März 2006 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gödl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz H***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach Paragraphen 146,, 147 Absatz 3,, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft Korneuburg gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 9. November 2005, GZ 603 Hv 27/05v-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass (§ 290 Abs 1 StPO) wird das angefochtene Urteil - das im Übrigen unberührt bleibt - in der Unterstellung der Taten auch unter § 148 zweiter Fall StGB und im Strafausspruch, ebenso der Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen. Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass (Paragraph 290, Absatz eins, StPO) wird das angefochtene Urteil - das im Übrigen unberührt bleibt - in der Unterstellung der Taten auch unter Paragraph 148, zweiter Fall StGB und im Strafausspruch, ebenso der Beschluss gemäß Paragraph 494 a, Absatz eins, Ziffer 2, StPO aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen. Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz H***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz H***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach Paragraphen 146,, 147 Absatz 3,, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in insgesamt dreißig im Urteil näher beschriebenen Fällen in Wien und anderen Orten zwischen dem 16. Dezember 1996 und zumindest dem 28. April 2003 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, andere gewerbsmäßig (§ 70 StGB) durch Täuschung über „die Tatsache seiner mangelnden Zahlungsfähigkeit und -willigkeit" zur Lieferung von Waren und Erbringung von Dienstleistungen verleitet, die diese um insgesamt 79.641,05 Euro am Vermögen schädigten.Danach hat er in insgesamt dreißig im Urteil näher beschriebenen Fällen in Wien und anderen Orten zwischen dem 16. Dezember 1996 und zumindest dem 28. April 2003 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, andere gewerbsmäßig (Paragraph 70, StGB) durch Täuschung über „die Tatsache seiner mangelnden Zahlungsfähigkeit und -willigkeit" zur Lieferung von Waren und Erbringung von Dienstleistungen verleitet, die diese um insgesamt 79.641,05 Euro am Vermögen schädigten.

Der Angeklagte wurde hiefür nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 17. April 2003, rechtskräftig seit 13. August 2003, AZ 13 U 575/01f, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten verurteilt.Der Angeklagte wurde hiefür nach dem zweiten Strafsatz des Paragraph 148, StGB unter Bedachtnahme gemäß Paragraphen 31,, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 17. April 2003, rechtskräftig seit 13. August 2003, AZ 13 U 575/01f, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Strafausspruch des Urteils richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Korneuburg; diese ist im Recht.Gegen den Strafausspruch des Urteils richtet sich die auf Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 11, StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Korneuburg; diese ist im Recht.

Gemäß § 31 Abs 1 StGB ist eine Zusatzstrafe (nur) dann zu verhängen, wenn jemand, der bereits zu einer Strafe verurteilt worden ist, wegen einer anderen Tat verurteilt wird, die nach der Zeit ihrer Begehung schon in dem früheren Verfahren hätte abgeurteilt werden können. Eine Tat hätte dann und nur dann „in dem früheren Verfahren abgeurteilt werden können", wenn eine gemeinsame Verfahrensführung in erster Instanz möglich gewesen wäre. Sämtliche der nachträglichen Verurteilung zugrundeliegenden Taten müssen also vor dem Vor-Urteil erster Instanz begangen worden sein. Daran ändert der Umstand nichts, dass das Berufungsverfahren eine zweite Tatsacheninstanz kennt, weil eine Vereinigung nach § 56 StPO dann nicht mehr möglich ist (Ratz in WK² § 31 Rz 2).Gemäß Paragraph 31, Absatz eins, StGB ist eine Zusatzstrafe (nur) dann zu verhängen, wenn jemand, der bereits zu einer Strafe verurteilt worden ist, wegen einer anderen Tat verurteilt wird, die nach der Zeit ihrer Begehung schon in dem früheren Verfahren hätte abgeurteilt werden können. Eine Tat hätte dann und nur dann „in dem früheren Verfahren abgeurteilt werden können", wenn eine gemeinsame Verfahrensführung in erster Instanz möglich gewesen wäre. Sämtliche der nachträglichen Verurteilung zugrundeliegenden Taten müssen also vor dem Vor-Urteil erster Instanz begangen worden sein. Daran ändert der Umstand nichts, dass das Berufungsverfahren eine zweite Tatsacheninstanz kennt, weil eine Vereinigung nach Paragraph 56, StPO dann nicht mehr möglich ist (Ratz in WK² Paragraph 31, Rz 2).

