TE OGH 2006/3/21 5Ob227/05a

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Veröffentlicht am 21.03.2006
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Kalivoda, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei L***** AG, *****, vertreten durch Dr. Erwin Markl, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Pfandrechtslöschung (Streitwert EUR 67.595,45), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 16. Februar 2005, GZ 2 R 242/04d-34, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zweiter Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist grundbücherliche Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ ***** GB *****.

Mit Vertrag vom 12. 2. 2001 räumte die Klägerin der B***** GmbH (in der Folge: BI) an dieser Liegenschaft ein Baurecht ein. Mit Pfandrechtsbestellungsvertrag vom 22. 1. 2003 räumte die Klägerin der Beklagten auf ihrer Liegenschaft ein Pfandrecht über EUR 1,450.000,-- ein.

Die Beklagte war zu 37 % Gesellschafterin der BI, an der auch die W***** AG-WiBAG (in der Folge: WiBAG) mittelbar beteiligt war. Die WiBAG hielt im Übrigen sämtliche Anteile an der WiBAG-A***** GmbH, die wiederum sämtliche Anteile an der WiBAG-A***** Beteiligungs GmbH hielt. Letztere war zu 90 % Gesellschafterin der Klägerin. Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Einwilligung in die Einverleibung der Löschung des zugunsten der Beklagten auf ihrer Liegenschaft einverleibten Pfandrechtes über EUR 1,450.000,-- mit folgender Begründung:

Die Beklagte habe der BI ein zinsenloses Gesellschafterdarlehen in Höhe von EUR 1,450.000,-- zur Verfügung gestellt und ausgezahlt. Vereinbarungsgemäß habe zur Besicherung dieses Gesellschafterdarlehens, ebenso wie zur Besicherung der gewährten Darlehen zweier Banken, die grundbücherliche Sicherstellung auf der zu eröffnenden Baurechtseinlage der BI erfolgen sollen. Es sei jedoch zu gewissen Verzögerungen bei der grundbücherlichen Eröffnung dieser Baurechtseinlage gekommen.

Weil nicht mit hinlänglicher Bestimmtheit vorhergesagt habe werden können, bis zu welchem Zeitpunkt die bücherliche Sicherstellung auf der zu eröffnenden Baurechtseinlage möglich sein werde, sei von der Beklagten angedacht worden, zwischenzeitig zur Sicherung des Gesellschafterdarlehens die Liegenschaft der Klägerin heranzuziehen. Es habe diesbezüglich Gespräche zwischen den Gesellschaftern der BI, zu welchen auch eine WiBAG-Tochter gehört habe, gegeben. Letztere sei Mehrheitsgesellschafterin der Klägerin. Die Gespräche hätten aber zu keinem konkreten Ergebnis geführt.

Tatsächlich sei dann die Baurechtseinlage am 17. 7. 2002 eröffnet worden. In weiterer Folge hätten sowohl die V***** A***** als auch die Ö***** V***** AG ihre jeweils der BI gewährten Darlehen auf der Baurechtseinlage grundbücherlich sichergestellt. Die Beklagte habe, obwohl es ihr möglich gewesen wäre, eine solche Sicherstellung des Gesellschafterdarlehens auf der Baurechtseinlage nicht vorgenommen. Kurt T***** sei als Präsident des Verwaltungsrates der Beklagten und als Geschäftsführer der BI auch für diese selbständig vertretungsbefugt gewesen. Er hätte eine solche Sicherstellung bewirken können.

Mit Schreiben vom 13. 1. 2003 habe die Beklagte der Klägerin einen Pfandbestellungsvertrag betreffend deren Liegenschaft zur Besicherung ihres Gesellschafterdarlehens vorgelegt. Sie habe dazu erklärt, dass ersucht worden sei, eine Sicherung auf der Baurechtseinlage zu erwirken, dass vertretungsbefugte Organe der BI jedoch eine entsprechende Pfandurkunde nicht unterfertigt hätten. Da es nicht gelungen sei, eine grundbuchsfähige Pfandurkunde zu erlangen, um das Gesellschafterdarlehen auf der Baurechtseinlage sicherzustellen, sei die Klägerin aufgefordert worden, entsprechend einer behaupteten, tatsächlich mit ihr jedoch nicht bestehenden Vereinbarung ein Pfandrecht ob ihrer Liegenschaft einzuräumen.

