TE Vwgh Erkenntnis 2007/9/12 2007/04/0177

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Veröffentlicht am 12.09.2007
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §13 Abs1;
GewO 1994 §87 Abs1 Z1;
StGB §159 Abs1;
StGB §159 Abs2;
StGB §159 Abs4 Z1;
StGB §159 Abs5 Z3;
StGB §159 Abs5 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Papst, über die Beschwerde des KHS in W, vertreten durch Dr. Erich Kafka, Dr. Manfred Palkovits und Dr. Robert Steiner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rudolfsplatz 12, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 12. Juli 2007, Zl. M63/01148/2007, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Berechtigung des Beschwerdeführers zur Ausübung des Gewerbes Steinmetzmeister gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 iVm § 13 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 (kurz: GewO) entzogen. Zur Begründung stellte die belangte Behörde fest, der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21. Dezember 2005 rechtskräftig schuldig erkannt worden

"I.)/ dadurch, dass er kridaträchtig handelte

A./ von 1997 bis August 2000 grob fahrlässig seine Zahlungsunfähigkeit herbeigeführt zu haben, wodurch Gläubiger einen Befriedigungsausfall von zumindest 1,000.000,-- Euro erlitten und

B./ ab August 2000 bis 18. April 2001 in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit grob fahrlässig die Befriedigung mehrerer Gläubiger geschmälert zu haben, indem er

1.) übermäßigen, mit seinen Vermögensverhältnissen und seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in auffallendem Widerspruch stehenden Aufwand dadurch trieb, dass er von 1997 bis 2001 gänzlich unverhältnismäßige Privatentnahmen tätigte und durch diese bedingte und ihnen gleich zu haltende Einkommensteuerzahlungen leistete (§ 159 Absatz 1 (gemeint: 5) Ziffer 3 StGB) und

2.) in den Jahren 1999 und 2000 Geschäftsbücher und geschäftliche Aufzeichnungen so geführt zu haben, dass ein zeitnaher Überblick über seine wahre Vermögens-, Finanz- und Ertragslage erheblich erschwert wurde (159 Absatz 5 Ziffer 4 StGB)

II./ von Oktober 2000 bis März 2001 Beiträge von Dienstnehmern zur Sozialversicherung im Ausmaß von zumindest Euro 21.287,64 einbehalten und dem berechtigten Versicherungsträger vorenthalten zu haben

und dadurch zu I./ die Vergehen der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach den §§ 159 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 Z. 1, Abs. 5 Z. 3 und 4 StGB und zu II./ das Vergehen des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung nach dem § 153c Abs. 1 StGB begangen zu haben. Wegen dieser Vergehen wurde über den Berufungswerber eine Freiheitsstrafe in der Höhe von 5 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren, verhängt."

Außerdem, so die belangte Behörde, sei der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 10. Juli 2006 wegen § 12 dritter Fall StGB iVm § 122 Abs. 2 Z. 1 GmbHG zu einer Zusatzstrafe im Ausmaß einer (gleichfalls unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe von zwei Wochen verurteilt worden. Dem sei zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer dazu beigetragen habe, dass zum Zweck der Eintragung einer näher genannten Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Firmenbuch die dafür gemäß § 10 Abs. 3 GmbHG abzugebende Erklärung über die Einzahlung des Stammkapitals von S 250.000,-- falsch gewesen sei, zumal er zum Zwecke der Darstellung des bar einzuzahlenden Stammkapitalanteiles die Gewährung eines Kredites vereinbart habe. Beide Verurteilungen seien nicht getilgt und stellten daher einen Gewerbeausschlussgrund gemäß § 13 Abs. 1 GewO dar, sodass zu prüfen sei, ob die weiteren Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO für die Entziehung der Gewerbeberechtigung des Beschwerdeführers vorliegen. Nach der letztgenannten Bestimmung sei entscheidend, ob nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Beschwerdeführers die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten sei. Die Art der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten rechtfertige die in § 87 Abs. 1 Z. 1 genannte Befürchtung, weil sich diese gegen fremdes Vermögen gerichtet hätten und der Beschwerdeführer bei Ausübung des in Rede stehenden Gewerbes zweifellos Gelegenheit hätte, gleiche oder ähnliche Verstöße zu begehen. Was die im Rahmen der Prognose zu berücksichtigende Persönlichkeit des Beschwerdeführers betreffe, so müsse nicht nur das auffallend sorglose Vorgehen des Beschwerdeführers und der lange Tatzeitraum von 1997 bis 2001 berücksichtigt werden, sondern auch die Höhe des Schadensbetrages von mehr als einer Million Euro. Da die Charakterbildung des Beschwerdeführers im Tatzeitraum bereits abgeschlossen gewesen sei - die Tathandlungen seien zwischen seinem 47. und 51. Lebensjahr erfolgt -, müsse insgesamt von einem Persönlichkeitsbild ausgegangen werden, das die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des gegenständlichen Gewerbes befürchten lasse. Ein Wohlverhalten des Beschwerdeführers seit den Tathandlungen falle deshalb nicht besonders ins Gewicht, weil auch die strafbaren Handlungen über einen längeren Zeitraum begangen worden seien. Hingegen sei die behauptete verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers vor der Begehung der genannten Straftaten nach Ansicht der belangten Behörde nicht relevant, weil sich die gegenständliche Entziehung auf § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO stützt. Auf die Zuverlässigkeit und damit auf die Unbescholtenheit komme es nur im Rahmen der gegenständlich nicht relevanten Z. 3 der letztgenannten Bestimmung an. Ebenso wenig sei im gegenständlichen Verfahren zu berücksichtigen, ob die Entziehung der Gewerbeberechtigung des Beschwerdeführers anderen Personen, wie insbesondere den Gläubigern im Konkursverfahren, schade, zumal die Gläubigerinteressen nur in einem Entziehungsverfahren nach der Z. 2 des § 87 Abs. 1 GewO von Bedeutung seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Ausschlussgründe gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.

