TE OGH 2006/4/25 11Os14/06b

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Veröffentlicht am 25.04.2006
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Der Oberste Gerichtshof hat am 25. April 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Westermayer als Schriftführerin, in der Mediensache des Antragstellers Hans D***** gegen die Antragsgegnerin Süddeutsche Zeitung GmbH wegen §§ 33 Abs 2 und 34 Abs 3 MedienG, AZ 095 Hv 99/03d des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Beschwerdegericht vom 9. Juli 2004, AZ 18 Bs 172/04, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, und des Vertreters des Antragstellers, Mag. Sommer, zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 25. April 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Westermayer als Schriftführerin, in der Mediensache des Antragstellers Hans D***** gegen die Antragsgegnerin Süddeutsche Zeitung GmbH wegen Paragraphen 33, Absatz 2 und 34 Absatz 3, MedienG, AZ 095 Hv 99/03d des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Beschwerdegericht vom 9. Juli 2004, AZ 18 Bs 172/04, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, und des Vertreters des Antragstellers, Mag. Sommer, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Mediensache AZ 095 Hv 99/03d des Landesgerichtes für Strafsachen Wien verletzt das Unterbleiben der Mitteilung der Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 25. Mai 2004 (ON 16), womit die von der Antragsgegnerin zu ersetzenden Kosten der Vertretung des Antragstellers im Verfahren bestimmt wurden, an den Antragsteller zur allfälligen Äußerung binnen angemessener Frist Art 6 Abs 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958.In der Mediensache AZ 095 Hv 99/03d des Landesgerichtes für Strafsachen Wien verletzt das Unterbleiben der Mitteilung der Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 25. Mai 2004 (ON 16), womit die von der Antragsgegnerin zu ersetzenden Kosten der Vertretung des Antragstellers im Verfahren bestimmt wurden, an den Antragsteller zur allfälligen Äußerung binnen angemessener Frist Artikel 6, Absatz eins, der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Bundesgesetzblatt Nr. 210 aus 1958,.

Der Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 9. Juli 2004, AZ 18 Bs 172/04, welcher im Zuspruch des auf den Urteilsberichtigungsantrag vom 24. März 2003 entfallenden Betrages von 46,14 EUR (darin enthalten 7,46 EUR Umsatzsteuer) unberührt bleibt, wird aufgehoben und dem Oberlandesgericht Wien aufgetragen, über die Verfahrenskosten zu entscheiden.

Text

Gründe:

In der Mediensache des Antragstellers Hans D***** gegen die Antragsgegnerin Süddeutsche Zeitung GmbH wegen §§ 33 Abs 2 und 34 Abs 3 MedienG sprach das Landesgericht für Strafsachen Wien mit rechtskräftigem Urteil vom 27. November 2003, GZ 095 Hv 99/03d-5, aus, dass durch die Veröffentlichung der Behauptung in der periodischen Druckschrift „Süddeutsche Zeitung" vom 24. September 2003 auf Seite 19, wonach die „Neue Kronen Zeitung" ein „Gossenblatt" sei, der objektive Tatbestand der Beschimpfung (§ 115 Abs 1 StGB) zum Nachteil der „Neuen Kronen Zeitung" hergestellt wurde. Das Gericht ordnete gemäß § 33 Abs 2 MedienG die Einziehung der zur Verbreitung bestimmten Medienstücke der Ausgabe der periodischen Druckschrift „Süddeutsche Zeitung" vom 24. September 2003 sowie gemäß § 34 Abs 5 MedienG die Urteilsveröffentlichung an und erkannte gemäß § 389 Abs 1 StPO iVm § 41 Abs 1 MedienG die Antragsgegnerin schuldig, die Kosten des Verfahrens zu ersetzen.In der Mediensache des Antragstellers Hans D***** gegen die Antragsgegnerin Süddeutsche Zeitung GmbH wegen Paragraphen 33, Absatz 2 und 34 Absatz 3, MedienG sprach das Landesgericht für Strafsachen Wien mit rechtskräftigem Urteil vom 27. November 2003, GZ 095 Hv 99/03d-5, aus, dass durch die Veröffentlichung der Behauptung in der periodischen Druckschrift „Süddeutsche Zeitung" vom 24. September 2003 auf Seite 19, wonach die „Neue Kronen Zeitung" ein „Gossenblatt" sei, der objektive Tatbestand der Beschimpfung (Paragraph 115, Absatz eins, StGB) zum Nachteil der „Neuen Kronen Zeitung" hergestellt wurde. Das Gericht ordnete gemäß Paragraph 33, Absatz 2, MedienG die Einziehung der zur Verbreitung bestimmten Medienstücke der Ausgabe der periodischen Druckschrift „Süddeutsche Zeitung" vom 24. September 2003 sowie gemäß Paragraph 34, Absatz 5, MedienG die Urteilsveröffentlichung an und erkannte gemäß Paragraph 389, Absatz eins, StPO in Verbindung mit Paragraph 41, Absatz eins, MedienG die Antragsgegnerin schuldig, die Kosten des Verfahrens zu ersetzen.

Auf Antrag des Antragstellers Hans D***** bestimmte das Landesgericht für Strafsachen Wien mit Beschluss vom 25. Mai 2004 (ON 16) die von der Süddeutschen Zeitung GmbH zu tragenden Kosten der Vertretung des Antragstellers mit 938,32 EUR und wies das Mehrbegehren in der Höhe von 37,28 EUR ab. Nach Einlangen einer dem Antragsteller nicht mitgeteilten Beschwerde der Antragsgegnerin setzte das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 9. Juli 2004, AZ 18 Bs 172/04 (ON 25), die zu ersetzenden Vertretungskosten des Antragstellers auf 46,14 EUR herab.