Der Geschäftsführer der Klägerin habe auf diese Mitteilung der Beklagten vertraut, mit den Verantwortlichen der WiBAG Kontakt aufgenommen und sich erkundigt, ob tatsächlich eine solche Vereinbarung bestehe. Dir. S***** von der WiBAG, der das Schreiben nicht gekannt habe, habe daraufhin telefonisch erklärt, er wisse, dass die Beklagte ein Gesellschafterdarlehen gewährt habe und dass dieses durch ein Pfandrecht gesichert werden solle. Der Genannte habe dabei - ohne das dem Geschäftsführer der Klägerin mitzuteilen - an die Sicherstellung auf der Baurechtseinlage gedacht. Im Vertrauen auf diese Auskunft habe der Geschäftsführer der Klägerin dann den Pfandbestellungsvertrag unterfertigt.

Die Klägerin sei durch diese Vorgangsweise der Beklagten in die Irre geführt worden. Kurt T*****, der Präsident des Verwaltungsrates der Beklagten, hätte jederzeit die Möglichkeit gehabt, das Gesellschafterdarlehen auf der Baurechtseinlage sicherstellen zu lassen, indem er die Pfandurkunde für die BI unterfertigt. Der Geschäftsführer der Klägerin sei bewusst darüber getäuscht worden, dass die vertretungsbefugten Organe der BI die Unterfertigung der Pfandurkunde vertragswidrigerweise verweigert hätten. Die Unterfertigung sei listig erwirkt und ohne Bestehen einer Vereinbarung verwendet worden.

Darüber hinaus sei der Geschäftsführer der Klägerin auch dadurch in einen von der Beklagten veranlassten Irrtum versetzt worden, als er auf die Äußerung des Dir. S***** von der WiBAG vertraut habe, der gemeint habe, dass keine Bedenken gegen die Einverleibung des Pfandrechtes (auf der Baurechtseinlage) bestünden. Hätte der Geschäftsführer der Klägerin gewusst, dass Dir. S***** von der WiBAG von der Einverleibung des Pfandrechtes auf der Baurechtseinlage ausging, hätte er die Pfandurkunde niemals unterfertigt. Die Klägerin wendete auch noch List im Hinblick darauf ein, dass der Präsident des Verwaltungsrates der Beklagten als allein zeichnungsbefugter Geschäftsführer der BI es selbst in der Hand gehabt hätte, die Pfandbestellungsurkunde hinsichtlich der Baurechtseinlage zu unterfertigen.

Außerdem habe die Beklagte die Pfandbestellungsurkunde insofern vereinbarungs- bzw treuwidrig verwendet, als eine Pfandbestellung dieses Inhaltes in der Kanzlei der Klagevertreter treuhändig zu hinterlegen gewesen wäre und erst verwendet hätte werden dürfen, wenn die pfandrechtliche Sicherstellung der Forderung der Beklagten an der Baurechtseinlage nicht spätestens zum 31. 12. 2002 durchgeführt worden sei. Niemals sei vereinbart worden, dass der Rechtsanwalt der Beklagten diesbezüglich unmittelbar in Korrespondenz mit der klagenden Partei trete und dieser direkt eine Pfandbestellungsurkunde übermittle.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte Abweisung der Klage. Sie hielt den Ausführungen der Klägerin Folgendes entgegen:

Nach den Vereinbarungen hätte das von ihr gegebene Gesellschafterdarlehen auf der Baurechtseinlage der gegenständlichen Liegenschaft hypothekarisch besichert werden sollen. Die Vereinbarungspartner hätten jedoch die Nebenabrede getroffen, dass die pfandrechtliche Sicherstellung auf der Stammliegenschaft der Klägerin zu erfolgen habe, wenn die Pfandrechtsbegründung auf der Baurechtsliegenschaft nicht längstens bis 31. 12. 2002 durchgeführt werde. Den sachlichen Hintergrund dieser Nebenabrede habe der Umstand gebildet, dass es sich bei der Klägerin und der BI um konzernverbundene Gesellschaften gehandelt habe. An letzterer sei die WiBAG B***** GmbH, eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der W***** B***** AG beteiligt gewesen. 90 %-iger Gesellschafter der Klägerin sei die WiBAG A***** Beteiligungs GmbH gewesen, die wiederum eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der Wi***** B***** AG sei. Die Agenden der Klägerin seien daher nicht nur von deren Geschäftsführer, sondern auch von den Vorständen der WiBAG, darunter Peter S***** wahrgenommen worden. Trotz beglaubigter Unterfertigung der Pfandurkunde durch die Beklagte habe die BI dem Ersuchen um Fertigung dieser Urkunde jedoch nicht entsprochen.

