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L34008 Abgabenordnung Vorarlberg;Norm
AbgVG Vlbg 1984 §123;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2007/16/0088Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des WS in V, vertreten durch Mag. Dr. Hubert Engstler, Wirtschaftsprüfer in 6774 Tschagguns, Zelfenstraße 24a, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 20. März 2007, Zl. IIIa-230.428, betreffend Getränkesteuer für das Jahr 1998 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Vandans, vertreten durch den Bürgermeister), und in der Beschwerdesache des Beschwerdeführers gegen die Vorarlberger Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht,
Spruch
1. den Beschluss gefasst:
Die wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erhobene Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen und
2. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In der Getränkesteuererklärung vom 24. Februar 1999 für das Kalenderjahr 1998 erklärte der Beschwerdeführer getrennt für die Kalendermonate Jänner bis Dezember die Bemessungsgrundlage für alkoholische und alkoholfreie Getränke sowie Speiseeis, rechnete die gesamte Getränkesteuerschuld für alkoholische und alkoholfreie Getränke sowie Speiseeis aus und gab die gesamte Getränkesteuerschuld mit "0" an. Weiters stellte er den Antrag auf Ausstellung eines Bescheides.
Mit dem bei der mitbeteiligten Gemeinde am 9. März 2000 eingelangten Schreiben vom 8. März 2000 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Rückzahlung der seit 1. Jänner 1995 geleisteten Getränkesteuer.
Mit Bescheid vom 7. Dezember 2005 setzte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die Getränkesteuer für den Zeitraum 1. Jänner bis 31. Dezember 1998 mit insgesamt EUR 9.455,51 fest - dadurch ergab sich eine Nachforderung von EUR 13,86 - und schrieb für die nicht fristgerechte entrichtete Getränkesteuer Säumniszuschlag von EUR 0,28 fest. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, der EuGH habe in seinem Urteil vom 10. März 2005 festgestellt, dass die Abgabe alkoholhaltiger Getränke im Rahmen einer Bewirtungstätigkeit durch ein Bündel von Elementen und Handlungen gekennzeichnet sei, von denen die Lieferung des Gegenstands selbst nur einen Bestandteil darstelle und bei denen die Dienstleistungen überwögen. Folglich sei eine Steuer, die im Rahmen einer Bewirtungstätigkeit erhoben werde, als eine Steuer auf Dienstleistungen im Zusammenhang mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren im Sinne von Artikel 3 Abs. 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 82/12 anzusehen. Da im Beschwerdefall die Dienstleistungen überwögen, sei spruchgemäß zu entscheiden.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung und begründete diese mit eingetretener Verjährung.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 4. Dezember 2006 wies die Abgabenkommission der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 7. Dezember 2005, betreffend die Festsetzung der Getränkesteuer für das Jahr 1998 ab. In der Begründung heißt es, da die Getränkesteuer für das Jahr 1998 nicht vollständig entrichtet worden sei, betrage die Verjährungsfrist gemäß § 83 Abs. 2 V-AbgVG zehn Jahre. Eine Abgabenhinterziehung sei bewirkt, wenn Abgaben, die nicht bescheidmäßig festzusetzen seien, den Abgabenvorschriften zuwider nicht oder nur teilweise entrichtet würden. Der Abgabepflichtige betreibe ein Unternehmen, das dem Bereich der Gastronomie im Sinne der Rechtsprechung des EuGH und des Verwaltungsgerichtshofes zuzuordnen sei. Demzufolge sei die Festsetzung der Getränkesteuer zu Recht erfolgt.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung wiederholte der Beschwerdeführer die Einrede der Verjährung und behauptete weiter, dass "die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme nicht "vorlägen, weil "keine neuen Tatsachen und Beweismittel hervorgekommen" seien. Die zum Anlass genommene EuGH-Entscheidung stelle auch keine Vorfragenbeantwortung dar.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung Folge, hob den angefochtenen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Gemeinde zurück. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, da die mitbeteiligte Gemeinde gemäß ihren Aufzeichnungen für das Jahr 1998 eine offene Getränkesteuerforderung in Höhe von S 190,72 festgestellt habe, sei ein Festsetzungsbescheid zu erlassen gewesen. Im erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 7. Dezember 2005 sei dem Beschwerdeführer neben der Nachforderung der ausständigen Getränkesteuer für das Jahr 1998 in der Höhe von EUR 13,86 ein Säumniszuschlag in der Höhe von EUR 0,28 vorgeschrieben worden. Im angefochtenen Berufungsbescheid sei die Berufung insgesamt als unbegründet abgewiesen worden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei ein Berufungsbescheid, welcher ausspreche, dass die Berufung als unbegründet abgewiesen werde, grundsätzlich als ein mit dem erstinstanzlichen Bescheid übereinstimmender Bescheid zu betrachten. Da im bekämpften Berufungsbescheid die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid unter einem abgewiesen worden sei, sei eine Teilbarkeit des Spruches des Berufungsbescheides hinsichtlich der Festsetzung der Getränkesteuer einerseits und hinsichtlich des Säumniszuschlages andererseits nicht (mehr) gegeben. Folglich widerspreche die bescheidmäßige Vorschreibung eines Säumniszuschlages in der Höhe von EUR 0,28 dem § 90 Abs. 8 V-AbgVG. Mangels Teilbarkeit der Spruchpunkte im angefochtenen Berufungsbescheid sei daher der gesamte Berufungsbescheid aufzuheben gewesen und zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückzuverweisen gewesen.
