TE OGH 2006/4/20 5Ob88/06m

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Veröffentlicht am 20.04.2006
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Kuras, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin Josef K***** KG, *****, vertreten durch Dr. Karl Muzik, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin Ö***** B*****, vertreten durch Dr. Franz Nistelberger, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG (§ 46a Abs 4 und 5 MRG), über den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 7. Dezember 2005, GZ 39 R 263/05y-160, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 17. Mai 2005, GZ 58 MSch 4/04a-156, aufgehoben wurde, folgendenDer Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Kuras, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin Josef K***** KG, *****, vertreten durch Dr. Karl Muzik, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin Ö***** B*****, vertreten durch Dr. Franz Nistelberger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Paragraph 37, Absatz eins, Ziffer 8, MRG (Paragraph 46 a, Absatz 4 und 5 MRG), über den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 7. Dezember 2005, GZ 39 R 263/05y-160, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 17. Mai 2005, GZ 58 MSch 4/04a-156, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten ihrer rechtsanwaltlichen Vertretung im Rekursverfahren selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin des Hauses ***** in *****, die Antragstellerin Hauptmieterin der dort gelegenen Geschäftslokale B 15 und H 2. Die Antragstellerin betreibt dort einen Spielzeugeinzelhandel.

Unstrittig ist, dass seit 1969 ein gespaltenes Mietverhältnis vorlag, die Vermieterin die Antragstellerin als Mieterin anerkannte und per 1. 1. 1996 zufolge § 46a Abs 5 MRG zur Mietzinsanhebung in Form der „15tel Anhebung" berechtigt ist.Unstrittig ist, dass seit 1969 ein gespaltenes Mietverhältnis vorlag, die Vermieterin die Antragstellerin als Mieterin anerkannte und per 1. 1. 1996 zufolge Paragraph 46 a, Absatz 5, MRG zur Mietzinsanhebung in Form der „15tel Anhebung" berechtigt ist.

Weiters steht fest, dass der Betrieb der Antragstellerin einer schützenswerten Branche angehört und der im konkreten Fall volle angemessene Hauptmietzins für ein vergleichbares Objekt von Branchenkollegen nicht bezahlt wird, weshalb auch das Tatbestandsmerkmal der Ertragsschwäche feststeht.

Im gegenständlichen Verfahren geht es daher nur noch um die Quantifizierung der typischen Ertragsschwäche des Betriebs der Antragstellerin, also darum um die Höhe des für die Branche der Antragstellerin erschwinglichen Mietzinses.

Das Erstgericht stellte den unter Berücksichtigung der geminderten Ertragsfähigkeit von der Antragstellerin leistbaren Hauptmietzins zum maßgeblichen Stichtag 1. 1. 1996 mit EUR 6.472 (zuzüglich Betriebskosten und Umsatzsteuer) fest. Dies aufgrund des Sachverständigengutachtens S*****, der die Ertragskraft des Spielwarenhandels wie folgt ermittelte:

Zunächst wurde die Ertragskraft des Einzelhandels nach branchenspezifischen Kennzeichen ermittelt, die Flächenrentabilität und die Umsatzrentabilität und aufgrund dieser Daten auf ein durchschnittliches Betriebsergebnis des Einzelhandels geschlossen. Von diesem Betriebsergebnis (EUR 83.709 p.a) wurde das durchschnittliche Betriebsergebnis eines Spielwarenhändlers (EUR 30.258 p.a.) abgezogen. Die danach errechnete Differenz (EUR 53.451 p. a.) wurde vom vollen angemessenen Mietzins abgezogen. Über Rekurs der Antragstellerin hob das Rekursgericht den erstinstanzlichen Sachbeschluss auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Entgegen der erstgerichtlichen Ansicht seien im ersten Wiener Gemeindebezirk Spielwarengeschäfte vorhanden, die zu Vergleichszwecken herangezogen werden könnten. Dem Rekursgericht erscheine es angemessen, die zur Erzielung des Betriebserfolges maßgebliche Kostenfaktoren zu evaluieren und zu ermitteln, welcher Fixkostenanteil dabei auf die Miete entfallen könne, ohne den Bestand des Unternehmens zu gefährden. Die vom Sachverständigen S***** zur Ermittlung der Ertragsschwäche der Branche vorgenommene Berechnungsweise entspreche nicht den vom Obersten Gerichtshof aufgestellten methodischen Anforderungen. Insbesondere erscheine es nicht einleuchtend, warum die Ertragskraft des durchschnittlichen Einzelhändlers als Bezugsgröße für die Evaluierung der Ertragsschwäche des Spielwarenhandels am konkreten Standort herangezogen werden solle. Richtigerweise sei, wenn auch in einem weiteren Umfeld Vergleichsobjekte der konkreten Branche einzubeziehen und die dort nach dem allenfalls schlechteren Standort leistbare Miete zu der von der Antragstellerin an ihrem ausgezeichneten Standort leistbare Miete in Bezug zu setzen. Dazu müssten die im Spielwarenhandel branchentypisch anfallenden Kostenfaktoren ermittelt und festgestellt werden, welchen Anteil der Mietzins als Fixkostenpost an dem am jeweiligen Standort erzielbaren Gewinn habe. Der in Prozentsätzen ausgedrückte durchschnittliche Anteil des Mietzinses könne dann auch auf ein Geschäft in bester Lage übertragen und entsprechend dem dort erzielbaren weit höheren Unternehmensgewinn der dort leistbare Mietzins ermittelt werden. Die vom Erstgericht vorgenommene Ermittlung trage dem Umstand nicht ausreichend Rechnung, dass es auf die Art der im Mietgegenstand ausgeübten Geschäftstätigkeit ankomme. Ein Branchenabschlag werde daher nur relativ in seiner Gewichtung zu den anderen Faktoren zu berücksichtigen sein.

