TE OGH 2006/5/22 10ObS72/06w

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Veröffentlicht am 22.05.2006
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Hon. Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter OLWR Dr. Peter Hübner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Eva-Maria Florianschütz (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Petru M*****, unbekannten Aufenthalts, vertreten durch Mag. Christiana Butter, Rechtsanwältin in St. Pölten, als Abwesenheitskuratorin, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. März 2006, GZ 10 Rs 126/05f-19, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Entsprechend einem Auftrag des Bezirksgerichtes St. Pölten zu 1 P 229/03a-2 stellte die für den am 4. 4. 1965 geborenen Kläger bestellte Abwesenheitskuratorin am 18. 2. 2004 bei der beklagten Pensionsversicherungsanstalt einen Antrag auf Gewährung der Invaliditätspension; dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 29. 3. 2004 wegen Nichterfüllung der Wartezeit zum Stichtag 1. 3. 2004 abgelehnt. In der dagegen erhobenen Klage, die auf Zuerkennung der Invaliditätspension ab 1. 5. 1999 gerichtet ist, wird zusammengefasst der Standpunkt vertreten, dass der Kläger aufgrund seines Gesundheitszustandes zumindest seit 1. 5. 1999 invalid sei. Zumindest seit diesem Zeitpunkt sei er auch nicht geschäfts- oder handlungsfähig und hätte daher eines Sachwalters bedurft. Bei Überprüfung der Wartezeit habe die beklagte Partei zu Unrecht auf den Zeitraum von 1. 5. 1991 bis 1. 2. 2004 abgestellt; dieser Zeitraum wäre - analog einer neutralen Zeit - um die von 1. 5. 1999 bis 31. 1. 2004 erworbenen 57 Monate nach vor zu verlegen gewesen. Der für die Erfüllung der Wartezeit maßgebliche Zeitraum der letzten 120 Kalendermonate vor dem Stichtag verlängere sich um die neutralen oder analog neutralen Monate auf den Zeitraum von 1. 3. 1989 bis 29. 2. 2004. Zum Zeitpunkt 1. 5. 1999 sei das Kriterium der Wartezeit erfüllt gewesen, da in den davor liegenden 123 Kalendermonaten (120 + 3 neutrale Monate) mehr als 60 Versicherungsmonate lägen, nämlich 94.

Das Erstgericht wies die Klage ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers im Wesentlichen unter Hinweis auf das Antragsprinzip nicht Folge. Zeiten zwischen dem Eintritt des Versicherungsfalles und dem Stichtag seien bei einer nach Eintritt des Versicherungsfalles erfolgten Antragstellung auf Leistungen aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit in § 234 ASVG nicht als neutrale Zeiten genannt; auch eine analoge Berücksichtigung als neutrale Zeiten komme nicht in Betracht. Die ordentliche Revision sei mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers im Wesentlichen unter Hinweis auf das Antragsprinzip nicht Folge. Zeiten zwischen dem Eintritt des Versicherungsfalles und dem Stichtag seien bei einer nach Eintritt des Versicherungsfalles erfolgten Antragstellung auf Leistungen aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit in Paragraph 234, ASVG nicht als neutrale Zeiten genannt; auch eine analoge Berücksichtigung als neutrale Zeiten komme nicht in Betracht. Die ordentliche Revision sei mangels erheblicher Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

In der außerordentlichen Revision wird der Standpunkt wiederholt, dass eine analoge Anwendung des § 234 ASVG für jenen Zeitraum (Anfang 1990 bis zur Bestellung der Abwesenheitskuratorin Anfang des Jahres 2004) geboten sei, in welchem der Kläger aufgrund seiner Geschäftsunfähigkeit nicht in der Lage gewesen sei, einen Antrag auf Invaliditätspension zu stellen; zu dieser Frage gebe es keine relevante höchstgerichtliche Judikatur.In der außerordentlichen Revision wird der Standpunkt wiederholt, dass eine analoge Anwendung des Paragraph 234, ASVG für jenen Zeitraum (Anfang 1990 bis zur Bestellung der Abwesenheitskuratorin Anfang des Jahres 2004) geboten sei, in welchem der Kläger aufgrund seiner Geschäftsunfähigkeit nicht in der Lage gewesen sei, einen Antrag auf Invaliditätspension zu stellen; zu dieser Frage gebe es keine relevante höchstgerichtliche Judikatur.

In diesem Vorbringen ist jedoch keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zu erblicken.In diesem Vorbringen ist jedoch keine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zu erblicken.