Zur Umsetzung der Vereinbarung vom 21. 3. 2002 habe der Beklagtenvertreter daher einen Pfandbestellungsvertrag vorbereitet, auf Grund dessen die Klägerin zur Besicherung der Forderung der Beklagten ein Pfandrecht auf der Stammeinlage einräumen sollte. Dieser Pfandbestellungsvertrag sei der Klägerin am 13. 1. 2003 mit dem Ersuchen um Unterfertigung übersendet worden. Die Klägerin habe diesem Ersuchen entsprochen, worauf hin die grundbücherliche Einverleibung des Pfandrechtes durchgeführt worden sei. Die Beklagte habe somit auf Grund der getroffenen Vereinbarungen einen Anspruch auf die Pfandrechtsbegründung ob der Stammeinlage gehabt. Dass es allenfalls zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin und dem Vorstand der WiBAG ein internes Kommunikationsproblem gegeben habe, könne nicht der Beklagten zugerechnet werden. Selbst wenn sich der Geschäftsführer der Klägerin bei Unterfertigung der Pfandbestellungsurkunde im Irrtum befunden habe, sei dieser Irrtum nicht von der Beklagten veranlasst worden und hätte dieser auch nicht auffallen können. Die Beklagte habe nicht für Handlungen oder Unterlassungen einzustehen, die ihr Verwaltungsratspräsident als Geschäftsführer einer anderen Gesellschaft treffe. Kurt T***** sei als Geschäftsführer der BI am 6. 11. 2002 zurückgetreten. Dieser Rücktritt sei auch angenommen worden. Es wäre daher pflichtgemäße Aufgabe der Gesellschafter gewesen, kurzfristig die Geschäftsführung der BI neu zu ordnen und eine solche Neuordnung firmenbuchrechtlich durchführen zu lassen. Dass dies nicht geschehen sei, könne nicht der Beklagten angelastet werden.

Die Beklagte habe jedenfalls die Klägerin nicht arglistig in die Irre geführt. Die Klägerin habe die Pfandbestellungsurkunde vor Unterfertigung durch den Klagevertreter prüfen lassen. Ebensowenig habe die Beklagte vereinbarungs- oder treuwidrig gehandelt. Eine Pflichtverletzung falle vielmehr der Klägerin zur Last, weil sie nicht gemäß der Vereinbarung vom 21. 3. 2002 eine zur Verbücherung des Pfandrechtes an der Stammliegenschaft geeignete Pfandbestellungsurkunde treuhändig mit dem Auftrag hinterlegt habe, diese Urkunde erst zu verwenden, wenn die pfandrechtliche Sicherstellung der Darlehensforderung der Beklagten an der zu eröffnenden Baurechtseinlage nicht bis spätestens 31. 12. 2002 durchgeführt sei. Nach dem 31. 12. 2002 habe sich das erübrigt, weshalb die Beklagte ihr Schreiben direkt an die Klägerin gesendet habe.

Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, in die Einverleibung der Löschung des auf der Liegenschaft der Klägerin zu Gunsten der Beklagten einverleibten Pfandrechtes einzuwilligen. Dabei ging das Erstgericht davon aus, dass die von der Beklagten behauptete „Nebenabrede", wonach das Pfandrecht auf der Liegenschaft der Klägerin zu verbüchern sei, wenn nicht bis zum 31. 12. 2002 auf der Baurechtseinlage ein Pfandrecht einverleibt werde, jedenfalls nicht von der Zustimmung der Klägerin erfasst sei. Eine entsprechende Vereinbarung sei mit der Klägerin niemals getroffen worden. Weil der Klägerin die Unterfertigung des Pfandbestellungsvertrages unter Behauptung dieser Nebenabrede abverlangt worden sei, habe die Beklagte die Klägerin tatsächlich in Irrtum geführt; dieser Irrtum hätte der Beklagten auch auffallen müssen, weil sie niemals einen Rechtsanspruch auf Besicherung ihres Darlehens auf der Liegenschaft der Klägerin gehabt habe.