Das Rekursgericht trug daher dem Erstgericht auf, die im erstinstanzlichen Verfahren beantragte Einvernehmung die Zeugen Carl und Andreas H***** zur Frage der Höhe des leistbaren Mietzinses durchzuführen. Auch werde neben einem Betriebswissenschaftler ein Branchensachverständiger heranzuziehen sein, der neben diesem konkreten Unternehmen noch andere vergleichbare heranzuziehen habe, um festzustellen, welcher Mietzins letztlich für die Antragstellerin an ihrer Toplage leistbar sei.

Das Rekursgericht erklärte einen weiteren Rechtszug gegen seine Entscheidung für zulässig, weil sich aus den bisher vorliegenden höchstgerichtlichen Entscheidungen nicht konkret ergebe, welcher Rechen- bzw Ermittlungsvorgang bei Feststellung des Branchenmietzinses einzuhalten sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses. Die Antragstellerin beantragte, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs erweist sich im Hinblick darauf, dass bereits ausreichend höchstgerichtliche Judikatur zur Bemessung des „nach Art der Geschäftstätigkeit" zulässigen Hauptmietzinses vorliegt, insbesondere zur Bedeutung der Ertragslage einer bestimmten Branche

(5 Ob 109/97h = wobl 1998, 16/3; 5 Ob 148/97v = wobl 1998, 22/4; 5 Ob

288/97g = wobl 1998, 214/130; 5 Ob 168/05z = ZAS 2006/57; RIS-Justiz

RS0107999; RS0107998 ua). Die im konkreten für die Zulässigkeit der Anrufung des Obersten Gerichtshofes vom Rekursgericht angeführten Fragen der konkreten Art der Ermittlung stellt hingegen keine Rechtsfrage dar, die die Anrufung des Obersten Gerichtshofes rechtfertigt, zumal das Gesetz hiefür keine methodischen Vorgaben enthält. Im konkreten Fall ist bereits das Tatbestandsmerkmal der branchenspezifischen Ertragsschwäche indiziert, jedoch nicht feststellbar, wieviel Branchenkollegen für ein vergleichbares Mietobjekt zu zahlen bereit sind. In diesem Fall wäre auch gleich das Ausmaß der Mietzinsreduzierung (der gemäßigte angemessene Mietzins) errechenbar. Steht jedoch die Höhe des für die in Frage kommenden Branche erschwinglichen Mietzinses nicht fest, und ist sie nicht feststellbar, hat der Richter gemäß § 273 ZPO nach freier Überzeugung einen Abschlag festzusetzen (wobl 1998, 16/3; zuletzt 5 Ob 135/02t). Ob der Richter aber zuvor, wie es das Rekursgericht forderte, einen Sachverständigen aus der konkreten Branche beizieht, um die Ertragsschwäche hier des Spielzeughandels zu quantifizieren, bzw nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen feststellen zu lassen, welcher Mietzins für ein Spielwareneinzelhandelsgeschäft leistbar ist, bleibt seinem pflichtgemäßen Ermessen überlassen (wobl 1998, 16/3; vgl auch 5 Ob 428/97w = wobl 1998, 215/131). Die Beurteilung des Ausmaßes der Ertragsschwäche wie diese selbst den Tatsachenbereich zuzuordnen. Wegen ihrer Zugehörigkeit zur Tatfrage entzieht sich daher die Methodenwahl zur Feststellung der branchenspezifischen Kriterien der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof (5 Ob 294/98s; RIS-Justiz RS0111105; RS0070470).RS0107999; RS0107998 ua). Die im konkreten für die Zulässigkeit der Anrufung des Obersten Gerichtshofes vom Rekursgericht angeführten Fragen der konkreten Art der Ermittlung stellt hingegen keine Rechtsfrage dar, die die Anrufung des Obersten Gerichtshofes rechtfertigt, zumal das Gesetz hiefür keine methodischen Vorgaben enthält. Im konkreten Fall ist bereits das Tatbestandsmerkmal der branchenspezifischen Ertragsschwäche indiziert, jedoch