Rechtliche Beurteilung

Das Unterbleiben der Mitteilung der Beschwerde an den Antragsteller zur Äußerung und die Entscheidung über die Beschwerde, ohne der Gegenseite Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, stehen, wie der Generalprokurator in seiner deshalb erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt, mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Der Gesetzgeber hat durch die mit der Strafprozessnovelle 2005 vorgenommene Novellierung des § 114 Abs 2 StPO für das Strafverfahren die Zweiseitigkeit des Beschwerdeverfahrens angeordnet. Diese Regelung ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes analog auch vom Gerichtshof erster Instanz als Beschwerdegericht anzuwenden (13 Os 41/03 = EvBl 2004/35; Fabrizy StPO9 ErgHeft 2005 § 114 Rz 3).Der Gesetzgeber hat durch die mit der Strafprozessnovelle 2005 vorgenommene Novellierung des Paragraph 114, Absatz 2, StPO für das Strafverfahren die Zweiseitigkeit des Beschwerdeverfahrens angeordnet. Diese Regelung ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes analog auch vom Gerichtshof erster Instanz als Beschwerdegericht anzuwenden (13 Os 41/03 = EvBl 2004/35; Fabrizy StPO9 ErgHeft 2005 Paragraph 114, Rz 3).

Der Oberste Gerichtshof hatte bereits vor Änderung des § 114 StPO die in einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zum Ausdruck gebrachte Rechtsmeinung bloßer Einseitigkeit der Beschwerde im Strafverfahren grundsätzlich in Frage gestellt (13 Os 35, 36/03 = SSt 2003/25 = EvBl 2003/149). Er hatte damals das Gebot der Zweiseitigkeit des Beschwerdeverfahrens (auch) als strafprozessualen Grundsatz gesehen, den der Gesetzgeber nachfolgend in § 114 Abs 2 zweiter und dritter Satz StPO auf einfachgesetzlicher Stufe konkret ausgeformt hat.Der Oberste Gerichtshof hatte bereits vor Änderung des Paragraph 114, StPO die in einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zum Ausdruck gebrachte Rechtsmeinung bloßer Einseitigkeit der Beschwerde im Strafverfahren grundsätzlich in Frage gestellt (13 Os 35, 36/03 = SSt 2003/25 = EvBl 2003/149). Er hatte damals das Gebot der Zweiseitigkeit des Beschwerdeverfahrens (auch) als strafprozessualen Grundsatz gesehen, den der Gesetzgeber nachfolgend in Paragraph 114, Absatz 2, zweiter und dritter Satz StPO auf einfachgesetzlicher Stufe konkret ausgeformt hat.

Da das Zweiseitigkeitsprinzip im Beschwerdeverfahren auf der Basis des Art 6 Abs 1 MRK somit bereits vor der Novellierung des § 114 Abs 2 StPO durch die StPO-Nov 2005 anerkannt war, wären die einfachgesetzlichen Bestimmungen, welche eine Mitteilung der Beschwerde an den Gegner keineswegs untersagt hatten, grundrechtskonform vom Oberlandesgericht in diesem Sinne auszulegen gewesen (13 Os 50/05k = EvBl 2005/155, 722). Das Unterbleiben dieser Mitteilung stellt somit einen Verstoß gegen das in Art 6 MRK normierte Fairnessgebot dar.Da das Zweiseitigkeitsprinzip im Beschwerdeverfahren auf der Basis des Artikel 6, Absatz eins, MRK somit bereits vor der Novellierung des Paragraph 114, Absatz 2, StPO durch die StPO-Nov 2005 anerkannt war, wären die einfachgesetzlichen Bestimmungen, welche eine Mitteilung der Beschwerde an den Gegner keineswegs untersagt hatten, grundrechtskonform vom Oberlandesgericht in diesem Sinne auszulegen gewesen (13 Os 50/05k = EvBl 2005/155, 722). Das Unterbleiben dieser Mitteilung stellt somit einen Verstoß gegen das in Artikel 6, MRK normierte Fairnessgebot dar.

Der Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 9. Juli 2004, AZ 18 Bs 172/04, war in Ausübung des dem Obersten Gerichtshof nach § 292 letzter Satz StPO zustehenden Ermessens in dem Umfang zu beseitigen, als der Antragssteller nicht bereits rechtskräftig 46,14 EUR (einschließlich 20 % Umsatzsteuer) für seine Vertretungskosten zuerkannt erhalten hat.Der Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 9. Juli 2004, AZ 18 Bs 172/04, war in Ausübung des dem Obersten Gerichtshof nach Paragraph 292, letzter Satz StPO zustehenden Ermessens in dem Umfang zu beseitigen, als der Antragssteller nicht bereits rechtskräftig 46,14 EUR (einschließlich 20 % Umsatzsteuer) für seine Vertretungskosten zuerkannt erhalten hat.

Das Oberlandesgericht Wien wird - nach vorangehender Mitteilung der Beschwerde der Antragsgegnerin unter Setzung einer angemessenen Äußerungsfrist - die Kostenentscheidung neuerlich zu fassen haben.

Anmerkung

E80691 11Os14.06b

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2006:0110OS00014.06B.0425.000

Dokumentnummer

JJT_20060425_OGH0002_0110OS00014_06B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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