TE Vwgh Erkenntnis 2007/9/12 2002/03/0329

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Veröffentlicht am 12.09.2007
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3R E07204030;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
35/02 Zollgesetz;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art2 Abs1 idF 32000R0609;
32000R0609 Nov-31994R3298;
EURallg;
GütbefG 1995 §21 Z1 idF 2001/I/106;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z6 idF 2002/I/032;
GütbefG 1995 §23 Abs3 idF 2001/I/106;
GütbefG 1995 §9 Abs3 idF 2001/I/106;
StVO 1960 §97 Abs1a idF 1998/I/092;
VwGG §42 Abs2 Z1;
ZollRDG 1994 §11 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 21. Mai 2002, Zl. E 038/02/2002.016/002, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, (mitbeteiligte Partei: HK in D-Ö), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 5. März 2002 wurde dem Mitbeteiligten zur Last gelegt, er habe als Unternehmer veranlasst, dass am 24. August 2001 mit einem in Deutschland zugelassenen Lastkraftwagen (höchstes zulässiges Gesamtgewicht über 7,5 Tonnen) eine Fahrt durch Österreich durchgeführt worden sei, für die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3298/94, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2012/2000, (Ökopunkteverordnung) Ökopunkte zu entrichten gewesen seien. Bei der Kontrolle am Grenzübergang Nickelsdorf um 11:00 Uhr sei von einem Aufsichtsorgan festgestellt worden, dass das Fahrzeug keinen Umweltdatenträger benutzt habe und dass weder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular noch eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten (Ökokarte) mitgeführt worden sei.

Der Mitbeteiligte habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 6 iVm § 9 Abs. 3 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 sowie Art. 1 Abs. 1 lit. a und Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 idF der Verordnung (EG) Nr. 2012/2000, begangen. Über ihn wurde eine Geldstrafe von EUR 1.460,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt.

Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung des Mitbeteiligten wurde der erstinstanzliche Bescheid mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 51 VStG wegen Unzuständigkeit aufgehoben.

Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Erstbehörde örtlich unzuständig gewesen sei. Der Sachverhalt sei von einem Zollwacheorgan bei der "Zollabfertigung" in Nickelsdorf bei der beabsichtigten Ausreise des Lkws von Ungarn nach Österreich festgestellt worden. Der Lenker sei daher nicht im Zuge einer Straßenkontrolle (etwa durch Straßenaufsichtsorgane iSd § 21 Z. 1 GütbefG) betreten worden. Nach § 23 Abs. 3 leg. cit. sei für die Verfolgung der in Rede stehenden Tat die Behörde zuständig gewesen, in deren Sprengel der Grenzübertritt des Lkws auf dieser Transitfahrt "in" das Bundesgebiet erfolgt sei, was nach der Aktenlage in Suben (Oberösterreich) gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde gemäß § 21a GütbefG idF BGBl. I Nr. 17/1998, in der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 3 Güterbeförderungsgesetz (GütbefG), BGBl. Nr. 593/1995, in der Fassung BGBl. I Nr. 106/2001, hat jeder Unternehmer, der veranlasst, dass eine Fahrt durch Österreich durchgeführt wird, für die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3298/94, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2012/2000, (Ökopunkteverordnung) Ökopunkte zu entrichten sind, dem Fahrer vor Antritt der Fahrt die entsprechende Anzahl von Ökopunkten zu übergeben. Wird ein Umweltdatenträger benützt, hat sich der Unternehmer davon zu überzeugen, dass ausreichend Ökopunkte zur Verfügung stehen und dass der Umweltdatenträger einwandfrei funktioniert. Er hat weiters den Fahrer darüber zu belehren, welche Maßnahmen dieser zur Einhaltung der Ökopunkteverordnung zu treffen hat.

Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 6 GütbefG, in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2002, begeht, abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen, eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu EUR 7.267,-- zu ahnden ist, wer § 9 Abs. 3 GütbefG zuwiderhandelt.

