TE OGH 2006/4/20 4Ob248/05g

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Veröffentlicht am 20.04.2006
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Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gabriel P*****, vertreten durch Hoffmann-Ostenhof Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei V***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Johann Kaltenegger, Rechtsanwalt in Frohnleiten, wegen 100.000 EUR sA, Unterlassung und Veröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 36.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Klägers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 19. Oktober 2005, GZ 6 R 178/05a-13, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß Paragraphen 78,, 402 Absatz 4, EO in Verbindung mit Paragraph 526, Absatz 2, Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 528 a, in Verbindung mit Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der Kläger macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob eine unmittelbare Gebrauchsmusterverletzung - ebenso wie eine unmittelbare Patentverletzung - nur dann vorliege, wenn der Eingriffsgegenstand sämtliche aus den Ansprüchen hervorgehende Merkmale der Erfindung aufweise. Dies werde zu bejahen sein, da § 4 Abs 1 GMG wortgleich mit § 22 Abs 1 PatG sei. Damit liege aber ein Widerspruch zu der zum Patentgesetz ergangenen Rechtsprechung vor. Die angefochtene Entscheidung bejahe eine Gebrauchsmusterverletzung, obwohl der Weichzellschaum „lediglich kennzeichnende Merkmale des Gebrauchsmusters, nicht aber den Oberbegriff (Verbund von zwei Bauteilen) verwirklicht und somit nicht alle Elemente des Anspruchs bzw sämtliche Merkmale des Gegenstands der Erfindung aufweist". Die mittelbare Gebrauchsmusterverletzung sei erst seit 1. 7. 2005 Bestandteil der österreichischen Rechtsordnung.1. Der Kläger macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob eine unmittelbare Gebrauchsmusterverletzung - ebenso wie eine unmittelbare Patentverletzung - nur dann vorliege, wenn der Eingriffsgegenstand sämtliche aus den Ansprüchen hervorgehende Merkmale der Erfindung aufweise. Dies werde zu bejahen sein, da Paragraph 4, Absatz eins, GMG wortgleich mit Paragraph 22, Absatz eins, PatG sei. Damit liege aber ein Widerspruch zu der zum Patentgesetz ergangenen Rechtsprechung vor. Die angefochtene Entscheidung bejahe eine Gebrauchsmusterverletzung, obwohl der Weichzellschaum „lediglich kennzeichnende Merkmale des Gebrauchsmusters, nicht aber den Oberbegriff (Verbund von zwei Bauteilen) verwirklicht und somit nicht alle Elemente des Anspruchs bzw sämtliche Merkmale des Gegenstands der Erfindung aufweist". Die mittelbare Gebrauchsmusterverletzung sei erst seit 1. 7. 2005 Bestandteil der österreichischen Rechtsordnung.

Bevor die Frage beantwortet werden kann, ob ein Schutzrecht verletzt wird, ist die Frage zu lösen, worin der Gegenstand des Schutzrechts besteht. Nach der zu § 22 Abs 1 PatG ergangenen Rechtsprechung ist Gegenstand der Erfindung der in den Patentansprüchen definierte Lösungsgedanke im Zusammenhang mit der durch ihn gelösten Aufgabe. Der Patentanspruch setzt sich aus dem Oberbegriff und dem kennzeichnenden Teil zusammen. Der kennzeichnende Teil enthält die neuen Lösungsmittel, der Oberbegriff soll hingegen das technische Gebiet und den Gegenstand der Erfindung angeben. Für die richtige Erfassung der Erfindung ist in der Regel vom Oberbegriff auszugehen und dieser als wesentlicher Teil der Erfindungsbeschreibung zu würdigen. Für den Gegenstand einer aus mehreren Merkmalen bestehenden Erfindung kann es belanglos sein, ob ein Merkmal im Oberbegriff oder im kennzeichnenden Teil des Anspruchs steht, umgekehrt ist die Aufnahme eines bestimmten Merkmals in den kennzeichnenden Teil noch kein Beweis dafür, dass gerade hierin das Erfinderische zu erblicken ist (4 Ob 319/86 = ÖBl 1986, 147 - Schlüssel-Schloss-Kombination mwN).Bevor die Frage beantwortet werden kann, ob ein Schutzrecht verletzt wird, ist die Frage zu lösen, worin der Gegenstand des Schutzrechts besteht. Nach der zu Paragraph 22, Absatz eins, PatG ergangenen Rechtsprechung ist Gegenstand der Erfindung der in den Patentansprüchen definierte Lösungsgedanke im Zusammenhang mit der durch ihn gelösten Aufgabe. Der Patentanspruch setzt sich aus dem Oberbegriff und dem kennzeichnenden Teil zusammen. Der kennzeichnende Teil enthält die neuen Lösungsmittel, der Oberbegriff soll hingegen das technische Gebiet und den Gegenstand der Erfindung angeben. Für die richtige Erfassung der Erfindung ist in der Regel vom Oberbegriff auszugehen und dieser als wesentlicher Teil der Erfindungsbeschreibung zu würdigen. Für den Gegenstand einer aus mehreren Merkmalen bestehenden Erfindung kann es belanglos sein, ob ein Merkmal im Oberbegriff oder im kennzeichnenden Teil des Anspruchs steht, umgekehrt ist die Aufnahme eines bestimmten Merkmals in den kennzeichnenden Teil noch kein Beweis dafür, dass gerade hierin das Erfinderische zu erblicken ist (4 Ob 319/86 = ÖBl 1986, 147 - Schlüssel-Schloss-Kombination mwN).