Einer dagegen erhobenen Berufung gab das Gericht zweiter Instanz Folge und wies das Klagebegehren nach Durchführung einer Beweiswiederholung durch Verlesung des gesamten erstinstanzlichen Aktes ab. Das Berufungsgericht traf umfangreiche, von den erstinstanzlichen Feststellungen abweichende Feststellungen, die es seiner Entscheidung zugrundelegte.

So traf das Berufungsgericht die Feststellung, zwischen der Beklagten und der BI sei eine Vereinbarung getroffen worden, wonach zur Besicherung des Gesellschafterdarlehens eine einverleibungsfähige Pfandbestellungsurkunde von der Klägerin treuhändig in der Kanzlei des damaligen Klagevertreters zu hinterlegen gewesen wäre, dies mit dem Auftrag, die Urkunde erst zu verwenden, wenn die pfandrechtliche Sicherstellung der Forderung der Beklagten auf der noch zu eröffnende Baurechtseinlage nicht bis zum 31. 12. 2002 durchgeführt sei. Weiters stellte das Berufungsgericht fest, dass die Geschäfte der Klägerin mit Wissen und Willen des Geschäftsführers (auch) vom Vorstand der WiBAG geführt wurden, was insbesondere für Vertragsangelegenheiten gegolten habe. Die WiBAG habe in der Folge der beschriebenen Vereinbarung über die Besicherung des Gesellschafterdarlehens ausdrücklich zugestimmt. In der Folge sei es nicht zur Pfandrechtseinverleibung für das Gesellschafterdarlehen auf der Baurechtseinlage gekommen.

Im Weiteren stellte die Berufung die unbekämpft gebliebene erstgerichtliche Feststellung als bedenklich dar, wonach der WiBAG-Vorstand bei der Anfrage durch den Geschäftsführer der Klägerin davon ausgegangen sei, dass es sich um eine Pfandrechtseinverleibung nur auf der Baurechtseinlage handle.

In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Berufungsgericht den Sachverhalt dahin, dass der Klägerin jedenfalls der Nachweis einer Irreführung durch die Beklagten nicht gelungen sei. Sie sei daher zur Anfechtung des Pfandbestellungsbetrages nicht berechtigt. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil der Klägerin der Beweis des maßgeblichen Sachverhalts nicht gelungen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Partei mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteiles im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteiles. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag zwecks Verfahrensergänzung durch das Gericht zweiter Instanz gestellt. Die Beklagte hat von der ihr eingeräumten Möglichkeit der Erstattung einer Revisionsbeantwortung Gebrauch gemacht und darin beantragt , die außerordentliche Revision der Klägerin zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist aus den im Folgenden darzustellenden Gründen zulässig und im Sinne des in ihr gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt:

Aus dem Protokoll über die mündliche Berufungsverhandlung vom 16. 2. 2005 geht Folgendes hervor:

Nach dem Vortrag der Berufung und der Berufungsbeantwortung heißt es im Protokoll:

„Erörtert werden die Bedenken des Berufungsgerichtes gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichtes. Die Parteien erklären sich mit der Verlesung des Akteninhaltes einverstanden für den Fall der Beweiswiederholung.

Beschluss:

Auf Wiederholung der Beweise. Der Akt wird verlesen (4 Cg 288/03g, insb Beil ./23)."

