Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Lukas Stärker (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Manuela Majeranowski (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Hubert H*****, vertreten durch Dr. Edeltraud Fichtenbauer, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, 3100 St. Pölten, Dr. Karl Renner-Promenade 14-16, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Kostenerstattung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. März 2006, GZ 8 Rs 154/05h-16, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Vorinstanzen haben ihre Entscheidungen ausdrücklich auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 27. 2. 2004, 10 ObS 227/03k (= SZ 2004/112 = JBl 2005, 527 = ZAS 2006/14, 88 [krit Pfeil]), gestützt, die einen vergleichbaren Sachverhalt zum Gegenstand hatte. Die vom Kläger in seinem außerordentlichen Rechtsmittel dagegen vorgetragenen Argumente geben keinen Anlass, von den in dieser eingehend begründeten Entscheidung dargelegten Grundsätzen abzugehen. Der Oberste Gerichtshof hat in dieser Entscheidung nicht in Zweifel gezogen, dass es sich bei der erektilen Dysfunktion um einen an sich regelwidrigen Zustand handle, der durch das begehrte Medikament vorübergehend behoben werden könne; er hat aber die Auffassung vertreten, dass die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung auch bei an sich regelwidrigen Zuständen begrenzt sei. So müsse aus den in § 133 Abs 2 Satz 2 ASVG genannten Zielen, wonach durch die Krankenbehandlung, Gesundheit, Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederhergestellt, gefestigt oder gebessert werden sollen, abgeleitet werden, dass weder jedwede Störung des Wohlbefindens zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu beseitigen sei, noch dass ein Idealzustand eines gesunden Menschen erreicht werden soll, was insbesondere durch die Einschränkung auf die Fähigkeit, „für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse" zu sorgen, nahegelegt werde. Nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes handle es sich in den Bereichen, in denen Bedürfnisse aus der höchstpersönlichen Lebenssphäre des einzelnen Versicherten prägend in den Vordergrund treten - so wie bei den aus diesen Bereich stammenden Funktionsstörungen - nicht um „lebenswichtige persönliche Bedürfnisse", deren Ermöglichung § 133 Abs 2 ASVG für den Anspruch auf Heilmittelgewährung voraussetze. Nach dem gesellschaftlichen Grundverständnis solle eine erektile Dysfunktion daher nicht auf Kosten der Sozialversicherung beseitigt bzw vorübergehend behoben werden. Der Einwand des Revisionswerbers, es seien auch andere Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes wie beispielsweise auf Stress beruhende vorübergehende Kopfschmerzen oder Magenschmerzen oder auch vorübergehende Sportverletzungen der „höchstpersönlichen Lebenssphäre", zuzurechnen, vermag nicht zu überzeugen, weil die Leistungspflicht der Krankenversicherung bei den genannten Gesundheitsbeeinträchtigungen auch bei einer im Sozialversicherungsrecht gebotenen objektiven Betrachtungsweise nach dem gesellschaftlichen Grundverständnis nicht strittig ist und sich daher die hier strittige Abgrenzungsfrage nicht stellt. Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass nach den erst jüngst ergangenen Entscheidungen des erkennenden Senates vom 7. 3. 2006, 10 ObS 12/06x und 10 ObS 22/06t, die Möglichkeit eines Kostenerstattungsanspruches eines Versicherten für Potenzmittel wegen erektiler Dysfunktion dann grundsätzlich in Betracht kommt, wenn der Versicherte als Folge der erektilen Dysfunktion bereits auch an psychischen Problemen mit Krankheitswert leidet und mit erfolgreicher Behandlung der erektilen Dysfunktion auch die psychischen Probleme des Versicherten behoben oder verbessert werden können. Ein solcher Fall liegt hier aber nach den maßgebenden Tatsachenfeststellungen nicht vor.Die Vorinstanzen haben ihre Entscheidungen ausdrücklich auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 27. 