TE OGH 2006/3/21 5Ob57/06b

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Veröffentlicht am 21.03.2006
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Kalivoda, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerhard H*****, vertreten durch Mayrhofer & Führer Rechtsanwälte KEG in Waidhofen/Thaya, gegen die beklagte Partei E***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Wolfgang Pils, Rechtsanwalt in Linz, und des Nebenintervenienten auf Seite der klagenden Partei Erich S*****, vertreten durch Dr. Helmut Valenta, Rechtsanwalt in Linz, wegen EUR 13.500,97 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 19. Dezember 2005, GZ 2 R 116/05z-56, womit das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 6. April 2005, GZ 4 Cg 157/02d-43, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 812,52 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin EUR 135,42 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, dem Nebenintervenienten die mit EUR 812,52 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin EUR 135,42 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte beauftragte den Kläger ca Mitte des Jahres 2000 mit der Lieferung und Montage von Fenstern und dem Austausch von Fenstergläsern am Standort der Beklagten in ***** und *****. Zur Durchführung dieser Arbeiten bediente sich die Klägerin des Nebenintervenienten.

Zwischen dem Kläger und der Beklagten wurde eine bargeldlose Verrechnung nach dem sogenannten „BTI-Verrechnungssystem" vereinbart. Weiters wurde zwischen den Parteien eine fünfjährige Gewährleistungsfrist vereinbart. Zur Absicherung der Beklagten sollte der Kläger eine Bankgarantie mit fünfjähriger Laufzeit in Höhe des gesamten Auftragsvolumens übergeben. Die Kosten der Bankgarantie hätte die Beklagte mit S 1.500 getragen. Der Kläger übergab jedoch keine Bankgarantie, weshalb er mit Schreiben vom 9. 3. 2001 von der Beklagten dazu aufgefordert wurde. Daraufhin übergab der Beklagte am 29. 6. 2001 dem Kläger eine Teilbankgarantie über einen Betrag von S

12.494 mit einer Laufzeit bis lediglich 30. 4. 2004. Die Beklagte remonstrierte dagegen mit Schreiben vom 3. 9. 2002. Der Kläger hatte der Beklagten auch die Dichtheit der von ihm zu liefernden Fenster garantiert. Diese Dichtheitsgarantie bezog sich jedoch auf die Dichtheit zwischen Fensterglas und Rahmen, nicht jedoch auch auf die Dichtheit zwischen Rahmen und Mauerwerk. Die Montage der bestellten Fenster umfasste auch das Versetzen, das Schäumen und das Silikonieren.

Nach Durchführung der Arbeiten bestehen am Betriebsstandort Kiesstraße 14 in Marchtrenk Mängel, die einen Behebungsaufwand von ca EUR 742 erfordern. Am Betriebsstandort Wagramer Straße 7 in 4061 Pasching bestehen keine vom Kläger zu vertretenden Mängel. Es steht nicht fest, dass Wassereintritte auf vom Kläger zu vertretende Fehler bei Leistungen des Nebenintervenienten zurückzuführen sind. Mit der vorliegenden Klage begehrte der Kläger insgesamt EUR 18.159,64 für die durchgeführte Lieferung und Montage von Fenstern sowie den Austausch von Gläsern. In der Folge wurde das Begehren auf Zahlung von EUR 14.242,97 eingeschränkt. Über Einwand der Beklagten, dass nicht Barzahlung, sondern Barter-Zahlung vereinbart sei, erhob der Kläger ein Eventualbegehren dahin, dass die Beklagte verpflichtet sei, bei den Saldolisten der Parteien bei einer bestimmten Barter-Firma in die Gutschriftserteilung beim Konto des Klägers in Höhe von EUR 14.242,97 sA einzuwilligen.

