TE OGH 2006/6/12 9Nc8/06k

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Veröffentlicht am 12.06.2006
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der beim Landesgericht Innsbruck zu AZ 65 Cga 11/06t anhängigen Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Wolfgang B*****, vertreten durch Dr. Thaddäus Schäfer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1. Land Kärnten, Arnulfplatz 1, 9020 Klagenfurt, und 2. Stadt Klagenfurt, Rathaus, Neuer Platz 1, 9020 Klagenfurt, beide vertreten durch Dr. Ulrich Polley, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen EUR 2.480,20 sA, über den Delegierungsantrag der beklagten Parteien in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Zur weiteren Verhandlung und Entscheidung wird das Landesgericht Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht bestimmt.

Text

Begründung:

Dem Verfahren liegt eine beim Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht eingebrachte Mahnklage zugrunde, mit welcher der während seines Gastspielvertrags mit den Beklagten in Tirol wohnhafte Kläger seinen Entgeltsanspruch samt Reisekosten für die Vorstellung vom 02. 04. 2005 geltend machte. Strittig ist, ob die Beklagten das Vertragsverhältnis wegen der Weigerung des Klägers, sich an Regieanweisungen zu halten zu Recht, beendet haben. Im bisherigen Verfahren beantragte der Kläger seine Einvernahme als Partei sowie die Vernehmung von fünf in Klagenfurt aufhältigen Zeugen. Die Beklagten machten eine in Klagenfurt ansässige Zeugin namhaft. Nach Widerruf des in der Tagsatzung vom 20. Oktober 2005 geschlossenen Vergleichs beraumte das Gericht eine weitere Tagsatzung an, die infolge berufsbedingter Verhinderung des Klägers und der geladenen Zeugen vertagt wurde.

Nunmehr beantragen die Beklagten, die Sache an das Landesgericht Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht zu delegieren. Sie begründen dies damit, dass sämtliche von den Parteien geführte Zeugen ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Klagenfurt haben und die Vernehmung der Zeugen äußerst schwierig sei. Der Regieassistent und die Besetzungsreferentin befänden sich von Anfang März bis Anfang April 2006 im Ausland, um Proben und Aufführungen zu betreuen. Der Intendant und der Regieassistent seien auch in der Zeit von Mitte Mai bis Anfang Juni bei Proben und Vorstellungen in Wien und St. Pölten unabkömmlich. Des Weiteren beginne unmittelbar danach die Regiearbeit des Intendanten in Mörbisch. Dazu komme, dass ein Zeuge querschnittsgelähmt und an den Rollstuhl gebunden sei, weshalb eine Reise nach Innsbruck für ihn unzumutbar sei. Dem Kläger sei die Fahrt nach Klagenfurt eher zuzumuten, als den sechs Zeugen die Anreise nach Innsbruck. Es erscheine daher zweckmäßig, das Verfahren vor dem Landesgericht Klagenfurt durchzuführen, zumal dieses Gericht nach den Bestimmungen des ASGG ebenfalls zuständig gemacht hätte werden können.

Der Kläger sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus. Die Beklagten haben selbst auf die vielfältigen vertraglichen Verpflichtungen der Zeugen hingewiesen, woraus sich ergebe, dass die Vereinbarung eines Termins zur Vernehmung dieser Zeugen am Landesgericht Innsbruck wie auch am Landesgericht Klagenfurt schwierig sei. Eine Delegierung sei daher nicht sinnvoll; die Einvernahme könne auch im Rechtshilfeweg erfolgen.

Das Erstgericht legt die Akten dem Obersten Gerichtshof mit dem Bemerken zur Entscheidung vor, sich den Ausführungen der Beklagten anzuschließen; es erscheine zweckmäßiger, wenn der Kläger, der ohnehin häufig beruflich unterwegs sei, nach Klagenfurt anreiste.

Rechtliche Beurteilung

Dem Delegierungsantrag ist stattzugeben.

Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung soll eine Delegierung nur den Ausnahmefall darstellen; keinesfalls soll durch eine großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden. Eine Delegierung kann daher nur dann erfolgen, wenn sich die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig lösen lässt (Mayr in Rechberger2, § 31 JN Rz 4). Hier ist im Hinblick darauf, dass alle Zeugen aus Klagenfurt zu laden sind und zudem ein Zeuge körperbehindert ist, davon auszugehen, dass die beantragte Delegierung zu einer Erleichterung, Verkürzung und Verbilligung des Verfahrens führen wird. Dass es - wie der Kläger meint - trotz der Delegierung ebenso schwierig sein werde, die Zeugen in Klagenfurt einzuvernehmen, kann nach der Aktenlage nicht gesagt werden. Eine kurzfristige Abwesenheit von ihren beruflichen Tätigkeiten ist Zeugen typischerweise eher möglich, als das Fernbleiben über einen ganzen Arbeitstag. Angesichts des Beweisthemas wäre eine Vernehmung der Zeugen im Rechtshilfeweg der Wahrheitsfindung kaum förderlich. Wie sich aus den beiden Vertagungsbitten des Klägers ergibt, wäre im Übrigen auch er möglicherweise genötigt, zur Vernehmung auch nach Innsbruck von einem entfernten Ort anzureisen.Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung soll eine Delegierung nur den Ausnahmefall darstellen; keinesfalls soll durch eine großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden. Eine Delegierung kann daher nur dann erfolgen, wenn sich die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig lösen lässt (Mayr in Rechberger2, Paragraph 31, JN Rz 4). Hier ist im Hinblick darauf, dass alle Zeugen aus Klagenfurt zu laden sind und zudem ein Zeuge körperbehindert ist, davon auszugehen, dass die beantragte Delegierung zu einer Erleichterung, Verkürzung und Verbilligung des Verfahrens führen wird. Dass es - wie der Kläger meint - trotz der Delegierung ebenso schwierig sein werde, die Zeugen in Klagenfurt einzuvernehmen, kann nach der Aktenlage nicht gesagt werden. Eine kurzfristige Abwesenheit von ihren beruflichen Tätigkeiten ist Zeugen typischerweise eher möglich, als das Fernbleiben über einen ganzen Arbeitstag. Angesichts des Beweisthemas wäre eine Vernehmung der Zeugen im Rechtshilfeweg der Wahrheitsfindung kaum förderlich. Wie sich aus den beiden Vertagungsbitten des Klägers ergibt, wäre im Übrigen auch er möglicherweise genötigt, zur Vernehmung auch nach Innsbruck von einem entfernten Ort anzureisen.

Die Delegierung der Rechtssache ist daher - vor allem im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung und Gesamtkostenersparnis - zweckmäßig. Da die Delegierung somit keineswegs überwiegend oder gar ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers liegt, steht ihr auch nicht jene Judikatur (RIS-Justiz RS0046357) entgegen, die eine Zuständigkeitsverschiebung bei Inanspruchnahme des Gerichtsstands nach § 4 Abs 1 Z 1 lit a ASGG grundsätzlich ausschließt.Die Delegierung der Rechtssache ist daher - vor allem im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung und Gesamtkostenersparnis - zweckmäßig. Da die Delegierung somit keineswegs überwiegend oder gar ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers liegt, steht ihr auch nicht jene Judikatur (RIS-Justiz RS0046357) entgegen, die eine Zuständigkeitsverschiebung bei Inanspruchnahme des Gerichtsstands nach Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer eins, Litera a, ASGG grundsätzlich ausschließt.

Anmerkung

E80741 9Nc8.06k

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2006:0090NC00008.06K.0612.000

Dokumentnummer

JJT_20060612_OGH0002_0090NC00008_06K0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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