2. 2004, 10 ObS 227/03k (= SZ 2004/112 = JBl 2005, 527 = ZAS 2006/14, 88 [krit Pfeil]), gestützt, die einen vergleichbaren Sachverhalt zum Gegenstand hatte. Die vom Kläger in seinem außerordentlichen Rechtsmittel dagegen vorgetragenen Argumente geben keinen Anlass, von den in dieser eingehend begründeten Entscheidung dargelegten Grundsätzen abzugehen. Der Oberste Gerichtshof hat in dieser Entscheidung nicht in Zweifel gezogen, dass es sich bei der erektilen Dysfunktion um einen an sich regelwidrigen Zustand handle, der durch das begehrte Medikament vorübergehend behoben werden könne; er hat aber die Auffassung vertreten, dass die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung auch bei an sich regelwidrigen Zuständen begrenzt sei. So müsse aus den in Paragraph 133, Absatz 2, Satz 2 ASVG genannten Zielen, wonach durch die Krankenbehandlung, Gesundheit, Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederhergestellt, gefestigt oder gebessert werden sollen, abgeleitet werden, dass weder jedwede Störung des Wohlbefindens zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu beseitigen sei, noch dass ein Idealzustand eines gesunden Menschen erreicht werden soll, was insbesondere durch die Einschränkung auf die Fähigkeit, „für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse" zu sorgen, nahegelegt werde. Nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes handle es sich in den Bereichen, in denen Bedürfnisse aus der höchstpersönlichen Lebenssphäre des einzelnen Versicherten prägend in den Vordergrund treten - so wie bei den aus diesen Bereich stammenden Funktionsstörungen - nicht um „lebenswichtige persönliche Bedürfnisse", deren Ermöglichung Paragraph 133, Absatz 2, ASVG für den Anspruch auf Heilmittelgewährung voraussetze. Nach dem gesellschaftlichen Grundverständnis solle eine erektile Dysfunktion daher nicht auf Kosten der Sozialversicherung beseitigt bzw vorübergehend behoben werden. Der Einwand des Revisionswerbers, es seien auch andere Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes wie beispielsweise auf Stress beruhende vorübergehende Kopfschmerzen oder Magenschmerzen oder auch vorübergehende Sportverletzungen der „höchstpersönlichen Lebenssphäre", zuzurechnen, vermag nicht zu überzeugen, weil die Leistungspflicht der Krankenversicherung bei den genannten Gesundheitsbeeinträchtigungen auch bei einer im Sozialversicherungsrecht gebotenen objektiven Betrachtungsweise nach dem gesellschaftlichen Grundverständnis nicht strittig ist und sich daher die hier strittige Abgrenzungsfrage nicht stellt. Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass nach den erst jüngst ergangenen Entscheidungen des erkennenden Senates vom 7. 3. 2006, 10 ObS 12/06x und 10 ObS 22/06t, die Möglichkeit eines Kostenerstattungsanspruches eines Versicherten für Potenzmittel wegen erektiler Dysfunktion dann grundsätzlich in Betracht kommt, wenn der Versicherte als Folge der erektilen Dysfunktion bereits auch an psychischen Problemen mit Krankheitswert leidet und mit erfolgreicher Behandlung der erektilen Dysfunktion auch die psychischen Probleme des Versicherten behoben oder verbessert werden können. Ein solcher Fall liegt hier aber nach den maßgebenden Tatsachenfeststellungen nicht vor.
Die außerordentliche Revision war daher mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen (vgl auch 10 ObS 33/06k).Die außerordentliche Revision war daher mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückzuweisen vergleiche auch 10 ObS 33/06k).
Anmerkung
E81249 10ObS77.06fSchlagworte
Kennung XPUBL Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in ARD 5713/11/06 XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2006:010OBS00077.06F.0613.000Dokumentnummer
JJT_20060613_OGH0002_010OBS00077_06F0000_000