TE OGH 2006/4/18 10Rs34/06b

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Veröffentlicht am 18.04.2006
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Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr.Dragostinoff als Vorsitzenden sowie die Richterin des Oberlandesgerichtes Dr.Ciresa und den Richter des Oberlandesgerichtes Mag.Ziegelbauer in der Sozialrechtssache der Klägerin A*****, wider die beklagte Partei P*****, wegen Invaliditätspension, infolge des Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 28.2.2006, 24 Cgs 69/05w-30, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass er lautet:

"Die Gebühren der Sachverständigen Dr.Regine Ender werden mit EUR 440,40 (darin enthalten EUR 73,40 USt) bestimmt.

Das Mehrbegehren von EUR 24,-- zuzüglich 20% USt wird abgewiesen". Die Änderung der Auszahlungsanordnung bleibt dem Erstgericht vorbehalten.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Die im gegenständlichen Verfahren tätig gewordene Sachverständige D***** legte eine Gebührennote über einen Betrag von EUR 469,20. In dieser Gebührennote ist unter anderem eine Gebühr von EUR 24,-- für einen frustranen Termin enthalten.

Die beklagte Partei hat sich gegen den Zuspruch dieser Gebühr ausgesprochen und vorgebracht, dass die Ordination eines freiberuflich tätigen Arztes als dessen gewöhnliche Arbeitsstätte anzusehen sei, weshalb für Wartezeiten in der Ordination keine Entschädigung für Zeitversäumnis zustehe. Die in der Gebührennote enthaltenen EUR 24,-- für die Position "frustraner Termin" gebühre daher nicht.

Die Sachverständige D***** führte dazu in der Verhandlung vom 14.2.2006 aus, dass sie eine Bestellordination führe und für den Fall, dass ein Kläger nicht erscheine bzw kurzfristig absage, ihre Ordination frei stehe und sie auch keine anderweitigen Agenden erledigen könne. Für jeden Patienten sei ein bestimmtes Zeitfenster vorgesehen und wenn dieser dann ausfalle, müsse sie die Zeit so in ihrer Ordination verbringen, ohne eine anderweitige Tätigkeit ausüben zu können.

Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht die Gebühren der Sachverständigen D***** in der angesprochenen Höhe von EUR 469,20. Das Erstgericht begründete den Zuspruch der Gebühr für den frustrierten Termin damit, dass die Sachverständige in der Zeit, in der sie auf die Klägerin gewartet habe, keinen anderen Patienten habe behandeln können, weil diese eine Bestellordination führe und für jeden ihrer Patienten ein bestimmtes Zeitfenster zur Durchführung der Tests vorgesehen sei. Die Patienten würden somit gestaffelt geladen werden und es stehe dann, wenn ein Patient nicht erscheine, die für ihn vorgesehene Zeit nicht für jemand anderen zur Verfügung. Wenn die Sachverständige auch nicht extra für die Untersuchung der Klägerin ihre Ordination aufgesucht habe, so sei kein Grund ersichtlich, warum ihr die Zeit, die sie vergeblich gewartet habe, und in der sie aufgrund der besonderen Umstände auch sonst keine Tätigkeit habe entfalten können, nicht nach § 32 Abs.1 GebAG vergütet werden sollte.Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht die Gebühren der Sachverständigen D***** in der angesprochenen Höhe von EUR 469,20. Das Erstgericht begründete den Zuspruch der Gebühr für den frustrierten Termin damit, dass die Sachverständige in der Zeit, in der sie auf die Klägerin gewartet habe, keinen anderen Patienten habe behandeln können, weil diese eine Bestellordination führe und für jeden ihrer Patienten ein bestimmtes Zeitfenster zur Durchführung der Tests vorgesehen sei. Die Patienten würden somit gestaffelt geladen werden und es stehe dann, wenn ein Patient nicht erscheine, die für ihn vorgesehene Zeit nicht für jemand anderen zur Verfügung. Wenn die Sachverständige auch nicht extra für die Untersuchung der Klägerin ihre Ordination aufgesucht habe, so sei kein Grund ersichtlich, warum ihr die Zeit, die sie vergeblich gewartet habe, und in der sie aufgrund der besonderen Umstände auch sonst keine Tätigkeit habe entfalten können, nicht nach Paragraph 32, Absatz , GebAG vergütet werden sollte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich der Rekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, die Gebühren der Sachverständigen D***** nur mit einem Betrag von EUR 440,40 zu bestimmen.