Gemäß § 23 Abs. 3 GütbefG, in der Fassung BGBl. I Nr. 106/2001, ist ein Unternehmer auch dann nach Abs. 1 Z. 3 oder Z. 6 strafbar, wenn er die in §§ 7 bis 9 leg. cit. genannten Verpflichtungen im Ausland verletzt. Örtlich zuständig ist diesfalls jene Behörde, in deren Sprengel der Lenker im Zuge einer Straßenkontrolle betreten wird, sonst jene Behörde, in deren Sprengel der Grenzübertritt in das Bundesgebiet erfolgte.

§ 21 GütbefG, in der Fassung BGBl. I Nr. 106/2001, bestimmt:

"An der Vollziehung dieses Bundesgesetzes, von unmittelbar anwendbaren Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße sowie von Abkommen mit Staatengemeinschaften über den grenzüberschreitenden Güterverkehr mit Kraftfahrzeugen durch die Bezirksverwaltungsbehörde, den Landeshauptmann sowie den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie haben die Aufsichtsorgane mitzuwirken; es sind dies

1. die Organe der Straßenaufsicht (§ 97 StVO), ausgenommen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Bundespolizeidirektionen, sowie

2. in Wahrnehmung der ihnen sonst obliegenden Aufgaben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Bundespolizeidirektionen und die Zollorgane.

Die Aufsichtsorgane unterstehen dabei in fachlicher Hinsicht der jeweils zuständigen Behörde."

Der beschwerdeführende Bundesminister kommt in der vorliegenden Amtsbeschwerde aufgrund logisch-systematischer und teleologischer Auslegung der Bestimmung des § 23 Abs. 3 GütbefG zum Ergebnis, dass der Begriff "Straßenkontrolle" entgegen der Ansicht der belangten Behörde weit ausgelegt werden müsse und jegliche Feststellung einer Verwaltungsübertretung durch Aufsichtsorgane im österreichischen Bundesgebiet - sei es auf der Straße oder in einem Zollgebäude - darunter subsumiert werden müsse.

Hiezu ist auszuführen, dass der Begriff "Straßenkontrolle" weder durch das GütbefG noch durch eine andere Rechtsvorschrift definiert wird. Nach der oben wiedergegebenen Bestimmung des § 21 GütbefG wirken an der Vollziehung des GütbefG als Aufsichtsorgane "die Organe der Straßenaufsicht (§ 97 StVO), ausgenommen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Bundespolizeidirektionen" (Z. 1) sowie nach Z. 2 leg. cit. unter anderem auch die Zollorgane "in Wahrnehmung der ihnen sonst obliegenden Aufgaben" mit. Gemäß § 11 Abs. 6 Zollrechts-Durchführungsgesetz sind zollamtliche Amtshandlungen grundsätzlich auf dem Amtsplatz der Zollstelle gemäß § 11 Abs. 1 leg. cit. durchzuführen. Im Bereich des Amtsplatzes haben Zollorgane im Rahmen der ihnen sonst obliegenden Aufgaben an der Vollziehung der Straßenverkehrsordnung mitzuwirken und gelten hiebei als Organe der Straßenaufsicht (siehe § 97 Abs. 1a StVO in der Fassung BGBl. I Nr. 92/1998). Demnach liegt, wenn die Überprüfung der Einhaltung der Ökopunkteverordnung im Zuge einer zollamtlichen Amtshandlung im Bereich des Amtsplatzes erfolgt, eine Überprüfung durch Straßenaufsichtsorgane im Sinne des § 21 Z. 1 GütbefG (in Verbindung mit § 97 Abs. 1a StVO 1960) vor. Es handelt sich daher um eine "Straßenkontrolle" im Sinne des § 23 Abs. 3 GütbefG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 2005, Zl. 2003/03/0154), die die Zuständigkeit jener Behörde begründet, in deren Sprengel der Lenker betreten wird.

Dass eine Straßenkontrolle - wie im angefochtenen Bescheid ausgeführt - deshalb nicht vorläge, weil die Zollorgane nicht (ausschließlich) in Vollziehung der Straßenverkehrsordnung, sondern im Zuge der "Zollabfertigung" (sohin "in Wahrnehmung der ihnen sonst obliegenden Aufgaben") eingeschritten sind, kann daher dem Gesetz nicht entnommen werden.

Dadurch, dass die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage das von der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See erlassene Straferkenntnis wegen örtlicher Unzuständigkeit aufgehoben hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am 12. September 2007

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2002030329.X00

Im RIS seit

01.10.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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