Der Kläger brachte vor, die Arbeiten seien - mit Ausnahme von Mängeln im Bagatellbereich - ordnungsgemäß erbracht worden. Die Beklagte wendete, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, mangelnde Fälligkeit des Klagebegehrens ein. Der Kläger habe für fünf Jahre die Garantie für Funktionsfähigkeit und Dichtheit der Fenster, und zwar auch zwischen Mauer und Fensterrahmen übernommen. Er habe sich auch verpflichtet, eine Bankgarantie über die gesamte Auftragssumme für die Laufzeit von fünf Jahren zu legen. Trotz sofortiger Mängelrüge und mehrfacher Mängelbehebungsversuche sei die Dichtheit nicht hergestellt. Sowohl bei der Halle in Pasching als auch bei der Halle in Marchtrenk komme es infolge undichter Stellen zu Wassereintritten, die offensichtlich auf eine fehlerhafte Montage der Fenster zurückzuführen seien. Die Kosten der von der Beklagten teilweise bereits vorgenommenen und noch vorzunehmenden Verbesserungsarbeiten würden den Klagsbetrag übersteigen. Ausgehend von den oben wiedergegebenen Feststellungen wies das Erstgericht das gesamte Klagebegehren, auch das Eventualbegehren des Klägers ab.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, der für die feststehenden Mängel erforderliche Behebungsaufwand von ca EUR 742 rechtfertige für sich allein die Zurückbehaltung des gesamten Werklohns nicht. Allerdings sei wegen Nichtvorlage der vereinbarten Bankgarantie noch keine Fälligkeit eingetreten. Die Bestellung sei ca im Juni 2000 erfolgt, die Garantiefrist daher bei Schluss der Verhandlung erster Instanz (31. 3. 2005) noch nicht abgelaufen gewesen.

Einer dagegen vom Kläger erhobenen Berufung gab das Gericht zweiter Instanz Folge. Nach Abweisung des Zahlungsbegehrens verpflichtete es die Beklagte, in die Belastung ihres Kontos und die Gutschrifterteilung beim Konto des Klägers in Höhe von EUR 13.500,97 sA einzuwilligen.

Ein Mehrbegehren, eine Einwilligung auch hinsichtlich eines weiteren Betrags von EUR 742,-- sA zu erteilen, wurde abgewiesen. Nach Erledigung der in der Berufung und der Berufungsbeantwortung enthaltenen Tatsachen- und Beweisrügen vertrat das Berufungsgericht in rechtlicher Hinsicht die Ansicht, dass im vorliegenden Fall die Nebenpflicht des Klägers, die Bankgarantie für die Dauer von fünf Jahren in Höhe der Auftragssumme zu stellen, im Gegenseitigkeitsverhältnis keine derartige Bedeutung gehabt habe, dass der Verzug des Klägers mit der Erfüllung dieser Nebenpflicht ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten rechtfertigte. Es liege kein Sachverhalt vor, der mit dem der Entscheidung SZ 61/15 zugrunde liegenden vergleichbar wäre. Dort sei es um die Gewährleistung für technisch noch nicht erprobte Produkte gegangen. Die von der Verkäuferin übernommene Garantie (Produktehaftpflicht) für fünf Jahre in Höhe von S 5 Mio sei für den Käufer besonders wichtig gewesen, weil sie ihm die Möglichkeit geben sollte, auch seinen Kunden eine gleich günstige Garantie einzuräumen. In diesem Fall habe der Oberste Gerichtshof die Auffassung vertreten, dass der Vertragszweck eine genaue Erfüllung auch der Nebenverpflichtung erfordere. Solche oder ähnliche Voraussetzungen lägen aber hier nicht vor. Das vom Kläger zu erbringende Werk bewege sich im Rahmen des Üblichen. Dass die Beklagte gerade durch die Bereitschaft des Klägers, eine Bankgarantie im festgestellten Umfang zu legen, zum Vertragsabschluss bewogen worden wäre, sei nicht erkennbar. Die Beklagte habe auch in erster Instanz keine Umstände vorgebracht, die auf eine besondere Bedeutung der Nebenpflicht schließen ließen.

Somit hindere der Verzug des Klägers bei der Erfüllung der Nebenleistung die Fälligkeit des Werklohns nicht.