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen besteht das Gebrauchsmuster der Beklagten im Wesentlichen darin, dass für den Verbund von Bauteilen die dazwischen liegende Fuge mit einem Weichschaum gefüllt wird. Für eine solche Anwendung ist auch der vom Kläger vertriebene Weichzellschaum bestimmt. Nach den Angaben im technischen Merkblatt ist der Montageschaum speziell für luftdichte Bauanschlussfugen entwickelt worden; Anwendungsgebiete seien überall dort, wo luftdichte Bauanschlussfugen mit hoher Bewegungsaufnahme gefordert seien bzw schlagregendichte Bauanschlussfugen benötigt würden.

Ausgehend von dieser Sachlage haben die Vorinstanzen eine (unmittelbare) Gebrauchsmusterverletzung bejaht. Ihre Auffassung steht mit der oben wiedergegebenen Rechtsprechung im Einklang. Die in der Zulassungsbeschwerde erörterte Frage, ob der festgestellte Sachverhalt den Vorwurf einer mittelbaren Gebrauchsmusterverletzung rechtfertige und ob die mittelbare Gebrauchsmusterverletzung bereits vor dem 1. 7. 2005 Bestandteil der österreichischen Rechtsordnung war, stellt sich damit nicht mehr.

2. Der Kläger macht weiters geltend, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob auch der Vorwurf einer Gebrauchsmusterverletzung - ebenso wie der Vorwurf einer Patentverletzung oder einer Urheberrechtsverletzung - eine Tatsachenbehauptung im Sinne des § 7 UWG sei.2. Der Kläger macht weiters geltend, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob auch der Vorwurf einer Gebrauchsmusterverletzung - ebenso wie der Vorwurf einer Patentverletzung oder einer Urheberrechtsverletzung - eine Tatsachenbehauptung im Sinne des Paragraph 7, UWG sei.

Der Kläger hat sich in erster Instanz nur auf einen Verstoß gegen § 1 UWG und nicht auch auf einen Verstoß gegen § 7 UWG berufen. Die von ihm geltend gemachte Rechtsfrage ist jedoch auch unabhängig davon für die Entscheidung unerheblich, weil § 7 UWG nur unwahre Tatsachenbehauptungen erfasst. Nach dem im Provisorialverfahren bescheinigten Sachverhalt hat die Beklagte den beanstandeten Vorwurf zu Recht erhoben.Der Kläger hat sich in erster Instanz nur auf einen Verstoß gegen Paragraph eins, UWG und nicht auch auf einen Verstoß gegen Paragraph 7, UWG berufen. Die von ihm geltend gemachte Rechtsfrage ist jedoch auch unabhängig davon für die Entscheidung unerheblich, weil Paragraph 7, UWG nur unwahre Tatsachenbehauptungen erfasst. Nach dem im Provisorialverfahren bescheinigten Sachverhalt hat die Beklagte den beanstandeten Vorwurf zu Recht erhoben.

3. Der Kläger macht schließlich noch geltend, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob die in einem Abmahnschreiben an Kunden des angeblichen Gebrauchsmusterverletzers gerichtete Drohung mit kostenintensiven Verfahren mit einer anschließenden „Einladung" zur Erarbeitung einer gemeinsamen Lösung nicht per se irreführend und sittenwidrig sei. Damit werde einerseits der irreführende Eindruck erweckt, die Verfahren müssten jedenfalls kostenintensiv sein, andererseits werde ein sittenwidriger Druck auf die Kunden ausgeübt und deren Entscheidungsspielraum in sittenwidriger Weise eingeschränkt.

Nach dem bescheinigten Sachverhalt hat die Beklagte der Klägerin - wie oben dargelegt - zu Recht eine Verletzung ihres Gebrauchsmusters vorgeworfen. Die angefochtene Entscheidung steht demnach mit der Rechtsprechung im Einklang, wonach sachlich begründete Schutzrechtsverwarnungen zulässig sind (4 Ob 72/99p = ÖBl 2000, 35 - Spritzgusswerker mwN). Ob eine Angabe zur Irreführung geeignet ist, bildet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage.

Textnummer

E80582

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2006:0040OB00248.05G.0420.000

Im RIS seit

20.05.2006

Zuletzt aktualisiert am

21.11.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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