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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §74 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Papst, über die Beschwerde des Bundes, vertreten durch die Finanzprokuratur, gegen den Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 5. Jänner 2006, Zl. 15N-123/05-25, betreffend Nachprüfung eines Vergabeverfahrens (mitbeteiligte Partei: Bietergemeinschaft bestehend aus 1. F S GesmbH in H und
2. W K Transporte u. Erdbewegungen GmbH & Co KG in N, vertreten durch Gratl & Anker Rechtsanwaltspartnerschaft in 6020 Innsbruck, Südtiroler Platz 4/V), zu Recht erkannt:
Spruch
Der (nur insoweit) angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt II. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuspruch von Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
1. Mit Spruchpunkt II. des nur insoweit angefochtenen Bescheides des Bundesvergabeamtes vom 5. Jänner 2006 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 177 Abs. 5 BVergG 2002 iVm § 74 Abs. 2 AVG verpflichtet, der mitbeteiligten Partei die von ihr für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung entrichtete Pauschalgebühr in der Höhe von EUR 2.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wurde abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde zunächst aus, dem Vergabeverfahren ("Hochwasser-Sofortmaßnahmen 2005, Ufersanierung Oberpinzgau/Erd- und Flussbauarbeiten" der Bundeswasserbauverwaltung) liege ein Auftrag iSd § 3 Abs. 1 Z 1 BVergG 2002 (Bauauftrag) zugrunde und nach dem geschätzten Auftragswert handle es sich um ein Verfahren im Unterschwellenbereich. Zu Spruchpunkt II. führt sie sodann im Wesentlichen aus, von der mitbeteiligten Partei sei für ihren am 7. Dezember 2005 eingebrachten Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nachweislich eine Pauschalgebühr in der im Spruch näher bezeichneten Höhe entrichtet worden. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. Dezember 2005 sei diesem Antrag der mitbeteiligten Partei teilweise stattgegeben und dem Auftraggeber längstens bis 7. Jänner 2006 untersagt worden, im gegenständlichen Verfahren den Zuschlag zu erteilen. Daher sei von einem "teilweisen Obsiegen" der mitbeteiligten Partei im Sinn des § 177 Abs. 5 BVergG 2002 auszugehen und der Beschwerdeführer zum Ersatz der Pauschalgebühr zu verpflichten gewesen. Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Nichtigerklärung der Zuschlagserteilung, für den diese ebenso nachweislich eine Pauschalgebühr entrichtet habe, sei mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zurückgewiesen worden. Diesbezüglich könne nicht von einem "teilweisen Obsiegen" der mitbeteiligten Partei gesprochen werden, weshalb das Mehrbegehren abzuweisen gewesen sei.
2. Gegen diesen Spruchpunkt richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
3. Mit hg. Beschluss vom 24. Mai 2006, Zlen. A 2006/0011, 0012-1, hat der Verwaltungsgerichtshof - soweit für den Beschwerdefall wesentlich (der Beschwerdeführer wurde zum Ersatz der Pauschalgebühr für einen Antrag gemäß § 171 Abs. 1 BVergG 2002 verpflichtet) - gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, festzustellen, dass die Wortfolge "171 Abs. 1" in § 177 Abs. 1 des Bundesvergabegesetzes 2002, BGBl. I Nr. 99 (BVergG 2002) verfassungswidrig war.
Dabei ging der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass er bei Überprüfung des angefochtenen Bescheides die im Antrag näher bezeichnete Wortfolge des § 177 Abs. 1 BVergG 2002 anzuwenden hätte, da der Kostenersatzanspruch nach § 177 Abs. 5 leg. cit. nur insoweit (sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach) bestehen kann, als der Beteiligte für die gestellten Anträge zur Entrichtung der jeweiligen Pauschalgebühr gemäß den im Antrag angeführten Gebührenregelungen verpflichtet war.
4. Mit Erkenntnis vom 11. Oktober 2006, G 124/06, V44/06, hat der Verfassungsgerichtshof unter anderem ausgesprochen, dass die Wortfolge "171 Abs. 1" in § 177 Abs. 1 BVergG 2002 verfassungswidrig war.
Mit Hinweis auf dieses Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof den oben angeführten Antrag des Verwaltungsgerichtshofes mit Erkenntnis vom 12. Dezember 2006, G 107/06 ua, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.).
5. Der Beschwerdefall ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes einem Anlassfall nach Art. 140 Abs.7 erster und zweiter Satz B-VG gleichzuhalten (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 27. Juni 2007, Zl. 2007/04/0028 bzw. 2007/04/0027, auf deren Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Die Wortfolge "171 Abs. 1 " in § 177 Abs. 1 BVergG 2002 ist daher vorliegend nicht anzuwenden.
Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
6. Der Antrag des beschwerdeführenden Bundes auf Zuspruch von Aufwandersatz war abzuweisen, weil der Bund auch Rechtsträger der belangten Behörde ist (vgl. bereits das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 2005, Zl. 2005/04/0048).
Wien, am 12. September 2007
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007040024.X00Im RIS seit
18.10.2007