Die Fälligkeit sei aber auch nicht durch das Vorhandensein von Mängeln gehindert. Das hergestellte Werk sei bereits in Gebrauch genommen worden, die Mängelbehebung erfordere keine besonderen Fachkenntnisse und kein besonderes Vertrauensverhältnis. Die technisch nicht komplizierte und auch nicht besonders aufwändige Behebung der Mängel könnte ohne Schwierigkeiten von einem beliebigen dritten Unternehmer vorgenommen werden. Nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen, insbesondere SZ 62/169 und 6 Ob 80/05s sei ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten zu verneinen. Allerdings sei die Beklagte zur Zurückbehaltung jenes Teils des Werklohns berechtigt, der den Behebungskosten des mangelhaft gebliebenen Teils des Werks entspreche. Das Berufungsgericht wies daher den auf die Mängelbehebungskosten entfallenden Teil des Klagebetrags - EUR 742 sA - ab. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil der Frage eines Leistungsverweigerungsrechts bei Verzug mit der Nebenpflicht der Legung einer Bankgarantie über den vollen Werklohn für die gesamte vereinbarte Garantiezeit über diesen Anlassfall hinaus Bedeutung für die Rechtssicherheit und Rechtsfortentwicklung zukomme und höchstgerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage nicht vorliege.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinn einer gänzlichen Klagsabweisung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben. Der Nebenintervenient beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht bezeichneten Grund zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt.

Zunächst liegt die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nicht vor.

Die in § 473a ZPO normierte Pflicht des Berufungsgerichts, dem Berufungsgegner mitzuteilen, dass es ihm freistehe, Mängel von Tatsachenfeststellungen oder der Beweiswürdigung des Erstgerichts oder des Verfahrens erster Instanz durch Überreichung eines beim Berufungsgericht einzubringenden vorbereitenden Schriftsatzes zu rügen, gilt nicht, wenn der Berufungsgegner die in Betracht kommenden festgestellten Tatsachen nach § 468 Abs 2 zweiter Satz ZPO zu rügen gehalten war. Seit der Entscheidung 1 Ob 41/99g = SZ 72/75 vertritt der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl RIS-Justiz RS0112020)die Ansicht, dass sich im Fall einer ausgeführten Rechtsrüge der Rechtsmittelwerber nach deren prozessualem Wesen auf alle Feststellungen beruft, die ausdrücklich als solche im Urteil zusammengefasst wurden. Geht es also nicht um „verborgene Feststellungen", die in der Beweiswürdigung oder der rechtlichen Beurteilung enthalten sind und als solche nicht ausdrücklich bezeichnet wurden, löst eine Rechtsrüge des Rechtsmittelwerbers bereits eine Rügepflicht des Berufungsgegners in der Rechtsmittelbeantwortung aus (vgl Pimmer in Fasching² Rz 20 zu § 468 ZPO; Rz 3 zu § 473a ZPO).Die in Paragraph 473 a, ZPO normierte Pflicht des Berufungsgerichts, dem Berufungsgegner mitzuteilen, dass es ihm freistehe, Mängel von Tatsachenfeststellungen oder der Beweiswürdigung des Erstgerichts oder des Verfahrens erster Instanz durch Überreichung eines beim Berufungsgericht einzubringenden vorbereitenden Schriftsatzes zu rügen, gilt nicht, wenn der Berufungsgegner die in Betracht kommenden festgestellten Tatsachen nach Paragraph 468, Absatz 2, zweiter Satz ZPO zu rügen gehalten war. Seit der Entscheidung 1 Ob 41/99g = SZ 72/75 vertritt der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung vergleiche RIS-Justiz RS0112020)die Ansicht, dass sich im Fall einer ausgeführten Rechtsrüge der Rechtsmittelwerber nach deren prozessualem Wesen auf alle Feststellungen beruft, die ausdrücklich als solche im Urteil zusammengefasst wurden. Geht es also nicht um „verborgene Feststellungen", die in der Beweiswürdigung oder der rechtlichen Beurteilung enthalten sind und als solche nicht ausdrücklich bezeichnet wurden, löst eine Rechtsrüge des Rechtsmittelwerbers bereits eine Rügepflicht des Berufungsgegners in der Rechtsmittelbeantwortung aus vergleiche Pimmer in Fasching² Rz 20 zu Paragraph 468, ZPO; Rz 3 zu Paragraph 473 a, ZPO).