Der Rekurs ist berechtigt.

Die beklagte Partei argumentiert zutreffend, dass die Ordination einer freiberuflich tätigen Ärztin als deren gewöhnliche Arbeitsstätte anzusehen ist. Gemäß § 32 Abs.1 GebAG besteht ein Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis aber nur für die Zeit, die der Sachverständige wegen seiner Tätigkeit außerhalb seiner Wohnung oder seiner gewöhnlichen Arbeitsstätte besonders aufwenden muss. Für eine analoge Anwendung des § 32 Abs.1 GebAG auf die in der Ordination als der gewöhnlichen Arbeitsstätte versäumte Zeit ist kein Platz; daher steht für das "Freihalten der Ordination" dem Sachverständigen keine besondere Entschädigung für Zeitversäumnis zu. Der Sinn dieser Bestimmung ist offenbar, dass der Sachverständige außerhalb seiner Wohnung oder Arbeitsstätte bei Eintreten einer Wartezeit sich keiner anderen Tätigkeit widmen kann, dies aber beim Zuwarten in der Wohnung oder am Arbeitsplatz in der Regel nicht zutrifft. Aus diesen Erwägungen erachtet der Gesetzgeber eine Entschädigung für Zeitversäumnis des Sachverständigen dann nicht für begründet, wenn die Wartezeit in der Wohnung oder an der Arbeitsstätte des Sachverständigen eintritt (Krammer-Schmidt, GebAG³, E 38 zu § 32 mwN, insb SVSlg. 39.728; OLG Wien 13.2.2006, 10 Rs 12/06t).Die beklagte Partei argumentiert zutreffend, dass die Ordination einer freiberuflich tätigen Ärztin als deren gewöhnliche Arbeitsstätte anzusehen ist. Gemäß Paragraph 32, Absatz , GebAG besteht ein Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis aber nur für die Zeit, die der Sachverständige wegen seiner Tätigkeit außerhalb seiner Wohnung oder seiner gewöhnlichen Arbeitsstätte besonders aufwenden muss. Für eine analoge Anwendung des Paragraph 32, Absatz , GebAG auf die in der Ordination als der gewöhnlichen Arbeitsstätte versäumte Zeit ist kein Platz; daher steht für das "Freihalten der Ordination" dem Sachverständigen keine besondere Entschädigung für Zeitversäumnis zu. Der Sinn dieser Bestimmung ist offenbar, dass der Sachverständige außerhalb seiner Wohnung oder Arbeitsstätte bei Eintreten einer Wartezeit sich keiner anderen Tätigkeit widmen kann, dies aber beim Zuwarten in der Wohnung oder am Arbeitsplatz in der Regel nicht zutrifft. Aus diesen Erwägungen erachtet der Gesetzgeber eine Entschädigung für Zeitversäumnis des Sachverständigen dann nicht für begründet, wenn die Wartezeit in der Wohnung oder an der Arbeitsstätte des Sachverständigen eintritt (Krammer-Schmidt, GebAG³, E 38 zu Paragraph 32, mwN, insb SVSlg. 39.728; OLG Wien 13.2.2006, 10 Rs 12/06t).

Das Rekursgericht sieht keinen Anlass, von diesen Grundsätzen im gegenständlichen Fall abzugehen. Warum die Sachverständige nicht die Zeit, die sie in ihrer Ordination verbracht und auf den nächsten Patienten gewartet hat, für anderweitige Tätigkeiten, die in Ordinationen immer wieder anfallen, verwenden hätte können, wird von ihr nicht schlüssig dargelegt. Es fallen immer wieder Schreibarbeiten, Lesearbeiten, Sortierarbeiten udgl an, sodass nicht einsichtig ist, dass die Sachverständige tatsächlich die gewonnene Zeit nicht hätte anderweitig verwenden können.

Der angefochtene Beschluss ist daher dahin abzuändern, dass das Begehren der Sachverständigen auf Bestimmung einer Gebühr für vergebliches Warten in der Ordination in der Höhe von EUR 24,-- abgewiesen wird.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht

auf § 528 Abs.2 Z 5 ZPO.auf Paragraph 528, Absatz , Ziffer 5, ZPO.

Oberlandesgericht Wien

1016 Wien, Schmerlingplatz 11

Anmerkung

EW00568 10Rs34.06b

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:2006:0100RS00034.06B.0418.000

Dokumentnummer

JJT_20060418_OLG0009_0100RS00034_06B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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