Aus folgenden Gründen wäre jedoch der Bescheid seinem Inhalt nach zu bestätigen gewesen. Da die Getränkesteuer eine Selbstbemessungsabgabe nicht entsprechend den Erklärungen des Abgabepflichtigen zur Gänze entrichtet worden sei, ergebe sich eine offene Forderung für das Jahr 1998. Daher sei der Festsetzungsbescheid zu erlassen gewesen. Das Vorgehen des Beschwerdeführers, seine bewusste Nichtentrichtung der ausständigen Getränkesteuer - entsprechend seiner eigenen Aufzeichnungen in der Getränkesteuerjahreserklärung 1998 - sei als vorsätzliche Abgabenverkürzung zu qualifizieren und zu behandeln. Eine solche sei bereits bewirkt, wenn die Abgabe, die nicht bescheidmäßig festzusetzen sei, den Abgabenvorschriften zuwider nicht oder nur teilweise entrichtet (abgeführt) worden sei. Im Beschwerdefall habe der Beschwerdeführer die Abgabe teilweise abgeführt. Da jedoch die entrichtete Abgabe nicht mit jenem Betrag übereinstimme, der tatsächlich zu bezahlen gewesen wäre, liege eine Abgabenverkürzung im Sinne des § 132 Abs. 1 lit. b V-AbgVG vor. Daher verweise die Gemeinde zu Recht auf die Bemessungsverjährungsfrist von zehn Jahren gemäß § 83 Abs. 2 V-AbgVG, welche für die Festsetzung von hinterzogenen Abgaben gelte. Der Einwand des Beschwerdeführers betreffend die Verjährung gehe somit ins Leere. Die Festsetzung der Getränkesteuer für das Jahr 1998 - ausgenommen die Vorschreibung des Säumniszuschlages - sei rechtmäßig erfolgt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, in der "Rechtswidrigkeit" des Bescheides geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtfestsetzung von Getränkesteuer nach Eintritt der Verjährung verletzt. Die Offenlegungspflicht sei durch die Einreichung der Jahreserklärungen erfüllt, diese gälten in abweichender Form (Nullerklärung) nach der Rechtsprechung des VwGH als Rechtsbehelf. Die erklärte Jahres-Getränkesteuer gälte nach § 82 V-AbgVG durch die Einreichung als festgesetzt. Weiters sei der Beschwerdeführer im Recht auf Rückzahlung der Getränkesteuer verletzt worden.
Mit dem Beschwerdeschriftsatz erhob der Beschwerdeführer weiters Säumnisbeschwerde nach Artikel 132 B-VG, "da (ihm) mangels gültigem Getränkesteuerbescheid innerhalb der Verjährungsfrist die Möglichkeit des Rechtsmittels entzogen" worden sei . Insofern erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Rückzahlung zu Unrecht bezahlter Getränkesteuer verletzt.
Die belangte Behörde sowie die mitbeteiligte Partei erstatteten jeweils eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Vorarlberger Abgabenverfahrensgesetzes (V-AbgVG) lauten auszugsweise:
"§ 82
Besondere Fälle der Abgabenfestsetzung
(1) Wenn die Abgabenvorschriften die Selbstbemessung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne behördliche Festsetzung der Abgabe zulassen, gilt die Abgabe durch die Einreichung der Erklärung über die Selbstbemessung festgesetzt.