Die Beklagte hat dementsprechend auch eine Tatsachenrüge und eine Mängelrüge in ihrer Berufungsbeantwortung erhoben, womit sich das Berufungsgericht auch umfänglich auseinandergesetzt hat. Es ist daher der Beklagten verwehrt, nunmehr in der Revision neuerlich Tatsachenfeststellungen zu bekämpfen oder erstinstanzliche Verfahrensmängel geltend zu machen.

Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt daher

nicht vor.

Zur Rechtsrüge der Revision:

Das Leistungsverweigerungsrecht nach § 1052 Satz 1 ABGB steht nicht nur zu, wenn der andere Teil die Hauptleistung nicht erfüllt hat oder nicht zu erfüllen bereit ist, sondern auch, wenn der andere Teil mit einer nicht unwesentlichen Nebenleistung in Verzug ist (RIS-Justiz RS0020017; Aicher in Rummel³ Rz 8 zu § 1052 ABGB mwN). Zwischen dieser Nebenleistung und der geforderten Leistung muss eine Austauschbeziehung, ein Gegenseitigkeitsverhältnis bestehen. Ob ein solches Gegenseitigkeitsverhältnis besteht, ist nach der Übung des Verkehrs zu beurteilen (NZ 1980, 6; SZ 61/15). Ein solches wurde in der Rechtsprechung bereits bejaht, wenn der Schuldner die vereinbarte Garantie nicht stellte (SZ 61/15; vgl auch Lindinger, Aktuelle Rechtsprechung zur Bankgarantie, WBl 1992, 137; Aicher aaO). Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass auch im Fall eines Verstoßes gegen die Pflicht zur (vollständigen) Garantieerstellung zu prüfen ist, ob diese offene Nebenleistung wesentlich ist und daher nach der Übung des Verkehrs von einem echten Gegenseitigkeitsverhältnis auszugehen ist, ob also der Vertragszweck eine genaue Erfüllung auch der genannten Nebenverpflichtung erfordert. In der Entscheidung SZ 61/15, der, soweit überblickbar, einzigen höchstgerichtlichen Entscheidung zu dieser Frage, hat der Oberste Gerichtshof genau das untersucht. Bei der dort gegebenen Fallkonstellation spielte die Garantieerstellung eine große Rolle, weil es sich um ein neues Produkt handelte und der Sinn der dort vereinbarten Garantie darin bestand, dass dem aus der Vereinbarung Berechtigten ohne Risiko die Möglichkeit eingeräumt werden musste, auch seinen Kunden eine gleich günstige Garantie einzuräumen. Dort stellte die vereinbarte Sicherheitsgarantie im vereinbarten Umfang eine wesentliche Leistung dar, ohne dass durch das Beharren darauf bereits die Grenze der Schikane erreicht wurde. Es stand auch noch nicht fest, dass innerhalb des vorgesehenen Garantiezeitraums keine Mängel auftreten könnten.Das Leistungsverweigerungsrecht nach Paragraph 1052, Satz 1 ABGB steht nicht nur zu, wenn der andere Teil die Hauptleistung nicht erfüllt hat oder nicht zu erfüllen bereit ist, sondern auch, wenn der andere Teil mit einer nicht unwesentlichen Nebenleistung in Verzug ist (RIS-Justiz RS0020017; Aicher in Rummel³ Rz 8 zu Paragraph 1052, ABGB mwN). Zwischen dieser Nebenleistung und der geforderten Leistung muss eine Austauschbeziehung, ein Gegenseitigkeitsverhältnis bestehen. Ob ein solches Gegenseitigkeitsverhältnis besteht, ist nach der Übung des Verkehrs zu beurteilen (NZ 1980, 6; SZ 61/15). Ein solches wurde in der Rechtsprechung bereits bejaht, wenn der Schuldner die vereinbarte Garantie nicht stellte (SZ 61/15; vergleiche auch Lindinger, Aktuelle Rechtsprechung zur Bankgarantie, WBl 1992, 137; Aicher aaO). Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass auch im Fall eines Verstoßes gegen die Pflicht zur (vollständigen) Garantieerstellung zu prüfen ist, ob diese offene Nebenleistung wesentlich ist und daher nach der Übung des Verkehrs von einem echten Gegenseitigkeitsverhältnis auszugehen ist, ob also der Vertragszweck eine genaue Erfüllung auch der genannten Nebenverpflichtung erfordert. In der Entscheidung SZ 61/15, der, soweit überblickbar, einzigen höchstgerichtlichen Entscheidung zu dieser Frage, hat der Oberste Gerichtshof genau das untersucht. Bei der dort gegebenen Fallkonstellation spielte die Garantieerstellung eine große Rolle, weil es sich um ein neues Produkt handelte und der Sinn der dort vereinbarten Garantie darin bestand, dass dem aus der Vereinbarung Berechtigten ohne Risiko die Möglichkeit eingeräumt werden musste, auch seinen Kunden eine gleich günstige Garantie einzuräumen. Dort stellte die vereinbarte Sicherheitsgarantie im vereinbarten Umfang eine wesentliche Leistung dar, ohne dass durch das Beharren darauf bereits die Grenze der Schikane erreicht wurde. Es stand auch noch nicht fest, dass innerhalb des vorgesehenen Garantiezeitraums keine Mängel auftreten könnten.