nicht feststellbar, wieviel Branchenkollegen für ein vergleichbares Mietobjekt zu zahlen bereit sind. In diesem Fall wäre auch gleich das Ausmaß der Mietzinsreduzierung (der gemäßigte angemessene Mietzins) errechenbar. Steht jedoch die Höhe des für die in Frage kommenden Branche erschwinglichen Mietzinses nicht fest, und ist sie nicht feststellbar, hat der Richter gemäß Paragraph 273, ZPO nach freier Überzeugung einen Abschlag festzusetzen (wobl 1998, 16/3; zuletzt 5 Ob 135/02t). Ob der Richter aber zuvor, wie es das Rekursgericht forderte, einen Sachverständigen aus der konkreten Branche beizieht, um die Ertragsschwäche hier des Spielzeughandels zu quantifizieren, bzw nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen feststellen zu lassen, welcher Mietzins für ein Spielwareneinzelhandelsgeschäft leistbar ist, bleibt seinem pflichtgemäßen Ermessen überlassen (wobl 1998, 16/3; vergleiche auch 5 Ob 428/97w = wobl 1998, 215/131). Die Beurteilung des Ausmaßes der Ertragsschwäche wie diese selbst den Tatsachenbereich zuzuordnen. Wegen ihrer Zugehörigkeit zur Tatfrage entzieht sich daher die Methodenwahl zur Feststellung der branchenspezifischen Kriterien der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof (5 Ob 294/98s; RIS-Justiz RS0111105; RS0070470).

Wenn daher das Rekursgericht ständiger Rechtsprechung in der Frage der Ermittlung des „gemäßigten" angemessenen Hauptmietzins iSd §§ 12a Abs 2 und 46a Abs 2 und 3 MRG folgte und dabei eine Ergänzung des Verfahrens als notwendig erachtete, um die Ertragskraft der Branche des Spielzeugeinzelhandels genauer zu limitieren und sie in ein Verhältnis zum erschwinglichen Mietzins zu setzen, kann dem der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten.Wenn daher das Rekursgericht ständiger Rechtsprechung in der Frage der Ermittlung des „gemäßigten" angemessenen Hauptmietzins iSd Paragraphen 12 a, Absatz 2 und 46a Absatz 2 und 3 MRG folgte und dabei eine Ergänzung des Verfahrens als notwendig erachtete, um die Ertragskraft der Branche des Spielzeugeinzelhandels genauer zu limitieren und sie in ein Verhältnis zum erschwinglichen Mietzins zu setzen, kann dem der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten.

Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG sind in diesem Zusammenhang nicht zu klären.Rechtsfragen iSd Paragraph 62, Absatz eins, AußStrG sind in diesem Zusammenhang nicht zu klären.

Das hatte zur Zurückweisung des unzulässigen Rechtsmittels der Antragsgegnerin zu führen.

§ 37 Abs 3 Z 17 MRG idF des WohnAußStrBeglG ist nur anzuwenden, wenn die Sache nach dem 31. 12. 2004 anhängig geworden ist (Art 10 § 2 Abs 3 WohnAußStrBeglG). Hier gilt daher noch § 37 Abs 3 Z 19 MRG aF, wonach die kostenrechtsfreundliche Vertretung grundsätzlich jede Partei selbst zu tragen hat.Paragraph 37, Absatz 3, Ziffer 17, MRG in der Fassung des WohnAußStrBeglG ist nur anzuwenden, wenn die Sache nach dem 31. 12. 2004 anhängig geworden ist (Artikel 10, Paragraph 2, Absatz 3, WohnAußStrBeglG). Hier gilt daher noch Paragraph 37, Absatz 3, Ziffer 19, MRG aF, wonach die kostenrechtsfreundliche Vertretung grundsätzlich jede Partei selbst zu tragen hat.

Anmerkung

E80539 5Ob88.06m

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2006:0050OB00088.06M.0420.000

Dokumentnummer

JJT_20060420_OGH0002_0050OB00088_06M0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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