Aus dem Inhalt dieses Protokolles geht nach Ansicht der Revisionswerberin ein schwerer Verfahrensverstoß hervor, nämlich ein Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit, dem im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auch erhebliche Bedeutung zukomme. Die gänzliche Umwürdigung der Beweise nach Durchführung einer nur mittelbaren Beweisaufnahme habe, weil das Berufungsgericht es unterlassen habe, die seiner Ansicht nach bedenklichen Feststellungen zu bezeichnen, zu einer Überrumpelung der Parteien geführt, weshalb die Zustimmung zur Protokollverlesung nicht rechtswirksam erteilt worden sei. Darüber hinaus habe das Berufungsgericht unbekämpft gebliebene erstinstanzliche Feststellungen als unglaubwürdig dargestellt. Obwohl dem Berufungsgericht alle vom Erstgericht aufgenommenen Beweismittel zur unmittelbaren Beweisaufnahme zur Verfügung gestanden wären, habe das Erstgericht die Beweisaufnahmen nicht wiederholt, sondern sich mit einer mittelbaren Beweisaufnahme zufrieden gegeben.Aus dem Inhalt dieses Protokolles geht nach Ansicht der Revisionswerberin ein schwerer Verfahrensverstoß hervor, nämlich ein Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit, dem im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO auch erhebliche Bedeutung zukomme. Die gänzliche Umwürdigung der Beweise nach Durchführung einer nur mittelbaren Beweisaufnahme habe, weil das Berufungsgericht es unterlassen habe, die seiner Ansicht nach bedenklichen Feststellungen zu bezeichnen, zu einer Überrumpelung der Parteien geführt, weshalb die Zustimmung zur Protokollverlesung nicht rechtswirksam erteilt worden sei. Darüber hinaus habe das Berufungsgericht unbekämpft gebliebene erstinstanzliche Feststellungen als unglaubwürdig dargestellt. Obwohl dem Berufungsgericht alle vom Erstgericht aufgenommenen Beweismittel zur unmittelbaren Beweisaufnahme zur Verfügung gestanden wären, habe das Erstgericht die Beweisaufnahmen nicht wiederholt, sondern sich mit einer mittelbaren Beweisaufnahme zufrieden gegeben.

Dazu hat der erkennende Senat erwogen:

Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung setzt die Rechtswirksamkeit eines Einverständnisses mit der Verlesung von Protokollen über unmittelbare Beweisaufnahmen bei richtiger Würdigung der den Parteien durch § 488 Abs 4 ZPO verbrieften Verfahrensrechte voraus, dass bei den Parteien Klarheit über die als bedenklich erachteten oder vermissten Feststellungen besteht. Nur dann können sie entscheiden, ob sie ihren Standpunkt in der betreffenden Tatfrage bereits als fest genug erachten oder ihn noch durch den Eindruck einer unmittelbaren Beweisaufnahme erhärten wollen (vgl RIS-Justiz RS0040339; insb 1 Ob 70/99x ua). Die genannte Vorschrift soll eine Überrumpelung der Parteien hintanhalten (9 ObA 177/97p; 1 Ob 70/99x; 1 Ob 17/99b = SZ 72/129 ua; Kodek in Rechberger2 Rz 3 zu § 488 ZPO). Wird die dort vorgesehene Bekanntgabe unterlassen, so begründet die dennoch durchgeführte mittelbare Beweisaufnahme nach der zufolge § 463 Abs 1 ZPO auch im Rechtsmittelverfahren geltenden Vorschrift des § 281a ZPO eine erhebliche Verletzung des Verfahrensrechtes, soweit das vom Erstgericht unmittelbar verwertete Beweismittel auch dem Berufungsgericht zur Verfügung gestanden wäre (5 Ob 572/93 ua). Aus dem Protokoll über die Berufungsverhandlung geht hervor, dass das Berufungsgericht keine einzige Feststellung konkret bezeichnet hat, gegen deren Zustandekommen es konkrete Bedenken wegen der erstgerichtlichen Beweiswürdigung hatte. Bei der umfangreichen Beweisrüge der Berufung kann auch nicht zugrundegelegt werden, den Parteien wäre ohnedies klar gewesen, um welche konkreten Beweisergebnisse es ging (wie etwa in 7 Ob 2324/96g oder 1 Ob 17/99b), vor allem hat das Berufungsgericht aber in Wahrheit nicht nur eine Beweiswiederholung, sondern auch eine Beweisergänzung durchgeführt, gelangte es doch als deren Ergebnis zu einer Feststellung, nach der die Klägerin tatsächlich verpflichtet gewesen wäre, nach dem 31. 12. 2002 ihre eigene Liegenschaft zur Besicherung des Gesellschafterdarlehens der Beklagten zur Verfügung zu stellen. Umso mehr wäre das Berufungsgericht deshalb verpflichtet gewesen, seine Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit konkreter Feststellungen den Parteien detailliert mitzuteilen, um ihnen Grundlagen für die Entscheidung zu liefern, ob sie auf unmittelbarer Beweisaufnahme beharren wollen. Weil das Berufungsgericht im Ergebnis zur Annahme des Bestehens einer Vereinbarung gelangte, die die Klägerin zur Unterfertigung des Pfandbestellungsvertrages verpflichtete, oder jedenfalls das Zustandekommen des Pfandbestellungsvertrages als frei von relevanten Willensmängeln unterstellte, besteht auch kein Zweifel an der Relevanz der bewirkten Mangelhaftigkeit.Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung setzt die Rechtswirksamkeit eines Einverständnisses mit der Verlesung von Protokollen über unmittelbare Beweisaufnahmen bei richtiger Würdigung der den Parteien durch Paragraph 488, Absatz 4, ZPO verbrieften Verfahrensrechte voraus, dass bei den Parteien Klarheit über die als bedenklich erachteten oder vermissten Feststellungen besteht. Nur dann können sie entscheiden, ob sie ihren Standpunkt in der betreffenden Tatfrage bereits als fest genug erachten oder ihn noch durch den Eindruck einer unmittelbaren Beweisaufnahme erhärten wollen vergleiche RIS-Justiz RS0040339; insb 1 Ob 70/99x ua). Die genannte Vorschrift soll eine Überrumpelung der Parteien hintanhalten (9 ObA 177/97p; 1 Ob 70/99x; 1 Ob 17/99b = SZ 72/129 ua; Kodek in Rechberger2 Rz 3 zu Paragraph 488, ZPO). Wird die dort vorgesehene Bekanntgabe unterlassen, so begründet die dennoch durchgeführte mittelbare Beweisaufnahme nach der zufolge Paragraph 463, Absatz eins, ZPO auch im Rechtsmittelverfahren geltenden Vorschrift des Paragraph 281 a, ZPO eine erhebliche Verletzung des Verfahrensrechtes, soweit das vom Erstgericht unmittelbar verwertete Beweismittel auch dem Berufungsgericht zur Verfügung gestanden wäre (5 Ob 572/93 ua). Aus dem Protokoll über die Berufungsverhandlung geht hervor, dass das Berufungsgericht keine einzige Feststellung konkret bezeichnet hat, gegen deren Zustandekommen es konkrete Bedenken wegen der erstgerichtlichen Beweiswürdigung hatte. Bei der umfangreichen Beweisrüge der Berufung kann auch nicht zugrundegelegt werden, den Parteien wäre ohnedies klar gewesen, um welche konkreten Beweisergebnisse es ging (wie etwa in 7 Ob 2324/96g oder 1 Ob 17/99b), vor allem hat das Berufungsgericht aber in Wahrheit nicht nur eine Beweiswiederholung, sondern auch eine Beweisergänzung durchgeführt, gelangte es doch als deren Ergebnis zu einer Feststellung, nach der die Klägerin tatsächlich verpflichtet gewesen wäre, nach dem 31. 12. 2002 ihre eigene Liegenschaft zur Besicherung des Gesellschafterdarlehens der Beklagten zur Verfügung zu stellen. Umso mehr wäre das Berufungsgericht deshalb verpflichtet gewesen, seine Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit konkreter Feststellungen den Parteien detailliert mitzuteilen, um ihnen Grundlagen für die Entscheidung zu liefern, ob sie auf unmittelbarer Beweisaufnahme beharren wollen. Weil das Berufungsgericht im Ergebnis zur Annahme des Bestehens einer Vereinbarung gelangte, die die Klägerin zur Unterfertigung des Pfandbestellungsvertrages verpflichtete, oder jedenfalls das Zustandekommen des Pfandbestellungsvertrages als frei von relevanten Willensmängeln unterstellte, besteht auch kein Zweifel an der Relevanz der bewirkten Mangelhaftigkeit.