In diesem Sinn führt auch Lindinger (aaO) aus, dass bei der unterlassenen Übergabe einer vereinbarten Bankgarantie die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes dann nicht mehr zulässig sei, wenn die zu erstellende Garantie für den Begünstigten keinen Wert mehr habe. Wertlos sei eine Garantie für den Begünstigten beispielsweise dann, wenn Ansprüche, zu deren Besicherung die Garantie zu erstellen war, nicht mehr erst entstehen könnten, etwa nach Ablauf der Gewährleistungsfrist. Dass in solchen Fällen die Berufung auf § 1052 ABGB versagt sei, ergebe sich regelmäßig schon aus der Auslegung der Garantieklausel. Ein Anspruch auf Übergabe einer vereinbarten Garantie sei im Falle einer Gewährleistungs- und Erfüllungsgarantie auch dahin einzuschränken, dass derjenige, zu dessen Gunsten eine Garantie zu erstellen sei und der aus dem Grundverhältnis Geld schulde, den Sicherungszweck überhaupt besser dadurch erreiche, dass er schlicht nicht zahle.In diesem Sinn führt auch Lindinger (aaO) aus, dass bei der unterlassenen Übergabe einer vereinbarten Bankgarantie die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes dann nicht mehr zulässig sei, wenn die zu erstellende Garantie für den Begünstigten keinen Wert mehr habe. Wertlos sei eine Garantie für den Begünstigten beispielsweise dann, wenn Ansprüche, zu deren Besicherung die Garantie zu erstellen war, nicht mehr erst entstehen könnten, etwa nach Ablauf der Gewährleistungsfrist. Dass in solchen Fällen die Berufung auf Paragraph 1052, ABGB versagt sei, ergebe sich regelmäßig schon aus der Auslegung der Garantieklausel. Ein Anspruch auf Übergabe einer vereinbarten Garantie sei im Falle einer Gewährleistungs- und Erfüllungsgarantie auch dahin einzuschränken, dass derjenige, zu dessen Gunsten eine Garantie zu erstellen sei und der aus dem Grundverhältnis Geld schulde, den Sicherungszweck überhaupt besser dadurch erreiche, dass er schlicht nicht zahle.

Im vorliegenden Fall hatte der Werkunternehmer die vertragliche Verpflichtung übernommen, für die vereinbarte Gewährleistungsdauer (fünf Jahre) eine Bankgarantie in Höhe der gesamten Auftragssumme zu übergeben.