Weil im konkreten Fall zumindest zwei Taten (VI./2./) erst nach Fällung des Urteils erster Instanz des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 17. April 2003 begangen worden sind, erfolgte die Anwendung der §§ 31, 40 StGB bei der Strafzumessung zu Unrecht. Das Schöffengericht hat daher für die Strafbemessung maßgebende entscheidende Tatsachen unrichtig beurteilt, sodass dieser Rechtsfehler Nichtigkeit des Strafausspruches nach § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO bewirkt (vgl RIS-Justiz RS0085974; 15 Os 23/02; WK² § 31 Rz 15). Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass durch die rechtliche Unterstellung der Tat auch unter § 148 zweiter Fall StGB das Strafgesetz zum Nachteile des Angeklagten unrichtig angewendet worden ist (§ 290 Abs 1 StPO). Denn dem Ersturteil sind keine Feststellungen dahin zu entnehmen, dass der Angeklagte die Taten in der Absicht begangen habe, sich durch die wiederkehrende Begehung von jeweils schon für sich gesehen schwerem Betrug (§ 147 StGB) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK² § 148 Rz 6). Das Schöffengericht hat vielmehr lediglich konstatiert, der Angeklagte habe mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, andere „in der Absicht, sich dadurch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen", nämlich die im Spruch genannten Geschädigten, über die Tatsache seiner mangelnden Zahlungsfähigkeit und -willigkeit getäuscht und hiedurch zu Handlungen verleitet, die diese um einen Betrag von insgesamt 79.641,05 Euro am Vermögen schädigten, und zwar habe er „zu den im Spruch genannten Zeiten an den dort genannten Orten Leistungen und Waren bezogen, obwohl er stets ernstlich für möglich gehalten hat, die Gegenleistung nicht erbringen zu können, womit er sich jedoch billigend abfand." Diese Feststellungen vermögen - auch unter Heranziehung des Urteilsspruchs zu ihrer Interpretation - die angenommene Qualifikation jedoch nicht zu tragen, zumal bei einer Mehrzahl der insgesamt dreißig Taten ein jeweils 3.000 Euro nicht übersteigender Schaden vorlag. Der aufgezeigte Rechtsfehler mangels Feststellungen bewirkt somit Urteilsnichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO.Weil im konkreten Fall zumindest zwei Taten (römisch VI./2./) erst nach Fällung des Urteils erster Instanz des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 17. April 2003 begangen worden sind, erfolgte die Anwendung der Paragraphen 31,, 40 StGB bei der Strafzumessung zu Unrecht. Das Schöffengericht hat daher für die Strafbemessung maßgebende entscheidende Tatsachen unrichtig beurteilt, sodass dieser Rechtsfehler Nichtigkeit des Strafausspruches nach Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 11, zweiter Fall StPO bewirkt vergleiche RIS-Justiz RS0085974; 15 Os 23/02; WK² Paragraph 31, Rz 15). Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass durch die rechtliche Unterstellung der Tat auch unter Paragraph 148, zweiter Fall StGB das Strafgesetz zum Nachteile des Angeklagten unrichtig angewendet worden ist (Paragraph 290, Absatz eins, StPO). Denn dem Ersturteil sind keine Feststellungen dahin zu entnehmen, dass der Angeklagte die Taten in der Absicht begangen habe, sich durch die wiederkehrende Begehung von jeweils schon für sich gesehen schwerem Betrug (Paragraph 147, StGB) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen vergleiche Kirchbacher/Presslauer in WK² Paragraph 148, Rz 6). Das Schöffengericht hat vielmehr lediglich konstatiert, der Angeklagte habe mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, andere „in der Absicht, sich dadurch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen", nämlich die im Spruch genannten Geschädigten, über die Tatsache seiner mangelnden Zahlungsfähigkeit und -willigkeit getäuscht und hiedurch zu Handlungen verleitet, die diese um einen Betrag von insgesamt 79.641,05 Euro am Vermögen schädigten, und zwar habe er „zu den im Spruch genannten Zeiten an den dort genannten Orten Leistungen und Waren bezogen, obwohl er stets ernstlich für möglich gehalten hat, die Gegenleistung nicht erbringen zu können, womit er sich jedoch billigend abfand." Diese Feststellungen vermögen - auch unter Heranziehung des Urteilsspruchs zu ihrer Interpretation - die angenommene Qualifikation jedoch nicht zu tragen, zumal bei einer Mehrzahl der insgesamt dreißig Taten ein jeweils 3.000 Euro nicht übersteigender Schaden vorlag. Der aufgezeigte Rechtsfehler mangels Feststellungen bewirkt somit Urteilsnichtigkeit nach Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 10, StPO.

Demgemäß war das Urteil - in Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur und der dazu vom Verteidiger erstatteten Äußerung gemäß § 35 Abs 2 StPO - in der rechtlichen Unterstellung der Taten nach § 148 zweiter Fall StGB sowie im Strafausspruch, weiters auch der Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 2 StPO aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zu verweisen. Mit ihrer Berufung war die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.Demgemäß war das Urteil - in Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur und der dazu vom Verteidiger erstatteten Äußerung gemäß Paragraph 35, Absatz 2, StPO - in der rechtlichen Unterstellung der Taten nach Paragraph 148, zweiter Fall StGB sowie im Strafausspruch, weiters auch der Beschluss nach Paragraph 494 a, Absatz eins, Ziffer 2, StPO aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zu verweisen. Mit ihrer Berufung war die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 390 a, Absatz eins, StPO.

Anmerkung

E80117 15Os10.06v

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2006:0150OS00010.06V.0316.000

Dokumentnummer

JJT_20060316_OGH0002_0150OS00010_06V0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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