Gemäß § 13 Abs. 1 GewO sind natürliche Personen von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn (Z. 1 lit. a) sie von einem Gericht wegen betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§§ 156 bis 159 StGB) verurteilt worden sind und (Z. 2) die Verurteilung nicht getilgt ist.

Die im angefochtenen Bescheid angeführten rechtskräftigen Verurteilungen und der Umstand, dass diese nicht getilgt sind, werden in der Beschwerde nicht bestritten. Als inhaltliche Rechtswidrigkeit und gleichzeitig als wesentlichen Verfahrensmangel macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe es unterlassen, im Rahmen der Prognose des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO wesentliche Gesichtspunkte betreffend seine Persönlichkeit zu berücksichtigen. Der Beschwerdeführer sei als Steinmetz bereits seit seinem 15. Lebensjahr tätig und habe sich diesbezüglich nie das Geringste zu Schulden kommen lassen. Der unbescholtene Lebenswandel, der auch vom Strafgericht als Milderungsgrund anerkannt worden sei, hätte von der belangten Behörde daher in die Beurteilung einbezogen werden müssen. Zusätzlich hätte die belangte Behörde das Verhalten des Beschwerdeführers im anhängigen Konkursverfahren positiv in die Beurteilung seiner Persönlichkeit einfließen lassen müssen. Der Beschwerdeführer habe im Konkursverfahren nämlich alles daran gesetzt, die Gläubigerinteressen nicht zu schädigen und das Verfahren "durchzubringen". Dies sei im Rahmen der Z. 3 des § 87 Abs. 1 GewO sehr wohl beachtlich, weil nach dieser Bestimmung auf das gesamte Verhalten des Gewerbetreibenden abzustellen sei.

Zum letztgenannten Vorbringen ist der Beschwerdeführer zunächst darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde die Entziehung der Gewerbeberechtigung ausschließlich auf die Z. 1 und nicht auf die Z. 3 des § 87 Abs. 1 GewO gestützt hat. Da unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer den in dieser Bestimmung genannten Ausschlussgrund gemäß § 13 Abs. 1 GewO verwirklicht hat, geht es im vorliegenden Fall ausschließlich um die Frage, ob einerseits nach der Eigenart der strafbaren Handlungen und andererseits nach der Persönlichkeit des Beschwerdeführers zu befürchten ist, er werde bei Ausübung des Gewerbes gleiche oder ähnliche Straftaten begehen. Für die Beurteilung der Persönlichkeit des Verurteilten sind alle auf ihn Bezug nehmenden relevanten Fakten heranzuziehen (vgl. die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur Gewerbeordnung, 2. Auflage auf S. 740 referierte hg. Judikatur). Grundsätzlich zutreffend ist daher der Einwand des Beschwerdeführers, dass auch seine Unbescholtenheit vor Begehung der gegenständlichen Straftaten in die Prognose einzubeziehen ist. Dieser Umstand wirkt sich im Ergebnis allerdings nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers aus, weil umgekehrt auch zu beachten ist, dass der Beschwerdeführer im Anschluss an seine langjährige Unbescholtenheit über einen Zeitraum von vier Jahren ein grob fahrlässiges Verhalten gesetzt hat, das bei Gläubigern einen Schaden von zumindest einer Million Euro verursacht hat. Soweit der Beschwerdeführer für eine positive Beurteilung seiner Persönlichkeit sein Verhalten im Konkursverfahren (das er "durchzubringen" versucht habe) ins Treffen führt, so legt er nicht konkret dar, worin sein diesbezüglich positives Verhalten zu erblicken sei. Selbst wenn mit dem Beschwerdevorbringen gemeint sein sollte, der Beschwerdeführer habe den gerichtlichen Ausgleich herbeiführen und diesen erfüllen können, so wäre für ihn angesichts des genannten Fehlverhaltens und des daraus abzuleitenden Persönlichkeitsbildes nichts zu gewinnen (vgl. dazu die in Grabler/Stolzlechner/Wendl, aaO, auf S. 742 referierte Judikatur).

Der belangten Behörde ist daher nicht entgegen zu treten, wenn sie die Ansicht vertrat, es sei zu befürchten, der Beschwerdeführer werde bei Ausübung des Gewerbes gleiche oder ähnliche Straftaten begehen.

Da dem angefochtenen Bescheid nach dem Gesagten die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am 12. September 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007040177.X00

Im RIS seit

16.10.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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