Schon nach der Übung des Verkehrs lässt sich beurteilen, dass das erforderliche Gegenseitigkeitsverhältnis, wie es oben dargestellt wurde, für den Werkbesteller jedenfalls in diesem exorbitanten Umfang für die Sicherung der Erfüllung oder Abwicklung des Hauptgeschäftes nicht zu begründen ist. Der Vertragszweck erfordert daher nicht die genaue Erfüllung der Nebenverpflichtung, wie dies in SZ 61/15 aus den dargestellten Gründen der Fall war. Ob mit der vom Kläger tatsächlich erlegten Teilbankgarantie im Zeitpunkt ihres Erlags das Auslangen iS der hier zu untersuchenden Rechtsfolge gefunden werden konnte, lässt sich nicht ohne weiteres beurteilen. Entscheidend ist jedoch, dass in jenem Zeitpunkt, in dem die Beklagte dem Kläger die Einrede des nicht erfüllten Vertrags infolge Nichtübergabe der vereinbarten Bankgarantie in vereinbarter Höhe für die vereinbarte Zeit entgegenhielt, die vom Kläger zu vertretenden Mängel des Werks bereits bekannt waren und die Beklagte überdies erklärt hatte, die Mängelbehebung anderweitig vornehmen zu lassen (vgl Vorbringen der Beklagten AS 17). Im Verfahren stellte sich schließlich heraus, dass bei einem Werklohn von EUR 14.272,97 die Mängelbehebungskosten EUR 742,- ausmachten, somit einen Betrag, der etwa in Höhe der vom Kläger erlegten Teilbankgarantie lag.Schon nach der Übung des Verkehrs lässt sich beurteilen, dass das erforderliche Gegenseitigkeitsverhältnis, wie es oben dargestellt wurde, für den Werkbesteller jedenfalls in diesem exorbitanten Umfang für die Sicherung der Erfüllung oder Abwicklung des Hauptgeschäftes nicht zu begründen ist. Der Vertragszweck erfordert daher nicht die genaue Erfüllung der Nebenverpflichtung, wie dies in SZ 61/15 aus den dargestellten Gründen der Fall war. Ob mit der vom Kläger tatsächlich erlegten Teilbankgarantie im Zeitpunkt ihres Erlags das Auslangen iS der hier zu untersuchenden Rechtsfolge gefunden werden konnte, lässt sich nicht ohne weiteres beurteilen. Entscheidend ist jedoch, dass in jenem Zeitpunkt, in dem die Beklagte dem Kläger die Einrede des nicht erfüllten Vertrags infolge Nichtübergabe der vereinbarten Bankgarantie in vereinbarter Höhe für die vereinbarte Zeit entgegenhielt, die vom Kläger zu vertretenden Mängel des Werks bereits bekannt waren und die Beklagte überdies erklärt hatte, die Mängelbehebung anderweitig vornehmen zu lassen vergleiche Vorbringen der Beklagten AS 17). Im Verfahren stellte sich schließlich heraus, dass bei einem Werklohn von EUR 14.272,97 die Mängelbehebungskosten EUR 742,- ausmachten, somit einen Betrag, der etwa in Höhe der vom Kläger erlegten Teilbankgarantie lag.