Nach ständiger Rechtsprechung stellt die Unterlassung der in § 488 Abs 4 ZPO geforderten Aufklärung einen schwerwiegenden, auch die Anrufung des Obersten Gerichtshofes rechtfertigenden Mangel des Berufungsverfahrens im Sinn der §§ 502 Abs 1, 503 Z 2 ZPO dar (RIS-Justiz RS0040339).Nach ständiger Rechtsprechung stellt die Unterlassung der in Paragraph 488, Absatz 4, ZPO geforderten Aufklärung einen schwerwiegenden, auch die Anrufung des Obersten Gerichtshofes rechtfertigenden Mangel des Berufungsverfahrens im Sinn der Paragraphen 502, Absatz eins,, 503 Ziffer 2, ZPO dar (RIS-Justiz RS0040339).

Die Aufhebung des angefochtenen Urteiles und die Rückverweisung der Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung ist eine zwingende Konsequenz dieses Verfahrensmangels. Darüber hinaus haften dem angefochtenen Urteil aber noch sekundäre Mängel an:

Wie die Revisionswerberin in ihrer Rechtsrüge zutreffend aufzeigt, bedarf es vorweg der Klärung der Frage, ob zu Lasten der Klägerin tatsächlich eine Vereinbarung bestand, sie habe das von der Beklagten dem BI zugezählte Gesellschafterdarlehen auf ihrer eigenen Liegenschaft zu besichern. Um dies bejahen zu können muss der Nachweis einer rechtsgeschäftlichen Zustimmung der Klägerin erbracht werden. Wie in der Revision zutreffend ausgeführt wird, reicht eine rechtsgeschäftliche Erklärung der Mehrheitsgesellschafterin der Klägerin nicht aus, um die Klägerin zur Pfandrechtsbestellung zu verpflichten. Zu Recht wird in diesem Zusammenhang auf das Vertretungsmonopol des Geschäftsführers einer GmbH sowie darauf hingewiesen, dass sogar dem Alleingesellschafter einer GmbH keine Vertretungsbefugnis zukommt (NZ 1983, 40), es sei denn, es wären entsprechende Vollmachten erteilt worden. Die auf S 17 erster Absatz der Berufungsentscheidung getroffene Feststellung, die Geschäfte, insbesondere Vertragsangelegenheiten, seien mit Wissen und Zustimmung des Geschäftsführers der Klägerin auch vom Vorstand der WiBAG geführt worden, ist - unbeschadet der Frage ihrer beweisrechtlichen Grundlage - noch ergänzungsbedürftig. Dieser Frage kommt aber erhebliche Bedeutung zu, hat sich doch die Beklagte zur Begründung ihrer Forderung nach Unterfertigung des Pfandbestellungsvertrags auf eine Vereinbarung berufen, die mit einem Dritten mit Wirkung für die Klägerin zustande gekommen sein soll. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes ist es dann aber auch keineswegs irrelevant, welche Vorstellungen den Vorstand der WiBAG dazu veranlassten, dem Geschäftsführer der Klägerin zu bestätigen, er könne die Pfandrechtsurkunde unterfertigen.

Zusammengefasst wird entscheidend sein, von welchen Vorstellungen der Geschäftsführer der Klägerin bei Unterfertigung des Pfandbestellungsvertrages ausging, ob diese mit den rechtlichen Gegebenheiten übereinstimmten, insb ob eine Verpflichtung der Klägerin, ihre Liegenschaft zur Besicherung zur Verfügung zu stellen, bestand und - wenn dies nicht der Fall war - wodurch allenfalls unrichtige Vorstellungen des Geschäftsführers der Klägerin über ihre Pfandbestellungspflicht hervorgerufen wurden. Erst dann lässt sich die mit der vorliegenden Klage relevierte Frage beantworten, ob die Klägerin mit der Anfechtung des Pfandbestellungsvertrages wegen Irrtums Erfolg haben kann.

Insofern erweist sich auch die Rechtsrüge der Revision als berechtigt.

Spruchgemäß war daher mit einer Aufhebung der berufungsgerichtlichen Entscheidung vorzugehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 52, ZPO.

Anmerkung

E80242 5Ob227.05a

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2006:0050OB00227.05A.0321.000

Dokumentnummer

JJT_20060321_OGH0002_0050OB00227_05A0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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