(2) Die Abgabe ist mit Bescheid festzusetzen, wenn der Abgabepflichtige die Einreichung der Erklärung, zu der er verpflichtet ist, unterlässt oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstbemessung als nicht richtig erweist. Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.
(3) Von der bescheidmäßigen Festsetzung nach Abs. 2 kann abgesehen werden, wenn der Abgabepflichtige die Mängel behebt.
§ 83
Bemessungsverjährung
(1) Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.
(2) Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre, bei hinterzogenen Abgaben zehn Jahre.
...
(4) Die Verjährung beginnt
a) in den Fällen des Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist...
...
(8) Hängt eine Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung oder eines in Abgabenvorschriften vorgesehenen Antrages (§ 19) ab, so steht der Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung nicht entgegen, wenn die Berufung oder der Antrag vor diesem Zeitpunkt oder wenn ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens rechtzeitig im Sinne des § 127 Abs. 4 eingebracht wurde."
Gemäß § 90 Abs. 8 V-AbgVG entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages nicht, wenn in einem Einzelfall EUR 5,-- nicht erreicht, oder wenn die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt.
Die Vorschreibung eines Säumniszuschlages von EUR 0,28 erweist sich nach dieser Bestimmung als rechtswidrig.
Der tragende Grund der Aufhebung des angefochtenen Bescheides ist ausschließlich die Rechtswidrigkeit der Vorschreibung des Säumniszuschlages und die angenommene Unteilbarkeit des Spruches des Bescheides der Abgabenkommission der mitbeteiligten Gemeinde, sodass der bekämpfte Bescheid der Abgabenkommission nach Ansicht der belangten Behörde zur Gänze aufzuheben gewesen sei. Die weiteren Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides sind keine tragenden Gründe der Aufhebung (zur Verjährung wird jedoch auf das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 2007/16/0085, 0086, hingewiesen).
Wie die belangte Behörde zutreffend feststellte, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Berufungsbescheid, welcher ausspricht, dass die Berufung als unbegründet abgewiesen wird, grundsätzlich als ein mit dem erstinstanzlichen Bescheid übereinstimmender Bescheid zu betrachten. Im Bescheid erster Instanz ist die Vorschreibung der Getränkesteuer und die Vorschreibung des Säumniszuschlages getrennt erfolgt. Damit ist die Trennung entgegen der Ansicht der belangten Behörde auch im Berufungsbescheid gegeben, weil der Inhalt des Bescheides erster Instanz übernommen wurde und darin eine Trennung vorgenommen wurde. Der Aufhebungsgrund liegt demnach nicht vor.
Die mitbeteiligte Gemeinde hat keine Beschwerde erhoben und die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ist vom Beschwerdepunkt des Beschwerdeführers nicht erfasst. In dem geltend gemachten Recht auf "Nichtfestsetzung von Getränkesteuer nach Eintritt der Verjährung" ist der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht verletzt worden. Auch in seinem Recht auf Rückzahlung der Getränkesteuer konnte der Beschwerdeführer nicht verletzt sein, weil die belangte Behörde darüber gar nicht entschieden hat (vgl. auch hiezu das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 2007/16/0085, 0086).
Hinsichtlich der erhobenen Säumnisbeschwerde wird ebenfalls auf das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 2007/16/0085, 0086, verwiesen.
Aus diesen Erwägungen war die Bescheidbeschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen und die Säumnisbeschwerde aus den im Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 2007/16/0085, 0086, genannten Gründen gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat als unzulässig zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Der Aufwandersatz für die Aktenvorlage wurde der belangten Behörde zugesprochen. Es wurde nur eine Gegenschrift für die Zlen. 2007/16/0085, 0087, 0089, und Zlen. 2007/16/0086, 0088, 0090, erstattet und dieser Aufwandersatz wurde mit dem Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 2007/16/0085, 0086, zugesprochen. Die mitbeteiligte Partei hat keine Verwaltungsakten vorgelegt und hinsichtlich der Gegenschrift wird auf die Ausführungen über die Gegenschrift der belangten Behörde verwiesen.
Wien, am 18. September 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007160087.X00Im RIS seit
01.11.2007Zuletzt aktualisiert am
28.10.2008