Unbeschadet der Nichterfüllung der vertraglich vereinbarten Verpflichtung zur Übergabe einer Garantie hatte es die Beklagte in der Hand, ihre durch die Bankgarantie zu besichernden Gewährleistungsansprüche durch Nichtzahlung des Werklohns zu sichern. Angesichts dieser Umstände erfordert der Vertragszweck hier also keine exakte Erfüllung der Nebenverpflichtung, eine Garantie in Höhe der gesamten Auftragssumme zu übergeben, um das Leistungsverweigerungsrecht des Werkbestellers auszuschließen. Zutreffend hat das Berufungsgericht aber auch das volle Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten wegen Vorliegens von Mängeln des Werks verneint. Zwar kann der Besteller der Werklohnklage des Unternehmers die Einrede des nicht erfüllten Vertrags auch bei Vorliegen nur geringfügiger Mängel entgegenhalten (vgl RIS-Justiz RS0020161), doch kommt es dabei nicht allein auf das Verhältnis der Mängelbehebungskosten zum gesamten geltend gemachten restlichen Werklohn an. In der Rechtsprechung wurde daneben noch die Wichtigkeit der Behebung des Mangels im Rahmen einer Interessenabwägung als ausschlaggebend beurteilt (RIS-Justiz RS0022044; 6 Ob 72/00g; 6 Ob 80/05s). Deshalb wurde das volle Leistungsverweigerungsrecht bereits verneint, wenn keine besondere Wichtigkeit an einer raschen Behebung des Mangels erwiesen war, der Mangel den Gebrauch der Sache nicht entscheidend beeinträchtigte, sodass von einem Missverhältnis zwischen dem vom Gewährleistungsberechtigten verfolgten Interesse an der Leistungsverweigerung und dem Interesse an der Bezahlung des Werklohns für den mängelfreien Teil des Werks auszugehen war. Eine missbräuchliche Rechtsausübung wurde insbesondere schon dann angenommen wenn das hergestellte Werk in Gebrauch genommen wurde und die Mängelbehebung keine besonderen Fachkenntnisse und kein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien zur Voraussetzung hatte (SZ 62/169; 6 Ob 80/05s).Unbeschadet der Nichterfüllung der vertraglich vereinbarten Verpflichtung zur Übergabe einer Garantie hatte es die Beklagte in der Hand, ihre durch die Bankgarantie zu besichernden Gewährleistungsansprüche durch Nichtzahlung des Werklohns zu sichern. Angesichts dieser Umstände erfordert der Vertragszweck hier also keine exakte Erfüllung der Nebenverpflichtung, eine Garantie in Höhe der gesamten Auftragssumme zu übergeben, um das Leistungsverweigerungsrecht des Werkbestellers auszuschließen. Zutreffend hat das Berufungsgericht aber auch das volle Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten wegen Vorliegens von Mängeln des Werks verneint. Zwar kann der Besteller der Werklohnklage des Unternehmers die Einrede des nicht erfüllten Vertrags auch bei Vorliegen nur geringfügiger Mängel entgegenhalten vergleiche RIS-Justiz RS0020161), doch kommt es dabei nicht allein auf das Verhältnis der Mängelbehebungskosten zum gesamten geltend gemachten restlichen Werklohn an. In der Rechtsprechung wurde daneben noch die Wichtigkeit der Behebung des Mangels im Rahmen einer Interessenabwägung als ausschlaggebend beurteilt (RIS-Justiz RS0022044; 6 Ob 72/00g; 6 Ob 80/05s). Deshalb wurde das volle Leistungsverweigerungsrecht bereits verneint, wenn keine besondere Wichtigkeit an einer raschen Behebung des Mangels erwiesen war, der Mangel den Gebrauch der Sache nicht entscheidend beeinträchtigte, sodass von einem Missverhältnis zwischen dem vom Gewährleistungsberechtigten verfolgten Interesse an der Leistungsverweigerung und dem Interesse an der Bezahlung des Werklohns für den mängelfreien Teil des Werks auszugehen war. Eine missbräuchliche Rechtsausübung wurde insbesondere schon dann angenommen wenn das hergestellte Werk in Gebrauch genommen wurde und die Mängelbehebung keine besonderen Fachkenntnisse und kein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien zur Voraussetzung hatte (SZ 62/169; 6 Ob 80/05s).

Diese Voraussetzungen sind auch hier gegeben. Die technisch nicht komplizierte und nicht besonders aufwändige Behebung der Mängel könnte ohne Schwierigkeiten von einem beliebigen dritten Unternehmer vorgenommen werden. Besondere Gründe, die dafür sprächen, dass der Kläger selbst die Verbesserung vornimmt und deshalb durch die Leistungsverweigerung des gesamten Werklohns unter Druck gesetzt werden soll, liegen hier nicht vor. Im Gegenteil hat die Beklagte erklärt, die Mängelbehebung ohnedies anderweitig vornehmen zu lassen (Vorbringen Beklagte AS 17).

Die Klagsstattgebung im angeführten Umfang ist daher zu bestätigen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.Die Klagsstattgebung im angeführten Umfang ist daher zu bestätigen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 ZPO.

Anmerkung

E803865Ob57.06b

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inZak 2006/399 S 232 - Zak 2006,232 = bbl 2006,159/125 - bbl 2006/125 =RdW 2006/513 S 559 - RdW 2006,559 = JBl 2006,795 = ecolex 2006/385 S898 - ecolex 2006,898 = HS 37.383 = HS 37.384XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2006:0050OB00057.06B.0321.000

Zuletzt aktualisiert am

02.06.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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