Es ist nicht weiter strittig, dass Leistungen aus der Pensionsversicherung nur auf Antrag zu gewähren sind und dass sich die Fiktion eines tatsächlich nicht gestellten Antrags auch aus dem Grundsatz sozialer Rechtsanwendung nicht ableiten lässt (10 ObS 92/97w = SZ 70/263 = SSV-NF 11/156 uva; RIS-Justiz RS0085092). Auszugehen ist daher vom Stichtag 1. 3. 2004. Innerhalb der letzten 120 Kalendermonate vor diesem Stichtag müssen nach § 236 Abs 1 Z 1 lit a ASVG 60 Versicherungsmonate liegen. Wie die beklagte Partei einräumt, verlängert sich im Fall des Klägers der Zeitraum von 120 Kalendermonaten jedenfalls um drei neutrale Monate. Die Vorinstanzen haben bereits ausführlich dargelegt, dass die Wartezeit vom Kläger nicht erfüllt ist, falls nicht sein Vorbringen zutrifft, dass der Zeitraum zwischen Eintritt des Versicherungsfalls und Antragstellung ebenfalls als neutrale Zeit zu werten ist.Es ist nicht weiter strittig, dass Leistungen aus der Pensionsversicherung nur auf Antrag zu gewähren sind und dass sich die Fiktion eines tatsächlich nicht gestellten Antrags auch aus dem Grundsatz sozialer Rechtsanwendung nicht ableiten lässt (10 ObS 92/97w = SZ 70/263 = SSV-NF 11/156 uva; RIS-Justiz RS0085092). Auszugehen ist daher vom Stichtag 1. 3. 2004. Innerhalb der letzten 120 Kalendermonate vor diesem Stichtag müssen nach Paragraph 236, Absatz eins, Ziffer eins, Litera a, ASVG 60 Versicherungsmonate liegen. Wie die beklagte Partei einräumt, verlängert sich im Fall des Klägers der Zeitraum von 120 Kalendermonaten jedenfalls um drei neutrale Monate. Die Vorinstanzen haben bereits ausführlich dargelegt, dass die Wartezeit vom Kläger nicht erfüllt ist, falls nicht sein Vorbringen zutrifft, dass der Zeitraum zwischen Eintritt des Versicherungsfalls und Antragstellung ebenfalls als neutrale Zeit zu werten ist.

Zeiten der Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Leistung und der Antragstellung sind nach § 234 Abs 1 Z 3 ASVG ausdrücklich nur für den Versicherungsfall des Alters, nicht aber für den Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit als neutrale Zeiten qualifiziert. Vom Verfassungsgerichtshof wurde diese Differenzierung im Hinblick auf die bei den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit bestehende kompliziertere Feststellbarkeit der Anspruchsvoraussetzungen sowie der Möglichkeit, durch Hinausschieben der Antragstellung die Feststellbarkeit (zusätzlich) zu erschweren, nicht als verfassungswidrig angesehen (G 103, 144/90, VfSlg 13.026). Diese Erwägungen stehen auch der Annahme einer analogiefähigen planwidrigen Lücke in Bezug auf den Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit entgegen. Das Berufungsgericht hat bereits darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber bei der Regelung der neutralen Zeiten in § 234 Abs 1 ASVG generell auf Zeiten und Zeitpunkte abstellt, die unschwer feststellbar sind; bei Pensionen aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit sollte offensichtlich die Notwendigkeit der Feststellung des Eintritts des Versicherungsfalles zu einem schon länger zurückliegenden Zeitpunkt vermieden werden (bei der Alterspension liegt der Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls in der Regel auf der Hand).Zeiten der Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Leistung und der Antragstellung sind nach Paragraph 234, Absatz eins, Ziffer 3, ASVG ausdrücklich nur für den Versicherungsfall des Alters, nicht aber für den Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit als neutrale Zeiten qualifiziert. Vom Verfassungsgerichtshof wurde diese Differenzierung im Hinblick auf die bei den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit bestehende kompliziertere Feststellbarkeit der Anspruchsvoraussetzungen sowie der Möglichkeit, durch Hinausschieben der Antragstellung die Feststellbarkeit (zusätzlich) zu erschweren, nicht als verfassungswidrig angesehen (G 103, 144/90, VfSlg 13.026). Diese Erwägungen stehen auch der Annahme einer analogiefähigen planwidrigen Lücke in Bezug auf den Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit entgegen. Das Berufungsgericht hat bereits darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber bei der Regelung der neutralen Zeiten in Paragraph 234, Absatz eins, ASVG generell auf Zeiten und Zeitpunkte abstellt, die unschwer feststellbar sind; bei Pensionen aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit sollte offensichtlich die Notwendigkeit der Feststellung des Eintritts des Versicherungsfalles zu einem schon länger zurückliegenden Zeitpunkt vermieden werden (bei der Alterspension liegt der Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls in der Regel auf der Hand).

Mangels einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.Mangels einer erheblichen Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.

Anmerkung

E80824 10ObS72.06w

Schlagworte

Kennung XPUBL Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in ARD 5710/11/06 XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2006:010OBS00072.06W.0522.000

Dokumentnummer

JJT_20060522_OGH0002_010OBS00072_06W0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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